Film- und Serienkritiken

Der Latinum-Standard des Star Trek Universums

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„Tenet“ – Die doppelseitige Kritik

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Zeit ist relativ. Wenn man darauf wartet, dass sie vergeht, vergeht einem schnell das Warten. Und manchmal hat man das Gefühl, dass eine Minute deutlich länger geht als 50 Sekunden. Wenn man eine Armbanduhr aufzieht, könnte man bemerken, dass dies mit einer Apple-Watch schwierig ist. Und wenn wir im Sommer die Uhr vorstellen, ist es abends SPÄTER dunkel und kalt. Befeuert das die Klimaerwärmung? – Auf all diese Fragen werden wir in diesem Review Antworten finden. So wahr ich als verrückter Uhrmacher aus „Alice im Wunderland“ verkleidet bin, chichichi-hui!


Liebes hcubegaT, ähm: Tagebuch!

28.12.20

Ich freue mich, dass ich heute endlich „Tenet“ gesehen habe. Ein äußerst wichtiger Kultfilm vom Kult-Regisseur Christopher Kultan… Nolan.

Technisch einwandfrei, halbwegs innovativ und inhaltlich zum Nachdenken anregend. – Aber, liebes Tagebuch, ich habe gerade gar nichts nachzudenken…? WER von den Figuren WANN in der Zeit vorwärts oder rückwärts reiste, WIE man das (seitens des Ordnungsamtes oder Kriegsministeriums?) organisiert und OB das Gesamtkonstrukt am Ende überhaupt funktionieren kann (ich sage: nein), das beschäftigt mich weniger, als ich vorher … dachte.

Wieder dieses Wort: „Denken“. Ich glaube, das wird uns noch beschäftigen. Doch MUSS man hier wirklich denken?
Oder ist der Film nur ein DENKmal für Onkel Nolans Ego? Wir werden es gesehen haben. In der Zukunft halt.

Zumal ich auch nicht glaube, dass sich beim mehrfachen Ansehen alle Fragen klären lassen. Dafür müsste ich wohl mehrere Zeitstrahlen an die Wohnzimmerwand kritzeln. Probleme mit dem Vermieter? Das muss ist erst klären…

Gerade bildete ich mir ein, dass er rückwärts meine Wohnung verlassen hat. Also kommt er wohl morgen vorbei?

Tja… (*Popel wegschnips*), ich bin jedenfalls seltsam ohne Meinung, liebes Tagebuch. Kann ich so überhaupt ein Review zu dem Film verfassen? Ich werde noch ein paar Tage lang abwarten und alles sacken lassen.

, „Tenet“ – Die doppelseitige Kritik

„Hör zu! Wir laufen hier jetzt für alle anderen rückwärts rum.“ – „Aber… Ist das nicht sehr verwirrend im Straßenverkehr?“ – „Solange du keinen Lkw rückwärts von dir wegfahren siehst, der vorne einen roten Fleck in DEINER Größe aufweist, ist mit dir alles okay.“

30.12.2020

Ich bin’s wieder, liebes Tagebuch. Ich wollte nur kurz sagen, dass ich nicht so recht weiß, nach welchen Maßstäben ich diesen wegweisenden, intelligenten Film bewerten soll. Ja, alles ist handwerklich klasse gemacht, strotzt vor tollen Ideen (wenn man sich rückwärts in der Zeit durch ein Feuer bewegt, kühlt man ab!) und Effekten, die man teilweise nur unbewusst wahrnimmt (Personen, die sich nebeneinander vorwärts und rückwärts bewegen), aber mir fällt es schwer, eine emotionale oder inhaltliche Aussage herauszuarbeiten. – So einen großen Meißel kann es doch gar nicht geben?!

Außerdem kann ich nicht mehr auf’s Klo. Der Stock im Hintern der Inszenierung hat sich auch auf meine Verdauung ausgewirkt. Denn irgendwie wirkte das alles etwas ZU perfekt, ZU technisch. Als wenn gleich eine Hand in das Bild ragen wollte, die mir den neuen Phillips-Herrenrasierer entgegenstrecken möchte: „Double-Time-Minus X! So scharf, als wenn sie sich gestern schon rasiert hätten“!

Ich fühle mich, als müsste ich morgen ein Schulreferat über Robin Hood abgeben und hätte nicht mehr anzubieten als „Der hatte oft eine grüne Mütze auf“.

