Film- und Serienkritiken

Der Latinum-Standard des Star Trek Universums

„Es ist schwer, ein Gott zu sein“ (2013) – Die Kritik mit Kack-Anteil

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Ihr haltet euch für anspruchsvolle Kinozuschauer, ihr Maden? Ihr bekommt beim Film „2001“ einen Ständer, weil ihr die meisten der Bilder deuten könnt? Ihr denkt, ihr seid wunderbare Schmetterlinge, weil ihr dreißig von dreihundert Logikfehlern in „Star Trek – Picard“ auf Anhieb gefunden habt? – Dann gebt euch doch mal dieses Werk hier! ECHTE SF-Freunde reden da nämlich schon seit Jahren drüber, ihr Windpinkler! [Anmerkung: Die Leserbeschimpfung erfolgt als Teil eines redaktionellen Konzeptes; wir wünschen eine exquisite Unterhaltung.]


Der abgewandelte Facepalm auf dem Bildchen über uns hat gute Gründe. Denn ohne halbwegs offizielle Zusammenfassung kapiert man die „Story“ leider nur so halb, Vor allem, wenn man nicht den russischen Strugatzki-Roman „Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein“ kennt.

Daher habe ich euch den Text von Wikipedia hier mal reingepinkelt. – Äh, sagt man eigentlich „reingepinkelt“? Dieser Film hat meinen Geist verwirrt…


Eine Gruppe Historiker wird auf einen Planeten mit einer mittelalterlich anmutenden Zivilisation entsandt. In der Hoffnung, die Geburt einer Renaissance hautnah mitzuerleben, mischen sich die Forscher als Nachkommen lokaler Gottheiten unters Volk. Ihr oberstes Gebot lautet, nicht aufzufallen und unter keinen Umständen ins Geschehen einzugreifen. Doch als auf dem Planeten ein blutiges Pogrom gegen Gelehrte beginnt, wird es für die Wissenschaftler immer schwieriger, untätig zuzuschauen.

Endlich gibt es mal den unwiderlegbaren Beweis, dass der Mensch nichts auf anderen Planeten zu suchen hat. Oder irgendwo im All…


In den ersten 15 Minuten geschieht jedoch erst mal Folgendes:

Ein paar Männer lassen sich von oben auf den Kopf kacken – und verreiben mit fröhlichem Lächeln die Scheiße. Gleich danach erfahren wir durch lockere Zurufe von Mitmenschen, die „Gänse ficken“ wollen, sich gegenseitig das „Verrecken“ wünschen und eine zugeschissene Klobrille für ein „Gemälde“ halten. Das irritiert aber selbstverständlich nicht die restlichen, ordnungsliebenden Bürger, die sich daumengroße Schnotter-Tropfen aus der Nase ziehen, einem Mann in den Schoß kotzen oder einfach nur liebevoll mitten in die Kamera glotzen. Was im Film übrigens ständig passiert.

, „Es ist schwer, ein Gott zu sein“ (2013) – Die Kritik mit Kack-Anteil

„Und dann habe ich zu ihm gesagt: Blääääh! Und er so zu mir: BLÄÄÄHH! Und ich dann so zu ihm: DU HURENSOHN! Und er dann so: Du HURENBLÄH. – Hm, ich glaube, damit hatte er den Schimpf-Wettstreit gewonnen.“ – Eine Blährensache unten Blährenmännern: So unrealistisch sind die Gespräche im Film gar nicht. Meine Nachbarn z.B. brüllen nachts oft genauso…

Ebenfalls erleben wir einen seltsamen Mann, der in einem großen Haus aufwacht, in dem tumbe Sklaven(?) rumstehen und Insekten zerschlagen. Generell besitzt er eine große Sammlung an Essensresten, was den Hausherrn (der angeblich durch den „Mund eines Gottes“ geboren wurde) aber nicht daran hindert, eine Art mittelalterliches Saxophon rauszuholen und für die überall rumwankenden Gestalten zu spielen. Toll kommt die Darbietung zwar nicht an („Ich hol mir einen Strick!“), aber gut, für zahnloses Lächeln und tumbes Gegrinse reicht es trotzdem…

Die einzige Fragen, die sich mir stellten, sind: Warum soll zwischen Essensresten eigentlich „die Schildkröte gefüttert“ werden? (Spoiler: Am Ende der Geschichte hat sie angebllich eine „tote Maus“ gefressen) Und warum hängen die Scheißhäuser eigentlich immer direkt(!) über Treppen und Wegen?


