Film- und Serienkritiken

Der Latinum-Standard des Star Trek Universums

The Orville – 2.01 – „La’jola“ – Die Kritik

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Aus irgendeinem Grund (= Wahrheit?) ist es ja momentan groß in Mode, „The Orville“ umso besser zu bewerten, je mehr die neuronale Unordnung bei „Discovery“ ansteigt. Psychologen sprechen daher bereits von dem „Pipikaka größer als Pfuschi-Pfuschi“-Faktor. Und auch, wenn ich große Sympathien für „The Orville“ hege, so sollte sich hier inhaltlich noch einiges tun. Oooder wurde dieses „Tun“ etwa bereits in dieser brandneuen Episode getatet? Wir klären auf!

Inhalt: Während Bortus sich auf sein alljährliches Urinier-Ritual vorbereitet, suchen viele Besatzungsmitglieder eine alte/neue/sexuelle Beziehung. Oder ärgern sich über ihre Kinder.

Besprechung:

Ich habe nichts gegen fesche Gags, wenn sie eine Weltraumhandlung untermalen, erweitern oder sie wenigstens lustig parodieren. Doch das ist hier nicht der Fall. Zwar ist die Idee, dass Bortus zum Urinieren nach Hause fliegen muss, erst mal witzig, kann aber… äh… aber… – PUNKT. Was sich auf dem Flur der Zukunftia-Chefredaktion (bestehend aus zwei DSL-Leitungen quer durch Deutschland) erst mal amüsant anhört, muss auch mit Leben gefüllt werden, wenn man bei seiner Lautäußerung („Harr-Harr-Horr!“) auch noch andere Töne untermischen soll. Töne wie z.B. „Uuuui!“, „Eeeecht?“ oder „Kraaaass!“.

Okay, ich fand es nett, dass man das rituelle Pipimachen ab einem bestimmten Punkt nicht mehr als Steilvorlage für Witzchen nutzte. Und auch, dass man Bortus nicht mit baumelndem Gürtel an der Klippe stehen sah, rechne ich der Folge hoch an. Dabei sehe ich fast McFarlane mit zusammengebissenen Zähnen vor mir sitzen, wie er (ähnlich Bortus) all seine „kreativen Säfte“ zurückhalten musste.

Aber eigentlich gibt es diesmal gar keine A-, B- und C-Handlungen, die abwechselnd gezeigt werden, sondern (*an Fingern abzähl*) eine solide D-, D-, D-, D- sowie eine D-Handlung. Je nachdem, was man alles mitzählen möchte, vielleicht auch ein paar Ds mehr oder weniger.

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„Oh, der heilige Canyon ist nach 8 Milliarden Pilgern in diesem Jahr bereits voll. Ich vollführe daher das beschwörende Ritual der reinigenden P’utz’K’raft!“ – Sie nannten ihn Uri(n) Geller: Das Witzigste an dieser Idee ist, dass sie trotzdem sinnvoller und konstruktiver als alles erscheint, was Worf bisher so getrieben hat. Ich glaube nicht mal, dass der sich nach der Entehrung damals die Hände gewaschen hat (Igitt!)…

Wie gut, dass es noch andere, erwachsene Probleme gibt: Der Captain ist nämlich ein … Stalker. HAHA! Megagag, oder? Ein echter Stalker! Dieses Orville! wie schafft es das nur immer, so tolle Figuren/Ideen/Twists zu entwickeln? Ja, er schnüffelt seiner Ex in einem getarnten Shuttle hinterher, faselt davon, dass man Liebe nicht abschalten kann und sieht nicht ein, dass er jegliche dienstliche Objektivität verloren hat. – Die Frage ist hierbei nur, WARUM Seth McFarlane diese Geschichte für doll hielt. Denn natürlich ist eine Figur mit Schwächen sympathisch, aber ist eine Figur mit schwächelnder Hirnfunktion (und wenig Stärken) nicht eher… äh… schwach?