Aber ich versuche es mal mit etwas Inhaltlichem:

Wenn alles determiniert ist und exakt so passieren wird, wie es geschehen MUSS, ist dann überhaupt irgendetwas von Belang? Oder sind Handlungen dann sogar noch MEHR von Belang, weil sie ein konkretes, bereits sichtbares Ziel erschaffen? Und wieso ärgert es mich, dass alle Figuren im Film kein Problem damit haben, auf extrem komplexen Ursache/Wirkung-Kreispfaden zu wandeln?

Weil diese Personen so clever geschrieben sind, der Zuschauer diesen Luxus aber NICHT hat? Weil Kollege „Super-Agent“ mit seinem Kollegen „Meister-Agent“ einen Sinn hinter allem sehen, der bei mir außen vor bleibt? Okay, sie haben die Hilfe von „Hammer-Wissenschaftlerin“. Aber leider nur sehr kurz. Schade eigentlich, die hätte ich fast lieber gesehen als das Luxusweibchen mit dem „Rette mich“-Gesicht – frisch geborgt von Prinzessin Peach aus Bowser’s Castle.

Oder ist DAS die erhoffte Wirkung des Films? Die Auflösung aller Schranken und Denkmuster? Das Zerdeppern der großen Standuhr mit dem Baseballschläger? Dass man sich so blümerant fühlt wie in den besten „Inception“-Szenen? Aber wäre das dann nicht … nur ein billiger Drama-Effekt? Quasi die Wiederholung von Nolans Film „Memento“ (2000), der sogar EXAKT das gleiche Zeug macht?

, „Tenet“ – Die doppelseitige Kritik

„Hey, jetzt fahren die ersten Boote auch schon rückwärts durch das Meer?!“ – „Das hat nichts mit der Zeitumkehrung zu tun. Das ist die ganz normale Umkehrung des Golfstroms. Klimawandel und so.“ – Im Rausch des Rauschens: Wenn man alle Geräusche rückwärts abspielt, aber niemand da ist, der sie hören kann… Waren sie dann überhaupt da?

31.12.2020

Hallo, liebes Tagebuch. Ich bin immer noch verwirrt. Daher bin ich kurz an das Ende dieser Aufzeichnungen gesprungen und habe geschaut, welche Meinung ich in der Zukunft zu diesem Werk haben werde, nämlich am 18.01.2021. – Da steht irgendwas von wegen „James-Bond-Film mit Zeitspielerei“ und „Will cleverer sein, als er ist“. Ich weiß nicht, wie ich auf diese Meinung kommen werde, denn eigentlich finde ich die Grundidee weiterhin genial!

Dass der Gegenspieler bereits weiß, DASS er sterben wird, jedoch nicht den Zeitpunkt, das ist perfekt! Und das man durch zweifaches Zeitumkehren quasi parallel zu seinem älteren Ich „geradeaus im Zeitstrahl“ leben kann, ist ebenfalls toll! Besser noch als bei „normalen“ Zeitreisen, wo ja oft zwischen den Reisepunkten abgekürzt und getrickst wird.

Vielleicht auch, weil einem OHNE Tricksen das Hirn aus den Knopflöchern quillt?

03.01.2021

Ich wollte wissen, was mich am 18.01.2021 zu meiner skeptische Haltung bringen wird. Daher las ich den Eintrag vom Vortag, dem 17.01.! Ich finde das Geschwafel dort allerdings kunstfeindlich und abwegig. Ich halte den Streifen für ein großes Werk, das man vielleicht erst in Jahren schätzen kann – und WIRD!

Im Ernst: Der recht eigenschaftslose Hauptcharakter nebst seinem Freund mit bewegter Vergangenheit (bzw. Zukunft) mag langweilig wirken, aber wenn man DIE auch noch ausführlich beschrieben hätte, wäre alles noch ausschweifender geworden. Und wenn einen die Lust packt, kann man den Film auch mehrfach gucken – und wird garantiert ständig etwas Neues verstehen.

Anders ausgedrückt: Ich habe durchaus Einwände dagegen, mit Juckpulver bestäubt zu werden, aaaber der Moment des Kratzens ist schon toll!

, „Tenet“ – Die doppelseitige Kritik

Beim Staunen bitte weiteratmen: Während der Zeitumkehrung fällt das Atmen schwer, man ist desorientiert und der Wind kommt von der anderen(!) Seite. Hm… Vielleicht die ideale Ausrede, wenn man abends zu spät heim kommt? („Ich war nicht in der Kneipe, Hicks. Datt is‘ d-die Zeitumstellung, genauuu!“)

16.01.2021

Es ist zwei Wochen her, dass ich das Review schreiben wollte. Ich weiß immer noch nicht, wie bahnbrechend GENAU dieser dumme Mistfilm jetzt war. Ich liebe seine Konsequenz. Aber ich hasse ihn dafür, wie inkonsequent er von mir geliebt werden möchte.

