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Discovery Short Treks – Folge 4: „The Escape Artist“

Discovery Short Treks – Folge 4: „The Escape Artist“

Ich würde mich jetzt eigentlich drüber freuen, dass wir die „Short Treks“ überstanden haben, aber jetzt geht es ja schon mit Riesenschritten vom Hochhausdach… äh… auf die zweite Staffel zu. Und wenn man den Humor, das Pacing und die Figurenwahl bei DIESEM jüngsten Ableger aus dem Lendenbereich des Franchises betrachtet, bekomme ich dezente Angstzustände. Und ich frage mich ernsthaft, ob Netflix nach dem Ankauf der zweiten Staffel auch an einen „Escape“-Abendkurs dachte, als sie das hier sichteten?

Inhalt: Mudd wird gefangen genommen und plappert mit seinem neuen Herren, Mister Comicheft-Schweinenase. Parallel sehen wir weitere „Versionen“ von ihm, die an anderen Orten (oder früher Mal?) gequält werden.

Besprechung:

Endlich mal eine Folge, die über die Grenzen geht. Und zwar über die Grenzen des Kopierpapiers bei CBS… Es ist wahrhaft unglaublich, wie viel Dialog-Durchfall man auf (gefühlt) 50 DIN-A4-Seiten drucken kann, um popelige 15 Minuten zu füllen!

Um es deutlich zu sagen: Harry Mudd schwafelt die ganze Zeit einen derartigen Driss zusammen, dass man sich ernsthaft fragt, warum er nicht bereits im Kindergarten von einer mental weichgequatschten Erzieherin erdrosselt wurde. Dieser Typ mit der Intelligenz eines Nicht-ganz-Minderbemittelten soll also einer der verschlagensten Menschen im Alpha-Quadranten sein? Ein Ausbrecher, Händler, Frauenversteher und Charmeur? – Nein, dieser Mann könnte mir noch nicht mal einen Ferrari verkaufen, wenn er mir noch Geld drauflegen würde. Da müsste es schon sein eigener KOPF sein.

Er ist der erste „Escape Artist“, der zuerst seine eigenen Zähne escapen lässt. Dafür muss er nur über das Sexualleben der Mütter seiner Wärter spekulieren.

Harry Mudd wirbt, droht, lügt, verspricht, bettelt, verlangt und pokert in einem derartigen Affenzahn, dass viele diese Verben oft in EINEM einzigen Satz abgearbeitet werden. Wer sich von dieser ADHS-Werbefigur zu irgendetwas hinreißen lässt (außer dem Zücken der Reitgerte), muss also NOCH weniger Latten am Zaun haben als er.

Wie gut für ihn, dass seine Gefängniswächter wohl eine ähnliche Vergangenheit teilen und vom selben Wickeltisch wie er geplumpst sind. Denn auch auf der Gegenseite wird geknurrt, gedroht und sich mächtig über den kleinen Mann lustig gemacht. Nicht bemerkend, dass man gerade im selben Sandkasten spielt und gleich mit der Schaufel in der Halsschlagader enden wird.

Klar, am Ende hatte Mudd tatsächlich einen Masterplan, womit das Zeitschinden auch wieder Sinn machte – doch dazu später mehr. Wichtiger als der Inhalt oder die Logik ist mir aber das Grundgefühl der Serie. Und das ist bei „Discovery“ so kaputt, dass es wohl nur Doc Brown im Jahre 2016 noch reparieren könnte („Wir müssen die Zukunft ändern, Mart… – Bryan Fuller! Tritt nicht zurück!“).

Da stehen z.B. überschminkte Tussis mit grüner Haut rum, die vom eingeknasteten Harry sofort auf ihre – durchaus beeindruckenden – Domina-Attribute angesprochen werden. Dann wiederum wird eine total dysfunktionale Föderation suggeriert, in der gelangweilte Sternenflottler gesuchte Verbrecher von zwielichtigen Kopfgeldjägern ankaufen. Eine kleinwüchsige Wärterin verläuft sich hingegen mal im eigenen Revier, während Mudds Episode bei den Klingonen auch noch mal kurz angekaut wird. – Kein Wunder, dass bei so viel zusammengewürfelter Dystopie irgendwie alles nach dem eigenen Speichel schmeckt. Nämlich irgendwie geschmacklos, höchstens abgemischt mit dem Blut der vor Wut abgebissenen Zungenspitze.

