Film- und Serienkritiken

Der Latinum-Standard des Star Trek Universums

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„Babylon 5: The Road Home“ – Das Review zum Animieren der Fans

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„Babylon 5“ habe ich geliebt. Die Serie nahm mich Anfang der 2000er zärtlich in den Arm (ich war Spätzünder), als „Star Trek“ mich langsam nicht mehr anmachte und „Stargate“ irgendwie viel zu sehr („Hey, die haben Maschinengewehre?! Geil!“). Ja, B5 vermittelte mir humanistische und zugleich bescheidene Wertvorstellungen, ohne zu überfordern. – Und nun ist DIESER Film plötzlich da. Nach etlichen Spin-Offs und Neuauflagen, die bereits immer weniger Leute interessierten. Kommt noch einmal der alte Zauber hoch? Oder ist der neue Zauder weiterhin allgegenwärtig?


Inhalt: Bei der Einweihung einer neuen Energieanlage (Tachyonen zu Windkraft – oder so ähnlich), britzelt es gewittrig um John Sheridan. Und danach reist er alle paar Minuten durch Zeit & Raum. Manche dieser Szenen spielen dann – die aktuelle Marvel-Mode ist unerbittlich – in alternativen Universen.

Besprechung:

Ja, der Einstieg fiel mir – trotz sympathischer Suche nach Sheridans Glückssocken – recht schwer…

Warum sollte ich jetzt eine weitere Episode einer Serie verfolgen wollen, die gefühlt dreimal beendet wurde? Und die danach mit sieben Zeitsprüngen, Sichtwechseln und Rückblicken ERNEUT abgeschlossen wurde („Hey, Gnupf, der Neanderthaler! Weißt du noch? In der Zukunft? Wenn das zehnte Zeitalter der Menschheit beendet gewesen sein wird?“).
Und deren Hauptdarsteller leider „alle“ verstorben sind und nur deswegen neu ausgegraben werden, weil Boba Fett und Darth Vader ebenfalls eine Allergie gegen erdiges Friedhofs-Chillen haben?

Anders gesagt: Muss denn wirklich ALLES alle paar Jahre wieder neu gebootet werden? Ist „Alter Kult“ wirklich die beste Marketingerfindung seit der Erfindung von „Neue Ideen sind auch nicht übel“?

Die kurze Antwort lautet: JAPP, kann man mal probieren! Nicht wegen der Story, die hier erzählt wird, sondern WIE sie erzählt wird.
Eine Story, die es sich traut, leeeicht kitschig zu sein (= Sheridan schmachtet Dilenn an, aber dann ist’s auch wieder gut) und tatsächlich mit langsamen Atmosphären-Shots daherkommt. Zumindest zwischen den Action-Sequenzen.

Hier hat man nicht das Gefühl, dass eine Realserie wie ein Comic wirken muss, um spannend zu wirken – sondern eher umgekehrt.

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„Mister President! Danke für Ihren Besuch. Wir haben das rituelle Festmahl bereits bereitet. Nämlich zwei Salzstreuer, aus denen nur ein Korn pro Stunde rieselt. Guten Appetit.“ – Dalai Lama, The Blue-Schädelplatten-Edition: Die starren Minbari sind sich treu geblieben. Nicht so wie dieses kriegerische, aufbrausende Volk aus Star Trek, diese komischen … Spockanier?

Wobei die Story so wirkt wie das B5-Franchise in seiner Spätphase: Sheridan saust haltlos durch Zeit & Raum, wünscht sich sehnlichst einen „Time Stabilizer“ (wer von uns Altfans nicht?) und präsentiert uns wohlmeinende Best-Ofs zu Szenen, die es vorher noch nie gegeben hat.

Das ist einerseits nett gemacht (Papa im Maisfeld; Zathras beim Ernten falscher Grammatik), aber andererseits schwieriger als ein Zeitsprung in einen beliebigen Montagmorgen, 10 Sekunden nach dem Weckerbimmeln.

Denn wenn ihr nur zehn Sekunden überlegen musstet, was eigentlich mit Garibaldi, der Erdregierung oder Zathras am Ende von B5 geschehen ist, wird’s schon deutlich schwieriger mit dem Reinfinden in IRGENDEIN Zeitalter der Menschheit.

Einerseits fühlt sich das hier wie ein abmilderndes Franchise-Reboot an (wozu das Anteasern neuer Realitäten gehört), andererseits wie eine Serie für klammernde TV-Großväter, die ohne G’Kar-Bettwäsche bis heute in keine Pflegeheim-Kantine gehen.

