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„Black Mirror“, Staffel 5 – Kritik zu „Rachel, Jack und Ashley Too“

„Black Mirror“, Staffel 5 – Kritik zu „Rachel, Jack und Ashley Too“

Ich muss mich bei euch entschuldigen… Vor ein paar Jahren war ich noch derjenige, der in der Straßenbahn wildfremde Menschen mit Bierfahne und Empfehlungen zu aktuellen BM-Folgen belästigte, weil das alles „sooo genial“ sei. Doch die neueste Episode namens „Wir konnten einen echten Popstar gewinnen, ist das nicht cool?“ ist nur noch ein Zeichen dafür, dass die digitale Verblödung inzwischen auch Charlie Brooker erreicht hat. Oder einfach nur seine analoge Faulheit?

Inhalt: Ein schüchternes Mädchen himmelt ein Popsternchen an und lässt sich daher eine intelligente Puppe schenken, die nach der Persönlichkeit der Sängerin gestaltet wurde. Während diese nun allerhand Schminktipps von sich gibt, wird das Popstar-Original absichtlich ins Koma befördert…

Besprechung:

Klingt interessant, findet ihr? Da muss ich euch enttäuschen… Aufgrund der sich ständig wechselnden Ausrichtung dieser Geschichte erinnert die Story leider eher an „Bandersnatch“ – oder an irgendeine eine andere Stichwortliste, die mit Anlauf in bewegte Bilder gekloppt wurde. Vermutlich mit dem selben Hammer, mit dem Charlie Brooker sonst seine Geldscheine in die Brieftasche pfercht, weil er neuerdings so vom Mainstream gefeiert wird?

Doch eins nach dem anderen…

Waren Black Mirror-Folgen früher wirklich ein „schwarzer Spiegel“, bei dem man dezent ins Grübeln kam, sind die Episoden seit 1-2 Jahren nur noch ein schmierige Reflektionsfläche für eine einzige Story-„Idee“: Nämlich möglichst viele Menschen auf Computerchips zu überspielen.

Denn wenn der Serienmacher Brooker nicht weiter weiß (= 50% der Zeit?), packt der seine Charaktere einfach in Plüschtiere, Haushaltsprogramme, Roboter, halb-virtuelle Todeszellen, vollvirtuelle Raumschiffe, Handys oder Kaffeekapseln. Einen Großteil dieser Folgen dürfen wir dann Figuren zusehen, die nur die Kopie eines Menschen sind – und über diese Erkenntnis verzweifeln.

Wobei das Wort „Verzweiflung“ immer öfter im Sinne von „Gags reißen“ gebraucht wird…

„Hey, Baby! Ich bin ein verwunschenes Top-Model und wurde von Dieter Bohlen in ein Plastikprodukt aus ‚Die Höhle der Löwen‘ gesperrt.“ – „Oh, wie dumm! Mit so einem modernen Teil kann ich doch unmöglich bei ‚Bares für Rares‘ auftreten!“ – Dystopie, so froh wie nie: War man früher eher gegruselt von den Geschichten und ihrer Konsum-/Medienkritik, so will ich jetzt AUCH so ein Püppchen haben. – Sofoooort, Onkeeeel Sparkilleeer!

Statt also die Veränderung von realen Leuten zu zeigen, macht man einzelne Figuren zum Computer, lässt den Rest der Menschheit eher desinteressiert zurück und erklärt das damit, dass es sich nur um „Prototypen“ handelt (bei den Programmen jetzt, nicht bei der Gesellschaft). Hier wird also keine kollektive Psyche mehr erforscht, sondern nur noch an ausgewählten Stellen schockiert dreingeblickt: „Huch, Omas Geist steckt jetzt im Würfelzucker? Na, egal. Sie war eh immer eine Süße, hihi!“

Doch neuerdings kommt noch erschwerend dazu, dass nicht mal mehr der pseudofrische Anstrich der Serie funktioniert.

So gibt man sich z.B. große Mühe, den Popstar zu demontieren und als oberflächliches Produkt des Zeitgeistes hinzustellen. Doch am Ende heißt es dann doch urplötzlich: „Heeey, die Tante hat ja nur die falsche Musik gemacht und hatte eine fiese Managerin! Let’s Rock and Roooll!“ – Sogar noch angereichert mit der abschließenden Info, dass selbst Gitarre-schräbbelnde Mädchen „alles werden können“, wenn sie es denn nur wollen.

Wobei DAS am Anfang der Geschichte übrigens noch als durchschaubares Marketinggeschwafel dargestellt wurde. – Aber wer braucht schon nachdenkliche Zukunftsszenarien, solange wir lustige Schockmomente haben und das Auto des Vaters wie eine übergroße Maus(!) aussieht?

„Tröt, Tröööt, hier kommt das lustige Dystopie-Mobil!“ – Bevor sich jetzt einer über MICH aufregt: Natürlich darf die Serie auch mal schwarzen Humor beweisen. Blöd wird’s nur, wenn sich schwarze und weiße Anteile so sehr mischen, dass am Ende graue Pampe rauskommt. Oder halt die Lackfarbe für obiges „Dystopie-Mobil“.

