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Doctor Who – 5.10 – „Vincent and the Doctor“ Review

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Lebt denn der alte Mal-Michel noch, Mal-Michel noch, Mal-Michel noch? – Vincent van Gogh ist einer der größten Künstler aller Zeiten, was gar nicht mal so ungerechtfertigt ist, wenn man sich seine unbekannteren, SCHÖNEN Bilder anschaut. Da gerät selbst der Doctor ins Schwärmen und staunt über ein paar Pinselstriche ausgiebiger als über Schwarze Löcher und kalte Sterne. Das macht den Doc sympathisch, uns aber dafür ratlos: Ist das hier nun unübliche Kultur oder der übliche Kreaturentrash?


Inhalt:

Amy und Der Doctor sehen in einer Kunstausstellung, dass Vincent van Gogh ein Monster in das Fenster eines Kirchenbildes gezeichnet hat. So besuchen sie den Künstler persönlich, schleimen sich bei ihm ein und warten darauf, dass er endlich das verdammte Bild malt, um das böse(?) Alien stoppen zu können.

Wertung:

Um das Monster ging es diesmal aber überhaupt nicht. Erstens war es blind und arm dran (hmm, in einer Geschichte über einen Maler! Sind damit etwa wir Kunstbanausen gemeint?) und zweitens ist es zufälligerweise unsichtbar, so dass sich das niedrige Budget viel deutlicher ab-zeichnen konnte. Somit ist die Ungeheuerjagd eher ziellos und spannungsarm, was instinktiv auch der Doctor spürt und daher ohne anständigen Plan – dafür aber mit Rückspiegel auf der Brust – dem Guckabstinenzler nachrennt.

Wäre das Wesen jedoch nicht blind, sondern feindselig gewesen, es hätte alle Beteiligten in Sekundenschnelle als surreale Gemälde an die Wand gekloppt. Da fragt man sich schon, ob man nicht demnächst selber auf den Schienen der U-Bahn entgegenlaufen soll. Schließlich KANN ich dadurch ja gar nicht sterben, weil ich das große Staffelfinale noch gar nicht erlebt habe (= Weihnachtsgeldauszahlung).

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„Ich seh‘ das unsichtbare Monster nicht mehr, Doctor!“ – „Hey, ich auch nicht! Und du, Amy? – Hey, es ist jetzt nicht an der Zeit, gurgelnd und mit Loch im Bauch in der Luft herumschweben, beantworte bitte die Frage!“ – Notleidende Künstler im Doppelpack: Wenn die Aliens neuerdings unsichtbar sind und ganze 13 Minuten vor Schluss abgemurkst werden, macht man sich langsam doch Sorgen um die Effektivität der britischen GEZ-Fahnder…

Das ganze Monsterthema wirkt daher etwas aufgesetzt und als billiger Vorwand für den Autoren, seine Van-Gogh-Liebe quer über das Publikum zu onanieren. Aber: Ein billiger Vorwand macht noch lange kein Discount-Ergebnis! – Man spürt direkt den warmen Samenregen, wenn Vincent als liebenswerter Depressiver dargestellt wird, den keiner Ernst nimmt und eine Schwäche für Amy entwickelt. Ja, diese Episode ist ein unverhohlenes Liebesgedicht an den Maler mit dem appen Ohr und dadurch einerseits etwas ganz, GANZ Besonderes (menschlich), auf der SF-Seite aber auch etwas ganz, GANZ Armes (so rundherum-lich).

Somit lobe ich hier mal nicht die Effekte, die wieder mal eher schlicht daherkamen. Man spürte direkt das Drücken des Sekundenzeigers zwischen den Schulterblättern, der die Macher mahnte, das Viech bloß keinen Moment zu lange zu zeigen, damit man sich das Catering aus Wasser und trockenem Brot noch leisten kann. Somit blieb mehr Herzblut, um das Cafè-Bild in real nachzubauen, oder Vincents Butze, oder um einen wirklich passenden Schauspieler zu finden und den Nachthimmel am Ende übergangslos in ein weiteres Werk des Künstlers zu transformieren.

