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Plakatwerbung mit dem Dampfhammer? – Na, gerne doch!

Plakatwerbung mit dem Dampfhammer? – Na, gerne doch!

Oh, welche Freude ist es doch, ein Fußgänger zu sein! Hängen aktuell doch in vielen Städten wunderbar subtile Poster der Kampagne „Schmuggelkippe“, welche uns über den ehrenhaften Kampf von Philip Morris gegen die bösen, bööööösen Kippenschmuggler informieren will: Denn wer raucht, der unterstützt logischerweise Terrorcamps, das organisierte Verbrechen, Terrorismus und vielleicht sogar das… grusel… Musikantenstadl. So begeistert waren wir jedenfalls von der plump-kindlichen Überzeugungstaktik eines anscheinend wiedergeborenen Göbbels, daß wir doch glatt einmal unsere eigenen Plakat-Exemplare herstellen mußten…

Die qualmenden Raubkopien bestehen übrigens auch, laut Opa Willi auf dem Poster, zu 99.9% aus Rattenkot, was im Vergleich zu den NORMALEN tollen Zutaten der Glimmstengel anscheinend aus irgendeinem Grund eine Verschlechterung darstellen soll?

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„Jawoll, seit ich nicht mehr diese illegalen Zigaretten rauche geht es mir wieder wunderbar. Mein Haar ist voller, meine Haut glatter und mein Schniedel mindestens 10 Zoll länger. Kurz, mit meinen 19 Jahren stehe ich nun wieder mitten im Leben!“ – Stefan Strohmann vom „Forum Vernetzte Bestechlichkeit“ kämpft mit Körper und Seele gegen die bösen Schwarzraucher. Was etwas seltsam ist, hatte er letzteres doch bereits vor Jahren gegen eine Stange Marlboros eingetauscht.

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„Buhuu, immer dieses Gemecker! Was erwartet ihr denn, wenn man vor allem ein Publikum jenseits der 70 unterhalten muß? Professionelle Produktionen? Etwa Genre-Abwechslung? Wir bieten doch bereits Krimis UND Kochsendungen!“ – Vielleicht gehen wir doch etwas zu hart ins Gericht. Erst neulich lief ja z.B. die tolle Antiquitätensendung „Bares für Rares“. Möchte nicht wissen, wieviele Ommas dabei vor Spannung den Löffel abgegeben haben. Nein, nicht um den vom Horst Lichter schätzen zu lassen!

Mehr zum Thema Öffentlich-Ächtliche haben wir übrigens bereits hier geschrieben. Und zur Werbung im Allgemeinen möchte unser Gastautor Daniel Klapowski auch noch etwas loswerden:

KLAPOS KLAPPRIGER MEINUNGSKASTEN
Gehirnwäsche für die Brieftasche
Aggressive Werbung, die an moralisches Seelendingsbums applaudiert… äh… appelliert, ist ja gerade IN. „Raucht keine geschmuggelten Zigaretten“, „Ethisch wertvolle Tageszeitungen kann man doch auch auf dem Pad lesen“, „Dieses Brot stammt von lokalen Bauern“. – Ja, da freut sich der ärmliche Kleinbauer von weiter weg bestimmt, wenn sein reicher Kollege aus Bielefeld das ganze Hochzentrum OWL ganz ALLEINE versorgen darf.

Generell scheint es gerade in Mode zu sein, sich für selbstverständliche (oder eben gerade NICHT selbstverständliche) Dinge einzusetzen. In Radio Bielefeld wird z.B. gefordert, dass „unser Klick in Bielefeld“ bleiben sollte (= lokale Händler unterstützen, die nur unwesentlich mehr als das Doppelte an Kohle wollen – und selber heimlich bei Amazon bestellen?), damit die Innenstadt nicht verödet. Wobei die zumindest hier extrem NICHT verödet aussieht: Taschendiebe tanzen dort dicht an dicht mit Gucci-Girls, Kleingeldbettler, Salavisten und Zeugen Jehovas weichen verzweifelt den Unmengen an Schülern aus, alte und junge Leute quetschen sich mit Brecheisen und -tüten durch die Bahnhofstraße, etc., etc…

Ein paar mehr Klicks – und Fußtritts – direkt im Internet würde ich daher nur begrüßen.

Und fragt mal nicht, was los ist, wenn es hier mal MITTERNACHTSSHOPPING gibt! Dann kommen alle mit ausgefahrenen Ellenbogen herbeigeströmt, denen es am Freitag oder Samstag Nachmittag noch nicht voll genug ist. Gibt ja nix Schöneres, als zum Geldausgeben UND Rumgestoßenwerden um 23 Uhr loszufahren. Vermutlich die Disco für Ü25-Jährige?

Das nennt man dann wohl „Eventcharakter“, den man auch im Kino neuerdings braucht: „Filme wirken nur im Kino“, so oder so ähnlich kann man es werbemäßig oft lesen. Wobei mir der Vorteil von Taucherbrillen-3D mit schmatzendem Popkorn-Pöbel und 20 bis 30 Euro pro Kinoabend zu zweit (mit Anreise und goldgeblasener Luxus-Cola) auch nicht recht einleuchtet. Leihgebühr beim Streamingdienst im einstelligen Bereich etwa zu niedrig/hoch? 50-Zoll-Glotze zu winzig? 7.1-Heimanlage zu popelig?