Wie gesagt, das waren nur die ersten 15 Minuten. 2:45 liegen da noch vor einem…

Wobei diese Trivialitäten schon schwer zu verarbeiten sind – von der eigentlichen „Handlung“ mal ganz zu schweigen. Denn visuell ist der Film so furchtbar anstrengend, dass man sich beim Angucken so fühlt, als hätten die eigenen Augen die komplette Zeitspanne seit dem Mittelalter mitgemacht. Dass man dazu noch Untertitel lesen muss, um die recht zusammenhanglosen Gespräche mitzubekommen („Er ist ein Rotschopf.“ – „Kaka leckeeer?!“), macht es auch nicht leichter. Auch das Schwarz/Weiß des Films wirkt distanzierend, weil man somit bei manchen „Substanzen“ nicht weiß, ob es nun Blut, Kacke, Eiter oder sonstwas ist.

, „Es ist schwer, ein Gott zu sein“ (2013) – Die Kritik mit Kack-Anteil

„Göttlicher Don! Wollen Sie diesen Schirm benutzen? Ich habe ihn aus der Haut meiner Frau geschnitzt.“ – „Hm. So fotogen, wie du da hockst, gäbe das im Kino bestimmt ein schönes … Frauenbild. HAHA, Frauenbild, verstehst du?“ – Der Don (rechts) ist einer der Raumfahrer, der vorgibt, ein Gott zu sein. Doch leider scheint er sich längst in die Grausamkeiten ergeben zu haben.

Eselschwänze hängen unmotiviert in die Kamera, Mistgabeln und andere Utensilien drohen ständig damit, die Kameralinse wegzupieken, Statisten drängeln sich auf jedem einzelnen Bild faxenmachend im Vorder- und Hintergrund herum… Und das alles bei einer Deppendichte, die sogar noch höher erscheint als im „Star Trek“-Autorenraum von CBS.

Im Ernst, wer das 3(!) Stunden lang aushält, hat meinen vollen Respekt verdient. Ich brauchte 24 Stunden, mehrere Pausen und eine leckere Aas-Pizza mit Kotze drauf. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Ob IHR diese Challenge annehmen wollt, könnt ihr ja direkt mal austesten. Für euch Hartgesottene habe ich auch einen repräsentativen 2-Minuten-Ausschnitt rausgeschnippelt.

Ihr seht es selbst… Dieser Film ist eine Zumutung für Augen, Ohren, Nase – und für den ganzen Denk-Schwabbel dazwischen.

Nach drei Stunden Dauerberieslung der Marke „Mein Arsch blutet seit drei Tagen!“ und „Er hat schon wieder in die Sänfte gepisst“ ist die eigene Rübe so durch, dass man nicht mehr weiß, ob das jetzt grandiose Kunst war – oder nur ein dreistündiger Troll-Versuch russischer Filmemacher.

Irgendwann versteht man aber langsam, wie aufwendig das alles war. Das Chaos ist sorgfältig orchestriert, die Kostüme, die Matsche und die verlotterte Mittelalterwelt sind derartig detailliert gestaltet, dass man sich fragt, wie viele Produktionshelfer eigenlich den ganzen Tag Balken nass gemacht und Schlamm durch die Gegend chauffiert haben mögen. Und diese vielen, vielen Hintergrundaktivitäten der Bürger entstanden ja auch nicht aus dem Nichts! Oder durften die Unmenge an Statisten selber entscheiden, wann sie z.B. in die Kamera grienen oder den eigenen Pullermann zum Fliegenfangen rausholen?