Mir ist schlecht. Alles verschwimmt. Ich werde mir mit dem Hammer auf den Kopf hauen. Nur testweise. – Ich reiche meinem Zukunfts-Ich, das gerade an mir vorbei geht, bereits eine Heilsalbe. Oder nehme ich sie dem Zukunfts-Ich aus der Hand?

Egal, ich hau jetzt druff. Salben-Paradoxon, ich komme!

17.01.2021:

Mir reicht es! Mir brummt der Schädel und ich komme mir doof vor, weil ich nicht weiß, ob der Regisseur schlauer als ich ist tut. Der ganze Film wirkt inzwischen wie ein Taschenspielertrick auf mich. Wie eine Bühne, auf der die Tricks zwar gut funktionieren, bei der man aber niemals hinter die Kulissen blicken darf, weil einem sonst die geheimen Klappen und Nähte ins Gesicht springen.

Hm. Noch ein kritischer Gedanke steigt in mir auf: Die Figuren könnten nicht mal was SEHEN oder HÖREN, wenn sie sich entgegengesetzt der Zeitlinie bewegen, da ja Schall und Licht sich von ihnen wegbewegen.

Ja, das mag nur ein Nerd-Fact sein, aber ich bin froh, drauf gekommen zu sein. Ich fühlte mich zwischenzeitlich schon dümmer als ein Sonderschüler nach zwei Jahren Corona-Homeschooling…

Und es mag in der Story um die Rettung der Zukunft gehen, aber WAR sie nicht die ganze Zeit gerettet? Zumindest so weit, wie jemand rückwärts durch die Zeit torkeln und davon berichten konnte? Aber wenn es hier nicht um die Untergangsphantasien des Bösewichts geht, nicht um ein gesellschaftliches Grundproblem (nicht Überwachung, nicht Ressourcenverteilung, nicht politische Macht, etc…), worum geht es dann eigentlich noch? Nur um Rache und den Eigensinn des Antagonisten?

Ist alles also doch wieder eine Trump-Alog… Alegor… Angora-Pullover? 
 
Ich muss noch mal kurz in den Trailer schauen, vielleicht hilft mir das weiter:

„Wenn alles rückwärts läuft, müssen wir nur EINE Stunde Film statt ZWEI konzipieren. Weil ab der Hälfte alles umgekehrt verläuft!“ – „Und was ist dann der Höhepunkt, der Klimax?“ – „Die Antwort auf diese Frage kann nur eine sein. HERINGSSALAT. Ich habe gesprochen.“

18.01.2021:

Ich glaube inzwischen, dass „Tenet“ einfach nur ein besserer James-Bond-Streifen ist. Das muss nichts Schlechtes sein, fühlt sich aber so an.

Zumal ich manchmal auch nichts fühlen kann, da ich auch nicht weiß, was die Hauptfiguren gerade wissen. Und wieso wird eigentlich die weibliche Hauptfigur so unglaublich schnell so wichtig? Nur weil sie hübsch ist? Wäre sie eine alte, schrullige Lady, so hätte sie inhaltlich keine große Rolle gespielt, da ihre Rettung zu 90% der Zeit vollkommen unbedeutend war.

Auch hier trickst einem der Film irgendwelchen Tiefsinn unter’n Frack, der nur auf Oberflächlichkeiten basiert. „Tenet“ gibt damit an, sehr clever zu sein, ist aber auch nur ein (genial gebautes) Spiegelkabinett, bei dem jeder gezeigte Soldat oder Geheimagent ernsthaft Zweifel an seinem Job bekommen muss. („Wie?! Ich mache was, was schon passiert sein wird, damit es so geschieht, wie es geschehen sein wird? Und das auch dann, wenn uns das vielleicht nicht gefallen haben wird? Nein danke, ich kündige! Äh… Oder habe ich es schon?“)

(*weggeschnipsten Popel wieder einfang – und in Nase zurücksteck*)


Fazit:

Ein Film wie eine Naturgewalt auf Stützrädern. Kraftvoll, aber doch irgendwie ganz zahm. Groß und episch, aber doch auf Schienen.

Alles scheint möglich – und doch ist alles in gewisser Weise vorgegeben.

