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Watson, der Surfer – oder: Intelligenz zum Suchen

, Watson, der Surfer – oder: Intelligenz zum Suchen

Künstliche Intelligenz sollte von deutschen Bedenkenträgern eigentlich verboten werden: Allein das Wort „Künstlich“ klingt nach Genmanipulation und Geschmacksverstärkern! Und es ist ja sicher noch gar nicht erforscht, was die langfristigen Folgen dieses Treibens sein können! Die Amerikaner haben da weniger Ängste und ließen Gestern einen Rechner zum Jeopardy-Finale gegen menschliche Meister antreten. Das Ergebnis war schon eindrucksvoll, wenn man selber noch mit dem Zwei-Finger-Suchsystem googelt…


Endlich: Die Menschen, die schon seit Jahren halbe Frageromane in Google eingeben („Was soll ich bei genau bei nässendem Hodenpilz machen?“), könnte in einigen Jahren endlich geholfen werden! Dank „Watson“. Der IBM-Computer mit der Lizenz zum richtigen Lesen ist natürlich nicht wirklich intelligenter als eine Exceltabelle mit Millionen „If“-Verknüpfungen. Ob es sich bei der „Europäischen Union“ um Staaten handelt und die richtige Quizantwort „Grenzen“ lautete, geht ihm wie Bender aus Futurama „am glänzenden Metallarsch vorbei“. Ebensogut könnte man „Europa“ wohl durch „Proktologen“ ersetzen und vorher im Netz streuen, dass diese von Pfefferkuchen begrenzt werden. Watson würde es nennen. Zwar googelt er selber auch nur, aber auch das will schließlich gelernt sein.

Somit mag Watson nicht cleverer als ein 3 Monate altes Baby sein, aber immerhin meinen Vater in punkto „Selbsthilfe-Mut“ schlagen.

Watson siegte mit über 77.000 Dollar, übertrumpfte seine menschlichen Gegner haushoch und braucht jetzt nur noch Brent Spiner als willige Hülle, um sich im fahrenden Bus irgendwo festhalten zu können…

Er ist schon ein großer Statistiker, das muss man neidvoll anerkennen. Auch bei schwurbeligen Fragesätzen („Opa Otto produzierte die Alben ‚Puller‘ und ‚Pöter‘, aaaber auch noch ein anderes!“) war der Antwort-Automat kaum aus dem nicht vorhandenen Konzept zu bringen. Völlig unpassende Antworten („Was ist Butter?“) gab es fast nie, stattdessen kloppte der Computerkopp aus drei näher in Betracht gezogenen Antworten meist die wahrscheinlichste heraus – und lag richtig. Auch wenn dem Datenknecht die Frage schriftlich zugeführt werden musste, da die Spracherkennung wohl doch noch zu mies ist. Da liegt einem das ganze Netz zu Füßen, aber man hat doofe Ohren, tztzzz. – Aber gut, auch Stephen Hawking spielt eher selten Volleyball.

Ergo: Computer entwickeln wohl erst dann ein eigenes Bewusstsein, wenn man ein Kleinkind an eine Platine anschließt. Aber durch Rechenpower und Internetzugang werden sie immerhin zu tollen Daten-Papageien, die sich millionenfach hingeschriebener Datenwelten bedienen und die wahrscheinlichsten Zusammenhänge einfach nachplappern. Und das fand selbst ich faszinierend, obwohl ich mich schon 1996 fragte, was so besonders an dem Sieg von „Deep Blue“ über den Schachweltmeister Garri Kasparow war.

Schließlich habe ich schon kein Schachspiel mehr gewonnen, als die gegnerischen Programme noch auf Disketten passten.

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von Klapowski am 17.02.11 in Neuigkeiten

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Kommentare (19)

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  1. wrath-of-math sagt:

    Kleine Korrektur: Wenn ich es richtig verstanden habe, besitzt Watson keinen Internetzugang. Er… äh… Es ist natürlich mit dem gesammten Wissen von Wikipedia, IMDb, etc. gefüttert worden, sucht aber während der Antwortensuche nicht aktiv im Netz. Läuft freilich am Ende quasi auf dasselbe hinaus.

