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„Wall*e“ – Das ultimative Streichelreview

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„Pixar“ – Dieses Kunstwort aus „Pixel“ und „Wunderbar“ zeigt mal wieder, dass es zu Recht als Synonym für tolle Trickfilmunterhaltung gilt. Nicht nur, dass die Geschichten stets so liebevoll wie abwechslungsreich sind, nein, sie versprühen auch Herz. Bei anderen Produktionen gilt es ja oftmals nur noch, Gift und Galle tröpfchenförmig in die Luft zu entlassen… – Und auch der kleine Nummer 5… äh… „Wall*e“ vermag die Massen wieder mal zu begeistern! Also zumindest MEINE Masse hat im Kinosessel sehr aufgeregt hin- und hergeschlackert.

Um was geht es? Nun:

Schon mal schön, was? Am schönsten ist wohl dieser Punkt: Pixar bietet und biedert den Film NICHT als computeranimierten Cartoon an.

Die Gliedmaßen ziehen sich beispielsweise nicht plötzlich auf 2 Metern Länge, nur weil jemand mal eine Wasserkiste trägt. Und wenn man vorher noch den Trailer zu „Madagascar 2“ gesehen hat, ist man froh, dass hier die Figuren nicht unrealistisch auf 5 Quadratmetern „herumspringen“ wie in einem schlechten Stop-Motion-Film. Alles wirkt realistisch und wie aus einem Metall-Guss. – Wall*e hat somit auch keine Subraumfalten in der Dose, aus denen er unendliche Werkzeug-Erweiterungen zaubern kann. Siehe als Negativbeispiel auch Kitt in der neuen „Knight Rider“-Serie…

Tatsächlich ist der Film über weite Strecken sehr ruhig und ästhetisch. Das wirkt fast schon ein wenig anachronistisch (gefällt euch dieses Wort? Wo das herkommt, gibt es noch mehr davon!) in Zeiten, in denen man Trailer schon fast in Trailern zusammenfassen muss, um ansatzweise den Inhalt mitzubekommen. Wenn Pixar etwas drauf hat, dann den Sinn für die richtige Perspektive, den richtigen Schnitt, das perfekte Timing, einen vor Freude heulenden Klapowski und einen Sparkiller mit offen staunender Gesichtsluke!

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Alt-Metall für Neu-Gierige: Für die verschollene Tränendrüse des Zuschauers begibt sich Wall*e doch gerne auf die Suche… Übrigens entschuldige ich mich schon jetzt dafür, dem Roboter in den Bildunterschriften keine lustigen Kommentare in den „Mund“ zu legen: Mein tief empfundener Respekt vor Wenigsprechern verbietet es mir, dem sympathischen Schweiger weibliche Charaktereigenschaften aufzudrücken…

Schön auch die Musik! Kleine Gesten und Mimiken werden ebenso mit einem passenden „Winken“ der Klaviertasten begleitet wie die großen, epischen Bilder. Wenn man dann noch hinter Wall*es Kameraaugen seine Servomechanismen arbeiten sieht („Oooh, wie süüüß! Er deeeeeeenkt naaach!“), fühlt man sich selbst als Testosteron-Überproduzent irgendwie sehr feminin. Denn anscheinend gibt es eine Art „objektive Niedlichkeit“, die auch Männer verzückt. ICH zumindest hätte diesen süßen Rostfratz knuddeln können, bis er glänzt! Diese Körperhaltung! Die kleinen, klobigen Metallfingerchen! Gegossen, um geliebt zu werden! – Gibt es eigentlich Butterbrotsdosen mit Wall*e-Motiven? Ich möchte im Büro endlich mal wieder als cool durchgehen!

Denn cool ist er auf jeden Fall. Und sei es nur, weil der Roborabauke schauspielerisch mehr drauf hat als Till Schweiger. Einen Würfel mit Raupenbeinen muss man als Animationskünstler erst mal dazu bekommen, so viele Emotionen alleine durch die „Körper“sprache auszudrücken, reinzudrücken, rauszuholen. Da fragt man sich einmal mehr, warum man der (schlecht) animierten „Star Wars“-Kinderserie so viel Toleranz gezeigt hat, obwohl man in in dieser Zeit viel sinnvollere Sachen hätte tun können. Sich 3 weiche Eier kochen, beispielsweise!