Und ist ein Captain, der zu 96% einer Staffel nicht wie eine Autoritätsperson wirkt, jetzt total erfrischend und kultig, oder am Ende doch ein strukturelles Problem? Schließlich soll ich ja in einer Gefahrensituation nicht an den stammelnden Ex-Ehemann denken – oder etwa doch? Hier geben mir leider auch die schwelgenden Orville-Fanboys im Netz keine klärenden Antworten…

Meine These: Die Macher irren, wenn sie denken, dass wir langfristig JEDEN Trottel-Moment abfeiern, nur weil die Charaktere bei TNG so gelackt waren. Wenn ich liebenswerte Idioten sehen will, schaue ich auf meinen Personalausweis, aber keine SF-Serie. Ich brauche nicht in jeder zweiten Folge die Erinnerung daran, dass die Ehe der Hauptfiguren in die Brüche gegangen ist – zumal es bereits genügend Klärungen, Aufarbeitungen und Gespräche dazu gab. Da hilft es auch nicht, dass die Serie am Ende stets einen halbwegs passable Kniff hinbekommt, wie alle DOCH noch ihr Gesicht bewahren. Dieser Trick am Schluss jeder Folge (= einfach für 5 Minuten nicht-alberne Dialoge schreiben) wird langsam vorhersehbar und ändert nichts daran, dass sich die Figuren zu ¾ der Zeit wie Lackaffen in einem Schweighöfer-Film aufführen.

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„Ich glaube, wir werden beobachtet.“ – „Kann sein. Ich hatte mich auch schon gewundert, warum alle Schiffssensoren neuerdings auf meinem Nachttisch stehen.“ – Ein Spionage-Sat… Spackelit: Der Captain scheint gerade nicht besonders viel zu tun zu haben. Darin spiegelt sich womöglich Seth McFarlanes persönliche Situation wider? („Oh, Charakterisierungen nach 5 Minuten schon fertig geschrieben? Toll!“)

Auch halte ich es für schwierig, jedem Charakter ein Problem mitzugeben, das direkt aus der Klischee-Kiste gefallen ist: Die Pubertierenden machen Kummer, weil sie pubertieren (Oha!) und frech am Alkohol nippen. Und Alara hat kein Date, will aber ein Date und sucht sich daher ein Date. Und der Data-Verschnitt rafft mal wieder nicht, wie menschliche Erziehungsmethoden (und die Drehbuch-Klischees dazu) funktionieren und würde wohl am liebsten die ganze Zeit „Faszinierend!“ rufen. Und der Steuermann steigt derweil einer überschminkten Tante auf eine Weise hinterher, die jeden Autisten zum Fremdschämen anhält…

Man kann all das für lustig, süß oder verschroben halten, doch am Ende ist’s eben weniger eine SF-Serie als eine Mittelklasse-Sitcom. Wobei ich die Assi-Geschmacksrichtung der Witze auch für unpassend für eine utopische Welt halte: Viele Taschen an der Jacke sollen z.B. Frauen beeindrucken, Aliens geben zu, dass sie mit ihren Riesenschädel wohl eher dämlich aussehen und wer nicht mindestens alle paar Monate ein Date (oder besser: eine Beziehung) hat, ist sowieso eine arme Wurst. Darum müssen im Zweifel auch Anmachsprüche in der Holo-Disco eingeübt werden. – Um nur einige Beispiele an Oberflächlichkeit zu nennen. „Besser“ könnten es deutsche Kino-Komödien auch nicht rüberbringen.

Man verzeiht all das Serie, weil sie hübsch bunt ist, die Darsteller sympathisch wirken, die Musik zum Mitsummen anregt und man generell jeden liebt, der heute noch TNG schätzt. Und ja: Auch diese Folge vergeht wie im Flug – weil eben sehr viele Personen und „Probleme“ angerissen werden. Man darf sich aber nicht einreden, dass das revolutionär, superlustig oder tiefgründig wäre. Denn sonst wird man schnell zum Laienprediger auf der Obstkiste am Marktplatz („Sehet, der Piss-ias ist uns erschienen! Haha, Piss-ias. Versteht ihr?“). Und das will ja hoffentlich keiner…

, The Orville – 2.01 – „La’jola“ – Die Kritik

„Deine Augen sind so schön wie das Aufblitzen einer Holodeck-Idee am Morgen!“ – Das Flirttraining für Tränen: Der Steuermann lernt endlich, wie man Frauen ansprechen kann, die künstlich generiert, willen- und charakterlos sind. Äh… Also eigentlich wie jede Nebenfigur bei „The Orville“?


Fazit: Nette Folge um ein paar Doofe, die zufällig auf einem Raumschiff wohnen. Das ist alles recht unterhaltsam, strukturell und charakterlich aber oft fragwürdig… War LaMarr nicht z.B. der (heimlich) oberschlaue Dude? Würde er also wirklich empfehlen, sich beim Kennenlernen von Frauen zu verkleiden und zu verstellen? Und müssen eigentlich alle Aliens – außer Bortus – immer total überdreht und peinlich sein?

