Film- und Serienkritiken

Der Latinum-Standard des Star Trek Universums

Lieber vieldeutig nebentätig als vielfältig korrupt

„Hey! Die kompletten Listen der Nebentätigkeiten aller Bundestagsabgeordneten sind im Internet zu sehen! Da kann ich bestimmt einen total lustigen Artikel drüber schreiben, wenn ich die mal überfliege!“ – Na ja: oder auch ganz anders…

Gähn. Das Meiste davon ist war in etwa nur so interessant, wie als Normalbürger seinem Sparbuch beim Wachsen zuzusehen.

Hier ein paar wahllos herausgesuchte Sesselpups-Lizenzen:

– Technische Versicherung AG (Mitglied des Vorstandes)
– Herzzentrum Bad Krozingen (Mitglied des Verwaltungsrates)
– Volkswagen AG, Wolfsburg, Angestellter (Teilzeit)

Und so geht es seitenlang weiter: Anwaltskanzleien, Gewerkschaften, Versicherungen, Bauer- und Winzerverband, Vereinigung depressiver Nasebohrer, Elternbeirat Deutscher Waisenhäuser e.V., ect, ect… – Dann noch Tätigkeiten als Crashtest-Dummy, Medikamententester und Fußpilzschaber. Alles komplett uninteressant und so aussagekräftig wie die Information, dass einige Abgeordnete gern Käse essen. Nicht wenige Journalisten haben sich ja sicherlich grandiosere Enthüllungen gewünscht, so à la: „Umweltminister verklappt nebenbei Batteriesäure in der Nordsee“ oder „Entwicklungsministerin in Atomwaffenindustrie tätig“.

Die Realität sieht dagegen traurig aus. Keine Skandale, nur Friede, Freude, Vorstandskuchen. – Auf dem ersten Blick. Doch die Realität HINTER der Realität (hier kann man als Politiker ja beliebig nach dem Matruschka-Prinzip verfahren) ist da schon spannender! Spätestens NACH dem Mandat. Es sei denn, man saß wirklich GANZ hinten und hat die Vorderleute mit einem nervigen Eierschaukel-Geräusch vom Zeitungslesen abgehalten.

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„Herr Kaschupke! Sie haben da einen Lobbyisten unter ihrem Stuhl! Wie sieht das denn aus?“ – „Herr Schusselhubel! Sehen Sie doch erst mal Ihren an! Diese Krawatte sollte man heutzutage nun wirklich nicht mehr tragen!“ – Bei Entscheidungen, die wirklich wichtig sind, weiß man nie, ob nun dem ganzen Volk gedient werden soll oder ob hier bereits eine Vorauswahl von „Volk“ stattgefunden hat. So könnte man das Wort Volk in der eigenen Geheimdefinition z.B. nur auf jene Beschränken, die einen Mitgliedsausweis vom Apothekerverband besitzen.

Die inoffiziellen „kleinen“ Gefälligkeiten zwischen Lobbyisten, die netten „Gespräche“ zwischendurch und der eine oder andere „Berater“Vertrag sind doch viel interessanter, wie meine Wagenladung Gänsefüßchen ja bereits klar gemacht haben sollte! Nicht greif- oder strafbar sind doch die zufälligen Treffen, wenn man nachts auf dem Bundestagsparkplatz einen netten Herrn trifft.

„Sind Sie Herr Krumpelhof, stellvertretender Kassenwartsinspektor der FDP-Fraktionssprechergehilfin?“

„Immer diese Paparazzi (Juchuuu, endlich mal einer!). Was wollen Sie denn? Soll ich mich etwa für Ihre Zeitung auf der Motorhaube räkeln? Wenn ja, wäre durchaus ein Zehner für Sie drin!“

„Nein, nein. Ich bin der Pressesprecher der Vereinigung der Deutschen Tabakschönredner, der VdDT. Demnächst stehen ja diese lästigen Gesetze zum Schutze der Nichtraucher an und da wollte ich mal unverbindlich fragen, wie Sie denn so abstimmen. Ich habe gehört, dass sie einen besonders großen Einfluss auf die zweite Reihe von hinten haben?“

