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Doctor Who – 11.06 – „Demons Of The Punjab“ – Kritik

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Endlich ist Schluss mit menschenfeindlichen TV-Episoden und rassistischen SF-Geschichten! Denn Doctor Who zeigt, dass man auch ohne Kitsch und Erziehungskeule eine moralische Geschichte erzählen kann. Man muss dem Kitsch und der Erziehungskeule nur zwei rote Pappnasen aufsetzen, damit man sie nicht sofort erkennt. Zeitlupeneinstellungen, hölzernes Schauspiel, sanfte Musik und nasse Augen können ebenfalls nicht schaden. So wie schon in der Folge „Rosa“, die ich mir jeden Abend vor dem Zubettgehen anschaue…

Inhalt: Yasmin Khan möchte vom Doctor wissen, was es mit einer alten Uhr in ihrer Familie auf sich hat. Flugs reisen alle in die Vergangenheit. Nämlich nach Indien ins Jahr 1947, wo das Land gerade auseinanderbricht. Und Aliens im Wald stehen.

Besprechung:

Hier spricht das Ministerium für anspruchsvolle Who-Unterhaltung!

Bitte stellen sie sich in einer Reihe auf und vernehmen sie interessiert die Bewertungsempfehlung für dieses wertvolle Stück SF-Kunst!

Ihr wolltet Anspruch? Politische Themen? Moralische Entscheidungen? Gefühle wie aus Tausendundeiner Holzhammer-Nacht? – Dann bitte ich euch, wertes Publikum, euch gerade hier herüber zu stellen! Dort haben wir nämlich das Rundum-Sorgenvoll-Programm für alle, die stets den Keller abschließen, damit sie dort nicht versehentlich lachen können!

Folgendes können wir euch sogleich anbieten:

– Einen traurigen, Indisch-Pakistanischen Grenzkonflikt im Jahre Googelt-doch-selbst. Sehr düster, für Europäer eher unbekannt und daher mit extra viel Da-lernt-man-noch-was-Bonus. Endlich ist Doctor Who so, wie wir uns TNG später immer eingebildet haben!

– Dazu gibt es noch eine Hochzeit mit Anlaufschwierigkeiten. Kann man denjenigen heiraten, den man heiraten will? Anders gefragt: Darf man einen indischstämmigen Pakistani-Muslim ehelichen, wenn doch eher ein Sikh-stämmiger Afghane angesagt ist? Dazu kommt die Bonusfrage für den abstrahierenden Zuschauer von Welt: Wären ähnlich engstirnige Gedanken auch heute noch möglich? (SPOILER: ja!)

– Dazu kommen noch ein paar Aliens, die mal gar nicht böse sind, sondern nur als „Zeugen“ der demnächst millionenfach umkommenden Bevölkerung fungieren. Sehr beruhigend, dass die Jungs da zuschauen; der nahende Holocaust hätte mich sonst in eher traurige Stimmung versetzt.

– Der junge Bräutigam hat im Krieg seinen Bruder verloren. Lag leblos da. Sehr traurig, sehr rührend, sehr schlimm. Und wer von euch noch Bonus-Schlimmheit braucht: Stellt euch vor, die Kamera wäre in dieser Rückblickszene noch 10 Meter näher rangefahren. Brrrr! Krieg ist grausam, nicht wahr?

– Der junge Bräutigam hält eine lange Rede darüber, wie schlimm Krieg ist. Da umarmt der zeitreisende Brite ihn und weint beinahe, während die Musik leise wimmert. Und der Brite findet noch dazu, dass der andere ein „guter Mann“ ist. Das ist alles sehr ERWACHSEN und toll SPANNEND. Natürlich auf eine seriöse und lehrreiche Art, versteht sich. (Werden demnächst eigentlich wichtige SF-Preise verliehen?)

– Die eben noch unbekannte Doctorin darf plötzlich das Ehepaar vermählen(!) und dabei viel über Liebe, Offenheit, Glaube, Hoffnung und äh… ähnlich positive No(r)men sprechen. Die man einfach mal so reinwerfen sollte. Dazu spielt sehr sanfte, regionale Musik. Ja, unser Ministerium schämt sich nicht, es deutlich zu benennen: Alle TV-Zuschauer haben sehr geweint… äh… müssen – sonst Gulag.

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„Hört zu: Ich vermähle euch nur, wenn ihr diesen ‚Nieder mit dem Brexit‘-Hut tragt und dabei mit diesem ‚Wir wollen keine Populisten‘-Schal wedelt.“ – „Äh, was ist ein Brexit? Was sind Populisten?“ – „Schnauze! Und macht die indische Musik lauter, wenn ihr gerade von mir erzogen werdet!“ – Erziehungsverdächtige: Endlich dürfen auch Pfeifenraucher wieder SF schauen, ohne sich schämen zu müssen.