Der schmale Grat zwischen toller Parodie, spannenden Geschichten und Flachwitz-Parade wird weiterhin nicht optimal getroffen.

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM
SPARKIS MICKRIGER MEINUNGSKASTEN
Gute Sterne, schlechte Sterne, The Orville – 2.01 – „La’jola“ – Die Kritik
Ooooh! Warum hat mir denn keiner gesagt, dass es von meiner Lieblingsserie wieder neue Folgen gibt?!

Und, ha-ha-ha, die erste war so gut wie immer! Chandler hatte Sehnsucht nach seiner Ex-Frau, Joey war geil auf die neue Kartografin, Rachel wurde mit Erziehungsproblemen konfrontiert und Gunther sammelte sein Urin für ein ganz besonderes Ereignis.

Was? Wie? Das war gar nicht der Staffelauftakt von Friends, sondern von „The Orville“? Okay, DANN waren diese 45 Minuten an flachem Beziehungsgedöns doch nicht so doll. Schon weil die dünne Rahmenhandlung um Bortus Puller-Tradition das einzige SciFi-Element darstellte. Und auch nur dann, wenn man das multispektrale Vergrößerungsglas zur Hand nimmt.

Schade eigentlich, hatte ich doch die Hoffnung, dass man die Sendepause für kleinere Verbesserung im Serien-„Flow“ nutzt. Doch vom Ton her hat sich nichts geändert, was bedeutet, dass dieser auch weiterhin nicht existiert. Sind wir eine Sitcom? Sind wir eine Parodie? Wie soll man dies erkennen können, wenn man mit einem pubertären Piss-Witz beginnt, auf ein episches Sternenreise-Intro schwenkt und bei den restlichen 80% in blutarmer Soap-Suppe rumrührt?

Auch TNG hatte seine durchschnittlichen Episoden. Doch stets konnte man den klassischen Story-Aufbau erkennen. Es gab eine Bedrohung. Ein Hindernis. Stets einen SciFi-Twist, welcher einen, mehr oder weniger erfolgreich, bei der Stange hielt. Doch hier wechselte man sich nur ab zwischen einfallslosen Liebesreigen der Besatzung. Am ehesten konnte da noch die erzieherischen Erlebnisse der Doktorin mit Nicht-Data unterhalten. Aber auch nur im Vergleich zum Rest.

Fazit: Ein merkwürdiger Mix aus „The Office“ & „Friends“, welcher schon nach wenigen Minuten mein Verlangen verstärkt hat, eben DIESE Serien mal wieder zu sehen. Der Handlungsort Weltraum war völlig nebensächlich und austauschbar, die Gags auf Pipikaka-Niveau (wie immer) und selbst die Darsteller machten auf mich oft den Eindruck, dass man nicht so genau wusste, in was für einem Genre man eigentlich mitspielt. Aber warten wir erst einmal die nächste Folge ab, in welcher ein Planet untergeht und Lt. Malloy mit Durchfall auf der Schiffstoilette feststeckt.

Wertung: 4 von 10 Punkten

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von Klapowski am 03.01.19 in Serienkritik

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Kommentare (11)

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  1. Dario Cueto sagt:

    Tja, so unterschiedlich können Geschmäcker sein! Denn diese Folge bot doch vor allem tolle Dialoge. Aber ganz besonders herauszuheben ist doch: Es gab keine Anomalien, Hilferufe, technische Defekte oder irgendwelche Befehle. Es war das erste Mal überhaupt in einer SciFi-Serie, wo wir die Besatzung eines solchen Raumschiffs beim stinknormalen und durchroutinierten Alltag beobachten dürfen. Etwas, was es bei Star Trek nie gab. Und was macht man nun, wenn nix los ist? Man vertreibt sich die Zeit mit sozialer Interaktion oder Kindererziehung. Warum sollte die Gesellschaft auf so einem Schiff sich denn der unsrigen unterscheiden? Was erwartet ihr? Dass alle 24/7 so sturz steif auf der Brücke sitzen wie in TNG, mit diesem ganzen Hierarchie Gehabe? Eigentlich ist diese Folge doch mal eine sehr glaubhafte Darstellung, was auf so einer Forschungsreise passiert, wenn eben mal nix außer Plan läuft. Wenn die Routine funktioniert. Wie würdet ihr denn solch eine Folge schreiben?