Eben ein Werk, bei dem ich es fast schon spannender finde, sich in den Denkprozess der Autoren reinzudenken (= Wir schafft man es, permanent zwei Zeitebenen gegeneinander schallern zu lassen?), als über die großen Endszenen nachzugrübeln. Somit finde ich das Script cleverer als die Geschichte. Das Handwerk beeindruckender als die Botschaft. Die Nase hübscher als den Popel, der da rausgedengelt wird.

Immerhin… Dieser Film ist ein toller Beitrag für das Museum of Modern Arts.

Man könnte allerdings auch viele ANDERE Kleckse stattdessen aufhängen.

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM
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von Klapowski am 27.01.21 in Filmkritik

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Kommentare (25)

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  1. JP1957 sagt:

    Danke.

    Ich habe es bisher vermieden, ihn mir anzuschauen (Mir brummt immer noch der Kopf von Inception).
    Dabei bleibt es jetzt.

  2. Serienfan sagt:

    Wer mal neun Minuten seiner Lebenszeit erübrigen möchte: https://youtu.be/3hfHJYrhaz0

    • JP1957 sagt:

      @Serienfan

      Nach Sichtung des Videos stellt sich für mich eine ganz andere Frage.
      Ich habe Dich ja neulich hier schon einmal als „Der Ich“ geoutet … durch die Aussage eines der
      Iche (Ichs?), er hätte 430 Folgen von Bonanza gesehen, hat sich das ja weiter verifiziert.

      Warum bloß gibt es keine neuen Videos von „Der Ich“?
      Nach der Besprechung von Folge 3 von Discovery habe ich den Kanal abonniert … und seitdem schweigt er still!

      Schade!

      Und wann endlich gibt es von Dir ein Review zu Bonanza?
      Habe übrigens gerade auf Wikipedia entdeckt, dass es ein „Bonanza – Next Generation“ gab!

      Antworten
    • Serienfan sagt:

      Anders als bei Klapo, dessen Ausstoß hier erfreulich zugenommen hat (womit bewiesen ist, dass die Zukunftia-Seite nicht von „Disco“ abhängig ist), komme ich aktuell leider irgendwie zu nix.

      Daran ist auch ein wenig der Graf von Monte Christo schuld. Man sollte keine 1500-seitigen Lieblingsbücher haben, die man bei spärlicher Freizeit und in einer pandemie-bedingten Depri-Phase erneut zu lesen beginnt. (Übrigens: Nur die DTV-Taschenbuchfassung ist wirklich ungekürzt!)

      Bislang erstellte ich die Videos ausnahmslos mit kostenlosen Apple-Apps (iMovie), was manches ein wenig umständlich machte.

      Jetzt habe ich mir Final Cut und einen Rechner mit mehr Power besorgt, muss mich aber leider erst einarbeiten. Aber das alles habe ich mir nicht geholt, um künftig keine Videos mehr zu machen, im Gegenteil.

      Mir schwebt vor, irgendwann 14-tägig Videos zu bringen.

      Das „Bonanza“-Video ist noch in der „Drehbuch-Phase“. Kurz wird es nicht! :-)

      Antworten
    • JP1957 sagt:

      Und es ward Licht in der Dunkelheit … und ich muss mein „Der Ich“ – Abo nicht kündigen!

      Und kann darauf hoffen, dass ich endlich tiefenpsychologische Klarheit darüber erhalte, warum Bonanza nach dem Ausstieg von Pernell Roberts für mich nicht mehr das war, was es vorher war.
      Dabei war ich erst 11, als er von der Ponderosa verschwand.

      Antworten
    • FordPrefect sagt:

      9 Minuten erübrigt und ich habe teilweise auch so verstört geschaut wie Der, aber eine kreative Kritik der anderen Art.

      Die andere Art Zeitreisen darzustellen, ist sicherlich das größte Vermächtnis des Films. Vielleicht wird es weitere kreative Köpfe anregen bessere Filme zu machen.

      Was nicht heißt, dass ich ihn schlecht finde, aber er lässt mich genauso hilflos zurück wie die meisten anderen Kommentare hier es schon ausdrücken.
      Cooler Bombast, aber wenig Nachhall, außer der Wunsch die Zeitlinien zu ordnen.

      Antworten
  3. Bolleraner sagt:

    Da war ich voriges Jahr im Kino! Das war im wahrsten Sinne des Wortes ein einzigartiges(!) Erlebnis! Die zweite Hälfte des Films war allerdings sehr vorhersehbar.