Wall*e ist ein Kind im Körper eines Kubus. Er verkörpert jenen infantilen Sammler in uns, der noch heute Gummibänder und Kronkorken in eine Schatzkiste (= aufgeschnittene Milchtüte) legen würde, wenn wir nicht schon zu alt dafür wären… Überhaupt kann man sich doch recht gut mit dem eckigen Dreckigen identifizieren! Haben wir nicht auch manchmal das Gefühl, ganz alleine Müll zu riesigen Bergen zu schaufeln? – Wenn ich die von mir rezensierten Filme und Serien ansehe, sehe ich durchaus Gemeinsamkeiten…

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Die Angst fliegt mit: Warum dieser Teil aus dem Vorspann von „Raumschiff Voyager“ geschnitten wurde, habe ich bis heute nicht verstanden. Man beachte auch, wie clever das Augen-Design des Roboters doch mit der angedeuteten Hundeäugigkeit ist. Oder könntet IHR einen Roboter lieben, wenn er SO ausgesehen hätte?:

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Und wenn wir uns in der Vergangenheit einen Tucken intellektueller gezeigt hätten, würde ich jetzt sogar mit kulturellen Vergleichen ankommen. Wie zum Beispiel mit König Sysiphos und seinem Freund, dem Stein. – Diese Assoziation drängt sich nämlich auf, wenn Wall*e Müllquader aufschichtet…

Wall*es Liebe zu dem überraschend eingetroffenen Roboter-Weibchen Eve scheint auch zumindest ein bisschen von dem „Adam und Eva“-Motiv inspiriert zu sein. Immerhin nennt Wall*e sie ja sogar „Ev-vaaa“ und meine Selbstüberhöhung ist auch zu groß, um diese meine Beobachtung als Zufall abzutun. Aber so weit müssen wir inhaltlich eigentlich auch nicht gehen…

Apropos „nicht gehen“: Nach dem ersten Teil des Filmes erhebt sich Wall*e in die Lüfte… des Alls. Ab hier verändert sich das Tempo des Films und zieht an. Das ist nach den herzzerreißenden Slapstick-Szenen auf der Erde zwar ein bisschen schade, war aber nicht zu ändern. 90 Minuten „Prozessor in Love“ hätte ja auch keiner durchgehalten. Außer mir, meine ich jetzt.

Jetzt könntet ihr vielleicht sagen: „Hey, Klapo! Verliebte Roboter! Ist das nicht ein wenig kitschig?“ – Und ich würde antworten: Natürlich ist es das! Aber ab und zu fahre ganz gerne mal mit der Kitsch-Kutsche! Roboter dürfen das! Und besser etwas zu viel Schmalz als emotionslose Retortenfiguren, die hochgegelt und flachgelegt von „Big Love“ sülzen. Mindestens einmal die Woche. Mit „Höhepunkten“ jeweils kurz vor der Werbepause.

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Hand(lungs)bedarf: Liebe ist schon eine weiß… feine Sache. Zum Glück werden aber auch die Nachteile in diesem Film parodistisch überspitzt gezeigt! So findet die Notwendigkeit von kettenförmigen, geschenkten Objekten ebenso ihre Erwähnung wie auch das gegenseitige Anschweigen in der verflixten 7. Eheminute.

Fast etwas kitschiger ist da schon die Geschichte um verfettete Menschen im Weltraum, die ihre 5-Jahres-Mission auf 700 Lenze ausgedehnt haben (warum hat das Kirk damals eigentlich nicht gemacht?). Hier wirkte die Kritik am Konsumwahn ein wenig deplaziert, wenn man kurz zuvor noch Wall*e sah, der seine Küchenschabe verhätschelte. Zum Glück werden einem derlei Weisheiten aber nicht mit dem Holzhammer einmassiert. Selbst die unausweichliche Botschaft „Haltet eure Erde sauber“ nervt da nur geringfügig, da keine Delphine gestreichelt oder Robbenbabys adoptiert werden.

Und gaaaaanz ohne Gegenspieler kommt so eine Geschichte natürlich auch nicht aus. Aber das ist auch nicht weiter slim, äh… schlimm, zumal wir in den ersten 30 Minuten ja doch genug Slapstick-Spaß mit ohne Sprechen hatten. Wieso aber unbedingt ein Stück Unkraut in einen Holoprojektor geschoben werden muss (Man stelle sich einen DNA-Routenplaner im Auto vor: „Bitte ein Gänseblümchen aus Gelsenkirchen einfügen!“), obwohl die Lage der Erde doch bekannt sein dürfte, ist mir nicht bekannt.

