Doctor Who – 7.10 – “Hide” Review
„Blöder Episodentitel… Hide-Park Soltau oder watt?“ – Im Ernst, eine Geistergeschichte? In den mäßig wilden 70ern? Das verhieß eigentlich nichts Gutes, waren die ähnlichen Storys um pseudo-metaphysische Blässlinge doch früher eher ein Garant für Tempo 30 auf der Geister(auto)bahn. Doch statt uns einfach mit durchsichtigen Kohlköpfen zu nerven, die gerne schon immer mal ein Dalek/Cybermen sein wollten, zeigt uns diese Episode eine etwas andere Interpretation. Apropos Interpretation: Hefte raus, tiefgründige Folgenbesprechung!
Inhalt: Der Doc landet in den 1970ern in einem Geisterhaus, wo er sogleich auf Spukfotos einer verzerrten Geistervisage und auf zwei Ermittler (Mann/Frau/heimlich verliebt) stößt. Er ermittelt neben dem „echten“ Geistersucher und lernt etwas über Liebe, Ewigkeit und den Wert von Charakterszenen…
Bewertung:
Bevor wir jedoch ein wenig loben, erst mal einen Absatz zu dem Beginn:
Oberflächlich gesehen (und anders kann man die Serie oft nicht sehen) ist der Doc ein Menschenfreund, ein Humanist im Humushaufen der Menschheit, ein Pazifist, notfalls mit Waffengewalt. – Doch die Art, wie er hier zu Beginn die beiden Spukhaus-Spasten gummiballartig überfällt, ist einfach nur eine Mischung aus Dick&Doof-Slapstick und Drückerkolonnen-Chique. Genauer gesagt: Der Doc ist genau dieser Typ entfernter Bekannter, der bei der ersten Einladung alle Eure Bücher aus dem Regal kramt („Magnificant! Sogar Pornohefte aus den 90ern!“) und 3 Sekunden später Euren Kühlschrank leerräumt, um nachts um 3.00 Uhr Pfannkuchen für seinen nachrückenden Fußballverein zu backen.
Aber das ist eigentlich egal und soll ab hier keine Rolle mehr für die Endbewertung spielen…
„Hey, Lust auf Geisterjagd?“ – „Habe ich denn eine Wahl?“ – „Nee, denn bei dieser jagen die Geister UNS. – Ruuun!!“ – Dank Zeitmaschine IMMER Geisterstunde: Die ruhigen Momente, in denen der Doc mit dem guten alten „Sonic Thermometer“ durch das Haus schleicht, gefielen mir recht gut. Endlich mal mehr „Akte X“ statt „Pushing Daisies“! Klar, das geht nicht lange gut, aber GANZ ohne Hektik würde der Doc wohl mit 80 minütlichen Herzschlägen für Tot erklärt werden müssen.
Auch der Doc weiß erst mal nicht, was er mit einem handelsüblichen Spuk zu tun hat, was einerseits lame erscheint („Wie, er weiß es nicht? Mit dem Screwdriver in der Hand?! Hand kaputt oder watt?!“), andererseits aber eeetwas Gruselstimmung entstehen lässt. Na ja, natürlich für Who-Verhältnisse, wo 30 Sekunden Nicht-Rumrennen und Nicht-Rumaufklären fast schon den Exzorzisten auf den Plan ruft, zwecks Austreibung bös… guter Storygeister. Man ertappt sich die ersten Minuten dann doch, wie man hofft, dass der Geist KEIN getarnter Außerirdischer ist, dessen Schutzschild nur ein fehlerhaftes Firmwareupdate verpasst bekam. NOCH inständiger hofft man nur noch, dass da keine ruhelose Seele… blabla… Schreckliches erlebt… blasülz… Vergangenheit aufdecken, damit Ruhe findet. Blubb.
