Film- und Serienkritiken

Der Latinum-Standard des Star Trek Universums

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Star Trek – Strange New Worlds“, Kritik zu 2.02- „Ad Astra Per Aspera“

Star Trek – Strange New Worlds“, Kritik zu 2.02- „Ad Astra Per Aspera“

Gerichtsfolgen machen oft großen Spaß: Wahrheiten werden aus Worten destilliert und gequetscht, dass es eine wahren Wonne ist. – HIER ist es jedoch leider eher „Tonne“… In einem wilden Mix aus Naziverbrechen, persönlichen Charaktereigenschaften („Hat immer alle unsere Blumen gegossen, sogar im Regen!“) und verwaschenen Klemmbruder-Regeln („Was?! Du besitzt DNA von ZWEI Personen, die sich VERMISCHT haben?!) versucht man diesmal, eine Hauptfigur hinter Schloss und Riegel zu bringen. Doch: Da hat der Staatsanwalt die Rechnung ohne das finale Tröten ins Taschentuch gemacht!


Inhalt: Una hat verschwiegen, dass sie veränderte Gene hat und Illyrianerin ist. Weil sie das bei ihrer Anstellung hätte angeben müssen (ganz zu schweigen von den 192 geschwänzten Standard-Untersuchungen beim Amtsarzt?), steht sie nun vor Gericht. Doch Pike holt eine Anwältin dazu, die zufällig eine alte Freundin von Number One ist.

Tja, die Galaxie ist manchmal kleiner als die Zuzahlung der Rechtsschutzversicherung…?


Eine Gerichtsverhandlung im chronisch überemotionalen 2020er-Star Trek?! Na, wer hiervor keine Angst hatte, hat vermutlich gerade einen Lebensvorrat an XXL-Taschentüchern gewonnen.

Und ja, gleich in den ersten Minuten wird uns quasi eingetrichtert, dass der Anwalt „Hänfling McLauch“ mit dem unsicheren „Schöne Tischplatte haben die hier“-Blick NICHT das Beste für seinen Klienten herausholen will / kann.
Una meint nämlich zu dem Heini: „Wie kann er mich beraten, wenn er für euch arbeitet?“

Entweder, die Pflichtverteidiger der Sternenflotte sind generell grottenschlecht (was das manipulative Casting an dieser Stelle erklären würde), oder Una hat das rechtsstaatliche Prinzip eines brauchbaren Rechtsbeistands (egal von wem gestellt) nicht kapiert.
Beides irgendwie arm.

Passt aber zu der saudoofen Prämisse „Genetisch Modifizierte sorgen für eklige Probleme wie… äh… z.B. sinnfreie Prozesse?“

„Ich werde Sie hier rausholen, Una. Ich stelle mir einfach vor, dass Sie eine groooße Kaka-Wurst sind und ich gaaanz dringend zum Klo bringen muss.“ – Auch in Schlumpfhausen gibt es ein Rechtssystem: Der erste Anwalt war jetzt nicht besonders gut. Zu seiner Verteidigung muss man aber vorbringen, dass er vor dem dritten Joint morgens einfach noch keinen Kaffee runterkriegt…

Apropos Luschen: Pike begibt sich auf der Suche nach Rechtsbeistand ausgerechnet auf den Planeten(!) der Gen-Verbrecher, die es unter anderem wagten, sich an die giftige Atmosphäre anzupassen – diese Schweine! Und um den Vorteil dieser Manipulation sichtbar zu machen (oder einfach nur Pikes Hirnschwund im Endstadium?), krepiert der Captain fast mit einer leeren Sauerstoff-Flasche im Wartezimmer einer unfreundlichen Asiatin.

Motto: „Ich bleibe hier so lange sitzen, bis die Anwältin alle anderen Klienten mit wichtigen Problemen abgewimmelt hat!“

Aber natürlich MUSS die Anwältin ja eine Vergangenheit mit Una haben. Die natürlich nicht sofort auf den Tisch kommt, „Mystery Box“ sei Dank. Oder nennt man das hier eher „Mental Blocks“?
Auf Seiten der Autoren, denen nix anderes einfällt, um Spannung im unteren IQ-Segment zu erzeugen?

Nebenbei erwähnt Pike, was passiert, wenn Illyianer ihre genetische Modifikation zurückschrauben, um der „Föderation zu gefallen“. Und meint damit die Episode der ersten Staffel, die ich damals widersprüchlich fand – allerdings nur so weit, wie ich’s verstanden hatte.
Und das war ja nicht viel.

Ja, man stelle sich vor: Wenn ich mir die Ohren abschneide, um ohrenlosen Aliens zu gefallen, die Ohren für ein Werk des Teufels halten, kann das negative Auswirkungen haben… Für ALLE Beteiligte. Star Trek entdeckt gerade ganz neue Probleme unserer Zeit.
Allerdings in einem eher unbekannten Paralleluniversum mit z.B. Planeten, die auf Leuten leben – nicht umgekehrt.