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„Es geht doch nichts über sanft duftende Heimaterde, Papa!“ – „Natürlich, mein Sohn. Und jetzt hör auf, die Gülle vom Feld zu klauen, ja?“ – Der Duft der Frauen Franchise: Der Zeichenstil gefällt mir größtenteils sehr gut. Wie nennt man den eigentlich? „Unreal Engine-Buntstift-Filter“?

Spätestens beim Ausflug zum Planeten Z’ha’dum, wo erstmals die Schatten geweckt wurden, wünschte ich mir etwas mehr Fleisch am veganen Retro-Knochen. Das Auftauchen der Wesen wird recht rasch abgehandelt – und spätestens hier hätte ein verantwortungsbewusster Zeitreisender nicht panisch „Geht wäääähhg! Zeter, Verderben, Mordio!“ gerufen. Oder WOLLTE er wirklich die Zeitlinie mit dem ganz großen Kärcher wegbürsten?

Mal ganz abgesehen davon, dass die düsteren Aliens irgendwie jetzt weniger düster und alienhaft aussehen? Als in einer schlecht animierten 90er-Serie, wohlgemerkt.
Äh, die andere 90er-Serie…

Bei den großen Schiffen sieht es allerdings wieder deutlich besser aus. Da war ich allerdings eeetwas abgelenkt von Vergangenheits-Sinclair, der der mir fast zu cool und männlich wirkte. Noch ein breiteres Kinn + ein Cape drunter, schon haben wir den neuen Superman?
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„Wir werden angegriffen, Ivanova!“ – „Ich entziehe den Schüssen sofort die Andockerlaubnis, Commander!“ – „Nicht nötig, Testosteronschild wird bereits ausgefahren.“

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Schuss und Gegenschuss: Warum wirkt eigentlich jeder (anders) animierte Raumkampf epischer als derzeit bei „Strange New Worlds“? Sollte es etwa doch an … zu wenig Liebe liegen?
(Emo-Altmeister Spock kann halt auch nicht überall sein?)

Schade ist bei allen grafischen Pluspunkten auch, dass die eigentlichen Stärken – Politik und gute Dialoge! – hier überhaupt nicht zum Tragen kommen. Da Sheridan immer dann zu einem anderen Zeitrahmen wechselt, wenn es knifflig wird, mag man sich emotional (und monetär, Warner Brothers, MONETÄR!) nicht arg investieren.
Zumal der „Jetzt wird die bekannte Welt laaangsam ein Alternativuniversum“-Standard-Muff aus den Kajüten stinkfauler Drehbuchautoren echt nicht mehr in meine Furzmulde gehört.

Franchiseverjüngung gut und schön, aber wenn das alles erneut auf „Kennste den, kennste die?!“ basiert und die Dialoge auf dem schnellen Überzeugen der zeitbereisten Fraktionen basiert, wird’s anstrengend.

(„Keine Zeit für Erklärungen, vertrauen Sie mir einfach. Dann bleibe ich 2 Sekunden länger nach Ihrem Tode – für ein Gebet!“)

Auch die Texte werden manchmal lahm: Der Computer fragt z.B. bei der Selbstzerstörung ernsthaft(?), ob man nicht nur einen „schlechten Tag“ habe. Eben die typischen KI-Gespräche aus Babylon 5.
Von Damals, als ich den Schriftzug „Babylon 5“ auf meine „LEXX“-DVDs geschrieben hatte…

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„Zathras nur auf euch gewartet! Kult-Charakter er inzwischen ist. Außerdem Zathras in Wartezimmer zu viel Zeit mit Meister Yoda verbracht hat.“ – Fachkräftemangel jetzt auch bei Zeitreise-Experten: So wirklich packend fand ich das Wiedersehen nicht. Vielleicht war die gezeigte humorige Diskussion über die richtige Aussprache von „Zaaathras“ auch nicht laaang genug…?

Und die Telepatin findet im Feuergefecht, dass sie total in der Stimmung sei, „Dinge in die Luft zu jagen“. Nicht sehr passend zu ihrem Charakter, der eher auf Gefüüühlen und deren Deutung basierte?
Dass die Story hier immer martialischer und ballerhaltiger wird, ist im Krieg ja noch okaaay, aber irgendwie ertappe ich mich dabei, dass ich lieber 10 Minuten lang die (unterbrochene) REDE vom Anfang gehört hätte?! Von mir aus auch über FDP-Steuersenkungen für Minbarische Fastentempel, um die Gastronomie anzukurbeln…

Klar, viele Sequenzen reißen einen wieder mit – weil sie dafür konstruiert sind. So waren z.B. die Szenen, in der Londo Molari erklärt, dass die Schatten auf der Erde sind und demnächst der Mond „den Emmerich-Roland“ macht, durchaus interessant. Aber das sind halt nur schöne Streiflichter auf dem ADHS dieses Films.