Das ist bemerkenswert und mutig (Zielgruppe: „Laaaangweilig, hat nicht mal ’nen Dalek gezeichnet!“), aber andererseits auch etwas alarmierend. Man will ja schließlich nicht, dass JEDER Drehbuchautor demnächst seine private Leidenschaft derartig auslebt: „The Bonebraker is the greatest wrestler of all time! His last work (the chairjump) was created 1996 and was inspired by an alien with furniture on it’s head!“

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„Wie wäre es, wenn sie irgendwas mit Blumen malen würden, Vincent? Ich hätte da vielleeeicht einen kleinen Vorschlag zu machen…“ – „Hmmm… Stiefmütterchen?“ – Sonnenblumen-Protuberanz: Der Maler findet unsere Amy total süß und malt sich in den schönsten Farben aus, wie er das rot ihrer Bäckchen noch verstärken könnte. Toll, dann sind wir ja jetzt schon zwei… tausendfünfhundert im Club!

Und somit gerät man in eine kleine Mentalfalle: Darf man eine Episode schlecht bewerten, die derartig respektvoll mit einem Künstler umgeht und die letzten Minuten sogar ausschließlich(!) dem Gogh-Fandom widmet? Ist es in einer SF-Serie Zeitverschwendung, wenn Vincent flennend in unserer Gegenwart herumsteht, seine eigenen Bilder im Museum betrachtend, so dass man selber schon in Salzwasser eingelegte Augen bekommt? Wie viel Alien darf man uns nehmen, um einen Eigenmuschelsäbler zu huldigen, dessen Bilder jetzt auch nicht sooo MEIN persönlicher Geschmack sind (dann lieber Salvador Dali). Ich fand es schon immer etwas seltsam, einen Mann zum riesengroßen Künstler aufzublasen, bei dem die Sterne wie gelbe Schneckenhäuser und Supernovae aussehen.

Doch zurück zum Fiction-Glück: Trotz einiger schöner „Gassenhauer“-Bilder hätte man zumindest aus dem Kampf gegen das budgetfreundliche Monster mehr machen können, auch OHNE es zu zeigen. Keine Sekunde habe ich geglaubt, dass Vincent z.B. mit dem Stuhl gerade einen Hieb mit dem außerirdischen Blindenstock pariert hat. Und für wie blöd hielten Who und Amy das Viech, als sie sich im selben Raum(!) im überaus klapprigen(!) Beichtstuhl versteckten und sich gegenseitig zubrüllten, jetzt bloß… GANZ LEISE ZU SEIN, RAAAH!

Vincent hingegen wird gut getroffen (nicht nur vom Monster), vor allem das leicht Wahnhafte, Depressive. Trotzdem ist er noch ein Mann, der malt, was gemalt werden muss. Einen derartig liebevollen Umgang mit einmaligen Nebenfiguren wären unter dem Tennant-Doctor wohl nicht möglich gewesen. Zumindest hätte man ihm einen außerirdischen Bären auf den Rücken gebunden, damit es wenigstens visuell ein bisschen knallt. Ein paar lustige Momente gab es hier natürlich auch, man musste halt nur ein bisschen suchen… (Doctor, während Vincent malt: „Ist das etwa die normale Art und Weise, wie Zeit vergeht? Sooo langsam? In der riiichtigen Reihenfolge?“)

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„Oh Mann, das sind also ALLES meine Bilder zwischen den ganzen Fälschungen, schnief? Oh, Doctor! Berühren sie beruhigend meine linke Schulter, schnell!“ – Kultur zum Knutschen: Das Ende ist wirklich sehr anrührend gelungen und treibt selbst einem abgewichsten Zyniker das Blut in die Lende. Vor allem der abgeschmatzte (und leicht irritierte) Museumsangestellte und die Musik haben es mir angetan. Unnachgiebige SF-Fans werden aber vielleicht fragen: „Was habt ihr uns angetan?!“

Den Raumriss gibt es diesmal nicht zu sehen und der Verlust von Amys Verlobten wird nur einmal kurz vom Maler „gespürt“. Wäre aber schön, wenn die nächste Folge diesbezüglich wieder mal so richtig reinknallen würde. Viel Zeit bleibt ja nicht mehr.


