Star Trek – TOS: „Landru und die Ewigkeit“ – 1.22 – Review

Erinnert ihr euch noch an diese SNW-Episode, in der zwei Blumenfreunde auf Zombies trafen? Ein bisschen passt dazu vielleicht diese Episode hier. – Vermutlich aber auch nicht, da hier das Prinzip des fremdgesteuerten Körpers in den 1960ern mit einem intellektuellen Unterbau erzählt wurde. Trotzdem sollte man diese TOS-Geschichte ruhig mal aufgreifen, zumal übergriffige Computer seit Kurtzman kaum noch eine ernsthafte Rolle spielen… Und wem das als Review-Grund nicht genügt: Das Wort „Landru“ wurde bei „Lower Decks“ gefühlt tausend Mal erwähnt – und muss daher aus meinen Kopf raus.
Inhalt:
Armer Sulu! Da guckt er sich verkleidet ein fremdes Volk an, wird dabei aber von einem Strahl erwischt. Fortan steht er auf Friede und Frohsinn im Angesicht von „Landruuu“.
Kirk und seine Mannen beamen daher rasch darunter, um herauszufinden, warum auf diesem Planeten alle so seltsam herumstapfen – und die wenigen Außenseiter aggressiv zum Frieden umerziehen wollen.
(„Oh, Frau Wagenknecht. Sie auch hier?“)
Zuerst dürfen sich die Eingelullten aber mal richtig freistrampeln. Denn ab uns zu gibt es auch eine „Purge“. So richtig mit Brüllen und Im-Kreis-Laufen!
Besprechung:
Die Glaubwürdigkeit der Welt ist leider – selbst für TOS-Verhältnisse – eher untermotorisiert. So streifen in der Kulissenstadt zwar haufenweise Statisten herum, doch sie TUN nichts. Trotz Schaufenstern im Hintergrund und einer verführerischen Ecke, in der ICH wohl einen Zeitungsjungen platziert hätte. Klar: Natürlich ist das der grundlegende Gag, dass die Leute bedürfnislos „glücklich“ sind. Aber ein bisschen ausspielen hätte man das schon können?
(„Hey, in dem Gemüseladen liegen nur Steine statt Äpfel?“ – „Huuuui. Landru sagt, dass geistige Nahrung vorzuziehen seeei. Huuuui. Und Zähne maßlos überschätzt werdeeen.“)
„Landru? Wer oder was soll das sein?“ – „Die Firma, die diese Stahlrohre herstellt. Schauen Sie!“ – Endlich mal ein Rohrschacht-Test: Die Herstellung dieser energieintensiven Stangen wurde zu Zeiten der Ampelregierung nur noch verkleidet durchgeführt. Wegen der Grünen im Bundestag.
Auch war ich enttäuscht über die „Purge“-Ausschreitungen:
Die ganze Nacht über gibt es Tanz, Sachbeschädigung, Gebrüll und (angedeutete) Vergewaltigungen, aber der Regisseur machte sich nicht mal die Mühe, auf die Kostüme sichtbare Schmutzflecken zu reiben. Oder einen Kragen einzureißen. Immerhin hat die wild geschwungene Fackel zwei-drei kleine Schrotthaufen entzündet. Streng nach Brandschutz.
Die gezeigte Anarchie war somit so harmlos wie eine Abschiedsfeier unter 100-Jährigen. Und mir hätte es echt schon genügt, wenn jemand auf allen Vieren über die Straße gehoppelt wäre. Dazu einen Türstopper im Mund und einen Weidenkorb auf’m Kopf – fertig wäre die Anarchie!
Auch wird etwas husch-husch erklärt, warum die alten Männer in dem Seitenhaus immun gegen das Treiben sind – und dass sie eine Art halbherzigen Widerstand anführen. Viel gab das Drehbuch ihnen aber eh nicht zu tun: Sie werden halt erschossen, befragt und schockiert („Was?! Meine Tochter hat nach dieser Wahnsinnsnacht einen Schwächeanfall?!“), ohne dass man hier eine echte Vorgeschichte einpflegte.
