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Rauchverbot BRUTAL: Müssen jetzt alle Raucher sterben?

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Wie jeden Tag reichte mir mein Kollege aus der Rauchwolke, in der er wohnt, die neue BILD-Zeitung herein. Ein mittägliches Lesevergnügen, das ich mir auch so schnell nicht nehmen lasse. Es sei denn, in den letzten 7 Tagen ist zufällig der neue SPIEGEL veröffentlicht worden… Doch diesmal sah ich etwas genauer hin: “RAUCHVERBOT BRUTAL!“ schrie(b) die BILD-Zeitung heute auf Seite 3 der nordrheinwestfälischen Ausgabe. Und einen Tag vorher hieß es bereits an der gleichen Stelle: „Müssen 38.000 Kneipen (in NRW) dicht machen?“

Nun, diese Fragen eines gewissen Herrn R. Ethorik können selbstverständlich von mir ohne nennenswerte Recherchen beantwortet werden. Nur durch eine kurze Datenabfrage bei einem bekannten, rudimentären Informationsnetzwerk (ich nenne es auch liebevoll „gesunder Menschenverstand“) kam ich zu dem Ergebnis, dass die Antwort nur „BRUHARHAR!“ lauten kann. – Natürlich müssen keine 38.000 Kneipen – also ALLE – dicht machen! Denn ungeachtet anderweitiger Gerüch(t)e sind Kneipen keine unmittelbar der Tabakindustrie angegliederte Institutionen. Sogar sollen bereits Menschen beobachtet worden sein, die nicht nur eine Kneipe dicht machten, sondern SICH in einer Kneipe dicht machten. Manche tranken sogar Cola oder – man mochte seinen Augen kaum trauen, was wohl den Dunstschwaden geschuldet war – sogar Wasser!

Deswegen sagt man auf der Straße vermutlich auch, „Komm, wir gehen einen heben“ und nicht „einen zünden“. Oder seid IHR schon mal mit den Worten „Lass uns mal gemütlich eine rauchen“ zu einem Kneipenabend eingeladen worden? Also ICH nicht, wobei ein gewisser „Sozialer Unbeliebtheitsfaktor“ eingerechnet werden müsste, um meine Einzelerfahrung repräsentativ hochrechnen zu können. Der Qualmerei eine solche (ACHTUNG!) Sogwirkung zuzuschreiben, dass sämtliche Kneipen bei dem Rauchverbot schließen müssten, ist in etwa so, als würde man behaupten, dass niemand in Deutschland mehr Auto fährt, wenn an drei Tagen die Woche ein Fahrverbot herrscht. Diese Überschriften sind also praktisch schon BILD-Niveau für Bauarbeiter, die selber NOCH MAL einen Bauarbeiter beschäftigen!

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„Ich rauche gern!“ sagen manche Raucher gelegentlich, woraufhin die Nichtraucher von 3 Metern weiter hinten mit leidgeplagtem Gesicht zu berichten wissen: „Und ich rauche fern…“ – Dabei kann man doch einfach einen Kompromiss finden: Die Raucher schädigen nicht mehr die Gesundheit der Nichtraucher und die Nichtraucher nicht mehr die der Raucher. – Okay, ein leichtes Ungleichgewicht bei der erforderlichen Arbeitserbringung ist nicht ganz auszuschließen…

Bevor wir wieder auf die Kneipen zu sprechen kommen, sei mir noch folgendes zu erzählen erlaubt: Als Nichtraucher freut es mich ja immer besonders, wenn ich mit einem Raucher unterwegs bin. Kaum ist die innere Nikotin-Zerfallsuhr nach 64,5 Minuten abgelaufen (eine Art sehr exakte Atomuhr, die ihre Energie aus den Lungenflügeln bezieht), unterbricht der stinkende Kippenkauer jede erdenkliche Tätigkeit! Und das exakt jede Stunde, wie ein Uhrwerk, oder vielmehr Bergwerk, wenn man die Konstante der Staubentwicklung berücksichtigt… Und da dachten wir, die ständige Bedienung des Gruftcomputers in der zweiten Staffel von LOST wäre grausam und unmenschlich! Aber bei Rauchern werden auf ein unsichtbares Kommando hin Autos auf Raststättenparkplätze gefahren, Kinofilme verlassen, Sitzungen unterbrochen oder der Kaka-Arsch erst NACH dem Gang zum Automaten abgewischt… Ein seltsames Verhalten, für das ich als Begleitperson wenig Verständnis habe. Ich fühle mich dann immer so in den Comic „Asterix bei den Schweizern“ versetzt, wo es alle paar Minuten hieß: „KUCKUCK!“ und dann die Sanduhr umgedreht werden musste.

Aber zurück zu den Kneipen: Ich unterstelle jetzt einfach mal, dass eine Kneipe für 473 Nordrhein-Westfalen rechnerisch locker ausreicht (18 Millionen durch 38.000). Auch platzmäßig dürfte es da ja eigentlich kein Problem geben. Zumindest die anatomisch handlichen Zielgruppen der Säuglinge, Jugendlichen und Rentner lassen sich ja meist bequem in der Ecke hinter dem Spielautomaten verstauen… Bei Muslimen helfen sicherlich die freundlichen Glatzen aus der Nachbarschaft beim Zusammenkneten.