  4. BigBadBorg sagt:

    Als ich ihn das erste Mal sah war ich aller Vorfreude zum Trotz irgendwie enttäuscht. Ich wusste nicht genau was mich erwartet, und irgendwie ließ der Film mich verwirrt zurück, der AHA-Effekt blieb aus. Darauf hatte ich mich jetzt so lange gefreut?

    Und trotzdem bekam ich ihn nicht mehr aus meinem Kopf, ich versuchte mir ständig Szenen vorwärts sowie Rückwärts vorzustellen, und so sah ich ihn mir nach drei Tagen nochmal an. Und er wurde so viel besser.

    Der Film ist ein großes Puzzle dessen Ergebnis man am Ende zwar schon erfasst und weiß worum es ging. Aber (zumindest für mich persönlich) ist der große Spaß alle Teile, vorwärts sowie rückwärts, in zehn Tagen oder vor 10 Tagen, zusammenzufügen. Und da kann es einem schonmal die Gehirnwindungen verknoten.

    Wer behauptet er hätte die Autoverfolgungsjagd nach dem LKW-Überfall sofort bis ins kleinste Detail kapiert, der lügt. Oder ist Q, für den Zeit keine Rolle spielt.

    Und der Film ist gespickt mit Details, die ein weiteres Anschauen jedes Mal belohnen. Ich habe ihn inzwischen fünf mal gesehen, ich weiß nicht mehr wann ich das letzte Mal so oft einen Film geguckt habe, zumindest in so kurzer Zeit. Und ich hatte beim fünften Mal immer noch Spaß am Entdecken neuer Kleinigkeiten und der zeitlichen Einordnung bestimmter Ereignisse. Die Autoverfolgungsjagd ist ein Paradebeispiel für Komplexität die unser Verstand nur unter Anstrengung verstehen kann, unser Zeitverständnis ist dafür einfach nicht ausgelegt. Hut ab vor dem Drehbuchautor.

    All das, gepaart mit subtilen Special Effects (der Protagonist bewegt sich erstmals rückwärts) und einem guten Score inklusive der Soundeffekte war schon ein Erlebnis.

    Nach all dem Mittelmaß in der letzten Zeit war ich froh nochmal etwas in der Art zu sehen.

    Und nur so nebenbei: Ich mochte Neil, er war super! Wer mag dieser Schauspieler sein? Ich konnte es nicht glauben als ich auf imdb nachsah. Bisher kannte ich ihn nur als glitzernden Vampir der seine Schauspielkunst im Aldi gekauft hatte.

    • Serienfan sagt:

      Mag ja sein, dass man bei der verwirrenden Autoverfolgungsjagd irgendwann durchblickt, aber gibt es darüber hinaus eine Bereicherung, die das wiederholte Ansehen bringt? Wird es irgendwann auch mal spürbar, dass es sich hier um eine in unterschiedliche Richtungen vertiefende Männer-Freundschaft handelt?

      Das hat ja schon bei „Doctor Who“ mit River Song nicht so recht geklappt, bei der sich die Figuren in angeblich unterschiedlichen, voneinander abweichenden Beziehungsstadien begegnen, was dann zwar immer behauptet, aber nie nachvollziehbar dargestellt wurde.

      Antworten
    • BigBadBorg sagt:

      Ob es eine Bereicherung bringt ist eine Frage die wohl jeder für sich selbst beantworten muss. Ich betrachte den Film wie schon gesagt als Puzzle. Und unter diesem Standpunkt finde ich ihn schon überdurchschnittlich lohnenswert. Mir machte es jedenfalls sehr viel Spaß mit jedem Durchgang mehr zu verstehen, einzelne Sequenzen besser zuordnen zu können. Das mochte ich schon an Primer, der mich am Anfang auch ratlos zurücklies, aber mit jedem weiteren Durchgang interessanter wurde.

      Vom Charakterstandpunkt gebe ich dir recht, da hätte mehr drin sein können. Für mich steht aber diese Seite des Films hintenan. Auch wenn es das Tüpfelchen auf dem i gewesen wäre. Und doch erfüllten die Charaktere ihren Zweck und waren bis in die kleineren Nebenrollen interessant. Das reichte mir.

      Antworten
  5. Tabularius sagt:

    Ein sehr Nolan-esker Film. (Zeitreisestory, handgemachte, bahnbrechende Tricks, sehr komplex und verkopft und oberflächliche und schlecht geschriebene (Frauen-) Figuren)

    Hat mich alles in allem an Primer erinnert. Der Film funktioniert als Puzzle. Solange man über Zeitstränge und den Ablauf nachgrübelt ist man gut unterhalten und beschäftigt.