„Klar übernehme ich deinen Fall, Honey. Ich kann da schließlich auch noch was lernen!“ – „Über das Rechtssystem der Föderation?“ – „Nein, warum ich dich seit Minuten herablassend behandle. Ich komm einfach nicht drauf!“ – Nicht verzagen, Autoren frag… verklagen: An das oberflächliche Bitchy-Gehate hat man sich ja als Zuschauer bereits gewöhnt. Alles, was ich dafür tun musste, war: Halb gefesselt in den Umkleideraum meines örtlichen Dominastudios rollen und laut „Wetten, ihr könnt mich gaaar nicht richtig Auspeitschen?“ brüllen.

Pikes Ansprache macht klar, dass die Föderation häufiger („zehn Fälle“) mal Wesen wegen ihrer Genetik-Freizügigkeit anklagt. Eine Freizügigkeit, die sich – nebenbei erwähnt – Mutter Natur ebenfalls leistet. („Aliens mit einem Latexstrang direkt über dem Mund? Hey, gute Idee!“)

Was in einem Universum, in dem (später) alle abstrusen Aliens mit ihren absurden Ritualen einen Platz finden, komplett deplatziert wirkt. Das ist so, als würde ich auf dem Karnevalswagen Bonbons, Bounty und Twix verschleudern, aber den einen Typen verprügeln, der einen Zuckerwürfel in die Menge geworfen hat.

Das Wiedersehen zwischen Anwältin und Una war zudem grausam geschrieben. Eben typisch Kurtzman: Bockige Frauen, die sich auch nach 25 Jahren Beziehungspause gegenseitig den grob geschnitzten Plotpoint aufs Butterbrot schmieren. Eben schmolllippiges Beleidigtsein zu Traumathemen mit der Tiefe eines plattgefahrenen Quanteneffekts. („Hast dich erwischen lassen! Ich habe dir doch vor 25 Jahren gesagt, dass das nur 24,5 Jahre gut gehen kann – Bitch!“)

Klar, ich weiß, dass DAS der schockierende und interessante Punkt der Story sein soll… Aber: 20(!) Jahre in einer Besserungsanstalt für ihr Vergehen?! Vermutlich sperrt die Sternenflotte da auch die ganzen Uiguren hin, die nicht von ihrer Kultur lassen wollen… Wäre von der Logik sogar erstaunlich ähnlich.

Da gab es auch schon mehr Spannung mit weniger schlimmen Dingen (= Data „nur“ mal kurz auseinanderbauen). Starfleet ist nun tatsächlich ein dystopischer Dadaisten-Doofmannsverein, der nur noch abschreckend würg… wirkt.

Doch kommen wir zu etwas anderem. Nämlich zum peinlichen Geschwafel von Erica, der allerersten 14-Jährigen im Körper einer 16-Jährigen.

„Guck mal, genau sooo machen Vulkanier immer: ‚Hallooo, ich bin Karl Dall und bin im Fernsehen aufgetreten‘!“ – Die Imitation einer Imitation: Manchmal frage ich mich, was ich ohne Erica machen würde. Oder, wie die Autoren der Serie sie nennen: „Die-10-Sekunden-Arbeit-für-einen-Dialog-Frau“

Wie sie da die Vulkanier nachäffte (mit dem vulkanischen Klassiker: Schnarchgeräusche!) und ihnen Worte in den Mund legte, da diese so emotionslos miteinander streiten, wirkte eher wie „Humor“ meiner Mudder – die sich über Eigenheiten von Star Trek lustig macht. („Haha, die haben ja alle einen Topfschnitt! Nicht, dass das alles Homosexuelle sind, mein Sohn?“)

Nett war aber immerhin der kleine Moment am Ende, als Spock kurz irritiert dreinblickte. Und dann darum bat, seinen emotionalen „Ausbruch“ bloß nicht weiter zu erzählen. NOCH besser hätte das aber gepasst, wenn er nicht in jeder Episode wie ein liebeskrankes Targ durchs Unterholz der Liebe walzen würde. Flennend. Drohend. Befehle verweigernd. So wirkte es diesmal komplett „Out of Charakter“.
Also mehr im 1960er-Charakter drin – was in Kurtzman-Trek inzwischen tatsächlich negativ auffällt. Gruselig, dass man das sagen muss.

Ein paar Sachen haben mir aber eher GUT gefallen! Ja, ich war selber überrascht nach dem holprigen Einstieg für alle Zuschauer, die auch vorgelesenes Löschpapier für tolle Trek-Dialogzeilen halten.

Gerade in der Mitte der Episode gab es ein paar Momente, wo man für ein paar Sätze lang vergessen konnte, dass wir bei SNW oftmals die Emo-Variante einer marvelisierten Generation Z sehen. Zum Beispiel, als die Anklägerin erst nett mit Pike plauderte – um ihm dann zu verstehen gab, dass er besser die Füße still hält. Weil: mitschuldig. Weil: Motivationsansprachen strafrechtlich relevant. (Wegen der Körperverletzung durch Schleimfluten?)

Das wirkte organisch und gut gespielt. Aber hilflos dreinblicken kann Pike ja generell gut. Heimvorteil im eigenen Kopp quasi.

„Diese Gerichtsverhandlung ist wirklich spannend, Leute.“ – „Habe ich was verpasst, als ich weg war?“ – „Ja. Alexander Hold hat Barbara Salesch mit einem Klappstuhl verprügelt.“ – Seriös dank Fingerzeig: Wer die eigenen Popel mit der Hand vom Rausfallen abhält, wirkt interessiert und gebildet. Ganz SCHÄDLICH für die eigene Reputation ist es aber, wenn ihr vor dieser Episode genauso konzentriert und fasziniert dasitzt.