    Interessant wäre ja, Watson statt Jeopardy mal einen Pisa-Test machen zu lassen. Textverständnis ist darin ja eines der wichtigen Kriterien. Ich kann mir die Aufregung hierzulande kaum ausmalen, wenn sich herausstellt, dass unsre lieben Kleinen dümmer sind als eine Software.

  2. Klapowski sagt:

    Stimmt, hast Recht. Kein Internet für Watson. Wobei es technisch sicherlich kein Problem wäre, das zu implementieren. Aber vermutlich wäre er danach verwirrt(er), wenn er auch nur einmal UNSERE Seite streift und die Filmfrage von Rick Berman handelt.

    „Was ist ein ArschlochHurensohnVollnulpePissnelkeIdiot…“

    Vielleicht hat man ihn auch nur deswegen nicht im Netz surfen lassen, um die Antwortgeschwindigkeit um etliche Millisekunden zu erhöhen.

  3. Tabularius sagt:

    nichts gegen die Entwickler aber das hat mit kuenstlicher Intelligenz wirklich rein gar nix zu tun aber einen Alltagseinsatz fuer Fragen die man Google schwer vermitteln kan vieleicht ganz nett koennte Google ja auf ihrer Seite einbauen.

    • DerBeimNamenNennt sagt:

      Doch, ist schon echte KI. Nur eben „schwache“ statt „starke“ KI.
      Selbst die vorgegebenen Antworten bei den meisten Suchmaschinen kann man als einfache Form der schwachen KI betrachten.

      Antworten
  4. ted_simple sagt:

    Eine gewisse KI hat er schon, allerdings eine sehr geringe, die noch weeeeit von der mwnschlichen entfernt ist. Ein IBM-Techniker hat das erklärt: Watson nimmt diverse Einschätzungen vor, und lernt dabei auch aus Erfahrung (Durchspielen von Tausenden Jeopardy-Matchen). So muss er einschätzen, welchem Wissensgebiet die Frage zuzuordnen ist, etc., und dermaßen bauen eine Reihe von Heuristiken (wie bei einem Virenscanner) aufeinander auf. Das ist schon eine „Intelligenz“-Leistung, da wir Menschen ähnlich verfahren, also unsere Antwort aus der Beobachtung der Fragemuster bei vorigen Jeopardy-Matches, aus dem Einschätzen des zugrundliegenden Wissengebietes usw. ziehen.

    Kleiner Wermutstropfen für mich: Ich war enttäuscht von der Unfairness des Wettkampfs. Ich behaupte nicht, die Regeln von Jeopardy zu verstehen, aber bei den meisten Fragen scheint es mir so, dass sie an alle Kandidaten gerichtet sind, und derjenige, der zuerst nach dem Verlesen der Frage – vermutlich ist der Startzeitpunkt durch einen Beep oder ein Licht signalisiert – den Buzzer betätigt, darf antworten.

    Also ein Schnelligkeitswettbewerb gegen einen Computer. Das ist ein Witz. Der kann natürlich in Nanosekunden den „Buzzer“ betätigen. D.h. zumindest bei den einfachen Fragen, deren Antwort mehrere Kandidaten schon während dem Verlesen der Frage wussten, kam der Computer dann immer zuerst zum Zug. Für das Mensch-Maschine-Match die Regeln etwa so modifizieren müssen: Alle, die den Buzzer innerhalb der ersten Sekunde betätigen, dürfen ihre Antwort abgeben.

  5. FF sagt:

    Zumal hier auch das meiste von Faktenwissen abhängt. Und ein Computer hat nunmal das perfekte Gedächtnis für alles was man ihm eingibt. Dazu braucht ein Mensch im Vergleich noch ewig dasselbe Wissen einmal anzulesen oder sich sonstwie anzueignen.