„Du, Schweinebacke? Du hast mir schon seit 10 Sekunden keine mehr reingehauen. Hast du mich etwa nicht mehr lieb… äh… Hieb?“ – Boxhandschuhe an, der Harry will was sagen. Star Trek wurde auf ein Niveau runtergeprügelt, bei dem selbst „Berlin Tag und Nacht“ dankend auf zwei Tageszeiten verzichten würde.

Somit befruchten sich dann mehrere Rassen und Gefängniswärter zu einem einzigem großen Doof-Gangbang. Hier geht es nur noch darum, wer die fieseste Maske trägt, die feuchteste Aussprache (im eigenen Gesicht erträgt) und die raueste Schweinebackenstimme hat. Doofer und plumper geht es kaum noch. Spannend ist hier höchstens, auf welche magische Weise der titelgebende „Ausbrecherkönig“ jetzt eigentlich ausbrechen wird. Hat er etwa einen Masterplan, bei dem es darum geht, den anderen abzulenken, damit er den Schlüssel mopsen kann? Oder will er sich so lange den Schädel deformieren lassen, bis er komplett zur plattgewalzten Comicfigur mutiert – und unter dem Türschlitz durchlaufen kann?

SPOILER: Nein, die Lösung ist einfacher: Er ist ein Android – übergeben vom echten Mudd, der in Frauenklamotten auf seinem Schiff sitzt. Und ja, dieses Ende hat mich dann doch etwas versöhnt. Nur einen Hauch. Denn es verbindet Mudds Liebe zu Androiden mit seiner Liebe zum Entkommen.

Das ist aber auch das einzige. Denn erneut wirkt der Kerl wie ein hyperreicher Multimilliardär, der sich nach Belieben Schiffe, Waffen und Gadgets leisten kann. Dabei hatte ich bei der Figur immer eher eine Art cleveren Staubsaugervertreter oder Landstreicher vor Augen, der die Leute ausnutzt, bevor er weiterzieht. Also mehr den betrügerische „Seher“ bei Asterix als Elon Musk. Wobei bei diesem Beispiel die Grenzen – zugegebenermaßen – bereits verschwimmen.

„Haihooo, Kamerad! Sie haben gerade den Ort gefunden, an dem die geklonten Autoren von Discovery abgelegt werden. Gestatten: Günther Kurtzman – Nummer 1 bis 7.“ – Clever: Alex Kurtzman hat einfach seinen letzten großen Fan (seinen Bruder) vervielfältigt.

Schade, dass man den Schlussgag dann doch einen Hauch zu laaange stehen ließ. Ich hätte jetzt auch mit 2-3 Schnitten und 5 Sekunden weniger gecheckt, dass es ganz witzig ist, wenn die Androiden alle durcheinander brabbeln. Alternativ hätte man auch gerne mit Texteinblendungen arbeiten können („Alle kurz gelacht, Kurtzmans Trek hat einen Witz gemacht!“)

Und bei aller Humorigkeit: Ich hätte dann doch lieber gesehen, wie Harry Mudd EINEM verdammten Wärter entkommt. Ist er nur deswegen ein Ausbrecherkünstler, weil er NIE ausbrechen muss und auf dem eigenen Schiff die Eier sowie Eiswürfel im Trinkglas schwenkt? Ballert der einfach die Galaxien mit seinen Kopien zu, damit er selbst (und seine Autoren) in Ruhe gelassen wird? Hier hatte man noch nicht mal Lust, Mudd beim Schmieden eines „Prison Break“-würdigen Plans im SF-Umfeld zu sehen. Was ich mir vorher aber schon gedacht hatte. Denn das ist verflucht SCHWIERIG – wenn man nicht einfach wieder zeigen will, wie ein Charakter hinter das Panel greift und die Schiebetür mit zwei blanken Kabeln und etwas Spucke überbrückt.

Wobei das mit den Androiden schon wieder so ein typisches Discovery-Ding ist: Egal ob im Pilz-Netzwerk, in der Paralleldimension oder jetzt bei den Robotern hier: Ständig legt man in allen Ecken Sicherheitskopien seiner beliebtesten Schrottcharaktere an, damit man die Fressen jederzeit wieder aus dem Ärmel ziehen kann. Discovery ist also diese Art von Zauberkünstler, die halb abgedeckte Karnickelkäfige auf die Bühne stellen, damit die Zuschauer auch raffen, dass da eeeventuell noch ein paar Karnickel-Tricks kommen.