Ebenso gelungen war die Szene, in der der Admiral widerwillig angab, welche Regeln er selbst missachten würde. Klar, es geht diesmal nicht um die Erste Direktive oder unerlaubte Nebeltätigkeiten im Weltraum (ha! Nebeltätigkeiten, kapiert?), aber wenn die gelebte Rechtspraxis zeigt, dass Regeln manchmal Schwachsinn sind, MUSS der Gesetzgeber halt seine Vorschriften überdenken.
Es bringt z.B. nix, Papier- und Erklär-Origami mit dem ausgedruckten Einwanderungsgesetz zu veranstalten – während gerade 500 Flüchtlinge vor einem stehen und nach Trinkwasser fragen.

Okay fand ich auch den Hinweis der Anwältin, dass die Sternenflotte seit dem „Eugenic War“ einen solchen Horror vor dem Thema hat, dass sie jetzt sogar Schatten anbellen. Vermutlich vergleichbar damit, dass man in Deutschland bei den Worten „Juden“, „Nationalstolz“ und „viel zu kleiner Schnurrbart“ bis heute zusammenzuckt.

Schade nur, dass diese cleveren Ansätze plötzlich vom Drehbuch über den Haufen geworfen werden. Mit Arschbomben aus Worthülsen wird das glattgestrichene Wasser wieder zur stürmischen See: Der Admiral, der sich bemüht, dumme Regeln zu geißeln (ohne es zu stark zu tun) wird plötzlich von der Verteidigerin als „Rassist“ beschimpft.
Warum dieses Chaos, obwohl es bereits gut lief? Hat Donald Trump angerufen und gefordert, für seine Paramount+-Gebühren am Drehbuch mitschreiben zu dürfen – mit beiden Pobacken?

Klar, die Erklärung ist, dass die Anwältin lieber politische Statements gegen die Föderation raushaut, als ihrer Klientin zu helfen. Oder, wie wir die Föderation ab jetzt nennen sollten: „Ku-Klux-Klan, Lokalbüro Alphaquadrant“.

„Admiral Propper: Haben Sie schon mal gegen Regeln verstoßen? Vielleicht sogar ihre eigene DNA manipuliert?“ – „Hm. Ja. Einmal habe ich einen Lippenstift im Rossmann geklaut. Und mir musste ein verdächtiges Muttermal vom Arm geschnitten werden, weil ich zu lange in der Sonne war.“ – Willkommen bei der neuen Serie „Star Trek – Whataboutism“: Wirklich in die Tiefe geht der Fall selten. Aber gut, es gibt ja auch Zuschauer, die nicht sooo auf Fakten stehen. Die Serie wird schließlich auch auf Twitter und Facebook beworben?

Das ist als Storyaufhänger alles schön und gut – aber trotzdem billig. Denn trotz der großen Antirassismus-Ziele wirkt das alles so kleinkariert und verantwortungslos, dass jede Person schlechter dasteht als ein O-beiniger Pakled:

Anwälte denken vornehmlich an Ruhm und Ehre (selbst WENN sie mit ihren Klienten die Kindergartenbank gedrückt haben), die Ankläger finden seltsame Rassenregeln total super, können das aber kaum begründen (etwas, was in der Episode um den genmanipulierten Bashir in wenigen Sätzen gelang!), Pike wirkt wieder sehr überflüssig („Was denn? Ich habe doch schon bei der besten Anwältin im Universum angeklingelt – mit BEIDEN Zeigefingern!“) und der Rest der Mannschaft darf später noch ausführlich darlegen, wie toll diese Una doch ist, die wir bisher in zweieinhalb Episoden – mit den Plots von 0,75 ausgearbeiteten Episoden – erleben durften.

Und natürlich hat sie – laut Zeugenaussagen – mehrere Waisenkinder aus verschiedenen Arten von Bränden geholt, ein Mittel gegen Krebs erfunden, Hundewelpen mit der eigenen Brust gestillt… Und darf sich daher „Freundin“, „Familienmitglied“ und „Mrs. Helfersyndrom 2252“ nennen.

Wirkliche Substanz ist da wenig. Dafür mehr Schocker- und Plot-Twist-Mentalität als in einem Hollywood-Blockbuster, der zu lange unter dem Sternbild Shyamalan gelegen hat.

Was z.B. klar wird, als Spock vor Gericht sagt, dass er spürte, dass Number One „etwas verbarg“.

Alle halten den Atem an! Was war es? Dreht sich gerade der ganze Prozess, weil Spock vor Monaten gemerkt hat, dass Una nicht IMMER und ÜBERALL die Wahrheit gesagt hat? Hat sie gar ihren echten Personalausweis auf der Transgendertoilette liegen lassen? – Nein, puuh, es war nur ihre Vorliebe für Gilbert und Sullivan! Großes Aufatmen, verhaltenes Grinsen, Rechtsgelehrte und Juraprofessoren liegen sich weinend in den Armen.
Bei all dem erfahren wir leider nicht, was es bedeutet, wenn bestimmte Rassen(!) ihre Genetik aufwerten lassen. Und wieso ein dröge dreinblickender Illyrianer mit der Fähigkeit „Wunden heilen“ nun eine größere Gefahr als ein Gorn im Porzellanladen sein soll.