, „Es ist schwer, ein Gott zu sein“ (2013) – Die Kritik mit Kack-Anteil

„Wieso tötet ihr mich nicht, Leute?“ – „Aber Don, ihr seid doch ein GOTT! Ihr habt doch bewiesen, dass ihr unsere Speere aus unseren ängstlich zitternden Händen nehmen UND sie zerbrechen könnt!“ – Fast so schwer zu schlucken wie das Zeug am Boden: Als „Don“ in Ungnade fällt, macht ihn keiner kalt. Ist es die reine Doofheit oder der vorweggenommene Sieg der Kultur über die Ungebildeten?

Der Film handelt eigentlich über die Schrecken der Kulturrevolution, wenn Gelehrte einfach abgeschlachtet werden, weil die mit ihren „Glaslinsen vor dem Auge“ irgendwie unheimlich aussehen. Aber so richtig erklärt das nicht, wieso der beobachtetende Don sich eigentlich ganz wohl fühlt in dieser Welt – zumal er in der Romanvorlage der bekannten Strugatzki-Brüder wohl noch deutlich gesitteter und besorgter auftritt…

Logik darf man wohl nur in Ansätzen erwarten. Denn solange man aus Kaka und Matsch keine Rüstungen und Gebäude erschaffen kann, dürfte es den hier gezeigten Idioten schwer fallen, irgendwas zu formen, was nicht braun und 10 Zentimeter lang ist.

Am Ende des Tages will man uns vermutlich nur die Grausamkeit des Menschen widerspiegeln.

Immerhin DAS gelingt dem Film, den man kaum als „Science Fiction“ bezeichnen kann, mit so viel blasenanregender Ehrlich- und Deutlichkeit, dass man schon Bewunderung zeigen sollte. (*eigenen Popo aus Schlafanzughose streck*)


Fazit: Wirklich empfehlen kann man dieses Werk nicht. Es ist tatsächlich dafür ausgelegt, für JEDEN Betrachter unaushaltbar zu sein. Ganz egal, wie viel Gewalt, Dummheit oder überladene Bilder man sonst ertragen kann.

Schlecht ist er trotzdem nicht, denn er zeigt halt, dass es nicht leicht ist, ein (Cineasten-)Gott zu sein, der über den Dingen steht. Wer das durchsteht, findet den Film schon fast automatisch knorke. Eben weil man sich ebenso erhoben fühlt (z.B. über die Zeit und die eigenen Abscheu) wie der Don über die marodierenden Kaka-Kumpanen.

Wer sich visuell und inhaltlich einiges zutraut, kann natürlich einen Blick riskieren. Der Rest der werten Zuleserschaft sollte sich jedoch darüber freuen, das Essen vom Vortag noch eine Weile in sich spüren zu dürfen.

Bewertung für normalsterbliche Zuschauer:

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM

Bewertung für absolut Kunstverrückte:

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM

(Im Durchschnitt also immer noch besser als das Zeug von Kurtzman, harrharr. *Tusch*)

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von Klapowski am 03.05.20 in Filmkritik

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Kommentare (21)

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  1. Kackowski sagt:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Pogrom (man beachte das fehlende „R“ zwichen „P“ und „ogrom“. Bitte, gerne.

  2. frank sagt:

    ich habe den von dir verlinkten ausschnitt gesehen.

    er hat mich sehr verstört…

  3. Serienfan sagt:

    Mir scheint das eher in die Richtung „Es ist schwer, ein SF-Fan zu sein“ zu gehen. Insofern passend. Der SF-Fan watet heutzutage durch eine unüberschaubar große Unmenge an Unrat, bei der er am Ende anerkennend zugeben muss, dass schließlich auch eine große Menge Unrat auf hohe Produktionswerte schließen lässt.

