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Star Trek Enterprise – 1.17 – „Verschmelzung“ („Fusion“) Review



, Star Trek Enterprise – 1.17 – „Verschmelzung“ („Fusion“) Reviewvon Daniel Klapowski

Langsam fühle ich doch leichte Grollgefühle gegen die brandneue Serie aufsteigen… Ich hatte es ja schon häufiger subtil mit der Kettensäge angeschnitten:

Da freut man sich auf eine neue ST-Folge, lernt vorher die wichtigsten vulkanischen Vokabeln, bereitet sich geistig auf anspruchvollstes Grübel-TV vor und paukt notwendige Trek-Details für die futuristische Fahrprüfung…

Und was ist? – Der Fahrprüfer läßt einem im zweiten Gang 30 Meter durch das Parkhaus vom TÜV-Gebäude zuckeln. „Toll! Sie haben bestanden!“ heißt es plötzlich in dem Moment, als man denkt, daß es erst jetzt so richtig losgeht. Der kleine Plastikvulkanier am Rückspiegel schwingt noch diensteifrig hin und her, als der Prüfer einem die Pappe an die Herzklappe tackert und gelangweilt gähnend davonschleicht…

So fragt sich auch der Enterprise-Zuschauer zunehmend: „Das war`s schon? Wo war der Inhalt? Wo die Story? Wo die Überraschung? Schokolade? – Und kultige Frodo-Figürchen waren auch nicht drin versteckt!“

Aber was hatten wir denn nun hier?

z.B. eine saftige, zum Ende hin ungewollte Gedankenverschmelzung. Ist das neu? Wühlt das auf? – Nein: Bei Star Trek wurde schon seit Kirk telepathisch vergewaltigt (obwohl Jim`s Gebaren eher auf Selbstbefriedigung hinwies), daß den Grauen Zellen die Reizwäsche nur so im Hirnstrom umherflatterte! TNG-Kenner erinnern sich sicherlich gerne an die entsprechende(n) Troi-Folge(n)…

Und Vulkanier, die Gefühle zeigen, sind auch nicht mehr wirklich spannend: Umso mehr erinnern sie eben an menschliche Schauspieler mit Kaugummi am Ohr. – Außerdem wurden in der Vergangenheit durch allerlei Kunsttricks immer wieder mal Spitzohren gezeigt, die nicht mehr alle Tassen im Spüler hatten… Nur mussten da eben stets galaktische Anomalien (Riesenjoints u. a.), psychoaktive Grippeviren oder schlichtweg den Sieben-Jahres-Zyklus des Lusterwachens (Ehefrauen über 40 kennen das) herhalten.

OK: Diese Vulkanier meißelten sich selbst den Sprung in die Schüssel. Wirklich überraschend oder endspannend wird`s dadurch aber auch nicht… Meine Bissspuren im Finger- und Fußnägelbereich sind unverkennbar ausschließlich durch den „Endgame“-Genuß entstanden. Warum sonst sollte ich mir kleine Kuhfladen auf die Daumen beißen?

Streckenweise scheinen die sinnesfreudigen Emotionsakrobaten auch etwas schlicht gezeichnet zu sein. Warum werden Lebensfreude und Gefühle eigentlich immer über FDP definiert (Fressen, Dösen, Pimpern)? – Weil`s am einfachsten ist und sich zahlreiche Trekfans aufgebracht mit Baseballschlägern auf die Schenkel kloppen, wenn ein grauhaariger Obermufti Hühnchen futtert… Die einfachste Storyline der Welt: Man nehme etwas, was wir seit Jahren kennen und krempeln es komplett um.