    Wenn man aber zu den Charakteren oder den Motivationen kommt ist alles kaputt. Alle synd unsympatisch und gehen mir am Arsch vorbei. Emotional sehr unbefriedigend.
    Das gilt auch für das Schicksal „der Welt“ Da wird nichts visualisiert oder überhaupt brauchbar definiert. Auf die Art ist es mir auch komplett egal ob die Welt zugrunde geht.

    Genau das gleiche Problem wie bei Interstellar. Alle Leute sind unsympatisch nie wird gezeigt warum die Erde es wert sein soll gerettet zu werden.

    Der Film ist besser als Interstellar aber schlechter als Inception.

    Rückblickend frage ich mich sogar, ob der beste Teil an inception (die Geschichte um die Ehefrau) nur Zufall war und Nolan eigentlich gar nicht klar ist, das man eine Handlung mit menschlichen Emotionen unterfüttern muss, wenn man eben solche beim Publikum auslösen will.

    Und dann gibt es noch dieses kleine Gefühl im Hinterkopf ob das nicht sogar alles geplant und gewollt war. Der Hauptcharakter hat nicht mal einen Namen er heißt nur „der Protagonist“. So etwas entmenschlichendes macht man doch nicht aus Zufall oder ?!

    Also im genauen Wortsinne interessant der Film… (aber nicht befriedigend)

    Ich bin dennoch ganz froh ihn gesehen zu haben. So aufwändige und kreative Action bzw die Filmtechnik an sich, sieht man nicht alle Tage.

  6. Tabularius sagt:

    Ein besonderes Lob noch für die Idee des „temporalen Zangenmanövers“ Ich bin mir nicht sicher ob ich jemals eine coolere Idee in einem Film gehört hab.

    • dartsarrow sagt:

      Eigentlich ist diese Zangenmanöveridee nichts weiter als ein Vorschlaghammer aus Glas. Sieht interessant aus, aber sobald ich das Ding benutze…

      Möglichkeit A – das Universum in Tenet ist determiniert
      Dann ist jede Form von Zeitreise, bzw. temporaler Eingriff sinnlos. Die Informationen der Zukünftigen für die Vergangenen haben in der Gegenwart der Schlacht keine Auswirkung, außer vielleicht, das alle Teilnehmenden innerlich einen Countdown zählen können, wann sie drauf gehen. Da das nicht das beste für die Kampfmoral sein dürfte, verbietet sich das Manöver also auch aus psychologischen Gründen.

      Möglichkeit B – das Universum in Tenet ist nicht determiniert
      Dann ist das Zangenmanöver wahrscheinlich die Standardstrategie und dürfte die blutigste Schlachttaktik aller Zeiten sein. Wenn ich in der Zukunft weiß, dass (und wie) ich die Schlacht verloren habe, muss ich nur neue Truppen sammeln (hab ja jetzt auch mehr Zeit für Logistik, Training, Planung, etc.) und die wieder in die Schlacht zurückschicken. Das kann ich wiederholen, bis ich gewonnen habe. Dann kann mein Gegner aber genau dasselbe tun und ich verliere erneut. Das Hauen und Stechen kann dann beinahe ad infinitum gehen und würde erst beendet sein, wenn eine gegnerische Seite vollständig vernichtet sein. Nicht besiegt – vernichtet!
      Ganz abgesehen davon, dass mit zunehmender Intensität der Schlacht auch die zum Einsatz kommenden Mittel immer extremer werden. Die Armee, die ich für so einen Kampf brauche, müsste entweder aus völlig fanatischen Irren bestehen (da jeder nicht von einem Risiko, sondern der Sicherheit des Todes ausgehen kann) oder Kampfrobotern.

      Möglichkeit A hat keinen Sinn und an Möglichkeit B glauben nur Leute, die Nuklearkriege gewinnen können.

      Antworten
    • Tabularius sagt:

      Wie bei allen Zeitreisefilmen bricht das natürlich zusammen wenn man lange genug darüber nachdenkt.

      Grundsätzlich glaub ich aber das Version A ganz nach Nolans Geschmack ist.
      Immerhin ist auch im Film alles determiniert. Du kannst ihn 10 mal schauen und es passiert immer das Gleiche.
      Ändert auch nichts wenn du hin und her spulst.

      Es kommt also drauf an wie man mit dem Wissen umgeht.

      Find ich auch ganz sympatisch diese Gleichsetzung.