    Es gilt weiter das Motto: Noch nie war das Produzieren von Scheiße so teuer wie heute.

  4. Grinch1969 sagt:

    Ich bin ja schonmal froh dass hier keine chinesische Propagandakampagne gefahren wird, oder etwa doch?

  5. bergh sagt:

    tach auch !

    Also Ich fand damals das Buch ganz gut, aber anstrengend zu lesen.
    Selbst die 2 Minute Ausschnitt des Films haben mich dann restlos verstört.
    Braucht kein Mensch,
    (ausser David Lynch Jünger)

    Und natürlich steckt der Mustard dahinter.

    Gruss BergH

  6. Nummer+6 sagt:

    Der Dreh des Films dauerte sieben Jahre, und der Schnitt dann nochmal so lange.
    Da kann man sich für den Genuß doch gerne 24 Stunden gönnen…

  7. Nummer 6 sagt:

    Ich habe den Film jetzt in zwei Stunden mit gelegentlichen Sprüngen gesehen. Unter die Dusche meine ich…
    Wirklich unfassbar aufwendig, und man muß es so sagen: liebevoll abstoßend.
    Tatsächlich ambitionierte Kunst, nicht um der Provokation willen! Auch keine perverse Pseudo-Kunst, wie sie der antireaktionäre Kulturbetrieb in Westeuropa zu oft finanziert.
    Da der gewählte kurze Ausschnitt eigentlich noch der HARMLOSESTE des ganzen Films ist, hätte ich fast Lust, ein Best-Of vor allem der lustigen Szenen zusammenzuschneiden. Wenn da nicht ein ganzer Tag drauf ginge, bei der Unmenge an schrägen Einfällen.

    • JP1957 sagt:

      „…wie sie der antireaktionäre Kulturbetrieb in Westeuropa zu oft finanziert.“

      Ich schlussfolgere, dass…

      a) … es einen „Kulturbetrieb in Westeuropa“ gibt.
      Für mich ergeben sich daraus Fragen: Was ist das Spezifische an der westeuropäischen Kultur bzw. dem Kulturbetrieb gegenüber einem etwaigen nordeuropäischen, südeuropäischen oder osteuropäischen Kulturbetrieb?

      b) … Du diesen Kulturbetrieb für „reaktionär“ hältst. Inwiefern reaktionär? Wohin will er denn zurück? Und ist der geographisch anders verortete Kulturbetrieb in Nordeuropa etc. nicht ebenso reaktionär? Und wenn nicht, warum nicht?

      c) … es im Gegensatz zum reaktionären noch einen „antireaktionären“ Kulturbetrieb in Westeuropa gibt. Andernorts nicht? Und was sind die Kennzeichen und Zielsetzungen des antireaktionären gegenüber dem reaktionären Kulturbetrieb? Und wäre ein Kulturbetrieb denkbar, der weder re- noch antireaktionär wäre und wie sähe er aus?

      d) … Du doch arg europazentriert auf den Kulturbetrieb schaust. Wie kommt es, dass für Dich der amerikanische (Ich sage nur: Hollywood!), bhutanische (Ich sage nur: Die Kinos in Thimpu!), chinesische Kulturbetrieb keinerlei Rolle spielt?

      Wichtige Fragen, die einer Antwort harren!

      Verzichtet habe ich diesmal noch auf die Frage, wann und unter welchen politökonomischen Bedingungen die „Kultur“ bei Dir zum „Kulturbetrieb“ transformiert wurde.