„Euer Ehren! Wie Sie anhand dieses Rückblicks sehen, durfte ich als Kind nie mit den anderen Kindern in den Gaskammern spielen.“ – „Oh. Was haben Sie stattdessen gemacht?“ – „Na ja, das Übliche… Vorbeifahrende Autos mittels telekinetischen Kräften mit Steinen beworfen.“ – Gleich werden die rassistischen Verbrechen der Föderation geschildert. Spätestens hier erwartet man, dass die Episode doch noch ein Mehrteiler werden muss.

Und um für noch mehr Verwirrung durch Nichterklärung zu sorgen, redet die Anwältin noch mit Noonian-Singh, die sich selbst angeblich für ein „Monster“ hält.
Warum?
Es wurde ihr von der Gesellschaft eingeredet… Geht’s noch etwas dicker aufgetragen? Data stand doch auch nicht flennend vor Picard, weil er überall „Frankenstein“ genannt wird, Troi war keine „Gedankensaugerin“ und den Exzorzismus um Jadzia Dax habe ich auch irgendwie verpasst („Die sagen, dass ich durch die vielen Erinnerungen unfaire Vorteile beim Sexy-Sein habe!“)…

Es geht aber noch weiter: Unas Kindheitsfreund hatte (mindestens) ein verbessertes Immunsystem. Daher gab’s Arbeitslager für Family & Friends – und vorher beschmierte Türen („Kauft nicht bei Augmentierten“). Ja, so ist sie nun mal, diese Föderation. Eine Mischung aus Spanischer Inquisition und einer miesen Drittes-Reich-Metapher.
Ein Utopia für Unterdrücker, die zwar von den Blasemündern der Schleimerianer auf Celtris III schwärmen, bei drei umgedrehten Chromosomen aber bereits das Konzentrationslager mit Pferdemist auslegen – was mit Schaum vor dem Mund erstaunlich schwer fällt.

Una erzählt auch von eher komischen Stadttrennungen („Illyrian- und Nicht-Illyrianer-Städte.“), bei denen man sich ernsthaft fragt, ob das Wort „Illyrian“ nicht eigentlich für eine Alienrasse – oder bestimmte Menschenkolonien?! – stehen sollte. Aber klar, ist ja nicht das erste Mal, dass die neuen Trek-Autoren ihre eigenen Grundvokabeln nicht kapieren. („Wie, Schwerkraft ist gar kein neuartiger Scanner“?)

Und so zerfällt der Schluss in rührseligen Geschichte, bei denen man NICHT mehr überlegen muss, wer gut oder böse ist. Zumindest hatte ich bei „Vertreibung, Progrome und wüste Beschimpfungen“ duuurchaus eine kleine Idee, auf welche Seite uns die Produzenten schieben wollten. Ihr aaauch? – Ihr dürfte aber nur mitraten, wenn ihr Schmetterlingen nicht gerne die Flügel ausreißt.

„Sagen Sie, Una… Wenn Starfleet Sie damals mit dem Teppichklopfer verhauen hat, während die gellenden Schreie aus den Arbeitslagern drangen: Warum wollten Sie dann Teil davon werden?“ – „Och, ich fand die ansonsten alle recht offen und tolerant. Asianten, Schwarze und Itacker: Alle enstirnigen Untermenschen haben hier zusammen gearbeitet!“ – Kein Scherz: So ähnlich lautet wirklich ihre Begründung. Das nennt man als New-Trek-Fan natürlich nicht „Widerspruch“, sondern „spannende Graustufen“.

Besonders clever kommt sich die Episode am Ende vor, wo man einfach das Asylgesetz vorliest: „Verfolgt… Asyl… Diskretion des Captains. – Tja, Richterin. Fall gelöst! Una ist Asylantin!“

„Schluchz, oh nein! Sie hat recht! Mit den eigenen Waffen geschlagen! Wie konnten wir mehrere Jahre lang nur so blind sein?!“

Dass es ursprünglich um andere Sachverhalte ging (= Unas Verschweigen gegenüber ihrem Dienstherrn) und man beim Dystopie-Starfleet-Aufbauen garantiert daran GEDACHT hat, dass man Augmentierte nicht mit diesem anderen Gesetz davonkommen lässt, spielt hier plötzlich keine Rolle mehr.

Daher klingt die süßliche Musik beim Freispruch wie Hohn… Hier hat man die Logik, die Menschlichkeit und das Rechtssystem einfach so lange von Hinten genommen, bis oben klebriger Kitsch rauskam.

Fragt euch mal ernsthaft: Kann man SOLCH ein Unrechtsregime, das sich selbst solche Gaga-Gesetze verschreibt, so einfach verändern – und von Innen heraus verbessern?

Nie – im – Leben.


Fazit:

Man sollte sich von den etwas besseren Dialogzeilen nicht blenden lassen:

Was man hier abfeuert, ist so widersprüchlich, kurz gedacht und bei allen „Moral her, oder ich box dich“-Ansätzen so rassistisch, dass man sich ernsthaft fragt, was in Amerika Drehbuchschmieden schief läuft. Seit Jahren verkauft man uns ein Star Trek, das sich innerhalb eines Satzes gleichermaßen als weiterentwickelt und abgrundtief böse darstellt.