    Also überwiegend Speicherpower, etwas intelligent dabei ist nur der Abfragealgorithmus.

    • DerBeimNamenNennt sagt:

      Ob das menschliche Gedächtnis tatsächlich schlechter ist als der Speicher eines Computers würde ich nicht sagen.
      Erstens gibt es Personen mit enormer Inselbegabung, die sich wirklich extrem viele Dinge merken können.
      Zweitens wird die Information beim Menschen ganz anders aufgenommen als beim Computer. Der Computer nimmt tatsächlich „nur“ den Text auf, während der Mensch auch noch bemerkt, wie sich das Buch anfühlt, in dem es stand. Oder welche kleinen Unebenheiten es auf den Seiten des Buches gibt. Da ist eine gewisse Selektion nach dem, was wirklich wichtig ist, natürlich von vornherein angemessen.

      Ich würde also nicht sagen, dass von „schlechter“ keine Rede sein kann, nur von „anders“.

      Antworten
  6. G.G.Hoffmann sagt:

    „Watson“ ist nicht intelligenter als irgendwelche computergesteuerten Gegner in Ballerspielen, die „wissen“, hinter welcher Hauswand ich mich gerade verberge. Ein überdimensionierter Schachcomputer. Das einzige, was mich an „Watson“ beeindruckt ist, daß er das Englisch des Moderators perfekt zu verstehen scheint, ohne blöd nachzufragen („Bitte wiederholen! Meinten Sie vielleicht ‚Arschmade‘?“) und ebenso stotterfrei antwortet.

    Die KI-Forschung verfolgt aus meiner Sicht von jeher einen völlig falschen Ansatz. Man pflanzt Computern komplexes fertiges Wissen ein und erzeugt die Illusion, die Maschine denke selbst. Statt dessen sollte man sich doch wohl eher fragen, was befähigt z.B. eine Hausmaus (Tragzeit: 20-23 Tage), sich sofort nach der Geburt an die Milchdrüsen der Mutter zu hängen und wenige Tage später bereits das komplette Paket des Wissens einer Maus zu beherrschen: wo gibt es Futter, wie schält man eine Ähre, wie gräbt man einen Gang, wie trickst man eine Mausefalle aus?

    Was ist überhaupt „Lernen“ und was befähigt selbst primitivste Lebewesen, aus neuen Situationen Schlüsse zu ziehen und ihr Verhalten anzupassen, während Computer nur doof rumstehen und von sich aus nichts Neues raffen? Die wesentlichen Antriebsfedern jedes Lebenwesens sind Hunger und Neugier. Darauf bauen alle Verhaltensweisen auf. Solange man Computern diese Grundbedürfnisse nicht einzupflanzen vermag, sie nicht „motivieren“ kann, von sich aus tätig zu werden, allein zu dem Zweck, erst einmal das eigene Überleben zu sichern, ist die KI nicht erfunden. Solange meinem PC völlig gleichgültig ist, ob ich ihm den Saft abdrehe, hat er weniger Verstand als eine Stubenfliege.

    • inceptor sagt:

      Dein Rant in allen Ehren, aber jeder, der sich mit Computern einigermaßen auskennt, sollte doch wissen, dass echte künstliche Intelligenz vermutlich nie wirklich machbar sein wird – auch wenn sie gerade versuchen (?) einen Computer wie ein neuronales Netz aufzubauen.

      Computer sind in erster Regel Maschinen, die mit einer endlosen Folge von „Strom fließt“ und „Strom fließt nicht“ (mathematische) Operationen durchführen. Ein Computer unterscheidet sich von einer Ratte oder auch einem Bakterium schlicht auch dadurch, dass er von Menschen entworfen, gebaut und eingerichtet wurde. Bei einer Ratte brauchst du kein Programm zu installieren, dass der CPU sagt, was sie denn jetzt bitteschön machen soll. Ein Computer kann sich auch nicht selbst verändern oder anpassen, wie es das Gehirn macht. Bei einer CPU sind die elektronischen Schaltkreise fest vorgegeben – und das aus gutem Grund, denn sonst funzt gar nichts mehr.