Das Gespräch mit G’Kar als „Wurmlochwesen“ über Quantenphysik, Beobachterwirksamkeit und Universen war fast schon wieder mein Geschmack – und das Gefasel passt sogar zu der leicht esoterischen Ausrichtung von B5. („Vorlonen? Ladet die Zuckerkügelchen! Wir werden sie von der flachen Erde fegen!“)

Ohne die flachen Gags und Szenenwechsel hätte man richtig was draus machen können. Scheiß Zukunftia-Krankheit.

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„Wir alle brauchen einen externen Beobachter. Der hält das Universum durch’s Anglotzen am Laufen!“ – „Super! Aber wer hat das bisher gemacht?“ – „Justitia.“ – Schwatzhaft in der Schwarz-Haft: G’Kar erklärt uns hier die Quantenphysik für Querdenker. Hier dürfen reine Actionfreunde ihren Brecheimer ganz und gar nicht quer stellen.

Das Ende ist „nett“. Die Auflösung, welche Leuchtkugel den Jonny da andauernd verfolgt hat, ergibt eine eher positive Botschaft. Kitschig wie Hulle, aber positiv.

Zeit, um Kollege Sparkiller mal wieder meine Zuneigung zu gestehen! (*gaaanz langsam Geldbörse aufmach*)


Fazit: Ich bin wirklich hin- und hergerissen. Einerseits sieht der Animationsstil supi aus, die Charaktere sind teilweise gut gezeichnet (wenn man sie als verschollenen CGI-Zwilling mit Gesichtsverletzungen akzeptiert) und als – späten! – Babylon 5-Realfilm könnte ich mir das hier auch gut vorstellen.

Andererseits trüben die Szenenwechsel den Erzählfluss. Ständig greift man in die Zeitsprung-Steckdose und setzt Sheridan als geblitzdingsten Gegenwartserklärer in anderen Gegenden ab. Wo dann oft nur die Zeit für 2-3 Oneliner und eine Pulle Memberberry-Champus bleibt. Schade, denn jedes einzelne Szenario wäre interessant gewesen.

Trotz dieser sehr anstrengenden Struktur würde ich aber gerne MEHR hiervon sehen. Die schöne Basis ist da. Jetzt muss nur ein Trichter drauf und mit Gewalt etwas Politik reingegossen werden.

Die halbwitzigen Nebensätze („Lennier, warum messen wir immer noch in Fahrenheit statt in Celsius?“) dürfen dafür gerne unten rauslaufen…

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SPARKIS MICKRIGER MEINUNGSKASTEN
Zu wenig Zathrasse im Ärmel, „Babylon 5: The Road Home“ – Das Review zum Animieren der Fans
Verdammt, auch ein blinder Spark findet mal ein Korn. So auch in sei— meinem Kommentar damals zum Trailer:

„Die Geschichte springt anscheinend auch auf den mittlerweile SEHR ausgelutschten „Multiverse“-Zug auf. […] Erzählerisch bleibt dadurch nur wenig Raum für was Neues. Sheridan hat zu Beginn wohl einen Moment voller Zweifel was seinen Job angeht, aber durch die selbstfindenden Erlebnisse im Verlauf des Films ist wieder alles knorke. Noch einen Schmatzer für Delenn und Abspann.“

Und Recht hatte er, dieser Ich! Denn bereits die Ausrede für den Start der Multiversum-Abenteuer von Sheridan war leider sehr krampfig („Ja, das ist ein toller neuer Chroniton-Reaktor. Komisch, mein Präsident, dass dies Ihnen gegenüber NIE erwähnt wurde??“). Andererseits haben WIR ja auch immer Einweihungsfeiern in nuklearen Reaktoren so ganz ohne Schutzwände („Noch etwas Sekt, eure Zweiköpfigkeit?“).

Danach geht es jedenfalls ab auf eine nostalgische Reise ohne jeden roten Faden. Wie der aktuelle Marvel-Trend buddelt JMS in der Schublade beliebter Momente und Charaktere ohne dass man dabei das Gefühl hat, wirklich etwas NEUES zu sehen. Und, ganz ehrlich, der Zathras-Gag ist spätestens jetzt durch. So wie die meisten anderen eher flachen Gags in diesem Film, welche oft in unangebrachten Momenten vorgetragen werden. Diesen Mix hatte man im Original besser drauf.