Eben las ich erst wieder auf einem Plakat: „Wer Bücher liebt, kauft im Buchhandel“. Wirklich? Damit ich dort mit Truhen zukünftiger (Zwangs-)Bestseller geblendet werde? Eben palettenweise Bücher statt die ganze Palette an Amazon-Vorteilen? Namentlich: Haufenweise Reviews, eBooks mit einem Klick, nicht auf das nächste Mitternachtsshopping warten müssen – um sich vielleicht ganz crazy um 0:01 Uhr vor den Rechner zu setzen…

Die Plakat-Werbung der Zukunft scheint uns nur noch erzählen zu wollen, welche übermächtige Konkurrenz man NICHT nutzen soll. Chemotherapeuten wettern also demnächst gegen die Krebsvorsorge, Besitzer kitschiger Dekoläden gegen Floristen („Unser Tik: Alles nur schön mit Plas-tik!“), Stacheldrahthersteller gegen Frieden in Syrien, der Papst gegen die Pille für Atheisten…

Und alle zusammen gegen Amazon, versteht sich.

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von Sparkiller am 09.09.15 in All-Gemeines

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Kommentare (7)

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  1. Onkel Hotte sagt:

    Ich find’s toll wie mein Unterbewusstsein es im Laufe der Zeit gelernt hat, die Werbung grösstenteils auszublenden. Jedenfalls ist es in den letzten Jahren recht häufig vorgekommen, dass man mich gefragt hat ob ich denn mal diese oder jene Werbung gelesen/gesehen/gehört hätte und musste jedesmal verneinen.
    So auch diese Plakatwerbung, zumindest die von PM, die restliche von Bielefeld würde in Köln auch wenig Sinn ergeben.
    Die Tabakkonzerne scheinen Angst zu haben, anders kann man deren Aktion nicht erklären. Die EZigaretten scheinen immer mehr Akzeptanz zu bekommen.
    Mitternachtsshopping kann ich mir auch gut sparen. Zu dieser Zeit oder an Sonntagen scheinen die Leute ihre Sparvorhaben regelmässig mit den Füssen zu treten.
    Bücher suche ich mir schon am liebsten im Buchladen aus. Da kann keine Webseite mithalten. Reviews bekomme ich da natürlich nicht.
    Und ein Film im Kino (2D, ColaBier und Snickers in Frauchens Handtasche reinschmuggeln) kommt immer noch besser als zuhause. *Wenn* man zu Zeiten geht, an denen der gemeine Pöbel schon woanders ist. oder einfach drei Wochen später in den Film geht.
    und 30 Euro zu zweit pro Kinoabend ? Ich glaub ich zieh nach Bielefeld….. billitsch billitsch….

  2. Klapowski sagt:

    Ich bin im Nachhinein immer noch ganz fasziniert von Kollege Sparkillers Entdeckung des „In Schmuggelzigaretten ist Rattenkot“-Plakats. Hielt ich seinen obigen Text über „Terrorcamps“ erst für selbstverbrochene Satire, so musste ich das auf der beworbenen Webseite doch eben tatsächlich lesen:

    http://www.schmuggelkippe.de/

    Und neben Rattenkot findet man noch anderes in den Terror-Stummeln:

    „Milben, zerkleinerte CDs, Metallsplitter, Exkremente, Insekteneier und Autoreifen.“

    Wobei Milben und Insekteneier ekliger klingen, als sie beim Rauchen wohl schmecken. Stände da „Drosophila-Kaviar“ und „Natürliche Aromastoffe aus Chitin“, die ganzen Veganer würden den Schmugglern wohl die Bude(?) im Lastwagen einrennen.

    Bei giftigen Kunststoffen aus alten CDs wäre ich aber natürlich auch vorsichtig. Chlorwasserstoff ist wirklich nicht gesund!

  3. Onkel Hotte sagt:

    Da macht sich der Bock ja echt zum lächerlichen Gärtner.
    Die Kippenindustrie darf dann mal gerne mit gutem Beispiel voran gehen und auf die Packung schreiben, was bei den Originalzigartten alles so drin ist. Die verzichten natürlich auf Kot, Tapetenreste und CDs aber deren Liste der Inhaltsstoffe dürften ebenso lang ausfallen.
    Die ganze Kampagne hat sich bestimmt der Sohn vom Chef ausgedacht, der gerade nach 20 Jahren sein Marketingstudium hinter sich gebracht hat. „Schocken muss man die Leute, am besten irgendwas mit den Keywords Terror und Kot um maximale Attention zu bekommen und Benefits zu erhalten“
    Es würde schon reichen wenn die schreiben, dass die schlicht nicht schmecken. Ich durfte mal eine Malle aus zweifelhafter Quelle rauchen. Also, wenn die Kippen alle so schmecken dürfte die keiner mehr rauchen oder man muß schon arg verzweifelt bzw süchtig sein. Da war wohl vieles drin aber kein Tabak. Dagegen schmecken die ALDI Kippen ja wie Luxus.

  4. flyan sagt:

    Ein Glück, dass ich nicht in Bielefeld lebe.

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