      Antworten
    • Nummer 6 sagt:

      Haha, wie leicht sich Pseudo-Intellektuelle triggern lassen…

      Antworten
    • Skapo sagt:

      Wirklich? Das ist die ganze Antwort auf JP’s Fragen? Hätte mich schon auf ein paar Erklärungen gefreut. Würde mich als „Unintellektuellen“ nämlich wirklich interessieren was ein nicht(?) pseudo-intellektueller wie du meint wenn er von „antireaktionärem Kulturbetrieb in Westeuropa“ schreibt. Oder war das nur ein Pseudo-intellektueller versuch zu trollen und zu triggern? Würde aber in den Kommentaren auch nicht so richtig passen…

      Antworten
    • Nummer 6 sagt:

      Meine Güte. Der Kunst- und Kultursektor ist bei uns staatlich enorm subventioniert, und ohne die Unterstützung aus Steuermitteln wirtschaftlich in vielen Bereichen nicht überlebensfähig. Durch die dauerhafte Alimentierung besteht ein weitgehendes Abhängigkeitsverhältnis, die Kulturszene wird praktisch zum staatlichen Betrieb.
      Da Kreative und Kunstschaffende charakterlich eher zu den Menschen gehören, die die Welt nach ihren phantasievollen Wunschvorstellungen verändern möchten, sind sie meistens gegen konservative und besonders kämpferisch gegen reaktionäre Ansichten. Da die an den Schnittstllen zur kultur- und bildungspolitschen Macht sitzenden Funktionäre und Politiker insbesondere im westlichen Europa zum selben ideologischen Milieu gehören, ist das hier noch deutlich ausgeprägter, als in den meisten anderen Regionen der Welt, wo die Politik im Vergleich wesentlich völkisch-konservativer ist.
      Ein Wesensmerkmal ist dabei leider, daß durch die ideologisch motivierten Entscheider auch Projekte finanziert werden, die mit echter Kunst weniger zu tun haben, als mit dem Drang, auf Teufel komm raus mit Konventionen des guten Geschmacks zu brechen.

      Antworten
  8. Edain sagt:

    „Kunst“ darf auch die menschlichen Abgründe auslotsen, auch wenn einem das Ergebnis nicht gefällt. Ich habe schon den Eindruck, dass wir hier tatsächlich eine recht „stimmige“ und bis ins Detail durchexerzierte künstlerische Vision haben – zumindest im Technischen, Bildlichen. Inhaltlich ist so eine Vision einer Welt, in der es nur Schwarz und kein Weiß gibt, zwar ein wenig dünn – aber das Medium „Film“ lebt ja nicht nur vom Inhalt.

    Ich würd mir zwar lieber mit dem Gummihammer alle Fingergelenke einer Hand kaputt schlagen, bevor ich mir den Film komplett ansehe – aber das ändert ja nichts daran, dass hier ein wahrscheinlich ziemlich gestörter Mensch eine recht beeindruckende filmische Leistung vollbracht hat, vA im Hinblick auf Kamera und Bildkomposition. Ob das jetzt (künstlerisch) „wertvoller“ ist als der 834. „Mein Opa war ein Nazi, was macht das mit der Familie“-Output unseres „westeuropäischen Kulturbetriebs“, kann man wahrscheinlich lange diskutieren – nachdem aber „Kunst“ auch zwangsläufig die Suche nach „Neuem“ bedeutet, spricht doch einiges dafür.

  9. JP1957 sagt:

    @Nummer 6

    Also zunächst mal: Ich bin schon ein bisschen beleidigt, dass ich nur als „Pseudo-Intellektueller“ bezeichnet werde, obwohl ich weiß, dass die Hauptstadt von Bhutan Timphu heißt und es dort ausgesprochen anspruchsolle Kinos gibt.

    Dann bin ich ein bisschen traurig (man ist ja Kummer gewohnt in der Beziehung, aber auf Zukunftia hoffe ich ja immer auf ein gehobenes Niveau), dass auf meine messerscharf präzise formulierten Fragen keine einzige präzise Antwort erfolgt. Insbesondere hätte mich interessiert, was sich hinter der „Westeuropa“ Besessenheit verbirgt. Was ist denn im – als Beispiel – französischen „Kulturbetrieb“ so anders als im italienischen oder dänischen?

