Star Trek Enterprise – 4.09 – „Kir-Shara“ Review
Von wegen moralische Überlegenheit: Die vulkanischen Regierenden sind so verlottert, dass sie sich sogar beim Geschlechtsverkehr von ihren Frauen „schmieren“ lassen. Da zetteln die doch einfach einen Krieg mit Shran an, dem immer wieder gern genutzten Gastdarsteller. Wie gut, dass an dem ja praktischerweise noch eine ganze Rasse dranhängt…
Na, wenn das keine Herausforderung für „Orbit ohne Zucker“ („So lang, so lang, so extra-ha lang!“) ist: Manny Cotos Führung beschert uns einen flotter „Dreier“ nach dem anderen. Nur leider hat man jedes mal das Gefühl, dass mindestens eine Folge der Mehrteiler nur dazu da ist, um den Zuschauer klar zu machen, dass er gerade Bildmaterial von historischer Bedeutung sieht. Also eine Art „Spartacus“ für Gummi-ohrenträger, aber mit mehr Sand im Getriebe.
Zum Glück entsprach dieser abschließende Teil eher dem Wagenrennen von „Ben Hur“ als der 90-minütigem Regelblutung in „Die Passion Christi“. Abschließend kann ich nur sagen, dass man den ersten und zweiten Teil erheblich hätte zusammenkürzen können, um die gesamte Story von lahmenden Ballast zu befreien. Zwei Folgen hätten wohl auch genügt. Denn doppelt (unter)hält besser. Siehe dazu auch meinen Kurzkommentar zur letzten Folge…
Dass die Vulkanier plötzlich in einen hanebüchenen Krieg mit den Andorianern ziehen wollen, weil sie sich nach dem Anfassen der Xindi-Waffe nicht gleich die Hände gewaschen habe, kam für mich ja relativ überraschend… Einfach in einen überflüssigen Krieg zu ziehen, der von einem einzigen Mann befohlen und von seinen Beratern nur stillschweigend abgenickt wird, das ist… ist… gar nicht mal so abwegig.
*George Bushs Blut auf grüne Lebensmittelfarbe hin untersuch*
Aber hätte man nicht diese Bedrohung eines anderen Volkes aus dem Hut gezaubert, wäre die actionreichste Sequenz wohl gewesen, wie Archer Suraks Katra mittels Luftschleusenfolter aus sich zu vertreiben versucht. Oder sich selber einen „Ghostbusters“-Geistsauger zwecks exorbitanten Exorzismus zwischen die Beine schiebt. Ein cleverer Schwachzug, die Blaublütigen mal wieder kurz aus der Versenkung zu holen. Ansonsten hätte man für einen griffige Raumschlacht wohl einen Bürgerkrieg unter den Vulkaniern anzetteln müssen, mit dem ich sogar fast ein wenig gerechnet hatte. Aber da hat mir meine Matheschwäche wohl wieder einen Streich gespielt.
Ich hatte nach dem zweiten Teil noch fest das Bild vor Augen, wie Archer samt Surak-Erinnerungen seine 98 Thesen an eine Eckhauswand auf Vulkan pinkelt. Und schon merken viele miesepetrige, schlecht gelaunte und aufbrausende Vulkanier, dass sie die falsche Geisteshaltung eingeschlagen hatten und nicht jeder launetechnisch einem Schulhausmeister entsprechen muss.
„Ich hatte anfangs wirklich Probleme damit, den Geist eines Toten in mir zu haben. Aber seit dem er mir von `der anderen Seite` erzählt hat, bin ich wirklich interessiert an ihm!“ – „Sie tragen das Katra eines Ossis? Mein Beileid…“ – Archer findet Gedankenverschmelzung echt Klasse. Er hat sich daher sogar fast vorgenommen, sich demnächst ein paar Gedanken zuzulegen…
Etwas reißerisch (vor allem im Bereich zwischen den Ohren) wirkte die Folter des vulkanischen Botschafters bei den Andorianern. Wie der arme Mann von einem Rappel in nächsten flüchtete, da kamen auch bei mir panische Erinnerungen an meinen ersten gezogenen Zahn wieder hoch. Oder halt an meinen ersten Friseurbesuch mit 15. Ich fühlte mich auch sofort ein wenig an die Folter beim Soong-Mehrteiler erinnert. Wer im Glasrohr sitzt, sollte nicht mit Speichel werfen. Und Hoshi-Maus am Ende des Xindi-Plots nicht zu vergessen. Da kräuselten sich den Schallwellen ja auch die Nackenhaare, als Mandelauge sich den Frust über chronische Unterbeschäftigung von der Seele schrie.
