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„Universe Sandbox“ – Das Programmreview im Orbit

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„Universe Sandbox“ ist ein kleines Programm(kino), das all jenen gefallen dürfte, die sich für diesen dunklen Samtteppich oberhalb der Erdatmosphäre interessieren. Hier bastelt man munter (aber sinnlos) an Umlaufbahnen, Beinahe-Kollisionen und „Soll-auf-jeden-Fall-kollidieren“-Kollisionen. Klapo hat sich für euch einen Haufen Sternenstaub auf die Halbglatze gestreut und den Wertungsdaumen ins Schwarze Loch gehalten. Die Testfrage war streng: Ist dieser Geheimtipp wirklich so toll, wie Klapo es selber behauptet?


Gottgleich greife ich mit meiner Hand in das Sonnensystem und tausche die mickrige Kümmerling-Sonne gegen ein Exemplar mit höherer Wattzahl aus. Merkur und Venus zeigen sich so unbeeindruckt von der Veränderung, dass sie gänzlich verschwinden. Der größere Stern ragt nämlich augenblicklich in ihre Umlaufbahnen hinein. „Selbst schuld“, murmele ich, „hättet ihr mal Euren Spinat hübsch aufgegessen und wärt mal ein entfernterer Gasplant geworden!“ und forme in meinem Kopf bereits einen entsprechenden Werbespot. Dann suche ich die Erde auf. Diese kreiselt nun wie zuvor um das Zentrum unseres Stellarsystems, nur halt jetzt mit 8 Milliarden bedenklich Braungebrannten an Bord und stets „blendenden“ Wetteraussichten.

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„Ich bleibe dabei, liebe Wählerinnen und Wähler: Die Reduktion von CO2 muss auch in Zeiten wie diesen Vorrang haben, um den Treibhauseffekt zu vermeiden!“ – Da verpufft sogar ein Puff: Hier muss alleine die Klimaanlage die Energie eines halb so großen Sterns wie diesem haben, um die erforderliche Kühlleistung aufzubringen.

Ich startete eine andere Simulation: Erde / Mond. Ein Klassiker für Stubenhocker von kosmischen Ausmaßen. Ich klatsche noch ein paar Klone unseres Trabanten in die Umlaufbahn und schaue, ob was passiert und wenn ja, wie viele Sargträger man danach benötigt. Die großzügige Mond-Verzwanzigfachung (finanziert durch einen weiteren Kredit an die Griechische Regierung) trägt schnell Früchte: Die grauen Kugeln rumsen gegeneinander wie eine Autokarawane vor einem H&M-Plakat. Heraus kommt ein dicker Brocken mit immerhin 30% der Erdmasse, sozusagen der Trekkie unter den Monden. Die Erde gerät dadurch leicht ins Taumeln. Erste Wattwanderungen an der Nordsee müssen vermutlich wegen der kompletten Überflutung von Norddeutschland abgesagt werden.

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„Jetzt ein leckeres Moonbrötchen!“ – Klapo versucht, frisch Verliebte durch NOCH mehr romantische Vollmonde zu verzücken. Doch die solcherart Beschenkten schreien beim Liebesspiel fortan nur noch in regelmäßigen Abständen: „Waaah! Er kommt gleich durch’s Fenster!!“ – Undankbares Gesocks, das.

Ich lasse mir den Saturn samt Ringsystem und all seinen bekannten Monden generieren. Da das, was nun auf dem Bildschirm gezeigt wird, sich nur als Stresstest für einen technikunverständigen Neandertaler eignen würde, suche ich einen Mini-Sonne heraus, die nur etwas größer als Saturn ist. „Barnards Stern“ erfüllt alle Anforderungen an ein Defizit an Fusionsleistung. Doch meine zarte Hoffnung, eine Art stabiles System von… irgendwas auf dem Monitor einzurichten, zerplatzt auf grausame Weise. Statt dass sich was umkreist, saugt Onkel Barnard alles auf, was nicht niet- und gottesfest ist. 10 Sekunden später vermisst man den Saturn ebenso wie ein sattes Rülpsgeräusch des Fresswunders.