Und dass mir Harry Mudd vollkommen egal ist, muss man ja nicht extra erwähnen? Wenn ich mir Sorgen um einen Massenmörder(!) machen will, kann ich auch Hitler-Georgio auf einem Skatboard den Hang runterschicken und ihr dann die Daumen drücken. Dafür brauche ich nicht diesen 52 Jahre alten Schauspieler, der angeblich die 10 Jahre jüngere Version von Roger C. Carmel aus TOS sein soll – der damals übrigens um die 37 Jahre alt war.

Nichts gegen hässliche Kinder (sorry, Mama!), aber die einst so sanftnasigen, dezent schweinigen Telleriten gefielen mir auf dem mittleren Bild (aus ENTERPRISE) noch am besten. Und wieso muss eigentlich jede altehrwürdige Rasse neuerdings wie Karl Arsch vom Dienst rüberkommen? Das ist ja dystopischer als das Zeug unter meinem Küchenschwamm!

Zum Ende hin aber noch ein paar nette Sachen: Abgesehen von der seltsamen Mischung aus Witzig und Ernst („You penetrated a space whale!“ – versucht man hier, The Orville zu imitieren?) gefällt mir der Darsteller – rein vom Können her – sehr gut: Wie schnell Rainn Wilson zwischen seinen widersprüchlichen Dialogzeilen umschalten kann, das sucht schon Seinesgleichen! Hier werden schauspielerische Perlen vor die Säue geworfen, was jetzt auch nur halb als Telleriten-Scherz gemeint ist. Mit besseren Autoren und Regisseuren wäre hier durchaus Potenzial für einen kultigen Typen vorhanden.

Und die vielen Kulissen, Darsteller, Doppelgängereffekte und kleinen Details sind für eine Short-Episode durchaus beeindruckend. Da hatte ich nach „Tilly“ ja mit mehr leeren Schiffkorridoren gerechnet!


Fazit: Am Ende rettet Rainn Wilson diese Episode vor dem totalen Untergang. Weiterhin sehen wir keine Tiefe, sondern nur Gadgets (was sollte das z.B. mit dem Marvel-artigen Zepter am Ende?!) und aufgeblähte Idee-Blubberblasen.

Und was will Discovery jetzt noch mal sein? Witzig? Actionreich? Abenteuerlich? Dystopisch? Utopisch? Ein Kammerspiel? – Nach der Sichtung dieser Episode darf man feststellen, dass es das immer noch nicht weiß. Vielleicht Kurtzman einfach mal für weitere 5 Jahre und 25 Millionen Dollar verpflichten, damit ihm was einfällt?

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM
SPARKIS MICKRIGER MEINUNGSKASTEN
Und nun, live aus dem Zukunftia-Studio...

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Artikel

von Klapowski am 05.01.19 in Star Trek: Discovery

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Kommentare (6)

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  1. Hildegard Burnhamm-Brücher sagt:

    Erster. (Nach drei Tagen.)
    Ich nehme an, keiner kommentiert, weil wir alle so vorfreudig auf den 17. sind, nech?

    Es muss aber gesagt werden: Der Sparkiller-Kasten ist großes Tennis!

  2. David sagt:

    @Hildegard: Es kommentiert wahrscheinlich keiner, weil es gar nicht so einfach ist, Short Treks außerhalb der USA überhaupt zu Gesicht zu bekommen. Habe das Gefühl, dass es um die halblegalen Streaming-Seiten, von denen es noch vor einigen Jahren wirklich viele gab, heutzutage auch nicht gut bestellt ist.

    Wie guckt ihr denn Short Treks, bitte?

  3. Grimm sagt:

    Ab jetzt bitte immer einen Sparkiller-Kasten;)

  4. bergh sagt:

    tach auch !

    @David
    Siehe Kommentare zu The Orville.

    Es gibt da legale Quellen, halb legale Quellen und *hüstel*.
    Schön ist es natürlich einen Cousine in the US of A zu haben,
    die mir das alles auf Super 8 überspielt und dann schickt.

    Gruß BergH

  5. Hildegard Burnhamm-Brücher sagt:

    Das hier gibt mir Hoffnung für die Zukunft. Kurtzmann sagt, dass das Problem mit Star Trek immer war, dass es ihn nicht so berührt hat wie Krieg der Sterne damals. Alles wird gut.

    https://www.trektoday.com/content/2019/01/more-star-trek-coming-to-cbs-all-access/

  6. David sagt:

    @wen es interessiert: Short Treks gibt es jetzt auch auf Netflix im „Trailer und mehr“ von Discovery zu finden, nicht über die normale Suche, das wäre ja auch zu sinnvoll.

    Netflix klingt mir zu sehr nach Neelix. Ich traue dem Braten nicht.

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