Manche Zeitlinien wirken auch etwas bizarr. Das entspannte Suff-Chillen von Londo und Ivanova im Liegestuhl kurz vor der Zerstörung der Erde erinnert eher an eine surreale Vision, als ein tatsächliches Ereignis. Etwas besser waren Momente wie der mit „G’Kar“ am Rande der Existenz. Wobei die „Der Beobachter verändert das Beobachtete“ Ansprache ruhig etwas intensiver und vor allem kürzer hätte ausfallen können. An die großen B5-Momente von damals kam das leider nicht ran.

Fazit: Als lose Ansammlung kleiner netter „Was wäre wenn“-Szenen nicht verkehrt, aber für eine große spannende Gesamtstory ist es einfach zu durcheinander. Für mich ist das Multiversum im Allgemeinen aber sowieso langsam ausgekaut. Statt interessanter Geschichten wird dieses meist nur zum Produzieren von Fan-Orgasmen verwendet („DREI Spider-Männer, die alle aufeinander zeigen!? Hnnngrrr!!“) und auch hier war es nicht soooo viel anders („5.000 Zathrasse, die alle arm dran sind!? Hnnngrrr!!“). Kurz, Picard Staffel 3 lässt grüßen. Hier wie dort wird der Großteil der angenehmen Ausscheidungen im Gehirn allein durch ein Wiedersehen mit geliebten Charakteren und Standorten verursacht.

Dabei reicht dafür doch bereits unsere wöchentliche Tour durch die Zukunftia-Redaktion?

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von Klapowski am 20.08.23 in Filmkritik

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Kommentare (6)

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  1. Miles sagt:

    Danke für die Review. Ich war interessiert, weil JMS selbst am Film beteiligt war.
    Aber 15€ waren mir erstmal zu teuer, jetzt spar ich es mir ganz.

    Je älter ich werde, desto mehr messe ich Neues an der tatsächlichen oder eingebildeten Qualität älterer Filme und Serien und verliere dann schnell die (Seh)Lust.

    Babylon 5 (wie DS9 und TNG) sind solche Referenzpunkte, an die im Bereich SF kaum noch jemand heranzukommen scheint.
    Auch bei Nicht-SF Serien erleb ich das so. Ich habe jetzt – nach langer GOT Abstinenz nach den verhunzten Abschlussstaffeln – einen Rewatch gestartet. Was für Dialoge, was für Bilder, was für Charaktertiefe in den ersten beiden Staffeln.

    Da machen aktuelle Neuerscheinungen einfach keinen Spaß mehr.

  2. Dario Cueto sagt:

    „Der Computer fragt z.B. bei der Selbstzerstörung ernsthaft(?), ob man nicht nur einen „schlechten Tag“ habe. Eben die typischen KI-Gespräche aus Babylon 5.
    Von Damals, als ich den Schriftzug „Babylon 5“ auf meine „LEXX“-DVDs geschrieben hatte.“

    Das passt aber gut! Weil: Die KI von Babylon 5 war ursprünglich mit Gefühlen ausgestattet und nannte sich Sparky, the Computer. Wirklich, die KI hießt Sparky! Also wie der Sparki HIER! Ging der Besatzung aber so dermaßen auf dem Wecker, dass die Gefühls-KI abgeschaltet wurde. Anders als der Sparki HIER – der lässt sich nicht ausschalten.

    In „Ceremonies of Light and Dark“ – Staffel 3, Folge 11 – wurde die Sparky-KI versehentlich wieder eingeschaltet und ging Garibaldi die ganze Folge auf dem Keks.

    Daher: Die KI in dieser Szene war ganz eindeutig Sparky! :-)

    Hier noch der Videobeweis: https://www.youtube.com/watch?v=F_r7sh75258

  3. jcneal sagt:

    WENN es diese Episode mal auf DVD geben sollte (oder sonstigem Medium, Speicherkristallarsch-Adapter), ich diese zum Budget-Preis erworben haben werde UND irgendwann Muße und Lust verspürt haben werde, die Original-Verpackung aufzureißen…
    Dann, ja DANN! Wenn das dritte Zeitalter der Menschheit begonnen haben wird: Wappet euch vor der detailverliebten Kritik des ichs -ssses.
    Sparky find ich gut. You’re looking stressed, Klapo?

  4. Stephan sagt:

    „Das Gespräch mit G’Kar als „Wurmlochwesen“ über Quantenphysik, Beobachterwirksamkeit und Universen war fast schon wieder mein Geschmack.