    Und auch die Prämisse mit dem jährlichen Ritual der Moclaner war toll rübergebracht. Nimm die Bräuche anderer Völker (oder Religionen) ernst, auch wenn sie noch so albern wirken. Doch die Welt geht auch nicht unter, wenn man DOCH mal einen harmlosen und humorvollen Spruch bringt. Das ist doch eine wunderbare Kritik auf die heutige Empörungskultur.

    Der Tiefsinn ist also sehr wohl gegeben. Sehr viel mehr als in allen anderen heutigen TV-Serien-Gedöns.

    • Klapowski sagt:

      Ich habe gar nichts gegen Flachwitze. Lass sie doch alle reinkommen, die Tittis, die Hoden und die Pinkelflecken! Und gegen gute Soaps habe ich auch nichts! Lass sie reinkommen, die Erektionsstörungen und Liebeskummer-Abstufungen!

      Aber all das geht eben auch, indem man NICHT permanent seine eigenen Figuren sabotiert. Man kann nun mal nicht etablieren, dass der Captain gefestigter und cooler geworden ist (so geschehen in Staffel 1), um dann in Staffel 2 einen stammelnden Trottel zu präsentieren, der sich an der Bar bemitleidet, bei jeder kleinen Verstimmung seinen „Kopf gegen eine Wand schlagen will“ und generell wenig zu tun zu haben scheint. Oder kann mir irgendwer sagen, was der Captain seit einer Staffel macht, außer auf sein Tablet (und eine Kermit-Puppe) zu gucken, bis mal einer reinkommt?

      Wie wäre es stattdessen gewesen, wenn Bortus eine tolle Rede zu dem Pinkel-Event hören will, der Chef aber nicht weiß, wie man zu diesem Anlass etwas Nettes zusammenschreibt? Da hätte es dann auch gerne lustige Momente mit Bortus‘ Ehemann geben können.

      Und was wäre gewesen, wenn Kelly zwar einen Freund hat, es dem Captain aber voll egal ist, da er über sie hinweg gekommen ist? Und sie am Ende erkennt, dass sie nur deswegen immer zickiger wird, weil ihr Ex nicht eifersüchtig GENUG ist? Was man dann auch gerne für 3 Folgen so hätte stehenlassen können. Um erzählerisch mal was anderes auszuprobieren.

      Oder was wäre, wenn der Roboter zwar herausfindet, wer die Computer gehackt hat, es am Ende aber der Mutter verschweigt. Vielleicht, weil er ein neues Unterprogramm austestet („Lügen“ oder „Geheimnisse bewahren“, solange dies ethisch und dienstlich vertretbar ist)?

      Solange mir spontan so viel bessere (= ist natürlich auch subjektiv bzw. abgehoben von mir) Ideen einfallen, ist’s für mich halt nicht besser als Durchschnitt.

      Antworten
    • Dario Cueto sagt:

      Interessantes Weltbild! Jemand, der also Liebeskummer und dadurch auch in eine melancholische Stimmung fällt, ist nicht gefestigt? Sehe ich anders. Muss ein Captain denn immer der glattgeleckte Hecht sein, den jede Emotion abgeht? Ja, das passt natürlich in die heutige Erzählung des Neoliberalismus: Funktioniere, schalte Gefühle aus, lebe für die Arbeit. Dahingehend war TNG leider ziemlicher Vorreiter, für diese menschenverachtende Einstellung.

      Nur, glaubhaft ist das alles nicht. Du kannst melancholisch sein, Liebeskummer haben, etc. – und wenn es dann ernst wird, trotzdem funktionieren und kompetent sein. Und ich denke, das ist etwas womit sich die Menschen sehr viel mehr identifizieren können als mit idealisierten Supermenschen. Für mich ist jemand, der zu seinen Fehlern steht sehr viel cooler als ein emotionsloser Paragraphenreiter wie es Picard war. Mercer wird nicht trottelig gezeigt, sondern unsicher und vor allem frustriert aufgrund seiner Gefühle. Das macht ihn doch so menschlich. Sehr cool ist aber auch, dass sich am Ende Mercer und Kellys neuer Freund sogar recht gut verstehen und Mercer ihn sogar Tipps im Umgang mit Kelly auf den Weg gibt. Sowas erwärmt mein Herz, weil es nicht diese ewige Konkurrenzerzählung in den Vordergrund stellt. Sondern hier wird gezeigt, wie man dennoch in einem Boot sitzt und sich zusammenrauft.