Mit dem Anstrich neutraler (Gerichts-)Verhandlungen setzt man uns hier ständig Gedankengebäude vor, bei denen der moralische Kompass nicht nur „normal“ verstellt ist. Nein, man hat bereits ZEHN Nadeln installiert, die in verschiedene Richtungen zeigen – während der Heimwerker Kurtzman von oben noch ein paar grob draufnagelt.

Was man hier eigentlich erzählen oder kritisieren möchte, bleibt im Dunkeln wie die komplette Kultur des Illyria-Dingsbums-Volkes.

Mal fühlen sich Augmentierte als Monster, mal als höhere Wesen, dann wieder sind sie schuldbewusst – oder eine stolze Subkultur?

Da helfen auch die guten schauspielerischen Leistungen (ja, ehrlich!) und gelungene Charaktermomente wenig: Inhaltlich ist das schwächer als ein AfD-Politiker beim Erklären des Klimawandels.

Wertung als oberflächliche Gerichtsfolge und Non-Star-Trek-SF:

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM

Wertung im Kontext von Star Trek als Gesamtkunstwerk:

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM
SPARKIS MICKRIGER MEINUNGSKASTEN
Lieber Schöfferhofer statt Schöffengericht!
Endlich mal wieder eine Laber-Episode! Und das meine ich so ganz unironisch, denn nach der vierten Raumschlacht gegen böse Föderationsschiffe als großes Finale in kürzester Zeit (siehe Discovery, Picard, Prodigy + das Star Trek Resurgence Videospiel) wirken die aktuellen Schreiberlinge in Sachen Action doch etwas erschöpft.

Daher vermisse ich auch nichts, wenn uns in Sachen Raumschiffe höchstens ein kurzer Vorbeiflug der Enterprise gezeigt wird. Dabei kommen ja höchstens wohlige Erinnerung an „Früher“(c) auf, als das Weltall noch in Ordnung war. Vor dem Kurtzperium.

Schade nur, dass die modifizierte DNA des Alex weiterhin durch die Korridore geistert, welche vorgibt, dass sämtliche Szenen eine Form von Drama enthalten müssen:

– Rückblenden-Una gegen die Nazi-Föderation.
– Una gegen eine komplett verdummte Sternenflotte, damit man am Ende auch eine schön-plumpe Ansprache halten kann
– Pike und die Staranwältin aus der Hollywood Klischee-Schublade („So selbstsicher! So abgebrüht! Die verklagt auch einen Limonadenstand, huui!“)
– Una und ihre Vergangenheit mit selbiger Anwältin (Wieder sehr klein, dieses Universum)
– Pike und der Anklage-Captain

Und das alles nur in den ersten zehn Minuten VOR dem Serien-Intro. Da muss sich Falcon Crest aber warm anziehen!

Einige Stellen fand ich aber nett. Die „Dann sterb ich halt in deinem Büro! Röchel!“ Überzeugungstaktik vom Pike. Oder Spocks zügelloser Bitch-Fight mit dem glatzigen Vulkanier. Ruhige Gespräche zwischen der Crew OHNE Drama. Oder auch, dass die Kulissen sich gelungener an einem TOS-Design versuchen.

Weniger nett dagegen die eigentliche Gerichtsverhandlung, welche man nicht einmal so nennen sollte. Eher „Informelle Runde, wo die Person mit der rührseeligsten Geschichte gewinnt“.

Denn so richtiges Anwaltsfeeling kam hier für mich nicht auf, weder inhaltlich oder sprachlich. Statt sich trocken auf Unas Vertuschung zu konzentrieren geht es sofort um die Verfolgung von Genmanipulierten und ihre traurige Schulzeit. War ja Absicht von Frau Star-Anwältin, aber als Klient würde mich das nicht freuen („Millionen tot! Gestorben in den Gasen des Todes! Durch rollende Maschinen der Vernichtung!“ – „Öh. Geht es noch um meinen Parkverstoss?!“). Immerhin hatte Una als Kind ganz großes Glück auf einer Föderationswelt zu landen, welche die Judenverfolgung anscheinend für eine grandiose Idee hielt. Im Ernst, in Sachen plumper Parallelen waren wir nur sooooo weit von den Judensternen entfernt…

Da hatten wir schon bessere Gerichtsstimmung, sei es Bashirs Dilemma oder das Klingonen-Schauspiel in der, selbstverständlich, besseren Vorlage „Das unentdeckte Land“.

Und es sagt schon etwas aus, wenn selbst ein grunziger Huckelstirn-Anwalt wie Ch’Pok im Prozess gegen Worf ein professionelleres Auftreten besitzt als seine stöckelschuhige „Sex in the City“-Kollegin („San Francisco. Der Vulkanier schnaubt. Das Haar sitzt. Drei Wetter Taft.“).

