Film- und Serienkritiken

Der Latinum-Standard des Star Trek Universums

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Gott und die Welt… der Glotze

Gott liebt mich. Und ich liebe Fernsehprediger. Für beides braucht man keinen Grund. – Bei den Predigern liebe ich vor allem die ganz modernen. Diese moralischen Anekdotenerzähler, die wegen anhaltender Hyperaktivität einst aus der Esoterikgruppe „Schwebefix“ geworfen wurden. Die für das Fernsehen in Kirchen abhängen, die irgendwie nach Schiffswerft aussehen. Für Raumschiffe, versteht sich. – So durfte ich kürzlich erst wieder am Samstagmorgen einen Einblick in den modernen Kirchenbau bekommen: Schneeweiße Wände, die gefühlte 100 Meter in den Himmel ragen und den Turmbau zu Babel zu einer besseren Kurzgeschichte unter Sandburgenbauern degradieren. Davor eine Kanzel wie ein mutiertes Glasfaserkabel: Durchsichtig, kristallig, die pure Kommunikation mit den bekannten Mensch-Huhn-Mutationen auf Flauschewolken vortäuschend. Eine Trittleiter für Engel. Aber auch eine Art gläserner Wohnzimmeralptraum, der im Big-Brother-Haus als hypermoderner 1-Meter-50-Aschenbecher eingesetzt werden würde.

Links und rechts erheben sich 80 Meter hohe Orgelpfeifen, obwohl die eiskalte Atmosphäre des „Raumes“ (dessen Innenraum aber eine eigene Sparte bei der Wettervorhersage rechtfertigen würde) selbst für MP3s schon zu spacig aussieht.

Am besten ist aber der Pfarrer: Ein flippiger End-40er, der dynamisch auf der Bühne rumkurvt und seinen besseren Schneewittchensarg aus Fensterglas nur als grobe Moderationsflächenvorgabe gebraucht. Mit den Armen hackt er dynamisch in der Luft herum, als wolle er einen Meter Stücksalami für seine 7 Kinder in kleine Scheiben hacken. Noch dynamischer wirft der quirlige Glaubensdynamo plötzlich ein keckes „Jeeedaaaa hat Sorgen im Alltaaaag!“ in die Gebetsmühle. Sofort spüre ich – neben den geöffneten Poren meiner Schläfen – dass hier endlich mal ein Mann ist, der mich versteht. Der sich nicht in bloße Floskeln stürzt, die sich auch für einen Kirmeswahrsager eignen würden, wenn man sie nur entsprechend umformulierte: Aus „Jeeeeedaaaaa hat Probleme mit seiner Familieeee“ beispielsweise in „SIE haben Probleme mit der Familieeeee!“

Auch der Dialekt ist bemerkenswert. Ihn nicht zu bemerken würde allerdings auch von der katholischen Kirche ohne Papierkrieg als offizielles Wunder anerkannt werden. O-Ton Gebetsgnom:

„Du kannscht Deine Sorgen nisch wegschperre!“

(Hm. Warum eigentlich nicht? Scheiße. Rhetoriksackgasse.)

„Nun, Du kannscht es schon. Abba: SIE KOMME WIEDAAAA!“

Brrr. Unangenehme Vorstellung. Vor allem, da wiederkehrende Sorgen qualitativ nie an den Erfolg des Vorgängers anknüpfen können, wie wir es schon vom Hollywoodschen Fortsetzungswahn her wissen. – Doch noch immer habe ich das Gefühl, als wäre mir das Prinzip von Sorg&Leid nicht eindrücklich genug erklärt worden. Woher soll man als normaler Westdeutscher auch von so etwas wissen wie So… Sor…. Sorgen, oder wie das heißt? Zum Glück erläutert Evangelen-Ede die ganze Sache noch inbrünstiger:

„Du kannscht sie nisch staaaaaapeln, Deine Sorgeeeeen!“

Dabei hampelt der Stirnglatzenträger zwei Schritte auf das Publikum zu. Seine nur mühsam in’s Baumeln versetzte Krawatte wirkt an dem bebenden Kerlchen wie ein Fremdkörper mit Narcolepsie-Erkrankung.

„Raaaaah! Sie sin’ überall! Die Sorgen, sie koooommen disch hooooolen! Gaaaaah!“

Liebe Kinder: Die nachfolgende Sendung für die etwas cooleren 6-Jährigen verschiebt sich leider um 2 Gehirnwäschen.

„Hampel! Hampel! Tob! Religion-modern-vermittel! Tob! Auf-und-ab-geh! Und nur zur Sicherheit noch mal: HAMPEL!“

Da fragte man sich wirklich, was die Leute vor Jahren gegen diese Motiviationsseminare für Manager und Manager-Azubis hatten. Damals wurde wenigstens noch für einen guten Zweck getobt: Um den Verkauf von Tupperware mit integriertem Klettverschluss zu erlernen beispielsweise. – Doch schon naht auch hier der große Höhepunkt, die Lösung aller Probleme, seien sie auch noch so groß, klein oder durch Gehirnwäsche nachträglich verankert:

„Aaaaaaber: Jesuuuus kann Dir helfe’! Alle Sorgen wech! Futsch! Wusch! Wo sin’ sie denn, die Sorgen? Hallo, Sorgen…?!“

Schnitt auf das Publikum: Eine ältere Dame im Publikum reckt die Hände in den Himmel, grinst wie Angela Merkel, wenn man sie auf den Kopf gedreht hat und sieht im Alpinaweiß der kahlen Decke tatsächlich die Antwort auf alle ihre Fragen… Vielleicht auch auf die, warum Hitlers sagenumwobene Rhetorik heute noch immer so klasse funktioniert.

Wie gesagt: Samstag-Morgen, Öffentlich-Rechtlich. Schalten auch sie wieder ein, wenn andere mental abschalten. – Kann ich die GEZ-Gebühren eigentlich mit der Kirchensteuer verrechnen??

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Artikel

von Klapowski am 01.03.07 in All-Gemeines

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