      Isaac ist in erster Linie eine KI. Daraus entsteht der Humor, wenn Finn ihn frägt ob sie eine schlechte Mutter sei und er nach allem was er so analysiert ein trockenes „Ja“ erwidert. Das ist einfach so herrlich direkt und genau der Humor, der heute häufig fehlt. Durch Isaacs sehr direkte, unterkühlte Art kann Finn reflektieren. Und das ist eigentlich eine recht clevere Art eine KI in so eine Familie zu integrieren.

      Und wo es in dieser Folge Flachwitze gab, weiß ich ehrlich gesagt auch nicht. Sondern der Humor entstand ja gerade aus der Interaktion der Charaktere untereinander. Ohne, dass diese sich verletzende Sprüche an den Kopf werfen müssen.

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    • Klapowski sagt:

      „Sehr cool ist aber auch, dass sich am Ende Mercer und Kellys neuer Freund sogar recht gut verstehen“

      Ja, DAS finde ich auch cool. Ganz ohne Ironie. Ist wirklich nett gemacht und süß. Das meinte ich auch, als ich schrieb, dass sie einfach immer dadurch die Kurve kriegen, indem sie die Personen am Schluss noch mal schnell erwachsen werden lassen. Clever ist das natürlich schon! Denn so kann man das natürlich ewig durchziehen… („Ich amputierte ihnen in der Nacht einen Arm, Commander.“ – 5 Stunden später: „Es war nicht richtig, ihnen einen Arm zu amputieren, Commander.“) Die meisten Orville-Fans werden das wohl nicht bemängeln. Der Zug ist langsam abgefahren.

      „Jemand, der also Liebeskummer und dadurch auch in eine melancholische Stimmung fällt, ist nicht gefestigt?“

      Wir reden hier ja nicht von Fähnrich Hans Wurst aus der Astrophysik, sondern von einem Typ, der sich zumindest theoretisch mit Picard, Sisko und Kirk messen lassen muss. Und ich kann mich nicht daran erinnern, dass Picard jemals mit einem großen Becher Schokoladeneis unter seiner Kuscheldecke saß, während er über die Überwachungskameras seine Liebschaft beobachtet hat.

      Okay, die Serie will humorvoll sein, so dass sich mein Kritikpunkt etwas abschwächt. Aber es gibt nun mal auch andere Arten, um witzig zu sein. Bierernste Captains (bzw. Chefs, siehe „Stromberg“) können superlustig sein. Erbsenzähler, kumpelhafte und übermotivierte Charaktere können lustig sein. Ja, die Adam-Sandler/Schweighöfer-Nummer hat sich bewährt (Liebenswerter Trottel, der bei aller Trotteligkeit auch etwas trottelig ist), aber ich wäre auch nicht böse um eine neue Geschmacksrichtung.

      „Und wo es in dieser Folge Flachwitze gab, weiß ich ehrlich gesagt auch nicht.“

      Wir können ja mal ein Experiment machen: Denk dir mal einen dummen Pipikaka-Flachwitz aus, irgendeinen. Dann stelle dir „The Orville“ vor. Und jetzt beantworte für dich die Frage, ob sie den – aus welchen Gründen auch immer – auf keinen Fall bringen würden.

      Ich muss auch noch mal betonen, dass ich die Serie MAG. Aber sie könnte extrem viel besser sein. Und wer das nicht anspricht oder es in Foren oder YouTube-Videos fordert, wird diese noch viel bessere Version niemals sehen. Warum auch Gold schmieden, wenn die Leute schon bei Silberschmuck völlig durchdrehen?

      Antworten
    • Serienfan sagt:

      Ich bin ja ein großer Verfechter der Methode, anderen Meinungen sollte man nicht widersprechen (warum auch, die Unterschiedlichkeit von Meinungen ist ja das Schöne!), man sollte stattdessen seine eigenen Meinungen darstellen (was ich durchaus ab und zu tue. :-) )

      Aber Tatsachenbehauptungen kann man schon hinterfragen.

      Ich sehe nämlich beim besten Willen nicht, dass in „The Orville“ „permanent seine eigenen Figuren sabotiert“ werden. Ed Mercer hatte nach der ersten Trennung von Kelly einen Totalabsturz, der ein Jahr dauerte. Die zweite Trennung hat er immerhin nach einem Monat verkraftet und dabei sogar am Ende dem neuen Lover Beziehungstipps gegeben.