Und tatsächlich fand ich die Idee, dass (SPOILEEER!) der Geist „nur“ eine schwarze Zeitreisende in einem „Pocket Universe“ ist, tatsächlich einleuchtender, als dieser Satz hier jemals für ein lebendes Wesen klingen könnte. Okay, es gibt auch wieder ein Monster (Autoren mal zur Suchtberatung schicken?), aber dafür nutzt der Doctor größtenteils nur seine Zeitmaschine und eine olle Kamera, um das Rätsel zu lösen. In anderen Episoden hätte hierfür ein Knopf an der Wand herhalten müssen. Schön! – Dass diese kleinen Autorenkniffe, die eigentlich selbstverständlich(!) sein sollten, von manchen Fans der frühen Stunde (als die 12-Jährigen, die heute früh aufstehen mussten) nicht gewürdigt werden, bestärkt mich eher noch in der Meinung, dass diese Episoden bislang eine der besten dieser Staffel ist.
Gefreut hat mich auch, dass das seltsame Wesen kaum gezeigt wurde und dadurch unheimlicher blieb als alle anderen Serienviecher, die sich bislang lediglich die Gummizellenwand um den Kopf gewickelt haben. Ja, der Doc schien sogar echte Angst zu haben, als er da durch den Wald hetzte und eben NICHT in der letzten Millisekunde durch das Dimensionsportal in die Rettung hüpfen durfte. Nebenbei erwähnt ist’s auch irgendwie untypisch, dass der Doc die emphatische Nebenfigur mit einem lockeren und wahrheitsgemäßen „Könnte Wehtun, vielleicht bis zur Agonie!“ in die Königsklasse des Migränekopfschmerzes beförderte. Einfach nur „komisch“ vom Drehbuch oder vielleicht ein Hinweis darauf, dass der Doc generell düster wird, was die Empathische nebenbei raushaute? „Don’t trust him!“ – Ja, ich würde es ja gerne nicht, aber ich traue dem Braten (noch) nicht, ihm nicht zu trauen. Äh. Versteht ihr, was ich meine?
„Aaarh! Tut das weh, dieser telepathische Interferenz-Abbau! Und das nur für die Entschlüsselung von Sky und die 3 mageren Jokes von Harald Schmidt.“ – Sch(w)eiß-Job: Mittels Prinzessinnen-Krone aus dem Kinderka(r)n(iv)al wird hier ein Loch in eine andere Dimension gestanzt. Und wenn Ihr DAS schon für irre haltet, dann wartet nur ab, was passiert, wenn jemand den Locher aufmacht und das Realitätskonfetti rausfallen lässt.
Ja, das sind mal wieder kleine Momente, die ich mochte… DAS ist es, was ich ab und zu vom Who fordere: Szenen wie die, in denen der Doc das (verschwundene) Geisterhaus auf der zukünftigen, zerstörten Erde photografiert und Oswald dem Doctor mit Tränen in den Augen sagt: „Auch ich bin dort draußen, irgendwo im Staub. ALLE Menschen sind nur Geister für dich, stimmt’s?“ – Das ist fast so was wie psychologischer Tiefsinn und wird dem beinahe Unsterblichen mit der Allmacht endlich mal gerecht, kein Wibbel-Wobbel-Alien-of-the-week! Und nebenbei erfahren wir auch noch, dass die TARDIS wohl etwas gegen den neuen Companion hat, was auch mal eine nette Idee ist, so zwischenmenschl… – Oder wie auch immer man das Missverhältnis zwischen Mensch und Studiokulisse nennen soll.