Klar, ein bisschen kann man das Los der genetisch Verfolgten mal erwähnen. Aber dadurch gleich den ganzen Fall gewinnen? Da kann ja jeder verfol— kommen! („Natürlich, Herr Schröder hat sein Land für schnöden Mammon verraten. Aber dafür wurde ihm auch sein BÜRO genommen! Seine Angestellten! Sein Dienstwagen?! Ich wage zu behaupten, dass es NIEMAND in der Geschichte der Menschheit SCHWERER hatte! Dies wurde ihm während seines Besuchs der russischen Botschaft neulich auch bestätigt!“ – „Schnief! Schnüff! Der arme Mann! Freispruch!“)

Bei Bashir damals hatte die Täuschung wenigstens greifbare Folgen in Form einer Gefängnisstrafe für seinen Vatta. Aber hier braucht es nur die kurtzisch-oberflächliche Tränendrüsen-Rede („Wir wurden von der utopischen Föderation behandelt wie TIERE! Kein Wunder, dass ich auch dabei sein wollte. Bin nämlich Tierfreund!“) und Una kann unter Beifall ihren Dienst aufnehmen. Wie geht es eigentlich weiter? Darf jetzt jeder Illyrier in die Sternenflotte? Wird die extra gebaute Apartheid-Stadt (!) auf dem Föderations-Nazi-Planeten wieder abgerissen? Und wer hat diese eigentlich durchgewunken? Der Glatzkopp-Vulkanier für die Bau-Lobby?!

Fazit: Es bleibt also auch in Staffel 2 alles beim Alten: Sobald man die Tränen der Rührung wegwischt und über die Story nachdenkt, fließen direkt Tränen der Verwirrung hinterher. Es fehlt hier einfach weiterhin dieses gewisse Etwas bei den Dialogen, welches bei Picard noch für ein zwanzig Meter hohes Ross der Überlegenheit sorgte („Die Fähigkeit zu Wählen gibt jedem von uns Stärke. Sie sorgt dafür, dass das Licht eines Einzelnen nicht in der Nacht erlischt!“ – „Okay, Captain. Toll. Aber wollen Sie jetzt Senf oder Ketchup auf der Wurst?!“ – „Äh, Senf. Aber extra gerecht, bitte.“).

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Artikel

von Klapowski am 23.06.23 in Star Trek: Strange New Worlds

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Kommentare (24)

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  1. Miles sagt:

    Klarer satirischer Vorteil für Sparkillers Review.

    Aber ich kann verstehen, dass es eine Qual sein muss, sich das Zeug noch anzusehen.

    Danke an Beide.

  2. Kazairl sagt:

    Ich bin grad verwirrt. Ist das jetzt eine Folge, die sich gegen Rassismus richtet oder eine, die eine rassistische Föderation propagiert?

  3. Newinger sagt:

    An sich hatte die Folge ihr „Herz“ am richtigen Platz.

    Hauptproblem ist, dass es um eine Militärgerichtsverhandlung geht, die sich offensichtlich sehr an den USA orientiert (fettes JAG-Logo und „Uniform Code of (Military) Justice“ inklusive). Es mag ja sein, dass es Starfleet-Captains erlaubt ist, Flüchtlingen Asyl zu gewähren, bis es zu einer Verhandlung darüber kommen kann.

    Ich halte es aber für etwas unglaubhaft, dass es zu einer Verhandlung über den Asyl-Status innerhalb der Militärgerichtsverhandlung kommt und dass dieser Asyl-Status eine Auswirkung auf den Verbleib innerhalb Starfleets hat.

    In der gezeigten Verhandlung dürfte es allein darum gehen, welche Regeln Una innerhalb des Militär-/Starfleet-Gesetzbuches gebrochen hat und ob sie dafür bestraft wird.

    Alles Weitere wäre vor einem zivilen Gericht zu verhandeln.

    Aber das ist halt wieder diese bei Star Trek nie konsequent durchgezogene Trennung zwischen Förderation (zivil) vs. Starfleet (Militär).

  4. VerwirrterTurnschuh sagt:

    Klapos Twist beim Dekonstruieren der Plotlinie (Happy End durch Änderung/Vergessen der Prämisse) hat mich emotional gepackt.

    Angesprochen hat mich selbstredend auch Sparkillers erneute TUC-Schwärmerei („selbstverständlich bessere Vorlage“). Der klingonische Schauprozess ist atmosphärisch schön gemacht, das stimmt. Man darf halt wieder nicht nachdenken (Sparkiller kümmert sich grad eher um die Stimmung, Klapo um die Kohärenz?).

    Dass die Klingonen streng nach US-amerikanischem Recht verhandeln, scheint, nein: ist kleingeistig und fantasielos („Einspruch, Euer Ehren! Fantasieloses Trek für fantasielose Trekkies!“).

    Hat Kirk die Rechtslage bestätigt, wonach er für die Handlungen seiner Untergebenen stets verantwortlich sei? Na dann…! Wozu dann der Aufwand mit dem Logbucheintrag (und kein „Videobeweis“ des Attentats)? Kirk wusste in diesem – oder im nächsten – Moment, dass Valeris mit den Klingonen kollaboriert (so heißt es später: „Sie können nichts beweisen.“ – „Doch, kann ich! Vom Logbucheintrag wussten nur Sie!“). Warum war dann der (dumme) Bluff nötig, der Spocks, der Kirks Leben hätte kosten können, um die Verräterin an Bord zu finden? Der noch dazu eben nichts beweist („Sie können nichts beweisen …“)?