      Auf die berechtigte Frage, wo es denn bitte in dieser Folge „Flachwitze“ gab, kam von Dir die Anleitungen, man solle sich einen „dummen Pipikaka-Flachwitz“ AUSDENKEN und sich dann fragen, ob man diesen Witz in „The Orville“ auf keinen Fall bringen würde! Aha! Ich muss mir also etwas „ausdenken“? Warum? Wenn es in der Folge „Flachwitze“ gab, wieso muss ich sie mir dann „ausdenken“?

      Aber Deine Frage will ich dennoch beantworten. Ja, ich habe mir gerade einen „Pipikaka-Flachwitz“ ausgedacht, und ich bin ABSOLUT davon überzeugt, dass man ihn auf KEINEN FALL bei „The Orville“ bringen würde.

      Warum ich das glaube? Eben gerade wegen dieser Folge! Sie war doch eine klare Absage gegen „Flachwitze“. Wer bei einem Pinkelritual auf Flachwitze verzichtet, der wird auch sonst darauf verzichten. Das war doch die ziemlich deutliche Message von MacFarlane.

      Antworten
  2. phip sagt:

    Ich kann mir vorstellen, dass es schwierig ist eine witzige Kritik über eine Serie zu schreiben, die sich selbst überhaupt nicht ernst nimmt. Und bestimmt ist es nicht einfach sich mit eigenen (besseren) Ideen zurück zu halten, wenn die Serie mittelprächtige Vorlagen liefert. Aber da musst Du leider durch und ich habe das Vergnügen es zu lesen. Dennoch war es eine gute Kritik und ich bin in vielen Punkten bei Dir. Der „Pipikaka größer als Pfuschi-Pfuschi“-Faktor ist mir seit DIS auch aufgefallen und es ist deshalb völlig richtig diesen auf die Wertung anzuwenden.

    Obwohl diese Folge meine Erwartungen nicht befriedigen konnte, war ich nach derer Konsum sichtlich erholt und entspannt. Das ist in dieser hektischen Zeit sehr willkommen. Mein Nichtlieblingscharakter LaMarr hat in dieser Folge aber trotzdem wieder ein paar Ohrfeigen verdient. Ich glaube, ich muss mich damit abfinden, dass er sie wohl jedes Mal von mir erhalten wird. Dies wird wohl bei mir ein Saufspiel werden: „Drink if you want to slap LaMarr“.

    Die Errungenschaft dieser Folge, an jene man sich noch Jahrzehnte erinnern wird, ist, dass es sich um eine Lückenfüller-Folge handelt, welche als Staffelauftakt gesendet wurde. Soweit ich mich erinnern kann, gab es das noch nie und wäre nur noch dadurch zu toppen, wenn man so etwas direkt in der ersten Staffel brächte. Dies aber in der 2ten Staffel zu machen ist ganz schön mutig und kann durchaus als Innovation in der heutigen Serienlandschaft gelten. Und im Nachhinein betrachtet war dies auch ein irre kluger Schachzug es genau so zu machen, denn ich kann mich dadurch nach der durchzechten Neujahresnachtsfeier mehr an diese Folge erinnern, als wenn es eine Krach-Bumm-Bang-Folge wäre.

    Ich will jetzt nicht spoilern – die nächste Folge lief ja schon heute früh – aber wenn wir schon dabei sind die nächste Folge zu besprechen, dann muss es wohl sein. Heutige Folge wurde uns ja in der ersten Staffel vorenthalten und ihre Sendung wurde jetzt nachgeholt. Ich nehme an, die Vertagung war bitter nötig, um die von Spark angesprochenen Szenen herauszuschneiden, die Computer zum Rendern von nicht halbgaren Szenen länger laufen zu lassen und die Folge so umzuschreiben, dass eine gute Geschichte mit Tiefsinn und Spiegel entstanden ist.

  3. Serienfan sagt:

    „ist es ja momentan groß in Mode, ‚The Orville‘ umso besser zu bewerten, je mehr die neuronale Unordnung bei ‚Discovery‘ ansteigt“.

    Dann muss diese „neurale Unordnung“ aber wirklich tief unten liegen, denn nachdem die Kritiker letztes Jahr bei „The Orville“ so gar nicht den Publikumsgeschmack trafen, machten sie nun eine geschlossene Kehrtwende, die auch schon wieder rührend ist.

    https://www.rottentomatoes.com/tv/orville/s02/ (am 04.01.19, mit 100 % positiver Kritiker-Wertung)

    War die erste Orville-Staffel ein Geschenk an die „Star Trek“-Fans, so war „La’jola“ nun ein Geschenk an die Orville-Fans.