Was ich natürlich damit sagen will: Die oben genannten Personengruppen kann man locker aus der Gleichung herausnehmen, ebenso diejenigen, die NIE oder sehr selten in derartige Etabiss…Eklatbis… Eterblie… Stinkebutzen gehen. Ich unterstelle mal, dass das mindestens 3/4 aller Einwohner sind. Bleiben in unserem Beispiel also 118 potenzielle Besucher je NW-Kneipe. Davon werden 90% des Umsatzes mit vielleicht 50 Stammkunden gemacht, die man am Montagmorgen meist schon um 10 Uhr mit Oppa-Cappi am Fenster sitzen sieht. Ein trauriger Blick wie Tausend Jahre Donnerbesen daheim und Hände wie Schaufelbagger, spielt diese Gruppe nicht selten mit sicher selber Karten oder sülzt den Wirt voll.

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Das Kneipen in ihrer Bedeutung überschätzt werden, zeigt ein Experiment: Gebt einmal „Schönes Theater“, bei der Google Bildersuche ein. Ihr erhaltet tatsächlich 23.000 Suchtreffer! Bei „stinkende Kneipe“ sieht das ganz anders aus: Nur 298 Anzeigen. Und davon sieht der Großteil der ersten Suchtreffer auch nicht nach WIRKLICHEM Interesse aus… (oben)

Bei diesen 50 armen Gestalten, die das Ganze eigentlich nur betrifft, möchte man dieses ganze Thema fast schon wieder abbrechen. Zumindest, sobald man sein visuelles Vorstellungsvermögen konsultiert. – Denn was interessieren mich proletige Jammerlappen, deren mickrige Kaufkraft in versifften Eckkneipen versackt? Schon alleine intellektuell ist mir ein Personenschlag zutiefst unheimlich, der das gleiche Bier wie bei sich daheim noch mal woanders in „teuer“ kauft.

Und selbst von diesen Stubenhockern in fremden Stuben werden nicht mal ALLE rauchen! Unglaublich, aber wahr! Sagen wir mal, 50% qualmen wenig, gar nicht oder aus Hartz-IV-Gründen nur passiv („Ist günstiger! Hips!“), dann bleiben in meinem Rechenbeispiel noch 25 Blöde in der Kneipe, die das Rauchverbot interessiert UND die finanziell für den Gastwirt attraktiv sind. Davon sind vielleicht wieder nur die Hälfte so verbohrt und verdreht (sogar selber gedreht, ha-ha?), dass sie wirklich wegbleiben. Ein Umstand, den die Menschheit sicherlich verzeihen kann, solange sie mir dieser Personen(auf)schlag nicht auf dem Gehweg entgegenkippt. Und diese 12,5 wandelnden Altherrenwitze, diese 25 halben Portionen und deren scharfkantige Eckkneipe, sollen mir Sorgen bereiten?

Und da sind Leute wie ich, die bisher Kneipen aus Gründen der Luft (= es gab dort keine) meideten, noch nicht einmal eingerechnet! In Irland gibt’s das Rauchverbot schon seit 3 Jahren und nirgends gab’s ein großes Kneipensterben. Im Gegentum: Angeblich wird nun mehr gegessen (vorher war die Nahrung im Raum einfach nicht ausfindig zu machen) und auch die Wirte und Kellner fühlen sich praktisch wie der Phoenix aus der Asche. Die Akzeptanz des Gesetzes liegt inzwischen sogar bei 80%!

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HA! Aber mit dieser Modediskussion bekomme ich euch: Klima! Der CO2-Verbrauch „zieht“ sicherlich auch bei Zigaretten-Diksussionen ähnlich wirksam wie bei Gesprächen um pupsende Kühe! Also: Jährlich verkaufte Zigaretten in Deutschland 2002: 145 Milliarden Stück. Kohlenstoffdioxid je Stengel: etwa 55 Milligramm, also 0,055 Gramm. Das macht im Jahr in Deutschlaaaaaand: 7.975.000.000 Gramm Kohlendioxid, jawohl! Das sind 1.975.000 Kilo! 1.975 Tonnen! Ha! Klimakiller! Und dann wieder meckern, wenn’s im Sommer zu heiß ist!

Aber wenn alle BILD-Argumente nicht ziehen, gibt es ja da immer noch den letzten Satz des Artikels. Dieser stammt von Herrn Hellwig vom Hotel- und Gaststättenverband NRW, der privat übrigens auch das Patent auf die „Deutsche Panikmache“ hält:

„Es wird eine Klagewelle von Anwohnern geben, wenn Kneipengäste zum Rauchen rausgehen und sich lautstark unterhalten. Dazu kommt der Streit um die Kippen auf dem Bürgersteig…“

Naaaa klaaaar! Und irre Raucher verführen Minderjährige zu filterlosen Geschlechtsverkehr!

Aber jetzt muss ich wirklich los!

In meiner Stadt wurde nämlich der Notstand ausgerufen, nachdem Sprengstoffversuche in geschlossenen Gebäuden verboten wurden (Die TNT-Besitzer böllern nun auf den Straßen) und die Katzenhaltung auf 150 Tiere beschränkt wurde (fortgejagte Katzen verstopfen die Straßen).

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Artikel

von Klapowski am 14.06.07 in All-Gemeines

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