Wird das jetzt Standard bei Enterprise und nur eine unverbindliche Kreischempfehlung? Wo sind wir denn hier? Wusste gar nicht, dass die Bundeswehr in der Zukunft so weit verteilte Filialen unterhält?
Aber wenn ich ganz tief in mich hineinlausche und das Tropfgeräusch der Stalaktiten überhöre, so fand ich diese Sequenz eigentlich ganz passend. Vulkanier und Andorianer Auge um Auge, Shran um Shran im Machtkampf nahe der Umnachtung. Wird Shran einem vermeintlichen Erzfeind trauen oder werden die beiden Pinöckel am Migränemultiplikator den Strompreis in’s Unermessliche hochjagen? – Das sind Szenen, die einem im Nachhinein am längstem im Gehirn verbleiben, auch wenn diese Aussage auf Seiten des vulkanischen Botschafters nun durchaus die Frage provozieren könnte: „G-G-Gehirn? W-W-Was’n das’n?“
Archer hat sich im Verlauf dieser Folge auch ganz gut gemacht. Bis zur Halbzeit hatte ich ja noch Angst, er würde seinen Job als Nachtwächter in der Pappmachè-Lagerhalle von Paramount ein wenig zu ernst nehmen. So verbissen, wie er da mit seiner Fackel im Kreis lief und sich bedenklich nahe am Verpuffungsbrand den „Höhlewänden“ näherte. Und ob nun Codewörter oder nicht: Dass Archer und T`Pau mal gerade in eine Besprechung des vulkanischen Bundeskanzlers platzen, um ihn von seiner Hartz V-Reform abzubringen (Zusammenlegung von Sozialhilfe und Kriegsopfer-entschädigung), war wie immer in Star Trek etwas zu weit hergeholt.
„Keine Angst! Ich werde dieses skurrile außerirdische Tier an der Decke mit meiner Fackel in Schach halten!“ – „John, das ist nur ein Feuermelder!“ – Die Kulissen in ENT sind endlich wieder so richtig „grottig“ geworden. Was nicht bedeutet, dass sie wirklich nach Höhle aussehen…
Immerhin darf man gespannt sein, welche Erkenntnisse das glitzernde Artefakt den Vulkaniern bescheren wird. Ich hoffe doch sehr, dass der Verbot des vulkanischen Tobsuchtanfalls nicht nur im Kleingedruckten zu finden ist… Wir mussten uns schließlich bei ENT lange genug mit Vulkaniern herumärgern, die mehr Aggressionen zeigten als ein Klingone beim Blumenpflücken („Raaahrr! Dieses unwürdige Gewächs mach’ ich fertig!!“ *Raspel*).
Meine Grundstimmung nach der Folge war überraschend gut, nachdem ich während der letzten noch versucht hatte, den Marker der Bildlaufleiste per Telekinese nach rechts zu schieben… Dass die Power eines politischen Umbruchs in dieser Schlussepisode nicht so ganz rüber kommt, ist für mich ebenfalls zu verkraften… Schließlich habe ich auch von den kürzlichen Montagsdemonstrationen in good ol’ Germany nicht viel mitbekommen. Da habe ich gerade arbeitslose Prostituierte für Ein-Euro-Jobs gecastet.
Im TV-Geschäft kann man sich eben keine Volksaufstände, Großdemonstrationen, Lichterketten oder spontane Selbstverbrennungen leisten. Da muss dann eben meist der Hausmeister herhalten, der dem vulkanischen Premierminister zwischen zwei Pappkulissen zuraunt, dass 5 Millionen Vulkanier soeben aus Protest auf die Stufen vom Reichstag geschissen haben. Gut, in dieser Folge gibt es leider nicht mal das. Schade eigentlich.