    Gegen Rassismus sein aber Rassismus propagieren, das hatte TUC wohl auch besser, geschmeidiger gemacht. Klingonen sind durch den Film genau so aggressiv, dumm, ungustiös, versoffen, sadistisch, verschlagen und gemein, wie Kirk und „wir“ es immer wussten. Ausnahmen bestätigen die Regel: Gorkon, der aussieht wie ein guter Amerikaner (President Lincoln; Oberfläche sagt alles) und dessen Tochter. Der brave Verteidiger der Guten (weiße Opfer in der Arena der Wilden mit Speeren) bei der bösen Gerichtsverhandlung ist Worfs Ur-…-Großvater. Who else? Er trägt das Gut-Gen in sich. (Hätte eine umgekehrte Rollenverteilung bei Ankäger – Verteidiger spannender gefunden, übrigens. Wäre weniger primitiv und klischeehaft.)

    Rassismus und Eugenetik sind so selbstverständlich, keinen stört’s, jeder findet es ganz natürlich. Chapeau, so geht’s! Dabei habe ich die gelungene Folterpropaganda noch gar nicht erwähnt. Das nächste Mal, wenn SNW auch diese nachmacht und Sparkiller das tolle Vorbild lobt…

    PS: Humanismus. Auch so eine „Obsession“, die manche mit sich „rumschleppen“. Ich weiß, ich weiß…

    • Miles sagt:

      Nichts gegen (Deine) Obsessionen … wenns nur nicht so langweilig würde.

      Antworten
    • VerwirrterTurnschuh sagt:

      Langsam kennen jedenfalls alle Deine Obsession… Will nicht für die anderen sprechen, aber persönlich finde ich sie, sagen wir, „spannend“.

      Aufregende Frage (für mich; für dich nat. wieder sooo langweilig): Hat STVI bzw. „originales Star Trek“ einen besonders hohen oder besonders niedrigen Stellenwert für dich?

      Antworten
  5. Neuer Fan sagt:

    Ich finde es eher absurd, dass die zweite Staffel so tut, als wäre die Crew ganz dicke miteinander. Es gab allerdings kaum Folgen, die solche Charaktere und Freundschaften entstehen lassen konnten. Es wirkt immer noch wie ein Zwangs-Diversitykurs, nicht wie eine interagierende Crew, die wirklich Probleme löst, wo jeder mit seinen jeweiligen Stärken zur Geltung kommt und an den Aufgaben wächst – aber auch unerschütterliche Prinzipien hat, die den Charakter und die Arbeit unter der Organisation Sternenflotte oder Federation auszeichnen.

    Auch stört mich weiterhin der fehlende Respekt gegenüber Vulkaniern. Wie schnell Spock aus der Rolle fällt, das wäre Tuvok oder T’Pol nur in Ausnahmefällen passiert, wo das richtig hergeleitet wird. Besonders in der Voyager-Folge „Gravity“, wo Tuvok in Versuchung geführt wird, in die Muster seiner Kindheit zurückzufallen, aber dann aktiv daran arbeitet, das umzusetzen, was er gelernt hat. Spock scheint gar nicht an der Reife interessiert zu sein, ich sehe da viel zuviele Ausfälle. Ein so offensichtliches Zwinkern ist mir schon zu komödiantisch, es passt nicht. Hätte man früher viel subtiler gezeigt.

  6. Bergh60 sagt:

    tach auch !
    Bei aller Kritik an Details, hat mir die Folge doch gut gefallen.
    Der Asyl(anten) TZrick war nbatürlich an UNas Haaren herbeigezogen, aber sei es drum.
    Die Folge war gut. Kein Wem gehört Data, aber gut.

    BTW: Was zum Geier ist ein TUC? Ich kenne nur die Kräcker, die so heissen.

    Gruß BergH

  7. frank sagt:

    wo bleibt eigentlich die kritik zu 2.03?

  8. Bergh60 sagt:

    tach auch !

    @Sparki !
    Das Bild kommt nicht (?)

    @Frank
    Die Folge ist endgeil.
    Zeitreisen
    Multiversen
    Kirk
    Knisternde Erotik
    Ruthless Driving
    Glühendes Tritium
    Eine Guinan für Arme
    Khaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaannnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn
    Khan?
    Flutsch
    Zisch
    Wech
    Danksagung
    NDA (Non Disclosire Agreement)
    Tränen
    HerrenArmbanduhr
    Vorhang

    Gruß BergH

    • Daniel sagt:

      der Gul regiert?

      Antworten
    • frank sagt:

      > Knisternde Erotik

      das reicht mir schon… ich gugge! :)

      Antworten
    • Agentbauer sagt:

      Knisternde Erotik zwischen wem?
      Pikes Fönwelle und Spock?

      Antworten
    • Kazairl sagt:

      @Agentbauer: Bitte nicht, das bereitet mir Kopfschmerzen und Kopfbilder.

      Antworten
    • frank sagt:

      ist doch ohnehin alles egal…

      das ist doch kein star trek mehr, das ist ‚unterhaltung‘!!!

      :D

      ps: ich habe gerade die ’silo‘ trilogie fertig gelesen (deswegen auch meine abstinenz hier und das totale vergessen von ’new trek‘), und bin gespannt, was klapo und sparkiller so an kritiken schreiben werden… ich bin mir sicher, da kommt was… oder?