      Oder mal so formuliert: wie willst du einem Computer das Prinzip „Lernen“ in Form eines Computerprogramms oder Algorithmus bitte beibringen? Und noch viel wichtiger: das „Verstehen“? Überleg dir das mal mit einer Programmiersprache wie C# und nur einem zu lernenden und zu verstehenden Begriff wie z.B. „Blume“. Wenn du das hinbekommst, dann hast du nicht nur den Nobelpreis in der Tasche, sondern auch Skynet erfunden.

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    • G.G.Hoffmann sagt:

      Meine Rede. Solange man die Grundbegriffe des Überlebens und Lernens weder versteht noch in eine Maschine übertragen kann, ist man von KI soweit entfernt wie ein Gänseblümchen vom Fahrradfahren. Bevor man sich daran macht, labernde Watsons zu erschaffen, sollte man sich vielleicht damit bescheiden, zunächst einmal das Innenleben eines Pantoffeltierchens zu ergründen und dieses künstlich nachzubauen. In dessen Kopp ist auch nicht viel mehr los als „Strom fließt“ und „Strom fließt nicht“. Kann aber trotzdem fressen, sich vermehren und Fersengeld geben, wenn’s ungemütlich wird. Nicht, daß ich mir ähnliches von meinem Taschenrechner wünsche. Aber peinlich ist es doch irgendwie schon, daß Mutter Natur einem Einzeller mehr Fähigkeiten auf dem Weg geben kann als der Mensch einem Supercomputer.

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    • der_paebstliche sagt:

      Um die Frage, danach, was die Maus befähigt gleich nach der Geburt zu Wissen wie sie Essen muss, zu beantworten: „Das BIOS“

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  7. ted_simple sagt:

    Gert Günther Hoffmann spielt Ballerspiele mit Hauswänden? Mir ist gar nicht bekannt, dass es die Anno 1970 bereits gab. Oder handelt es sich um eines dieser urtümlichen Rollenspiele mit Texteingabe („Look behind wall. Kill enemy there.“), bei denen man sich das Geschehen noch selbst ausmalen musste?

    Die KI von derzeitigen Computern halte ich für durchaus vorhanden, wenn auch sehr niedrig, dennoch über dem Niveau von primitivsten (mikroskopischen) Lebewesen.

  8. ted_simple sagt:

    Off-topic — Wir kommen übrigens früher als gedacht stadtbildtechnisch im Jahr 3000 an (die Transportröhren erinnern mich an Futurama):

    http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,721263,00.html

  9. Will Smith sagt:

    Möchte nur kurz darauf hinweisen:

    http://blastr.com/2011/02/why-star-trek-nemesis-alm.php

    Star Trek: Nemesis wäre fast mit einer anderen Crew gedreht worden. Für mich war die Info neu, für euch vielleicht auch.

    • FF sagt:

      Viel interessanter fand ich daran, dass es anscheinend schon konkrete Pläne für eine Fortsetzung mit der TNG-Crew gab. Weiß jemand ob dazu schon konkretere Informationen/ Drehbuchentwürfe geleakt sind?

      Antworten
    • Flyan sagt:

      Ein Glück, dass es nie dazu gekommen ist… Nemesis war für mich schon extrem enttäuschend (nicht weil es ein schlechter Film war, sondern weil es ein schlechter TNG-Film war!), einen weiteren hätte ich nicht verkraftet. Dann lieber die lieblose Abrams-Verwurstung, zu der man sowieso keinen sentimentalen Bezug hat.

      Antworten
  10. Ronald D. Moorhuhn sagt:

    Immer dieses Rick Berman Bashing! Ich behaupte: Ohne seinen Enfluss auf Ronald D.Moore gäbe es heute kein Battlestar Galactica! Der Mann verdient mehr Anerkennung!

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