Wirkliche Negativpunkte fallen mir jetzt aber keine mehr ein. Und wenn, dann würden diese sowieso ein chronisches „Egal, denn…“ oder „Das bringt mich auf folgende, sehr gelungene Szene…“ nach sich ziehen. Dieser Film ist einfach keine Sekunde langweilig und sieht – tolle Details im Hintergrund – auch noch hammermäßig aus. Wer könnte das schon von der Frau behaupten, die einen womöglich in diesen Film geschleppt hat?

Die Soundeffekte sind übrigens allesamt vom „Star Wars“-Sounddesigner, der schon den Eierkocher R2D2 mit einem unverwechselbaren Tüdelüth ausstattete. Und auch die Geräusche sind auch hier wirklich gelungen. Sie unterstreichen das Geschehen wunderbar, untermalen es congenial und legen am Ende noch eine schützende Schicht Dämmplatten darüber.

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Absolute Sp(r)itzengeschwindigkeit: In anderen Animationsfilmen hätte der Hauptdarsteller jetzt wohl ein riesiges Herz in den Weltraum gesprüht. Kitsch DIESER Größenordnung bleibt uns hier glücklicherweise erspart. Und wem das alles trotzdem noch zu kindisch ist, kann im Kino ja nach der Bedeutung des Schiffsnamens googeln und seine Begleiter danach mit seinem Insiderwissen beeindrucken… Und selber damit zum Außenseiter werden.

Fazit: Kochende Ratten sind mir etwas ferner als aufräumende Roboter. Ob das an meinem chronisch zugemüllten Schreibtisch liegt oder generell daran, dass Wall*e einfach NOCH mal besser ist, weiß ich nicht. Da ich „Ratatouille“ damals eine 2+ gab, MUSS ich diesmal aber einfach eine bessere Note geben.

Und eine „EINS“ gibt es bei mir wirklich nur für Filme, die man sich am nächsten Tag sofort noch mal ansehen kann. Und genau das würde ich auch jederzeit tun, sofern mich noch mal jemand begleiten möchte. – Lieber Sparki, darf ich’s wagen? (*mit zwei angespitzten Gabeln nach Sparkillers Händen greif*)

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SPARKIS MICKRIGER MEINUNGSKASTEN
Der kleine Bruder von Nummer 5, „Wall*e“ – Das ultimative Streichelreview
Ja, wie macht Pixar das denn nur? Denn mir kann doch keiner erzählen, daß die so einen Erfolg mit ihren Filmen haben, nur weil der Laden a.) sich sehr viel Mühe gibt, b.) einfallsreiche Geschichte erzählen kann oder c.) einfach weiß, wie man seine Zuschauer vernünftig zu unterhalten hat.

Mühe deswegen, weil in jeder Szene von Wall-E wohl mehr Arbeit steckt, als beispielsweise im deutschen Shrek-Plagiat „Lissi und der wilde Kaiser“. Soviele Details wurden in das Bild eingearbeitet, daß ich mir die Arbeit bei Pixar einfach nicht anders als die auf einer Galeere vorstellen kann. Inklusive Trommeln und 24— nein, 25!— Stunden-Tag.

Und auch die Story führt uns, Science-Fiction zum Trotz, auch einmal weg von den üblichen Raumkämpfen und schlecht gelaunten Bösewichtern. Hier traute man sich schon direkt am Anfang etwas und zeigt die Erde als heruntergekommene Bruchbude mit ohne Menschen drauf. Denn diese haben sich nach der Ausbeutung unseres kleinen blauen Planeten einfach verpisst. Erschreckend simpel. Erschreckend realistisch. Hut ab, vor dieser Idee. (Ich werf den Hut einfach mal in den Fluß, ja? Macht doch bestimmt nichts…)