So muss einem eben dann die Phantasie suggerieren, dass wir gerade etwas ganz Bedeutsames sehen. Auch wenn die Regierungsbeamten in jeder Szene im muckelig-überheizten Studio 5 hocken und in etwa so wie planetarische Staatsmänner wirken, wie Gerhard Schröder hinterm Postschalter. Aber bei Babylon 5 hat man schließlich die gesamte Inneneinrichtung einer Raumstation aus alten Bierdeckeln rekonstruiert und wir waren trotzdem positiv angetan…
„Gedankenverschmelzung und miese Laune gehören für unsere Sekte fest zusammen. Gedankenverschmelzung und superharmonische Beziehung übrigens auf keinen Fall.“ – Super süß und super hexy: T’Pau ist quasi die Uschi Glas der Vulkanier. Natürlich die Uschi der 60er…
Die Raumkampfszene am Ende habe ich allerdings nicht so ganz verstanden. Hatten denn sowohl die Vulkanier als auch die Andorianer nicht ein paar Schiffe mehr am Start oder hat ein Sonnensturm den Verstärkungsschiffen die Zufahrt verhagelt? Ich dachte, wir sprechen da von einem beginnenden Krieg? Als bekennender DS9-so-gut-wie-Fan (gut, sooo bekennend bin ich dann doch nicht) bin ich ja doch ein paar Schiffe mehr gewohnt. Da fielen ja allein für jede einzelne Kampfhandlung, ach was: für jedes läppische Kampftrinken schon so viele begeisterte Unterstützungstrupps aus dem Warp, dass sich der Himmel vom Weltall vor lauter Schiffen verdunkelte. Oder so.
Apropos „oder so“: Unter diese Kategorie fiel für mich auch T`Pau. Selbst für vulkanische Verhältnisse habe ich selten so eine langweilige Vulkanierin gesehen. Aber man muss wahrscheinlich wie sieben Tage Sandsturmwetter aus der Wäsche gucken, wenn man die Anführerin von einem Verein von logischen Humorwüsten ist, die selbst für lustige Gedankenverschmelzung in den Keller gehen. Nein, perfekt ist diese Folge ob dieser und anderer Mängel garantiert nicht. Aber sie hat diese sympathische Einstellung, einfach nur eine grundsoliden, stinknormalen, revolutionären Gesellschaftsumbruch präsentieren zu wollen.
Niemand will hier den digitalen Transparenzeffekt neu erfinden. Kein Mensch will hier mit pseudocoolen Ideen auftrumpfen, seien es Zombis im Weltraum, Nazis in der Zeitmaschine oder Shatner im Sauerstoffzelt (welches geschickt in die Story eingewoben wird). Nein, ich habe hier nicht das Gefühl, welches ich in Bermans Staffel 3 stets hatte: Nämlich dass jede neue Folge das Franchise auf Biegen und Blechen (siehe teure Effekte) wieder erfolgreich machen sollte. Dass jede neue Folge noch dunkler, noch bedrohlicher, noch eintöniger und abgehalfterter werden sollte, bis die Alt-Trekkis aus dem selben Mitleidsgefühl einschalten, mit dem man einem einarmigen Kind auf der Straße sein letztes Springseil zukommen lässt.
„Botschafter, ich hätte mir denken müssen, dass sie dieses Bild nach dem Anschlag auf ihre Leute verstören musste. Ich werde veranlassen, dass auf dem Hauptbildschirm nie wieder eine Dokumentation über Grünkohlzubereitung gezeigt wird!“ – Kluge Entscheidung. Denn wenn Vulkanier beispielsweise ihre FSK-Freigabe in PC-Spielen nach unten schrauben wollen, färben sie einfach das Blut in rot um.
Zugegeben, John Bakula schauspielert noch immer wie ein verwundetes Targ vor der Eiablage (mir fiel kein blöderer Vergleich ein. Aber der nächste wird wieder besser), T’Pol ist trotz aufgehobener Ehe und Trauer um die eigene Mutter noch immer mehr Büstenhalter denn Sympathieträger und Mayweather, Reed und Hoshi sind immer noch so langweilig, dass sie vermutlich demnächst auf Skispringen und Formel 1 umsatteln werden.