    Ja, „The Orville“ IST eine Serie nach der alten Tradition, in der ALLES möglich ist. Das kannte man früher aus „Bonanza“. „Bonanza“ verabschiedete sich auch öfter mal komplett vom Western und brachte eine reine Comedy. Geschadet hat es der Serie, die 14 Jahre lief, eindeutig nicht. Im Gegenteil. Aus einer Western-Serie wurde eine Familienserie.

    Die Frage, die sich hier also stellt: Wenn diese „Orville“-Episode eine Comedy-Folge ist, war es denn dann eine GUTE Comedy-Folge.

    Diese Frage beantworte ich mit einem lautstarken, nachhallenden JAAAA!!!

    Das Drehbuch war ein Feuerwerk an wundervoll originellen Dialogen. Anders als bei Serien wie „Big Bang Theory“, bei denen sich Figuren nur noch Gemeinheiten als vermeintlich witzige Sprüche an den Kopf werfen, oder bei Filmen wie „Guardians of the Galaxy“, in denen die Figuren nur noch bemüht kalauern, sprühten MacFarlanes Texte vor Witz und Scharfsinn. Vom „Zwei-Hand-Tee-Halter“ über Alaras Gedichts-Analyse und Johns Date mit einem Zweikopf-Alien. Die Erzählung von John, dass er einmal gleichzeitig mit zwei Köpfen eines Zwei-Kopf-Aliens zusammen war, ohne dass ein Kopf von der Affäre des anderen wusste (einer der Köpfe wollte wandern gehen, was für John ein No-Go war), ist so herrlich, so phantasievoll, so abgedreht, das ist genau der Humor, wie ich ihn sonst nur Douglas Adams oder „Red Dwarf“ kenne.

    Besonders originell waren die Alltagsprobleme, die hier in ein SF-Gewand gekleidet wurden. Da wird von einem Shuttle aus der Ex nachspioniert. Da hacken Kids einen Replikator, um an Wodka heranzukommen. Und eine Simulation wird genutzt, um das Flirten zu üben, wobei auch hier die Erklärung der verschiedenen Schwierigkeits-Levels für ein breites Grinsen sorgte.

    Jede kleine Story war ein vorbildliches Zusammenspiel von Set-up und Pay-Off. Der Rest wird später kommen, es gab ja bereits mehrere gut versteckte Hinweise in der Episode auf nachfolgende Handlungsstränge. Und am Ende ist es ausgerechnet der brave, Zwei-Hand-Tee-Halter Cassius, der als einziger einen dummen Spruch über das Ritual von Bortus macht („ich hoffe, Sie haben sich die Hände gewaschen“), weil er damit Eds Rat folgt, dass er sich auch mal ein wenig dumm benehmen muss, damit Kelly sich überlegen fühlen kann.

    Das Ende lieferte durch die Bemerkung von Cassius auch die Botschaft der Folge. Nämlich die Frage: Wie geht man mit anderen Kulturen um. Ja, man sollte sie und ihre Bräuche respektieren. Ja, man sollte ernst bleiben, auch wenn das Brauchtum total albern und verrückt wirkt. Und JA, es geht auch nicht gleich das Universum unter, wenn man dann DOCH mal eine harmlose, humorvolle Bemerkung macht. Das ist kein Zeichen von mangelndem Respekt, es ist einfach nur menschlich. Was für eine wohlwollende, unaufdringliche Botschaft in unserer Empörungskultur.

    „Star Trek“ wurde oft als „Space Soap“ bezeichnet. Meines Erachtens zu Unrecht, denn das Privatleben der Figuren wurde dort zum Teil nur in homöopathischen Dosen verabreicht. Selbst in DS9.

    MacFarlane setzt hier wirklich etwas um, das Neuland in der Science Fiction ist.

    „Star Trek“ war immer auch ein Türöffner für Zuschauer, die normalerweise keine Science Fiction wollen. Dieser Zugang lief über die Figuren und ihre Interaktionen.

    Heute glauben die Serienmacher, sie könnten sich nur über ein permanentes Action-Spektakel bei dem Mainstream anbiedern. Seth MacFarlane geht den Weg über die Figuren und „kleine“ Geschichten. Wo andere laut werden, wird er leise. Das läuft klar gegen aktuelle Trends. Das ist ungewöhnlich, insbesondere für einen Staffel-Auftakt. Und gerade deswegen finde ich es so gelungen.