    Ein kleiner Schlenker zu Edain an dieser Stelle. Dir ist schon bewusst, dass das Jahr 1940 lange hinter uns liegt und es 2020 außer Deutschland noch andere Staaten in „Westeuropa“ gibt? Ich glaube nicht, dass es in den Niederlanden, Belgien und Frankreich soooo viele kulturelle Produktionen mit dem Thema „Mein Opa war ein Nazi,…“ gibt.

    Nummer 6 Ausführungen zum „Kulturbetrieb“ führen nun erneut zu einer Reihe von Fragen, auf deren Beantwortung ich nicht hoffen darf:

    1. Was sind denn bloß die „reaktionären Ansichten“, gegen die sich die staatlich subventionierten Kulturschaffenden (in Westeuropa) „besonders kämpferisch“ wenden und die Dir anscheinend so am Herzen liegen? Nur Mut … Du darfst Dich hier ruhig outen.

    2. Könntest Du bitte einige der „ideologisch motivierten Entscheider“ namentlich benennen, die „an den Schnittstellen zur kultur- und bildungspolitischen Macht“ sitzen und die konservativen Ansichten bekämpfen? Vielleicht kommst Du ja aus einem anderen westeuropäischen Land (die Ostmark?), ich lebe in Deutschland, einem Land, das seit 2005 von Konservativen regiert wird … Gott, sind das schon 15 Jahre???

    3. Findest Du nicht auch, dass sich in den letzten Jahren zumindest im bildungspolitischen Bereich viel Positives getan hat und der Einfluss des Staates an den Universitäten deutlich zurückgedrängt wurde? Durch die Drittmittelfinanzierung zahlreicher Projekte an den Hochschulen ist doch ein Mehr an Freiheit eingekehrt! Oder findest Du nicht? Oder ist Dir das jetzt zu konkret?

    4. Wo auf der Welt sind denn die Regionen, in denen die „Politik im Vergleich wesentlich völkisch-konservativer ist.“? Russland, Türkei, Saudi Arabien?

    5. Und gelten dort deine „Konventionen des guten Geschmacks“ weiter, die es in Westeuropa nicht mehr gibt?

    @Skapo: Schlage vor, dass wir hier auf Zukunftia die Fraktion der Pseudo Intellektuellen gründen! Entwickelst Du ein Aufnahme Formular?

    • Grinch1969 sagt:

      Hyperintellektuelle wären besser.

      Antworten
    • Skapo sagt:

      „Hyper, Hyper“ wie H.P. Baxter einst sagte. (Es ist ja unter Pseudo-Intellektuellen üblich mit Zitaten um sich zu schmeißen, oder?)

      @ JP: Ein Aufnahme Formular zu Entwickeln übersteigt meine beschränkten (Pseudo-)Intellektuellen Fähigkeiten bei weitem…

      Ich sehe mich ja NOCH NICHT EINMAL als Pseudo. Eher als „Wenig bis Gar Nicht“-Intellektuellen. Finde es nur seltsam wenn hier in den Kommentaren mit Formulierungen und Bezeichnungen wie „Pseudo-Kunst“ (Was ist das? Und wer einschneidet was „Pseudo-Kunst“ oder „Echte-Kunst“ ist? Und kann man VOR dem schaffen von Kunst schon wissen, was es wird?) oder „antirekationärer Kulturbetrieb in Westeuropa“um sich geschmissen wird.

      Wir sind ja hier nicht bei der Abi-Prüfung (Oder Matura-Prüfung wie es bei uns in der Ostmark heißt)

      Antworten
  10. DerCaptain sagt:

    Ob der so augenfällig überbordenden Anwesenheit von Exkrement im Film musste ich mich fragen, ob bei mir die Vergreisung schon stärker als vermutet eingesetzt hat. Es war aber nur die grosse Ähnlichkeit mit der zwanzig Jahre früher entstandenen Verfilmung „Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein.“. Obwohl dieser Film auch etwas sperrig daher kommt, fand ich ihn als SF abseits ausgetretener Pfade schon interessant.