Auch die Kuttenträger glänzen nicht mit besonderer Durchsetzungskraft. Warum mal einer der Widerständler abgeknallt wird (statt sie einfach umzuwandeln), Kirk ihnen aber die Metallstäbe wegnehmen(!) kann, wird nur halbherzig erklärt. Nämlich damit, dass dieser Widerstand wohl zu viel für deren unterleveliges Oberstübchen sei. Was für ein Unterdrückungsregime auch nicht sooo spannend ist?
(„Ihr kommt jetzt mit!“ – „Nö, will aber nicht!“ – „Error, Error! Ungültige Parameter!“)
Die Frage, weshalb die Wächter aus „leeren Metallstäben OHNE Mechanismus drin“ (laut Spock) überhaupt schießen können, wird bis zum Ende nicht geklärt…
„Natürlich haben Sie einen Empfänger daheim. Oder wie würden sie die Netzhaut hinter ihrem Augapfel sonst beschreiben?“ – Hausbesuche für Leute, die gerne unterwegs sind: Die Älteren erinnern sich bestimmt noch an die Zeiten der GEZ-Fahnder? Diese hier sind aber harmlos. Und wer nicht sofort mitgehen will, füllt die Einzugsermächtigung einfach später im Hauptquartier aus. Auf Freiwild… -williger Basis!
Etwas mehr Dampf besaß dann die zweite Episodenhälfte.
Kirk, Pille und Spock sind nun Gefangene. Pille ist bereits umgedreht worden und schwafelt was von „Liebe und Friede“. – Eine nette Idee, aber ebenfalls in der Dystopie-Variante für Sparfüchse. Ein bisschen mehr Hintergrund hätte selbst bei diesen simplen Zeilen gut getan. So was wie „Nie wieder Krieg!“, „Wir möchten kein Arm oder Reich!“ und „Merkel hat’se alle reingelassen!“ hätte mir hier auch schon genügt.
Oder dass man McCoy etwas länger davon überzeugen muss, dass man ebenfalls bereits zum Esoteriker geworden ist. Das war doch etwas langweilig umgesetzt: „Jaja, Pille. Wir flüstern nur miteinander, um Landru zu huldigen!“ (*drei Meter weitergeh, weiter flüster*)
Dass die Umgewandelten alle telepathisch(!) verbunden sind, war als Idee ebenfalls spannend, ging aber nicht so weit, dass jemand einen Borg-mäßigen Wissensvorsprung erhielt. Und ist das nicht auffällig, wenn manche Untergründler im Netzwerk gar nicht erst auftauchen?
(„Jaja, habe den Support schon angerufen. Die melden sich die Jahre noch mal, haben sie gesagt.“ – *Nervös schwitz*)
Der eigentliche Held der Geschichte sollte beinahe der Dickliche sein, der anscheinend seit Jahren(?) im Hauptquartier abhängt, um die Gehirnstrahlen nur zu faken. („So, zurück in die Zelle. Von MIR habt ihr die fehlende Gehirnwäsche aber nicht. Nächster.“)
Dieser Mann war eigentlich ein interessanter Charakter, der aber trotz seines großen Mutes und Verstellvermögens zu wenig Anerkennung von Drehbuchseite erfuhr. – Wirklich LUST auf Widerstand besaß er nach Kirks Rettung ja nicht? Wenigstens ein wenige Recherche hätte er doch beisteuern können! („Manchmal höre ich nachts so ein Geräusch hinter den Wänden. Wie von großen Magnetspulen und laut piepsenden Blinklichtern!“)
Das Highlight der Episode ist dann fraglos das ENDE. Dass Landru ein Computer ist, der dem Volk zu einem konfliktfreien Leben verhelfen wollte, war damals durchaus FRISCH im noch nicht komplett angerührten SF-Einheitsbrei. Kirks Ansprache zum Wert von Kreativität und Weiterentwicklung, nach der sich Landru direkt selbst verkokelt, ist wohl einer dieser Momente, die in das kollektive Trek-Gedächtnis eingegangen sind.
