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„You are Wanted“ – 2.01 – Die Kritik, die dich jagt!

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Endlich geht es weiter mit der deutschen Ausnahmeserie von Matthias Schweighöfer! Und viele Ausnahmen gibt es hier! So kennen sich z.B. alle prima mit Überwachungstechnik aus, es sei denn, das Gegenteil ist gerade gefragt. Und der Held ist weiterhin nicht in der Lage, sich endlich mal an hilfreiche Institutionen (einen Kaninchenzüchterverein?) zu wenden. Aber ich verstehe das: Die Polizei hat ihn damals genervt, der BND tut es jetzt, die Kriminellen setzen ihn unter Drogen und die eigene Frau schwankt ständig zwischen „Schatz, wir schaffen das!“ und „Scherz, wir lassen es!“

Am Ende der ersten Staffel hatte Herr Franke schon einiges hinter sich: Gejagt von Hackern, Polizei und gesunden Entscheidungsprozessen kam er gerade so mit dem Leben davon. Einen ganz besonderen Laptop behielt er damals allerdings. Quasi als Lebensversicherung. Falls die zweite Staffel genehmigt wird.

Und die musste ja eigentlich kommen. Man kann ja schlecht in sein altes Leben zurückkehren, wenn jeder Mittelklasse-Antagonist mit Google-Zugang weiß, wo man wohnt…

„Wo ist der Laptop, Franke?“ – „Sie müssen nicht schreien! Die Soundabmischung ist 5,5% besser als in der ersten Staffel, Ehrenwort!“

Bei Bibi musste man wenigstens noch „Hex-Hex!“ sagen – Am Ende der ersten Staffel glotzte Hauptfigur Lukas noch von der Parkbank in den Himmel hinauf, weil das Internet Fischernetz-artig über ihm hing. Doch zu Beginn der zweiten Staffel ist er plötzlich in Gefangenschaft. Dort wird er 2 Minuten lang gefoltert („Wo ist das Story-Device?!“), befreit sich dann aus einem Van und robbt eine Minute auf der Straße rum… Uuund ist nach vier Screentime-Minuten wieder frei! Vorteil: Weniger Zeit für Atmosphäre und Stimmungsaufbau. DAS kann die Serie nämlich nicht.
Man bringe mir Petersilie für meine Ohren! – Die Dialoge sind auch diesmal wieder mit einem Kugelschreiber geschrieben worden, der verdächtig nach Axt aussieht. Egal, ob es um oberschlaue Kinder geht („Wir dürfen in der Schule nichts Süßes, Mami!“), Polizistinnen, die nach der ersten Staffel suspendiert wurden („Sie haben keine Ahnung, was Sie losgetreten haben!“) oder um einen lockeren Restaurantspruch zum Kennenlernen eines finsteren Typen („Ich hätte da mal eine Frage. Haben Sie ein Glas Wein für mich?“): Hier wird kein Klischee ausgelassen – und drei neue erfunden.

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„Papaaa, werden wir woanders ein neues Leben anfangen?“ – „Logo! Aber erst müssen uns die bösen Buben noch den Rest vom alten weghacken, verstehst du?“ – Eine schrecklich kitschige Familie: Obwohl alle vor der großen Flucht stehen, wird die Mama in 5 Minuten dringend aus dem Auto aussteigen wollen. Wegen eines Streits möchte sie zu Fuß gehen. Sooo weit kann bis nach Honolulu ja auch nicht sein, oder?

Mehr Psycho als logisch – Ist das eigentlich normal, dass man blutende Männer auf der Straße erst mal in die Psychiatrie steckt? Vermutlich ja. Aber nur, wenn beim Gynäkologen gerade kein Termin frei ist… Zum Glück findet die Frau des Helden ihn recht schnell wieder, darf einen ultrakurzen Blick auf eine geheime Arztnotiz werfen („Sagen Sie ihrem Mann nicht, dass wir zwei Meter neben ihm stehen!“) und fordert ihren gerade wachgewordenen(!) Mann sofort zum Gehen auf. Entweder bin ich zu blöd für derlei Szenen oder es gab spontan Wartungsarbeiten an unserer Matrix.
Finde den Fehler(haufen) – Was macht man, wenn die Bremsen an einem Auto nicht funktionieren? Warnblinkanlage, runterschalten, ausrollen lassen? Ganz falsch! Man rast mit vollem Karacho an Autos vorbei, die deutlich langsamer als man selbst sind, wechselt zehnmal die Spur und brettert dann auf der Gegenfahrbahn herum. Gut, sagen wir mal so: ANHALTEN kann man dadurch tatsächlich schnell. – Nur: Warum rasen die anderen Verkehrsteilnehmer DANACH noch wütend hupend vorbei? („Ey, du verunglücktes Arschloch! Pass gefälligst auf, wenn du verletzt auf der Straße rumparkst!“)

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„Tach, ich bin vom Bundesnachrichtendienst!“ – „Nein Danke, ich möchte keine Tageszeitung abonnieren.“ – „Sie verstehen mich falsch. Ihre Ping-Pong-Fahrt gegen diverse Häuserwände hat einige Aufmerksamkeit erregt, Herr Franke.“ – „Äh… Meine Bremse hatte nicht funktioniert.“ – „Meine auch nicht. Normalerweise bremst mich mein Manager vor Deppen-Rollen wie diesen hier.“