Nett und noch nicht über die „Kitschigkeitsklippe“ fallend auch das Gespräch zwischen dem Doctor und dem ehemaligen Soldaten, der durchaus tiefgründig erklären kann, warum er sich jetzt mit Geistern beschäftigt. Da hatte ich eine Erklärung à la „Meine liebe Mama ist schon zu Lebzeiten gerne im weißen Laken rumgelaufen“ befürchtet, die dann ausblieb. Und eigentlich meinte der Drehbuchautor natürlich den Doctor, als der Nebenfigur-Mann etwas schwammig (*Status der Kinderserie bewahren will*) von „Zu viel im Krieg gesehen“ redete. Ich gehe davon aus, dass das Motiv noch mal wichtig für den Doc wird und wir ihn irgendwann an der Flasche hängend (Milch) und abhängig seiend (Schokolade) beim Psychologen sehen werden (= Freud wird von Aliens genervt).
Selbst die etwas kitschig in den letzten 60 Sekunden nachgereichte Turbo-Extraauflösung nervte mich nicht, denn wann sieht man schon mal ein WIRKLICH abstruses, fast schon nach Stop-Motion aussehendes Monster, das vom Doktor „Old Romeo“ genannt wird und eigentlich nur seine Frau wieder treffen wollte? Eine schöne Variation des Themas und trotzdem nur ein kleiner Bonus, nicht die eigentliche Schlusspointe. Na also, geht doch! Steven Moffat, merke dir den Namen vom Dingsbums hier, der wird Dir irgendwann noch mal das Schreiben beibringen! Motto: Vom Tellerwäscher zum Million… Chef-Rausschmeißär.
„Wie, die Schilder ‚Wildwechsel’, ‚Anleinpflicht für Hunde’ und ‚Altglaseinwurf nur zwischen 10 und 13 Uhr’ mitten im Zauberwald? Diese Bürokratie macht mir echt eine Scheiß Angst!“ – Natur süß-s… grauer: Dieser Wald mag nur einen Kilometer groß sein und in einer Paralleldimension schweben, aber das heißt noch lange nicht, dass hier die Hasen und Igel sich lauter als mit 30 Dezibel „Gute Nacht“ sagen dürfen.
Schönster Spruch des Doctors, sehr hektisch vorgetragen: „JETZT habe ich das alles verstanden. Das war immer mein Problem: Ich bin einfach zu langsam!“ – Eben Selbstironie mit optional intrigierten Herzkaspar. Aber wir wollen diese Nerddetails jetzt auch nicht päpstlicher bewerten als der Spast: NATÜRLICH ginge auf allen Gebieten noch mehr und irgendwie ist’s doch wieder „nur“ eine Wohlfühlfolge. Aber wohl gefühlt (eher „hohl gefühlt“) habe ich mich die letzten 3 Wochen eher selten…
Fazit: Trotz fehlender Gesamtstaffelrelevanz eine überraschend „runde“ Episode, die einige Who-Klischees im ganz großen Pinkelstrahl „umschifft“, und die Unvermeidbaren etwas weniger platt präsentiert. Viele kleine Momente wirkten hier endlich mal wieder zusammen, ohne dass man dem Drehbuchautoren die eigene Babyrassel in den Hintern stecken wollte. Und am besten fand ich sogar, dass man diesmal ein recht gutes Gefühl dafür bekam, was nun (technologisch) möglich war und was nicht. Und somit bietet die Episode schon mal mehr als die neueste „ComputerBILD“-Ausgabe.
Bei Doctor Who-Meinungskästen stürze ich nämlich mittlerweile in tiefe Sinnkrisen. Wie sollte man etwas lustig-doofes grundsätzlich bewerten? Ab wann ist zuviel doof nicht mehr lustig? Und wie lustig muß etwas sein um selbst Doofes der Marke Doc Who(tm) wieder auszugleichen? Fragen über Fragen, welche ich mir beim gleichzeitigen Anschauen einer Folge mit zeitreisenden Großenkeln und verliebten Quantumwaldbewohnern stellen muß.