  4. BigBadBorg sagt:

    Dieses muckelig kuschelige Gefühl, der „zweiten“ Familie bei ihren Abenteuern beizustehen, an ihren kleinen Problemen teilzuhaben, so trivial sie auch sein mögen, alte Freunde wiederzusehen – unbezahlbar!

    Was mir Raumschiff Enterprise – Das Nächste Jahrhundert damals um 17 Uhr Samstags im ZDF bot, das bekomme ich gerade wieder! Danke Seth, wer hätte gedacht das solch eine Emotion in meinem Alter, hervorgerufen durch eine TV-Serie nochmal möglich wäre! Danke!

    10 von 10. Ab jetzt für jede Folge, nur dafür! Für dieses wunderschöne Gefühl von dem ich nicht mal wusste wie sehr ich es vermisst habe.

  5. JP1957 sagt:

    Habe mir gestern spät in der Nacht die erste Folge angeschaut … mit großen Erwartungen nach der langen Wartezeit und den vielen Enttäuschungen aus dem Star Trek Franchise. Habe nach der Hälfte der Folge enttäuscht abgebrochen und bin ins Bett gegangen. Nach dem Lesen der kontroversen Meinungen hier habe ich einen neuen Versuch gestartet und war verblüfft: Fand die Folge charmant, liebevoll zu ihren Figuren, musste ein paar Mal laut lachen. Und zwar nicht, weil die Witze flach waren. Nichtdestotrotz: Als Startfolge fand ich sie auch nicht geeignet. Da hätte ich mir noch einen „ernsthaften“ Teilstrang gewünscht. Ein Wort noch zu Dario: Picard als „emotionslosen Paragraphenreiter“ und TNG als Vorreiter des Neoliberalismus zu bezeichnen halte ich für absurd. Picard ist das Idealbeispiel eines aufgeklärten Individuums. Er hat Emotionen, kontrolliert sie aber mit seinem Verstand. In einigen wenigen Folgen (z.B. der genialen „Familienbegegnung“ nach den beiden Borg Folgen) erhalten wir einen Blick auf Picards Emotionen. Diese Folgen wirken so stark, weil die Autoren vorher damit gegeizt haben. Das spricht für die Charakterzeichnung. „Neoliberalismus“ in einer Föderation ohne Geld ist allein schon deshalb Quatsch. Die Idee mit dem abgeschafften Geld haben die Orville Macher übrigens in der ersten Staffel aufgegriffen.

    • Dario Cueto sagt:

      Mit „Neoliberalismus-Vorreiter“ meine ich die Tatsache, dass sich jeder in der TNG Crew geradezu für seine Arbeit aufgibt. Das Arbeit das Leben sei, worüber man sich zu definieren hat. Und genau diese Denke ist heute im Neoliberalismus sehr weit verbreitet. Es gab doch wirklich kaum Folgen, wo man die Crew mal entspannt mit Hobbies oder beim Flirten oder was auch immer zuschauen konnte. Es ging immer nur um die Arbeit. Vereinzelte Ausnahmen bestätigen die Regel.

      Ich könnte jetzt zumindest nicht sagen, welche Hobbies der Geordie LaForge oder die Deanna Troi sonst so hatten und wie ihr normaler Alltag aussah. Das löst die Orville einfach so viel besser.

      Antworten
  6. JP1057 sagt:

    Soll das jetzt „linke“ Gesellschaftskritik sein? Dann lies mal beim alten Marx nach, was für ihn Arbeit ist … nämlich zentrales Mittel der Selbstverwirklichung. „Liberal“ oder „Neoliberal“ als kritischer Begriff wäre also auf dieser Basis eine Gesellschaft, in der der „Sinn des Lebens“ eher außerhalb der Arbeit gesucht wird … also im Konsum, der Freizeit etc.
    Im übrigen zeigt TNG in sehr, sehr vielen Folgen, was die Mitglieder der Föderation in der Freizeit machen. Sie sind (meist) Bildungsbürger … lesen (Shakespeare), spielen Theater, veranstalten Konzerte in 10vorn, malen, rollenspielen auf dem Holodeck, pokern, plaudern in 10vorn, machen Urlaub auf Rissa … wie kannst du das alles übersehen haben?

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