„Ach guck, der Landru. Ich hatte ihn mir immer als Nichtraucher vorgestellt.“ – Mönche mögen’s heiß: Trotz der Ersten Direktive (die hier mal erwähnt wird!) hat Kirk kein Problem damit, diese Leute den Untiefen des „Freien Marktes“ zu überlassen. Tatsächlich beamt man danach sofort so eine Art „Treuhand“ runter, was laut Kirk – kurz vorm Abspann – bereits von Erfolg gekrönt ist. („Die haben nischt mehr. Aber dafür prügeln sie sich wieder in Kneipen.“) – Moralisch korrekt?
Das alles hätte auch bei TNG – mit etwas zeitgemäßerer Rhetorik – gut gewirkt. Denn wie viel „Kontrolle“ nötig ist, damit die Menschen nicht Krieg führen, ist eine universelle Frage für alle Wesen mit Hirn und Herz. Und einem Finger zum Atomraketen-Abfeuern.
Von den ganzen Logikproblemen (= Sulu wurde umgewandelt, obwohl er nur von den mobilen Stäben berührt wurde!) fangen wir hier besser nicht an…
Fazit:
Große Fragen, im Dörrautomaten bequem eingedampft.
Hier gibt es selbst bei TOS bessere Episoden zu dem Thema. Und vor allem VIELE.
Zum Beispiel liebe ich es, wie die Aliens in „The Cage“ die Menschen derart verhohnepiepeln (um mal ein Wort aus G.G. Hoffmanns Jugend zu verwenden), dass sie am Ende fast lieber auf gedankenkontrollierte Scheinwelten und auf geistigen Schläuchen stehen, anstatt ihren Trieben freien Lauf zu lassen.
Die Low-Budget-Umsetzung vieler Schlüsselszenen verzeihe ich dieser Episode vollkommen. Enttäuschender ist es aber, dass aus dem Thema des dahinduselnden Friedens-Geschwafels inhaltlich wenig gemacht wurde. Was IST Frieden überhaupt? Und war dieses Volk womöglich außergewöhnlich gewalttätig – und die Gehirnwäsche daher angemessen?
Und warum fehlte es hier an etwas Worldbuilding?
Wer geht (z.B.) auf die Felder, wer flickt Schlaglöcher und Unterhosen? Oder passiert das alles nicht mehr, weil „Laaaandruuu“-Gemurmel, Aufbruchlosigkeit und fehlende Grundstimmung das Handwerk kaputt gespart haben?
Also so ein bisschen wie bei UNS?
Dass die Folge am Ende zig Fragen zum Wert & Ziel des Lebens einstreute, rettet sie aber ins Mittelmaß.
Es gibt bestimmt Statistiken darüber, wie viele KIs / Zentralcomputer / Androiden etc. Kirk in den „Wahnsinn“ bis zur Selbstzerstörung gelabert hat.
Mir fallen neben Landru ein: NOMAD, Mudds Androiden, Computer M5, wenn man es genau nimmt, sogar V`Ger: hat sich lieber in eine andere Dimension transferiert als noch länger bequatscht zu werden.
Oh, hier war schon einer fleißig:
Und später hat eine junge Tochter des Planeten einen Satelliten in den Orbit gebracht: Lena Meyer-Landru, Har-Har Har!
Ich hab mir ein paar Minuten angesehen.
Ergebnis: Roddenberry- und Berman-Trek ist 25% intelligenter als Kurtzman-Trek. „Gemessen“ an vier Kriterien.
Allen SNW-Freunden zum Trost: SNW ist nur 15% weniger intelligent.
Interessantes Video, werd auf jeden Fall nochmal länger reinschauen.
Weil wir gerade von Künstlicher Intelligenz reden:
Hier ein interessantes Youtube-Video.
Jemand hat mittels K.I. die „Intelligenz“ der Roddenberry-Ära (TOS + TAS), der Berman-Ära (TNG-Enterprise) und der Kurtzman-Ära (ab Disco) gemessen.
Der K.I.-Teil beginnt etwa ab 1h 18min.