„Kommt drauf an. Wenn ich weit rechts sitze, ist die Akustik meines Schnarchens zumindest recht intensiv, habe ich mir sagen lassen.“

„Gut. Hier haben Sie ein paar Broschüren von uns. Wäre schön, wenn Sie Ihrer Verantwortung als Volksvertreter gerecht werden und das Material mal sehr sorgfältig prüfen würden. Passen Sie bitte nur auf, dass die Scheine nicht vorm Einsteigen rausfallen. – Wann macht eigentlich der Dicke immer Schluss, der immer vor Ihnen sitzt? Auf den warte ich hier auch.“

„Schlussmachen? Möllemann oder wer? Weiß ich doch nicht, wie der Vogel heißt… Kommt meist so um 10 aus dem Gebäude. Aber nicht hier, in Berlin. Wohnt in Kassel oder so. Kommt nur zu jeder 3. Sitzung, da ist der wohl eigen mit seinem Zähltick.“

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„Denken sie dran: Wenn Sie sich heute vehement für unsere Position aussprechen, können sie dann später in Form eines Beratervertrages zu Diensten sein! Ich rufe sie dann vielleicht einmal die Woche an und frage, ob ich mein Kantinenschnitzel mit oder ohne Soße essen soll, Okay?“ – Industrial Light & Magic: Wer sich z.B. daranmachen möchte, das Gesundheitssystem zu reformieren, hat ganz schnell einen Zeugen Jehova in eigener Sache im Küchenschrank stehen…

Ja, da lacht die Lobby, wenn’s wen zu belabern gibt! – Satirebereinigt sieht die Wirklichkeit nämlich gar nicht so viel anders aus! Ob Pharmakonzerne, Energiewirtschaft oder Landwirtschaftsvertreter: Als Parlamentarier muss man ständig damit rechnen, eine neue Klinke fürs Knie verpasst zu bekommen.

Wenn von aufmerksamen Medien ab und zu enthüllt wird, wer da mit wem angebändelt hat, wundert man sich im Nachhinein nicht mehr darüber, warum der Abgeordnete XYZ damals unbedingt ein Atomkraftwerk im Stadtpark unterstützt hat. Wer einen schicken Uranstab für zu Hause versprochen bekommen hat, neigt nun mal zu eingeschränkter Wahrnehmung. „Scheiß Lobbyisten“ könnte man jetzt wie üblich schimpfen und dabei wie mein Vadder klingen. Muss man aber nicht, da es nix bringt, höchstens einen dicken Selbstbeschiss und eine nicht kurierbare Zuneigung zu Linkspartei und NPD. Gerne auch mal gleichzeitig: „Wen ich wähle? Die Linken oder Rechten. Haben beide ein total tolles Mega-Programm!“ – Echt schon gehört!

Wer ernsthaft erwartet, dass Multimilliarden-Euro-Industriezweige nicht jede Möglichkeit nutzen, um das Rauschen im Walde auch weiterhin nur nach Geldscheinen klingen zu lassen, ist naiv. Wünschenswert ist das alles natürlich nicht. Und wenn ein früherer Bundesminister, der nie BWL studiert hat und es in keiner Kategorie zum Doktor gebracht hat, plötzlich „Beratungsgebühren“ von Siemens kassiert, ist einem natürlich schon etwas unwohl.

Das Fachwissen liegt bei denen ja in der Regel zwischen einem auswendig gelernten Wikipedia-Eintrag und den früheren Karteikarten-Zusammenfassungen ihrer damaligen Zuträger/Berater/Referenten/Ehefrauen. Wenn da der Eon-Geschäftsführer fragt, welcher Energiemix denn zukünftig am profitabelsten wäre („Bitte mathematisch belegen.“), wird ein ehemaliger Rechtsanwalt mit 4-8 Jahren Ministererfahrung auch nicht einem Konzern mit Hunderten Spezialisten etwas erzählen können, was die nicht schon wüssten („Ach sooo! Kraftwerke erst mal EINSCHALTEN! Daher liefen die also bisher nicht?“).