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Da gehen sie dahin, meine Träume von der zufälligen Erschaffung eines neuen Garten Edens. Die Kurzlebigkeit dieser Zusammenstellung bietet vielmehr den Namen „Garten Eben“ an, aber nur so gerade… eben.

Jetzt bin ich es aber Leid, mich mit Kleinkram abzugeben und Planetoiden wie Staubkörner vom Glastisch des Universums zu wischen. Wofür habe ich mir denn nach dem Erwerb von „Universe Sandbox“ einen selbstgemalten Ausweis mit der Aufschrift „Liber Gott“ ausgestellt, hä? Ich suche mir also den größten bekannten Stern aus („Canis Majoris“ – klingt wie die aufbrausendere Schwester von Oma Eusebia), lege unsere lachhafte Standardsonne kreisförmig um ihn herum und versuche zusätzlich, die Erde einzubetten, was ein bisschen dauert. Erde 1 bis 8 landet prompt auf dem roten Riesenoschi, der selbst zur Bildung eines Schwarzen Loches noch zu schwerfällig ist. Fühlt sich verdammt glitschig und schmierig an, so ein Universum. Verstehe erst jetzt, warum die Kreationisten aus den USA es ständig „Sir“ nennen und erst nach der Eheschließung poppen wollen, um ihm zu gefallen.

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„Wie, und jetzt noch so fitzelige Menschen auf dem Klumpen da erschaffen? Jim, ich bin Mister Universum, kein Uhrmacher!“ – Klumpen, nicht klotzen: Wer hier noch den Erdenmond stabil einzufügen schafft, gewinnt ein Go-Kart-Rennen auf den Ringen des Saturn…


Fazit: Lehrreiches Programm für Hobbygötter und solche, die mal testen wollen, wie man sich als Strauß-Kahn, Gaddafi und Dieter Bohlen eigentlich so fühlt. Da können schon mal ein paar Stunden wie im Spiralflug vergehen. Und die Erde sowieso. Wieder und wieder… Die „Missionsziele“ muss man sich natürlich selber ausdenken, z.B. unseren Planet trotz widrigen Umständen in der Bahn oder genau zwischen zwei Riesensonnen zu halten. Oder einen sonnengroßen Mond zwischen fußballgroßen Jupiters. Oder…

Die Grafik ist eher popelig, aber dafür kann man mit gewieften Planeten-Graupelschauern auch den schnellsten PC zum Schwitzen und zum Absondern einer eigenen Chemikalien-Stratosphäre bringen.

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM

P.S.: Erhältlich z.B. bei Steam und überall, wo man sonst noch ca. 10 Euro haben will

P.P.S.: Wer etwas Geduld mitbringt, kann durch Massespielereien auch das vormittelalterliche Bild vom Sonnensystem umsetzen:

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Artikel

von Klapowski am 01.06.11 in PC- und Videospiele

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Kommentare (4)

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  1. icebär sagt:

    Ganz für lau (weil Open Source) gibt es auch Celestia, ein interaktives Sternenobservatorium.

    http://www.shatters.net/celestia/

    Und dazu noch tonnenweise (lt. Seite über 10 GB!) SciFi-3D-Modelle, kommentierte Spritztouren durch unser Sonnensystem und hochauflösende Texturen:

    http://www.celestiamotherlode.net/

  2. OPS sagt:

    Noch ein Geheimtipp- aber weit weg von Weltraum- aber Geheimtipp:
    Dwarf Fortress

    Echt jetzt, sehr zu empfehlen. Sehr schwer zu lernen aber unglaublich fesselnd. Gilt (zu recht) als das komplexeste Spiel der Welt.
    Es ist kostenlos.
    Und die Grafik ist ASCII.
    Der einfachste Einstieg gelingt mit dem Lazy Newb Pack:
    http://www.bay12forums.com/smf/index.php?topic=59026.0

  3. E.Ellert sagt:

    Ohje, leider sitz‘ ich zur Zeit noch an zorc ;D

    edit, wo ist das denn Ascii? Sieht für mich nach normalen Bitmaps aus.

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