    Die Neue Romanverfilmung stand mal auf meiner Watchlist, aber vielleicht ziehe ich doch einfach mal die Spülung.

  11. Mikrobi sagt:

    So, nun habe ich mir dieses Monstrum auch angetan, allein schon deswegen, um mich zur auserlesenen Gesellschaft der Pseudo-Intellektuellen zugehörig fühlen zu dürfen – endlich!

    Oder war das bloß so ’ne Art Verarsche: „Mal schauen, wer wirklich so blöd ist, sich das komplett reinzuziehen – hihi!“

    Mhm?!

    Wie auch immer, ich bereue es nicht, vor allem wegen der Bildgewalt, die einen solange ins Geschehen zieht, bis man plötzlich mit der Fresse in fremder Scheiße liegt. Der Anspruch des Films liegt deutlich darin, eine Welt vorzuführen, in der es so gut wie keinen Anspruch mehr gibt.

    Das Gesindel existiert dort in einem vegetativen und völlig verwahrlosten Zustand vor sich hin. Kaum mehr als ihre Triebe bestimmen ihr Handeln. Sie vertreiben sich die Zeit mit Blödsinn und Herumtollen. An guten Tagen können sie froh sein, den Weg zum Scheißloch zu finden; ansonsten wird halt in den Schlamm gekackt. Regen und Pisse werden es schon dahin spülen, wo die Fische herausgezogen werden, die übrigens Milch mögen. Da bleibt denen einzig, all das mit Spaß und Häme zu ertragen, bis der Tod sie davon erlöst. Ohnehin scheinen viele an einer akuten Nebenhöhlenentzündung zu leiden, die auf ihre Gehirnhaut übergegriffen hat. Wer hier aber von einer Krankheit dahingerafft wird, hat es sehr weit gebracht. So baumeln Gelehrte und Denker zur Abschreckung am Galgen und werden mit Essig (?) übergossen, um der Verwesung entgegen zu wirken.

    Und dem Don darf man hautnah dabei zugucken, wie er durch die Ortschaft stapft; wie er das säuft, womit sich alle einreiben; wie er schnüffelt, was da so stinkt; wie er mehr mit der Rotze zu kämpfen hat als mit dem Schwert. Gelegentlich holt er sogar ein sauberes Tuch hervor, nur um es einzusauen. Wenn er auf seiner Klarinette spielt, ist er mehr ein Rattenfänger als ein Gott. Er glaub selbst nicht daran, tritt aber Zweifler mit Füssen. All das, was er da erlebt und treibt, plagt ihn selbst mal mehr, mal weniger. Doch als Besucher auf dieser Welt darf er nicht so in deren Geschehnisse eingreifen, dass sich etwas ändert. Oder will er nicht? Nein, er sorgt sogar dafür, dass alles so bleibt, wie es ist, indem er den Mühlenstein mit antreibt, der darauf lastet und alles unter sich zermahlt, was sich an Gedankengut hervortut, ehe Fleisch und Knochen an der Reihe sind.

    Die Handlung, die sich ab und zu mal fortsetzt, spielt kaum eine Rolle. Meistens wird Scheiße gelabert, manchmal kommt auch eine Weisheit dabei heraus. Und immer wird irgendwas gemacht, Zeug und Kram gibt’s da ja zu Genüge. Aber es führt zu nichts. Das ist Don Rumata und seinen Leuten völlig bewusst. Sie haben sich in eine Welt eingefügt, in der es keine Zukunft gibt. Da wird die Gegenwart von einer sich immer wiederholenden und dabei mutierenden Vergangenheit vor sich her getrieben. Die Evolution degeneriert ohne frische Ideen und frisches Blut. Das sind Dinge, die man auch auf der Erde sieht, nicht nur in vergangenen Epochen, sondern auch heute noch. Der Film wendet sich den Extremfällen zu, was ihm meisterhaft gelingt.