      Antworten
  7. jeff sagt:

    Man darf den Film nicht als Physiker betrachten, denn da ist er leider unlogisch und macht sogar in der Diegese bei der Erläuterung der Inversion Logikfehler.

    • Serienfan sagt:

      Schade.

      Ich wollte gerade fragen, was aus physikalischer Sicht passiert, wenn ein Invertierter aufs Klo geht und die Spülung betätigt.

      Antworten
    • Klapowski sagt:

      Ich erkenne den Humorwert dieser Frage an, weise aber seriös darauf hin, dass der invertierte Scheißhaufen natürlich EBENFALLS vom Wasser nach unten getragen wird.

      Sonst könnte ja gar keine Interaktion zwischen invertierten und uninvertierten Gegenständen stattfinden, wenn jeder Bewegungsimpuls andersherum ablaufen würde. Wenn der inventierte Hauptcharakter das Gaspedal eines nicht invertierten Autos durchdrückt, strebt das Pedal ja auch nicht nach oben.

      Moment mal?! Diskutiere ich gerade über Fantasy-SF-Technik, so als wäre sie absolut real?

      Mein Gott! Wir haben das alte Star Trek der 90er wieder!!

      (*langen Artikel über die maximale Warpgeschwindigkeit von John David Washington verfass*)

      Antworten
    • Serienfan sagt:

      Die wichtigste Frage ist doch: Ist Beamen möglich?

      Kurze Antwort: Nein!
      Lange Antwort: Neeeeiiiin, himmelherrgott NEEEIIIN!

      Übrigens: Die neben dem Beamen „unrealistischste“ Technik von Star Trek ist nach wie vor die künstlich erzeugte Schwerkraft.

      Aber reden wir über „Tenet“ und „Toiletten“, immerhin spannender als das Thema „Star Trek“ und „Toiletten“.

      Genauso wie die Patronenkugel nach oben fällt, und man sich das Herabwerfen vorher „denken“ muss, genauso würde natürlich, wenn ich selbst invertiert bin, mich also rückwärts durch die Zeit bewege, das Toilettenwasser nach oben fließen, und zwar kurz BEVOR ich die Spülung betätige.

      Gaspedal drücken ist was anderes. Gedrückt: Wagen fährt. Nicht gedrückt: Wagen steht. Das geht in beide Zeit-Richtungen. Problematischer wird es dann aber schon mit der Bremse, denn eigentlich müsste das Auto dann bereits bremsen, kurz BEVOR ich die Bremse drücke.

      Wie gesagt: Ich finde diese ausgeflippte Idee mit der invertierten Zeit wunderbar! Herrlich! Und welcher Zeitreisefilm fällt bitte bei längerem Nachdenken nicht in sich zusammen?

      Aber dann soll man doch bitte nicht so einen drögen Film daraus machen, der sich selbst viel zu ernst nimmt. (Gut, die komische Variante dieses Films existiert ja bereits in der großartigen „Red Dwarf“-Folge „Backwards“.)

      Antworten
    • Jeff sagt:

      Es fängt schon damit an, dass ein umgekehrt Enthropierter gar nicht wahrnehmen könnte, dass er umgekehrt invertiert ist, da auch das Denken, also die Elektroimpulse (Ursache Wirkung) rückwärts laufen würden. Also erst die Wirkung, dann die Ursache. Der Film ist einfach vollkommener Quatsch.

      Übrigens werden Nolanfilme völlig zu Unrecht in Hard Scifi eingeordnet. Sie sind aber, bis auf die Darstellung des Schwarzen Loches bis zum Point of no Return, reine Fantasy.

      Es sind Blockbuster mit Arthouse Ansatz. Da geht es eigentlich immer um andere Dinge als Scifi.

      Antworten
    • Serienfan sagt:

      Ist wahr, was Du schreibt. Ich bin aber noch bei dem Stadium „wenn ich mich rückwärts durch die Zeit bewege, fallen Regentropfen nach oben, und auch das Wasser in der Toilettenspülung fließt dann doch in eine andere Richtung, als ich es vielleicht gerne hätte“.

      Aber die Invertierungs-Idee ist quatschig, weshalb sie sich doch eher für „Red Dwarf“ als für so einen spröden Film eignet.