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„Die Politiker sind doch alle korrupt! Da wähle ich doch lieber die Linkspartei! Die sind wenigstens noch ehrlich!“ (*Tusch, Tä-TÄ. Tä-TÄ. Tä-TÄÄÄ*) – Ernst Krampe, seines Zeichens Modellbauer, meint im heimischen Bundestag, es besser als „die da oben“ zu können. Kann er aber nicht. Weil er nämlich voll bescheuert ist und keine Ahnung hat, was ein Bündel farbiges Papier an seltsamen Metamorphose-Eigenschaften für die eigene Überzeugung mitbringt.

Das Geheimnis eines erfolgreichen Beratervertrages liegt daher ja auch darin, jede Menge Polit-Interna zu verbreiten. Da bekommt man ja einiges mit in seiner Zeit als Krawatten-Ausführer. Und wenn nicht das, so hat der werte Abgeordnete früher mal artig das Patschehändchen an der richtigen Stelle gehoben. Oder unterhält auch im politischen Rentnerdasein noch Connections zu den alten Kriegskameraden an der Wählerverarschungsfront.

Was man da machen kann? Meine Mutter würde sagen: „Auf den Kopf stehen und lachen , mit den Beinen fliegen fangen“ – Und mit diesem durchaus realistischen Tipp möchte ich mich heute auch aus diesem Artikel verabschieden…

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Artikel

von Klapowski am 08.07.07 in All-Gemeines

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Kommentare (4)

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  1. Otto Normalzuleser sagt:

    Tja.
    Stimmt leider bei einigen Politikern.
    Aber würden wir nicht alle bei der Übergabe großer Geldsummen überlegen, ob da, wo heute viele glückliche Familien hausen, nicht vielleicht ein Obersuperduper-Tripeldickes-CO2-Verklappungswerk oder eine Megaplex-Verstrahlungsprovider-Haupteinrichtung stehen sollten?

    Und das wichtigste: ÄÄÄÄÄÄRRRSSTTTAAAAAAAA!!!!!!!

  2. Sparkiller sagt:

    Ich hoffe nicht, daß wirklich alle so denken würden. Wobei dieses Thema eigentlich auch keine mit Banknoten gefütterten Aktenkoffer meint, was ja bereits Korruption darstellen würde.

    Es geht vielmehr um die vielen Pöstchen, welche einige Politiker „nebenbei“ bekleiden und wo man sich wirklich fragen muß, aus wieviel Tagen deren Monat eigentlich besteht. Schönes Beispiel ist ja Friedrich Merz:

    http://www.bundestag.de/mdb/bio/M/merz_fr0.html

    Wer kann bei SO ETWAS denn behaupten, daß man seine Verpflichtungen im Bundestag noch ausreichend wahrnehmen würde? (Gerade, wenn man sich die leeren Sitzreihen an manchen Tagen mal ansieht.)

  3. Klapowski sagt:

    Wie viel Zeit ein durchschnittlicher Aufsichtsratsposten in Anspruch nimmt, vermag ich nicht zu schätzen. Daher habe ich mich nicht auf diesen Teilbereich gestürzt.

    Fakt ist jedoch, dass kein Politiker, der sich eines bestimmten Themas annimmt (die Gesundheitsreform ist immer ein gutes Beispiel) am Ende des Arbeitsprozesses noch unbeeinflusst ist. Verbände, Arbeitgeber und Lobbyisten drohen, wettern, erpressen, bestechen (vielleicht nicht unbedingt mit Geld), verschleiern, desinformieren, lügen, locken, hetzen Wähler auf, versprechen Posten für irgendwann später mal (G. Schröder wird nicht erst einen Monat vor seinem russischen Neuanfang in der Gasbranche von seinem neuen Job gewusst haben), nerven mit gefakten Studien, beschäftigen Anwälte, Presseberater und professionelle Umstimmer, bis eine kleine Gesundheitsministerin nicht mehr weiß, wo oben und unten ist!

    Das Ende vom Lied ist, dass am Ende für den Patienten alles teurer wird, während Ulla Schmidt auf dem zerbröselten Schlachtfeld zurückbleibt und wartet, bis die Staubwolken der Armee verweht sind, die ihre politischen Pläne ins Gegenteil verkehrt hat.

  4. Otto Normalzuleser sagt:

    Ich bin ja so gerührt…
    Kritische Antworten von beiden Gründervätern…
    :-)

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