    Bei diesem Mist bin ich fast vom Stuhl gefallen. Quantenmystizismus in reinster Form. Wenn Laien irgendeinen Scheiß aufschnappen und einfach unhinterfragt übernehmen, weil sie sich niemals die Frage stellen, ob die Quantenmechanik wirklich etwas zur Realität sagt oder eben eine verdammte Deutung der Realität ist. Die dämliche Kopenhagener Deutung macht nur Sinn, wenn man sie instrumentell auffasst, sprich, als lediglich einen statistischen Ansatz, um Verteilungen von Messwerten zu berechnen. Aber nein, es wird nicht begriffen, dass die QM nicht die geringste Aussage zum Wesen der Quantenwelt macht. Da wird dann die Unkenntnis vor der Messung genommen und dieser Unkenntnis eine Realität zugeschrieben, die nicht existiert. Spoiler: Die Wellenfunktion ist nicht real, sie ist ein Konstrukt, ein Hilfsmittel, um die Unkenntnis über den Zustand vor der Messung zu kodieren. Und dann haben wir JMS und andere, und leider auch Physiker, die dieser Unkenntnis vor der Beobachtung eine Realität zuschreiben und schwurbeln dann von Paralleluniversen und Multiversen. Weil die Kontinuitätsgleichung sagt, dass Wahrscheinlichkeiten nicht verloren gehen, aber sie begreifen nicht, dass Wahrscheinlichkeiten ein Konstrukt sind, mit dem wir unsere Ignoranz ausdrücken. Alles, was sich aus der Wellenfunktion ergibt – wie etwa, wo die anderen Wahrscheinlichkeiten hingehen, wenn die Wellenfunktion bei der Messung kollabiert – führt zu dieser unseligen Interpretation, die Möglichkeiten der Beobachterabhängigkeit und Multiversen eröffnen. Aber es ist nur eine verdammte Interpretation und obendrein eine schlechte.

    Warum ich das schreibe? Nun, für all diejenigen, die die QM nur aus schlechter Science Fiction kennen oder aus oberflächlichen Dokus oder von Fachidioten. So einfach ist es nicht. Es gibt keine wissenschaftliche Basis, weder aus der QM noch sonstwo, die die Möglichkeit für Multiversen eröffnet. Das Einzige, was dies zulässt, ist eine verdammte Interpretation – sei es die Kopenhagener Deutung oder eher die Deutung aus dem resultierenden Messproblem, die Many-World-Interpretation. Diese ist nicht einmal physikalisch wissenschaftlich, da nicht überprüfbar, im besten Fall Metaphysik. Ich nenne es einfach Esoterik.

    Und da ist dann JMS, der diese verdammte Kopenhagener Deutung nimmt und als wäre es nicht schon schlimm genug, dass man damit das Hirn von Studenten fickt – die mit Floskeln wie ‚Halts Maul und rechne‘ oder ‚Die Quantenwelt ist halt eigenartig‘ (intellektuell sowas von tot) –, pflanzt man diesen Quark noch unreflektiert Zuschauern ins Hirn. Die das bereitwillig aufgreifen, um sich abenteuerliche Geschichten zur Welt zusammenzureimen. Hallo, JMS.

    Mal eine Frage auch an JMS: Die Beobachterabhängigkeit führt zu einem Problem. Was war in der Zeit, als es nur Wasserstoff gab und Leben sowie komplexe Verbindungen etc. nicht möglich waren? Wie willst Du die Entstehung und Entwicklung des Universums begreifen, wenn Du dies von einem Beobachter abhängig machst? Zudem stellt sich die Frage, muss der Beobachter bewusst sein oder reicht einfach Wechselwirkung (Messung)?

    Ich hatte Spaß am Filmchen, ein kleiner Tribut an die Darsteller und die Fans. Doch das letzte Drittel hat mir neben dem Laien-Quantenmystizismus fast versaut. Ah, die Liebe, diese Liebe, die die Grenzen von Raum und Zeit und parallelem Raum und paralleler Zeit überwindet. Das hat mir ‚Interstellar‘ schon versaut. Liebe ist ein Konstrukt, eine Geschichte über biochemische Prozesse, die im Körper ablaufen. Liebe, bah, ein kitschiges, naives, verklärtes Etwas, bah.

    Aber ich hoffe, da kommt noch mehr, denn ich hatte trotz meiner Aversion gegenüber so manchem dann doch Spaß am Film. Aber ich hoffe, es kommt Neues dazu. Ich habe die dauernde Selbstreferentialität satt.

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