    Obwohl ich mir am Ende nicht mehr sicher war, eher eine extrem lange Werbung für ein Duschgel gesehen zu haben.

    Da fehlte bloß: „RUSH ULTRACLEAN reinigt und eliminiert Urin- und Kot-Rückstände bis tief in die Poren und verleit ein unnatürlich trockenes Hautgefühl“

    Oder: „RUSH ULTRACLEAN FOR WOMAN – Jetzt neu mit Anti Fishing Effect“

    Zum Buch: Das habe ich zwar nicht gelesen, aber um trotzdem zum pseudo-intellektuellen Olymp aufzusteigen, bin ich derzeit an „Peter der Erste“ von Alexei Tolstoi dran; alle drei Bücher in einem dicken Band aus der DDR und Opas staubiges Vermächtnis, den ich in dessen Regalen aufgestöbert habe. Und darin geht es im alten Mütterchen Russland ähnlich zu wie im Film.

    Das hat nämlich die Neuzeit ebenso verschlafen, mit allem, was dazu gehört: Geschundene Leibeigene, die auf den Höfen ihrer Herren zur Arbeit grün und wund geprügelt werden; Aufgedunsene Bojaren mit zottigen Bärten und vor Schweiß triefenden Zobeln-Pelzen; ein Sud von Volk, der in Moskaus Mauern droht, überzuschwappen; aber auch den einen oder anderen, der, während in Russland noch tiefster Winter herrscht, neidvoll nach Westen blickt, wo die Renaissance schon längst barocke Blüten trägt. So auch ein Peterchen, das nach zirka 300 vergilbten Seiten zu einem ungelenken Lulatsch heranwächst, der damit beginnt …

    • JP1957 sagt:

      Wer so tut, als hätte er Tolstoi gelesen, gehört zur PI-Bruderschaft (Schwestern gibts ja hier nicht).

      Darauf einen Rülpser.

      Antworten
    • Klapowski sagt:

      Ein toller Text von Mikrobi, der den Inhalt und die Intention des Films sehr gut zusammenfasst!

      Auch ich muss nach nunmehr 2 Wochen Abstand sagen, dass ich es nicht bereue, mir den „Dreck“ angetan zu haben. Und sei es nur, um in der Bielefelder Straßenbahn sagen zu können: „Wenn es nicht fünf Beine hat, ist es nicht WIRKLICH eine mutierte Ratte.“

      Im Ernst: Wenn man bedenkt, dass ALLES, was Menschen sich vorstellen können, bereits gemacht wurde (sofern technisch und naturwissenschaftlich möglich; auch Kacke gehorcht schließlich der Physik!), so ist es durchaus realistisch, dass Menschen bereits so lebten wie hier gezeigt.

      Oder dass es zumindest Leute gibt, die ihren Mitmenschen das wünschen. Oder denken, dass „die da drüben“ eh nicht die Saubersten sind.

      Oder dass es Leute gibt, denen dieser mentale und physische Schmutz nichts ausmacht – entweder wegen der Gewöhnung von Innen heraus („Is halt so.“) oder von Außen (Diktatur, Naturgewalten, allgemeine Zeitalter-Standards)…

      Oder weil es halt Personen gibt, die mehrere Dumpfbacken-Kinder mit ihrer eigenen Zwillingsschwester gezeugt haben.

      Man kann sich in jedem Fall sehr mit der Frage beschäftigen, was den Menschen vom Tier oder der Amöbe unterscheidet. Vermutlich sind wir nur ein paar Gen-Dreher vom im Film gezeigten Geistes-Ergebnis entfernt. Dafür bräuchte man nicht mal einen anderen Planeten.

      Alternativ genügen bei manchen Zeitgenossen einfach nur zwei durchwachte Nächte, etwas Stress, eine klitzekleine psychische Krankheit oder (in meinem Falle) mehr als dreieinhalb Bier.

      Antworten

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