Ist es wichtig, daß die Zeitforscherin aus der Zukunft charakterlich überhaupt keinen Tiefgang erhält und ihre Verwandtschaft zu den beiden Geisterjägern für Arme nur als schnelles Füllmittel für Erklärungslöcher existiert? („Zukunfts-Enkelinnen werden von ihren Vergangenheits-Verwandten angezogen! In der Gegenwarts-Schule etwa nicht aufgepasst?!“) Es war wohl schön das Höchste der Gefühle, daß man uns netterweise den Namen der Temporal-Anhalterin verraten hat. Ich bin ja kein Drehbuch-Autor (Warum eigentlich NICHT, hä?!), aber wird Spannung nicht erst durch sowas wie emotionale Bindung erzeugt? Denn so ohne Alles ging mir das Schicksal der guten Frau ja doch ein wenig am Popo vorbei…
Andererseits machen wohl Fragen nach Sinn und Verstand solcher Details wohl einfach keinen… äh… SINN beim Who seinen Doktor. Denn war es hier jemals anders, daß man Probleme UND deren Lösung nicht mal schnell aus dem Zauberhut gezogen hat? (Bei dieser Serie einen gähnenden Hasen mit Sonicscrewdriver vorstellen.)
Denn wenn man die für logische Handlungsaufbauten zuständigen Hirnstränge doch einmal zeitweise außer Betrieb nimmt (an Taschentuch für etwaige Speichelfäden denken), dann kann die Serie auch weiterhin sehr gut unterhalten. Sei es nur durch unseren Hibbeldi-Hobbeldi-Doctor.
Fazit: Eine klassische Geisterschloßgeschichte mit der Extraportion Geist(eskrank) und Monstern der Kategorie Ohrfeigengesicht. (Ich glaube, bei dem Vieh eine Feige als Ohr gesehen zu haben. Igitt.) Tipp: Am Besten ohne Ton gucken und nur auf die lustigen Grimassen des Doktors konzentrieren.
Wertung: 6 von 10 Punkten
Nun, ich muss zugeben dass ich von dieser Episode doch eher angenehm überrascht wurde. Erwartet hatte ich eigentlich eine 08/15 dröge Geisterstory, doch zum Glück rückte das „Haunted House“ dann eher in den Hintergrund und der Doctor durfte mal ein bisschen mit der Tardis in der (Welt)Geschichte rumdüsen und ein Pocket-Universe entdecken, und nebenbei noch ein paar nette Charakterszenen darbieten, von denen es in den letzten Episoden nicht wirklich viele gab.
Im Großen und Ganzen stimme ich ziemlich genau mit Klapos Bewertung überein. Wo Sparki hier eine „klassische Geisterschloßgeschichte“ sieht, erschließt sich mir nicht so ganz, aber wir wollen ja hier mal nicht kleinlich werden, oder… ODER?
Naja, ein bisschen gruselig war es ja schon. Der Geist, der diese furchterregende Grimasse zieht, die Szene, in der die beiden Nebendarsteller am Fenster stehen und für einen kurzen Moment dieses Horrorwesen neben ihnen auftaucht, daß war schon gut gemacht.
Und die Idee, daß die Zeitreisende sich so langsam durch die Zeit bewegt und man sie deshalb auf jeden Fotos immer gleich sieht fand ich auch toll, genau wie die Auflösung, als der Doc die Fotos von seinen Zeitreisen entwickelt.
Die schönen Momente dieser Folge überwogen die wenigen durchschnittlichen Szenen. Neben der letzten Folge (ich hab die Classics gesehen, da hat man mit den Ice Warriors ein nostalgisches Plus) bisher mein Liebling der neuen Staffel.
Oh, und ja, Klapo, du hast absolut recht! Ich hatte auch schon gedacht, der Geist ist wieder irgendein Alien. Das haben sie gut gelöst!
„Trotz fehlender Gesamtstaffelrelevanz […]“
Woss? Ganz am Schluß hat Who die Psycho-Tante gefragt, ob ihr an Clara irgendetwas auffällt, nur deswegen hat er dort angehalten.
Selbst Clara hat zuvor gefragt, warum sie nun eigentlich dort sind.