Geschichten, die das Leben niemals schreiben würde – Überhaupt macht nichts wirklich Sinn. Der BND hört über ein Handy, welches zufällig ein paar Meter weiter in der Nähe ist(!), das Gespräch der beiden Hauptfiguren ab („Wir müssen den verbotenen Laptop und das geheime Programm mal in ihrem Versteck besuchen!“), fragt sich dann aber erst mal in Ruhe, ob dieser Laptop bereits benutzt wurde, um Daten abzuzapfen („Das können wir nicht so einfach feststellen, Chef! Wäre mit Computerarbeit verbunden.“). Yes, welcome to the „German Digital Thriller“-Genre!
Problem-Entwürfe zum Proben – Abgesehen von den ärmlichen Dialogen verstehe ich auch inhaltlich nicht, was die Figuren stets zu mosern haben. Inmitten einer Flucht meint z.B. das Frauchen, ihrem Mann vorhalten zu müssen, dass der wieder sein Psycho-Medikament nimmt („Ich muss mich nicht rechtfertigen!“ – „Musst du nicht, aber ich will trotzdem alles wissen!“). Und die Deutsch-Amerikanische Agentenrunde hat außer seltsamen Schuldzuweisungen („Sie sind inkompetent!“ – „Aber doch nur, um Sie zu ärgern!“) wenig Konstruktives zu besprechen.

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„Ich hasse dich.“ – „Du musst mir glauben, ich habe wirklich versucht, zu bremsen.“ – „Ich kann das alles nicht mehr hören.“ – Witzig ohne Klapo: Die Dialoge benötigen meist gar keine ironische Nachbearbeitung mehr, sondern können 1:1 zitiert werden, so wie hier. Aber ich kann die Frau verstehen: Wer von Gangstern und Geheimdiensten gejagt wird, tut gut daran, dem Helden die Schuld für manipulierte Autobremsen zu geben. So wie damals, als Indiana Jones die Gründung der NSDAP vorgeworfen wurde.

Wie ein wunderschöner Schmetterling – Zwischendurch auch mal was Positives: Die Serie sieht immerhin gaaanz okay aus. Abgesehen von wenig innovativen Kamerafahrten, die die Gesichts-Hackbraten etwas zu begeistert einfangen, gibt es beim Rest nix zu bemängeln. Traumsequenzen wirken endlich so wie in Hollywood-Filmen vor 10 Jahren, das Licht geht in Ordnung und im Gegensatz zur Episode 1.01 wird deutlich weniger vernuschelt. – Okay, das klingt jetzt alles wie mein Sportlehrer damals („Daniel schaffte es stets, seine Sporthose unfallfrei anziehen.“), kommt aber von Herzen.
Viel Feind, viel Mär – Okay, der BND-Futzi mit der langsamen Aussprache und dem schwarzen Ledermantel hätte MIR auch Angst gemacht. Ich habe schließlich damals bei „Wer hat Angst vor’m schwarzen Mann“ aufgepasst. Aber dass der „Held“ den Ledrigen gleich verprügeln, bedrohen und einsperren musste, war ein zu lauter Hilferuf nach irgendeiner Dramaturgie. Und danach, bloß keine Hilfe zu bekommen und auf ewig weiter flüchten zu müssen. Ohne die halbwegs Guten an der eigenen Seite. Schweigi, bist du sicher, dass die Szene in der Psychiatrie nicht ans ENDE dieser Folge geschnitten gehört?

Fazit: Nichts gelernt, das aber immerhin viel. – Auch der Start zur zweiten Staffel wirkt wie von Drehbuchautoren zusammengemurkst, denen im „Writers Room“ die Sauerstoffzufuhr abgeklemmt wurde.

Jede Handlung ergibt sich nur aus der Dämlichkeit der Helden, dem ständig über- und untertriebenen Tun der Gegner (= Umbringen, Vollquatschen oder Festsetzen? Egal, Hauptsache immer laaange genug warten) und einer Grundstimmung, die stets so wirkt, als hätten die Macher vor fünf Jahren mal einen ähnlichen Film geschaut. Wenn auch ohne Ton. Und rückwärts abgespielt.

Sucht euren magischen Laptop daher mal alleine weiter, ja? Ich habe meinen ja zum Glück hier, um endlich Premium-Content zu empfangen (*Teletubbies anmach*).

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Artikel

von Klapowski am 18.05.18 in Serienkritik

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Kommentare (2)

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  1. Donald D. sagt:

    Ist denn das Sommerloch so tief, daß Du Dich schon mit deutschen Serien beschäftigen mußt? Reicht Dir denn die Tour de Force mit „Discovery“ nicht aus? Mach mal Pause von all dem Film- und TV-Schrott und rezensiere mal wieder etwas Gutes!

    P.S.: Der Solo-Solo-Film gehört allerdings auch nicht in die Rubrik „Gutes“.

  2. LaBu sagt:

    Es ist unverschämt mit zugeklebtem Mund nicht auf Fragen zu antworten, vor allem wenn man drei Mal gefragt wird. Logischerweise fängt man sich dann mal ne Kugel ein…
    Und ein Admiral, der „Kapitänsabzeichen“ auf der Schulter trägt, braucht natürlich aus Geheimhaltungsgründen auch nur „Lieutenant Commander“ Streifen am Ärmel. Uijuijui
    Ansonsten aber doch sehr Realitätsnah ;)

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