Fazit: Ich denke, dass die vielen (Fake-)Bilder im Gogh-Stil gar nicht mal so unaufwendig herzustellen waren, von der Transformation in reale Kulissen ganz zu schweigen. Trotzdem wirkt diese Folge etwas billig, und sei es auch nur inhaltlich („Monster ist tot, komm, wir finden noch 10 Minuten den Maler toll!“).

Herzerwärmend und mal was anderes war das hier zwar schon, aber ich möchte fast alle meine Kritzeleien in meinen alten Matheheften verwetten, dass KEINE SAU dies hier zur absoluten Lieblingsfolge krönen würde.

Eigentlich verdammt schade…

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SPARKIS MICKRIGER MEINUNGSKASTEN
Die Meinung des Spark im mickrigen Kasten, Doctor Who – 5.10 – „Vincent and the Doctor“ Review
Nach all den Erdechsen und Mundmonstern war diese Folge eine nette Abwechslung und hauptsächliche eine Liebeserklärung an einen der bekanntesten Maler. Zwar gab es auch hier ein unsichtbares Alienbiest mit Rauflust, dieses diente aber nur als knappe Ausrede dafür, den Doctor mit van Gogh zusammenzubringen.

Und dies hat für mich überraschend gut geklappt, da sich die beiden mit ihren schrulligen Eigenarten sehr schön ergänzt haben. Da hatte ich gegen Ende schon fast erwartet, dass der Vincent sogar für ein paar Folgen als zweiter Begleiter einspringen wird. Dank Zeitreise würde ja nichts dagegen sprechen. Sehr gefallen hat mir dabei vor allem die Szene am Schluß mit dem sichtlich gerührten (und sowieso gut gespielten) Vincent im Gegenwartsmuseum.

Fazit: Eine schöne Spaß- und Charakterfolge mit zappelnden Doktoren, Künstlern mit Stimmungsschwankungen und wie immer einer kessen Amy. Die üblichen Lobpreisungen für die schönen Kostüme, Requisiten (inkl. Hightech-Rückspiegel) und Drehorte könnt ihr dieses Mal aber einfach bei meinen vorherigen Meinungskästen einsehen. Mal davon abgesehen, dass man jetzt mal doch bitte etwas anderes als diese kleinen Pups-Ortschaften bringen könnte.

Note: 3+

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Artikel

von Klapowski am 06.06.10 in Serienkritik

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Kommentare (12)

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  1. Nachdenker sagt:

    Die absoltue Lieblingsfolge ist es definitiv nicht, aber in meinen Top 5 hätte Sie schon einen Platz.

  2. Henrik sagt:

    Die Szene mit Vincent im Jahr 2010 war sehr rührend.
    Gute aber doch zugleich durchschnittliche Folge.

  3. Gamlor sagt:

    Also ich bin ein bisschen hin und her gerissen von dieser Folge.

    Einerseits finde es ne nette Folge, mit farbigen Bildern, Künstlern etc. Auch das unsichtbare Monster fand ich ne gute Idee. Vorallem das rück-spiegel sichtbar-mach Geräte fand ich witzig. Erinnert mich ein bisschen an die Engel. Und hier ist auch das Problem. Ich fand’s schade, dass hier nicht viel passiert ist, das Monster war viel zu schnell Tod. Und dafür gab’s Zusatz Ausflug. Naja =/

    Vincent als companion für ne Weile wäre irgendwie cool gewesen.

  4. FD sagt:

    Den Anfang und das Setting fand ich interessant und auch gut umgesetzt, aber das wars auch schon.