Gut: Amüsant war es schon, als die Rasselbande sich aus der verzweifelten Suche nach Essbarem in den Stahlträgern verbiss. Und auch den Vulkanier mit Fettbacken kann ich nun endlich von meiner „Was ich schon immer mal sehen wollte“-Liste streichen. Aber richtig in die Tiefe ging das Ganze nicht…

Süß hingegen die Vorstellungen der Vulkanier über die Menschenkinder: Die wandelnden Lauschangriffe glauben doch tatsächlich, dass wir (und da nehmen sie die Leser von STuS bestimmt nicht aus) 6 Mahlzeiten am Tag verputzen und den halben Tag im Bett verbringen! – Eine Anschuldigung, mit der ein 110-Kilo-Grünblüter durchaus vorsichtig sein sollte…

Dieser erinnerte in seinem grünen Kinderpulli stark an den übergewichten Bekannten, den wohl jeder von uns hat: Einen fürchterlichen Nervbolzen, der die Kunst besitzt, Ohrenschmalz durch reine Schallwellenbearbeitung erosieren zu lassen… Wie in unserem privaten Bereich interessieren die Probleme des dauerfeuersympathischen Moppels eigentlich nicht die Bohne. Als wir erfahren, dass sein Papi stirbt, will man ihm für einen Moment in den Arm nehmen, um ihm zum am Horizont auftauchenden Beerdigungskuchen zu gratulieren. Hmm, lecker!

Langsam wird auch deutlich, was wir alle schon irgendwo gelesen haben: In den ersten Folgen der Serie wurden für Nebel- und Raucheffekte noch harte Dollars verbrannt. Doch seit Folge 16 hielten sich die Produzenten plötzlich sichtlich zurück und begnügten sich mit dem Euro… – Als die Enterprise in die galaktische Waschküche steuerte, ging wohl jeder davon aus, dass wieder mal ein Persönlichkeitskonflikt durch Action be(ige)legt werden sollte.

Wir sahen das ja seit TNG in jeder dritten Woche: Nach 40 Minuten erfolglos bekämpfter Spinnenphobie kam plötzlich ein 10 Kilometer Kreuzspinne aus dem interstellaren Gruselnebel. Oder zwei hoffnungslos zerstrittene Charaktere stecken nach der Schiffskollision mit einem unsichtbaren Kometen im ausgefallenen Fahrstuhl fest…

Auch, wenn ich mich über diese erzwungenen Actioneinlagen stets amüsiert habe, so muß ich doch zugeben, dass eine derartige Sequenz die Folge etwas kraftvoller gemacht hätte.

T`Pols Visionen und Träume reichen inhaltlich gerade mal, um den Aufwand (ja, alle 3 Mausklicks) für den Weichzeichnereffekt zu rechtfertigen: Eine Vulkanierin stapft durch ein versifftes Ghetto, in dem selbst die Gullideckel Gras rauchen. Während der Soundmixer drei Jazz-CD`s rückwärts laufen lässt, fragt sich auch der Zuschauer vor dem Bildschirm, ob er seine Fluchtstrategie ähnlich aufbauen sollte…

Dann sitzt T`Pol in einem Restaurant, um danach zu beweisen, dass selbst im ST-Zeitalter lustvolle Zungenmassagen nicht der Vergangenheit angehören müssen. – Das gibt immerhin 7 von 10 Punkten auf dem Treksex-Barometer!

Archers Rangelei zeigt dann noch kurz, dass vulkanische Emotionen den Tiger in dir wecken. Danach darf eine kurze T`Pol-Gesprächssequenz im trauten Nachbesprechungs-Sitzkreis nicht fehlen. – Neu! Jetzt auch mit Text zwischen den Gesprächspausen: „Yes.“ – „No.“ – „Good night!“

Na ja…

Überhaupt wäre der gesamte Plot spannender gewesen, wenn beispielsweise intolerante Vulkanier den Gefühlsgeiseln mit Käfighaltung, Reservateinweisung oder Umerziehungslager gedroht hätten. -Gut, etwas überspitzt formuliert, aber bei den Ohren sollte das erlaubt sein…

Faszinierend hingegen: Kaum kapern Grünblüter die Storyline, verwandelt sich die gesprochene Sprache von Eskimo-Slang in feinstes Schulbuchenglisch! Sehr nett! Mehr davon!

Fazit: Vulkanier mit Gefühlen und telepathische Machtergreifung sind die Voy-Shuttleabstürze für`s Gehirn: Trotz 100-facher Wiederho(h)lung gibt`s nur eine Fallrichtung: Bergab!

Note: 3 –

(dk)

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Artikel

von Klapowski am 01.01.03 in Star Trek: Enterprise

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