      Antworten
    • Grinch1969 sagt:

      Zumindest die erste Folge von Silo sah sehr gut aus. Im Gegensatz zu STD pures Platin und zu den ersten 10 Minuten jeder SNW Folge pures Gold. 3 Folgen SNW begonnen, 3 mal abgebrochen den Quatsch. Aber die Rezis hier verfolge ich weiter.

      Antworten
  9. BergH60 sagt:

    tach auch !

    Also ehrlich: Ich fand Folge 3 richtig gut. Und sie haben die TT Story richtig gut hinbekommen.

    Spoiler
    Und diese Folge hat mich dazu gebracht nachzuschauen warum ich Christina Chong so gut leiden kann. Wem es auch nicht aufgefallen ist schaut Doctor Who S6.E07)
    Nebenbei habve ich es im Orichinohhl geschaut. Da hat mir ihr Akzent und die Diktion noch besser gefallen. Das geht in der Synkro natürlich völlig unter.
    / Spoiler

    Gruß Bergh

  10. G.G.Hoffmann sagt:

    Nun, dass in Star Trek die Militärgerichtsbarkeit der Sternenflotte, die eigentlich nur über dienstrechtliche Konsequenzen entscheiden sollte (z.B. Disziplinarmaßnahmen, Entlassung aus dem Dienstverhältnis), munter mit strafrechtlichen (20 Jahre Kerker!) und verwaltungsrechtlichen (Asyl) Fragen vermengt wird und offenbar eine Allzuständigkeit dieser Gerichte besteht, ist in Star Trek nichts Neues. Ich will auch gar nicht ausschließen, dass sich diese aus europäischer Sicht seltsame Zuständigkeitskonzentration an den tatsächlichen us-amerikanischen Verhältnissen orientiert.

    Daran, dass in amerikanischen Serien und Filmen die Verfahren jeweils mit den erstinanzlichen Urteilen enden und keine Sau die nächste Instanz anruft, sondern alle glücklich in Tränen ausbrechen, sobald das Amtsgericht Hintertuttelbach seine juristisch fragwürdige Entscheidung verkündet hat, haben wir uns längst gewöhnt.

    Auch dass sich in der Sternenflotte mit ihren zehntausenden Angehörigen alle zu kennen scheinen und eine gemeinsame Vergangenheit an der Akademie oder anderen Raumschiffen hatten, ist seit 60 Jahren Normalzustand. „Zufällig“ kannten sich ja auch Picard und Phillipa Louvois in „Wem gehört Data?“, weil sie seinerzeit die Stargazer-Untersuchung juristisch geleitet hat. Und da sie die einzige Juristin weit und breit war, durfte sie auch die Verhandlung über Datas Schicksal leiten. Auch sie ließ sich von einer blumigen Rede Picards beeindrucken, erkannte kurzerhand Data das Recht zu, über sich selbst zu entscheiden und Madoxx akzeptierte die Entscheidung, ohne dies mit seinen Vorgesetzen abzuklären oder über die Einlegung von Rechtsmitteln nachzudenken.

    Als Captain Kirk sich in „Kirk unter Anklage“ einen Verteidiger suchen musste, wandte er sich zunächst an eine ehemalige Geliebte, die jedoch zufällig die Anklage vertrat… Auch Kirk verweigerte sich einem „Deal“ und musste sich daher einer Gerichtsverhandlung stellen, die natürlich mit seinem Freispruch endete. Sein Verteidiger in dieser Sache fand Bücher viel cooler als Pads, wie auch Unas Verteidigerin lieber mit einem dicken gedruckten Gesetzbuch umherlief und um Zugang zur „Gesetzesdatenbank“ bat (gibt’s im 23. Jahrhundert nicht mehr die Webseite „Gesetze im Internet“? Oder überhaupt Internet?). Abgesehen davon hätte jede „echte“ Richterin gesagt: „Ja, sehr schön, Frau Verteidigerin, aber offenbar haben Sie nur den Gesetzeswortlaut und nicht die Kommentarliteratur dazu gelesen. Dieser Asylquatsch ist hier aus folgenden Gründen gar nicht anwendbar, u.a. fehlt es an einer fristgerechten und schriftlichen Antragstellung. Außerdem kann man nicht von der staatlichen Organisation Asyl beanspruchen, von der man sich verfolgt glaubt. Verwaltungsrecht 5. Semester. Tschüssi.“

    Ich kenne kaum Gerichtsdramen, weder im deutschen noch im amerikanischen TV, die in juristischer Hinsicht irgendwie schlüssig wären. Da spielen immer nur Emotionen und ein irgendwie geartetes „Gerechtigkeitsgefühl“ eine Rolle. Mit Fachbegriffen wird völlig falsch um sich geworfen (Klägeranwältin heißt „Verteidigerin“, Klagen werden nicht abgewiesen, sondern die Verfahren „eingestellt“, kleine Kaufverträge werden von 5 Berufsrichtern und 20 Geschworenen verhandelt, Mordanklagen hingegen gerne von Einzelrichtern, Anklageverlesung dauert 20 Sekunden, Strafmaßantrag wird noch vor der Beweisaufnahme gestellt [„20 Jahre, uns doch egal, was die Beweisaufnahme ergibt“]).

    Insofern: alles wie immer, unterhaltsam, aber doof.

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