    Das Monster war sinnlos. Vincent fand ich auch nicht besonders realistisch dargestellt, war ziemlich schöngefärbt und romantisiert. Der Flirt von Amy mit dem alten Knacker hat von der Chemnie gar nicht gepasst. Dazu noch das rührselige gefühldusselig triefende Ende, lasst uns alle Ringelpiez mit Anfassen spielen, war so …

  5. Keine Sau sagt:

    Tja, dass Du Dich da mal nicht täuscht. Tatsächlich ist das die mit Abstand beste Episode mit dem neuen Doktor gewesen. Humor, Spannungsaufbau, Romantik: alles hat gestimmt. … was man von den langweiligen vorigen Episoden nicht gerade behaupten kann. Um einiges langweiliger ist aber die verfehlte und oberflächliche Kritik auf dieser Seite. Was Sperma mit dem Doktor zu tun haben soll, ist irgendwie unklar.

  6. Klapowski sagt:

    Humor, manche Bildeinstellungen und Romantik: Sehe ich gerne ein.

    Aber „Spannungsaufbau“ möchte ich nicht so gerne mit dieser 08/15-Alienstory verknüpft wissen. Die Macher könnten uns sonst noch mehr Außerirdische (als eh schon) um die Ohren hauen, um noch mehr Storys wie diese zu rechtfertigen (Churchill/Daleks!):

    „Daaa! Wieder ein Alien! Es läuft überall rum und ist … einfach da! Nur der Mahatma Ghandi kann es sehen, denn der ist total sensibel, genau! – Ups, Alien tot. Egal. – Wolle Gewürze und indische Stoffe gucken?“

    (*Schniefmusik einspiel*)

  7. wrath-of-math sagt:

    Ich bin dann mal die zweite keine Sau, und kröne diese Folge zu meiner absoluten Lieblingsepisode, seit… na ja, mindestens seit „Blink“. Die Darstellung von van Gogh war Heldenverehrung mit Ambivalenz und ohne Happy End – passend zum aktuellen, innerlich sehr zerrissenen Doctor. Und die letzten zehn Minuten zeigen, wie man ein Schmalzsüppchen kocht, ohne dass der Zuschauer gleich an ’nem Zuckerschock stirbt, anders als z.B. das Ende von Lost. Plus: ich mag van Gogh.

    So, und jetzt erwarte ich, dass du als nächstes die Kritzeleien in deinen alten Matheheften reviewst. Aber bitte mit voll aufgedrehtem Zynismus.

  8. bergh sagt:

    tach auch !

    Lieblingsfolge wäre übertrieben,
    aber das war schon nett.
    So mit Amy und mit Herz und ich mag die Expressioniesten.

    Das ist das problem mit den Expressionisten,
    einem richtigen Maler wäre das nicht passiert.
    Tschuldigung Vincent.

    Das war ganz grosses Tennis.(Punkt)

    Gruss BergH

  9. Raketenwurm sagt:

    Neben der Steinengelei auch für mich das Highlight der Staffel. Der Alienplot war öde, und man hätte ihn sicherlich auch noch besser mit dem Rest verknüpfen können, aber letztendlich spielte er eben auch keine große Rolle. Die Folge hieß „Vincent and the Doctor“ – und genau das hat man in großartiger Weise bekommen. Ich kann aber verstehen, wenn das Andere nicht so sehen.

  10. wrath-of-math sagt:

    Juhu, ein Anlass zum Klugscheißen:

    @bergh – Der Vincent war eher ein (Post-)Impressionist.
    Der von dir zitierte Doctor-Spruch war natürlich trotzdem ganz großartig.

  11. bergh sagt:

    tach auch !
    @Wraith of Math
    Echt ?
    ich habe mich lange nicht mehr mit dem Thema befasst…..
    Vielleicht verwechsele ich da wirklich Im- mit Ex-.
    (Egal das war ein ganf tolle Folge mit einer ganz doofen Nebenhandlung.)

    Nebebei sprechen die van Gogh van GooFFF aus , wo das imho eher van Goch heißt, oder ist das im Niederländischen wieder anders?

    Gruss BergH

  12. Donald D. sagt:

    @ bergh: ich weiß nicht viel über van Gogh, aber „Goofy“ hat noch beide Ohren dran und das nicht zu knapp.

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