Aber auch wenn die Grundidee (Erde leer und dreckig, Wall-E räumt auf, findet Blume, Ex-Erdlinge kommen) bei den wenigsten Probleme machen sollte, so ist der ganze Film einfach sooo schön erzählt. Schon merkwürdig, wenn hier ganz nebenbei eine Beziehung zwischen zwei Robotern besser rübergebracht wird, als in den meisten Kino-Schnulzen mit echten Menschenwesen. Die Lob-Hudelei könnte jedenfalls immer so weitergehen, aber dies würde wohl diesen mickrigen Meinungskasten
sprengen. Meine Wertung für mein persönliches Kino-Highlight 2008 lautet daher: eine glatte 1

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Artikel

von Klapowski am 18.10.08 in Filmkritik

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Kommentare (7)

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  1. DJ Doena sagt:

    Ein paar Anmerkungen:
    Den Sound, den Wall-E macht, wenn seine solarzellen aufgeladen sind, ist das Startgeräusch eines moderen Macs.
    Die Pflanze war nicht dazu da, den Weg zur Erde zu finden, sondern zu checken, ob sie wieder lebensfähig ist.
    Beim Ende hätte ich allerdings erwartet, dass man die Chips von der kaputten Platine löten muss, um Wall-Es Seele wiederherzustellen. Wo soll die auch sonst stecken, wenn nicht in der CPU?

  2. Corny sagt:

    1? ZU RECHT!!!!!! :-)

  3. G.G.Hoffmann sagt:

    Gähn… da zeigt sich mal wieder, wie langweilig es ist, gute Filme zu reviewen. Ich fühle mich beim Lesen dieses Reviews, als säße ich vor dem Beginn der Werbung im Kinosessel und läse die Hauspostillen von Cineplex oder Cinestar („Kino & Co.“) in denen ausnahmslos jeder Film zum Kinohighlight befördert wird.

    O.K., WALL-E hat es tatsächlich verdient. Und meiner Freundin geht es schon auf den Sack, daß ich ihr andauernd Glühbirnen hinterhertrage und zärtlich „IIIWWAAA“ durch eine Metallmembran hauche. Außerdem bin ich aufgrund des Films auch dazu übergegangen, meine Ketten abends ordentlich am Eingang aufzuhängen.

    Ich würde aber viel lieber Dampfhammer-Reviews über Filme lesen, bei denen ich mich anschließend mit der Kinokartenverkäuferin um die Rückzahlung des Eintrittspreise geprügelt habe. Z.B. „Burn after Reading“. Nicht wirklichlich schlecht – für Mittwoch abends auf RTL 2. Aber für 7,50 Euro unverschämt langweilig.

  4. DJ Doena sagt:

    Hmm, als nicht-wirklich-Fan der Coen-Brüder (Big Lebowski war so naja) fand ich BAR aber richtig witzig gemacht. Hatte so einen schönen trockenen Humor.

  5. G.G.Hoffmann sagt:

    Ja, ok. Ein paar Humorpunkte hat der Film verdient. Und hätte ich ihn 1987 erstmals auf einer ausgeleierten VHS-Kassette gesehen, würde ich ihm wahrscheinlich sogar das Prädikat „Kult“ verliehen haben. Aber Brad Pitt und George Clooney sind in meinen Augen nicht die ganzen großen Humoristen und wirkten etwas gekünstelt in ihren Rollen. Clooney konnte sich bei der Darstellung offensichtlich nicht zwischen seinem Ruf als Womanizer und einem Volltrottel entscheiden und Pitt sah aus wie Pitt, der einen Idioten spielt. Mit anderen Darstellern (Kevin Kline und John Cleese z. B.) hätte man sicher mehr aus der Geschichte rausholen können.

    Wo bleibt da eigentlich das Review?

  6. Andreas sagt:

    TOLL!!!

    Wollte mir den Film ansehen und bin nach 30 minuten eingeschlaffen.
    Fängt der Film nicht alzu langsamm an man muss ja richtig vorspullen damit man nicht einpennt!

    Der Schlus war aber geil

  7. bergh sagt:

    tach auch !
    @Andreas
    Wall-E (Keule schwing) , oder
    BAR ? (Gar nix mach weil nicht gesehen.)
    Wall-E ist einfach
    Zitat : Mein Kino Highlight 2008 und auch 2009.
    Den kann man so schnell nicht steigern.

    Deshalb auch ein Berrztes Zustimm an GGH:
    Sowas zu reviewen ist schwer, bis langweilig.

    Gruss BergH

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