      Antworten
    • Rook sagt:

      Zitat Serienfan: „Ich wollte gerade fragen, was aus physikalischer Sicht passiert, wenn ein Invertierter aufs Klo geht und die Spülung betätigt.“

      Egal, bloß nicht die Hand drüber halten vorm Spülen…

      Antworten
  8. FordPrefect sagt:

    Ich war fasziniert vom Trailer und habe sogar den Film im Kino gesehen, was schon an sich ein Erlebnis war. Ein Blockbuster und insgesamt nur 6 Personen im Kino. Aber ich bin auch schon auf dem Heimweg zwischen BOAH und hmmm hin und her gerissen gewesen. Und bin es immer noch.

  9. phip sagt:

    Habe den Film auch im Kino gesehen; man geht ja sonst nicht raus oder gönnt sich was im Jahre 2020. Der Film ist aber auf so vielen Metaebenen irre:
    ● Subventionierte Unterhaltung in einer schwierigen Zeit mit einigen befreundeten Haushalten und dem Kernhaushalt im leeren Großstadtkino ohne Gelaber und Tüten rascheln ist an sich schon ein Erlebnis
    ● Trailer und alles drum herum an Werbung ignoriert und der patriotischen Aufforderung im Radio gefolgt „Gehen Sie ins Kino, es steht da nicht mehr lange …“ und dadurch perfekt unterhalten, weil man ausnahmsweise seiner Bürgerpflicht nachkommt. Na gut, vor den Plakaten konnte man sich nicht verstecken, aber die hingen da wohl deshalb so lange, weil niemand das Geld hatte sie zu überkleben.
    ● endlich mal keine Doku sondern Fiktion, die für stundenlangen Gesprächsstoff sorgt
    ● je mehr man über das Werk nachdenkt, desto mehr zerfällt es
    ● … hier deutet sich endlich eine Diskussion auf der Ebene der Filmmechanik und der Filmkunst an
    ● Hoher Wiedersehenswert; eine Goldgrube, wenn es noch Jahrelang als VoD ausgewertet wäre … zurückspulen kostet extra … Chance verpasst
    ● mangels Konkurrenz wohl der beste Film des Jahres
    ● konkret ins Kino geschubst und nicht auf den St. Nimmerleinstag vertagt; nicht wahr, Mr Bond et. al?
    ● auf CGI verzichtet und real ein Flugzeug geschrottet
    ● ein Protagonist, der seinen Namen verdient und deshalb so heißt …
    ● … Frau größer als Mann … da bedarf es keiner Worte, da es gezeigt wird …
    ● … wird durch die flach geschriebenen Figuren aber relativiert
    ● scheitert an seiner Innovation und Andersartigkeit, weil dies nicht konsequent durchgezogen wurde, und konnte hier wohl deshalb die Kritiker nicht völlig überzeugen. Parallelen zu Matrix sind bemerkenswert. Ein hoch gebautes Kartenhaus an solider Unterhaltung stürzt in sich zusammen, weil es so viele Details gibt, die nach länger dauernden Analyse doch noch auseinander genommen werden können.
    ● je nach Zeitdistanz zum Filmkonsum bewegt sich die Sternchenwertung genau so hin und her
    ● … dies hat Klappo perfekt in seiner Kritik festgehalten

    Ich glaube, wir sind uns alle im Klaren darüber, dass die Pre- und Sequels nicht mehr so knorke ausfallen werden, obwohl sie genau so solide sein werden. Die Latte von 50% dürfen sie dann aber nicht überschreiten, da das Thema wohl zu ausgelutscht sein wird.

    Barbaras „Crash-Kurs“ in Temporaldynamik fand ich sehr seltsam. Dieser dauerte nicht lange und hat dennoch alles auf den Punkt gebracht. Was das mit all den gelagerten, uralten Artefakten auf sich hat, vermag ich aber nicht zu begreifen. Und das mit der entstehender Strahlung von Antitemporalmaterie ist auch nicht ganz konsequent.

  10. G.G.Hoffmann sagt:

    Seine ersten beiden (Following, Memento) sowie letzten beiden (Dunkirk, Tenet) Filme habe ich noch nicht gesehen. Aber von „Insomnia“ bis „Interstellar“ fand ich Nolans Streifen bislang nicht sooo prickelnd wie der ihm vorauseilende Ruf mir versprechen will. Am Ende waren mir die Filme für die jeweils dünnen Auflösungen/Abschlüsse dann doch immer 30-60 Minuten zu lang geraten.

  11. rikerswampe sagt:

    (der neuere) christopher nolan ist der wendler von das hollywood:

    tenet ist die größte luftpumpe seit der erfindung von oliver pocher.
    dunkirk ist ein lauwarmer furz in der badewanne ohne wasser.
    interstellar ist astro tv für doofe.

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