Ach ja, was hätte man nicht alles aus der Idee machen können, dass heranwachsende Mädchen sich in die Puppe ihres Popstars verlieben…

Doch selbst das wurde nicht zu Ende gedacht, denn das einsame Mädchen holt ja nur deshalb die alte Puppe wieder aus dem Schrank, da das Silizium-Schnuckelchen von SELBST rausspringt – weil halt die restlichen 96% der Popstar-KI freigeschaltet wurden. Und falls dann noch was zum vollwertigen Menschengeist fehlt, kann man mit einem normalen Computer nachhelfen. Einfach per USB-Port verbinden und per Mausklick eine leuchtende Region (den „Begrenzer“) löschen. Voilà: Aus dem Püppchen wird das vollwertige geistige Abbild der realen Popperin. Völlig egal, ob man sich mit solcher Krass-Technologie in allernächster Zukunft langsam lächerlich macht. Gefühlt spielen alle BM-Episoden nämlich immer noch 2015…

Kurz geht es dann noch um Sterbehilfe für die reale Menschenhülle, aber die wird ja dann plötzlich wieder munter (wild am Kabel ziehen reicht!). – Hier greift nicht mal mehr der alte Spruch von wegen, dass die Macher den Kuchen essen und gleichzeitig behalten wollten. Nein, man möchte hier gleichzeitig noch Kekse, Eis und Fischstäbchen in die Kindergeburtstagsrunde werfen.

Ähnlich undurchsichtig erscheint der Umgang mit der Idee, dass man einer Künstlern im Koma noch neue Werke abzapfen kann. Was ja durchaus eine interessante Idee wäre, um so Leute wie J.R.R. Martin mal wieder zum Arbeiten zu bewegen. (*Bratpfanne raushol und auf Kopf hau*) Seltsam nur, dass der Star ja im wachen Zustand nur noch traurige Songs komponieren konnte, im Zwangsschlaf aber einen schmissigen Hit nach dem anderen auswirft. Man erschafft also im Unterbewusstsein genau DAS, wovon man die Nase voll hatte? Also ICH zum Beispiel jede Nacht neue Abenteuer von Michael Burnham? Das würde zumindest mein aggressives Schnarchen erklären, das mir vorgeworfen wird.

Charlie Brooker will auch so viele Arme. Und zwar zum Schreiben. Im Moment kann er nämlich nur 10 Klischees in der Stunde verfassen.“ – Die erste BM-Folge für den Disney-Channel: Miley Cyrus spielt hier durchaus gelungen ein rosafarbenes Haarfärbemittel. Aber warum das (in ihr) Kaputte und Verzweifelte am Ende nicht mehr aufgegriffen wird, macht die Folge kaputt. Und es verzweifelt mich.

Aber wir müssen gar nicht mal so tief gehen, um der Episode etwas vorzuwerfen. So hapert es schon an einfacher Alltagslogik, wenn der Bodyguard die offensichtlich durch das Tor gehuschten Fangirls reinlässt, weil die angeblich Schädlingsbekämpferinnen seien. Wobei eine von ihnen schon nach 5 Sekunden aufs Klo(!) will. – Im Ernst, diesen Trick kennt sogar MEIN Bodyguard (= Oma Platuschke), der regelmäßig meine glühenden Verehrer (= Zeugen Jehovas und Haustürverkäufer) auf Abstand halten muss.


Fazit: Eine Episode, die sich so sehr über ihren grandiosen Gaststar freut, dass sie ihre Ausrichtung 2-3 Mal ändert, um am Ende – ohne jegliche Aussage – mit ihrem Mäuseauto im Graben zu landen.

Alles, was zu Beginn etabliert (oder kritisiert) wurde, soll lediglich an alte Folgen erinnern, bevor man unter dem Deckmantel der frischen Herangehensweise lahmes Kinderfernsehen abliefert.

Ich nenne diese Folge daher „Das Game of Thrones-Finale des kleinen Dystopie-Mannes“.

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM

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Artikel

von Klapowski am 11.06.19 in Serienkritik

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Kommentare (11)

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  1. Serienfan sagt:

    Wenn man sich die Kommentare hier ansieht, scheint diese Serie den Weg von „Doctor Who“ zu gehen.

    Zu Recht. Etwas derart Belangloses wie „Dark Mirror“ sollte man tatsächlich mit Ignoranz missachten.

    Was mich am meisten ärgert, ist die formale Banalität. „USS Callister“ war inhaltlich auch purer Blödsinn, aber formal war die Folge ein Meisterwerk an Ideen und großartigen Bildern.

    Das hier aber lässt mich fragen: Liegt Charlie Brooker im Koma, und sind das die Ideen-Fitzel, die man aus seinen Röntgenaufnahmen der Prostata entnommen hat?

    Wenn eine Episode formal so einfallsreich ist wie eine Folge der „Lindenstraße“, muss man zwangsläufig das inhaltliche Gerüst abklopfen. Das Problem ist, dass die Einzel-Ideen ja durchaus hinnehmbar sind. Sie versagen aber vollkommen in ihrem Zusammenspiel.

    Ja, ich glaube ja, dass man mit modernen Synthesizer-Algorithmen sogar aus Wal-Gesängen auf Knopfdruck irgendeinen generischen Teenie-Pop konstruieren kann, aber wozu braucht man dann für diese Massenware überhaupt die holde Künstlerin im durch Strom aufrecht erhaltenen Koma?

    Von mir aus glaube ich für einen Moment, dass man ein Bewusstsein in eine Puppe kopieren kann (widerspricht ALLEN modernen Erkenntnissen, aber gut), aber wozu braucht man dann das Ashley-Original, um an das im Gehirn schlummernde neue Trash-Album heranzukommen?

    Und wenn da schon ganze Bewusstseinsinhalte in der Puppe sind (immerhin vier Prozent), wieso spricht diese Puppe dann wie die unterentwickelte System-Absturz-Restsoftware von Alexa und tut dauernd so, als würde sie vor ihren Antworten im Internet suchen?

    Leider ist diese Folge nicht nur formal auf dem Level der „Lindenstraße“. Die sehr trivialen Ansichten, die Charlie Brooker offensichtlich über Fans, über Kunst, über Bewusstseinsinhalte und über das technisch Denkbare hat, sind ähnlich einseitig-banal wie bei den „Lindenstraße“-Autoren.

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