Aber so langsam gewöhne ich mich an sie. Dann sind sie eben untergetauchte Moderatoren einer Dauerwerbesendung oder meines neuen Favoriten: Die behämmerten Astro-Talker auf NBC (Leider nur über Kabel). Dann sind 50% der Besatzung eben öde und gleichzeitig nie zu sehen. Schnitt happens. Dafür wird in der 4. Staffel ständig Geschichte geschrieben, obwohl ich nur für Kunst und Technik gelernt habe, noch wegen der 3. Staffel…
Die Actionsequenzen sind ja auch solide. Sogar Oma’s altes TOS-Hackebeilchen tragen die Vulkanier in dieser Folge wieder auf. Auch wenn die Klinge verdächtig nach selbstgestrickt aussieht. Lustig auch, dass im größten Kampfgetümmel plötzlich ein glatt geschmirgelter Minitunnel im Felsen auftaucht, in dem man hübsch hinabrutschen kann. Tjaha, da beißen die Angreifer auf Granit, wenn nicht sogar auf Styropor! Hätte mir beim Zuschauen fast meine Badehose angezogen, in freudiger Erwartung auf das erfrischende Chlor-Nass auf der anderen Seite der Rutschbahn…
Und der Raumkampf war auch „nett“… – „Nett“ im Sinne von „höflich“. Nicht so überhebliche und coole Kameraeinstellungen wie in Staffel 3, keine Leichenpampe, die in Großeinstellung aus der getroffenen Schiffskantine quillt und keine bescheuerten Manöver aus dem Voyager-Fundus à la: „Hey, wenn wir uns mit Antiprotonen einreiben und nackt um eine Seife mit Quantenschaum herumtanzen, könnten wir damit deren Antrieb deaktivieren“…
Nein, die meisten Treffer erleben wir wie einstmals Picard hautnah auf der Brücke. Hat mich schon damals nicht gestört. Ich lasse mir lieber von dem hektischen Radiomoderator an der Steuerkonsole erläutern, dass der Feind auf 8 Uhr in den Scherenflug übergangen ist und uns im Omegatakt mit Phasentorpedos beschießt, als Berman mit dem Präsentierteller an meinem Wohnzimmertisch vorzufinden. – Die eigene Phantasie rult ja bekanntlich. Da bekommt der langweilige Alltag an SFX-Sequenzen endlich mal einen pädagogisch wertvollen Anstrich, wenn man sich alles selber zusammenreimen muss. Im Abspann der Sesamstraße basteln sich die Kids ja auch alles selber.
„Hmmm. Feindlicher Angriff auf 12 Uhr. Aber ich habe keine Ahnung, ob Sommerzeit oder Winterzeit…“ – Als echter Brite ist Reed so schnell durch nichts aus der Ruhe zu bringen. So lange seine Finger nach Fish & Ships duften, fühlt er sich im jedem Quadranten im Heimvorteil.
Fazit:
Sympathie-Trek mit allen Schwächen, die das Franchise mal so beliebt gemacht haben. Plus einer Extraportion Politik. Die hab’ ich als Kind schon gern gemocht.
*50% seines Kinderriegels als Einkommenssteuer an Herrn Eichel geb*
Ein paar kleinere Längen zwischen Wüstensand und Origami-Grotte nehme ich da doch gerne in kauf. Nur eines wünsche ich mir für die Zukunft dann doch: weniger Dreiteiler. Einen diktatorischen Kriegstreiber, lungernde Verschmelzungs-Hippies und Archer mit Lattenschuss kapiere ich auch locker in 90 Minuten. Wirklich.
Das Verhör des selben war für mich übrigens ein Highlight der Folge, wenn es darstellungstechnisch auch nicht wirklich an Kollege „Wiiiiieviele Liiiichtaaar?“ herankam.
Ansonsten hat mir diese Episode aber sehr gut gefallen, da man sich auch weiterhin der richtigen Mischung aus *bla* und *peng* nähert. Dank meiner indianischen Wegführer war mir das romulanische Ende zwar bereits bekannt, aber es fügt sich doch sehr schön in die spätere Picard/Spock-Story ein. Und laut Spoiler war das ja noch nicht alles… *alte NEMESIS-kleiderspende hochhalt*
Note: 2
YEAH, ich hab den 101 Eintrag ;)
ich den 102. ! Und das schöne ist, das kann man endlos fortsetzen!
seht Ihr? *duck*
Klapowski, wach endlich auf….
Ist Klapowski jetzt Kindergärtner oder was? Bin daraus nich schlau geworden, hehe.
Sei lieb zu denen, die aus Lego Enterprises basteln.