So viel zu der anspruchsvollen Seite dieser Folge. Das Schöne hieran ist: Dagegen darf man nichts sagen, denn sonst hätte man was gegen Inder, Muslime, Pakistani, Afghanen, Buddhisten, Moslems, den Globus selbst, Frieden, Hochzeiten, Familien, Freiheit, Mandalas, heilige Männer, Gedenken an Kriegsopfer, die Landbevölkerung, andere Kulturen, Bauern, Menschen in der Vergangenheit, Menschen mit Kindern und Menschen mit Friedenswunsch. Ja, daher ist diese Folge auch sehr WICHTIG und trotzdem UNTERHALTSAM. Bitte schreibt das mit, das wird noch wichtig…

Doch wir wären nicht das Ministerium für anspruchsvolle Who-Unterhaltung, wenn wir nicht aus reiner Völker- und Nächstenliebe noch eine kleine SF-Handlung eingebaut hätten. Denn das hätten wir gar nicht machen MÜSSEN! Wie auch immer: Diese futuristisch angehauchte (*Nase rümpf*) Nebenstory um zwei apathisch rumstehende Aliens ist sehr INTERESSANT und geht SENSIBEL mit den siebenundzwanzig oben aufgeführten, ERNSTEN Themenbereichen um!

– So haben wir z.B. extra die oben erwähnten Aliens eingebaut, die sich nur dort hinbeamen können, wo gerade bestimmte Gadgets an den Bäumen baumeln. Oder, wo sie gerade NICHT hängen. Das ist immer davon abhängig, ob die Doctorin da gerade mit den Fingerspitzen kurz dran war. Jene Aliens können sich auch nicht 10 Meter weiter VOR die Hütte beamen und den Rest des Weges dann zu Fuß zurücklegen. Daher nennen wir dieses rätselhafte Volk fortan auch „die Arthritischen“.

– Auch geht es darum, ob die richtigen Vorfahren zusammenfinden, damit die Companion-Frau überhaupt geboren wird. Oder WANN der Ehemann dann leider im Krieg stirbt, damit der richtige Ehemann auf den Plan treten kann. Wir nennen es stolz „Zurück in die Zukunft – für Gymnasiasten“.

– Die Aliens sammeln außerdem DNA-Krümel und verwestes Zeugs von den Toten (von uns als lustigen bunten Rauch dargestellt, damit es schön SF-mäßig wirkt), um die Gefallenen zu ehren. Das Ministerium (also wir) findet das alles sehr rührend!

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Willkommen bei der RTL-Show „Sieben Kriege, Sieben Köpfe“. Die holografischen Birnen im Hintergrund sind sehr wichtig, damit sich die Aliens immer daran erinnern, bloß nicht noch mal im Jahre 1939-1945 in Mitteleuropa vorbeizuschneien. Denn die Jungs haben noch immer die 73.120.000 Überstunden aus dem Dreißigjährigen Krieg auf ihrem Arbeitszeitkonto!


Fazit:

Das Ministerium für anspruchsvolle Who-Unterhaltung verfügt hiermit: Dies ist die beste Who-Folge, die es jemals gegeben hat! Ja, ein jeder liebt sie und jeder möchte Kinder mit ihr! Ja, sie ist perfekt und wird euch erlösen, so ihr denn ein offenes Herz und mindestens ein bis zwei Lungenflügel habt. Für das unterdrückte Schniefen, ihr wisst schon.

Daher vernehmt nun die Worte des Ministeriums-Sprechers (= der stellvertretende Pressesprecher, der eigentliche Chef hat sich gerade totgeweint für Freude):

Unterhaltsamkeit

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM

Tiefgründigkeit

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM

Heiligkeit

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM

Lehrreich-igkeit

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM

Wer was anderes behauptet, schmorrt in der Hölle – oder denkt womöglich noch selbst. Ohne Musikbegleitung und epische Kamerafahrten. Pfui.

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Artikel

von Klapowski am 12.11.18 in Serienkritik

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Kommentare (5)

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  1. BigBadBorg sagt:

    Ich glaube ich fühle mich manipuliert von dieser Wertung… Aber es könnte ich mir auch einbilden.

    Gute Folge. Nicht mehr, nicht weniger. Neben Rosa die Beste bisher. Netter Twist mit den Aliens.

    Allerdings wäre es nett jetzt mal Vollgas zu geben und kein Alien mehr zu zeigen, sondern irgendwas vollkommen bescheuertes zeitreisiges das mein Gehirn ordentlich durchknetet und mich sabbernd zurück auf die Couch setzt.

    Und nur so nebenbei: Ich mag die Companions nicht wirklich (außer den Opa, der ist knuffig/besonnen/macht sein Hirn regelmäßig an).
    Das Mädel hätte ich am Liebsten verhauen, so dumm stellte sie sich an. Welchen Teil von „Du wirst aus der Zeitlinie gelöscht“ hat sie nicht verstanden?? Und was ist mit ihrem Freund? Wurde mal erklärt warum der so komisch spricht? Ich nahm an er lebt schon sein ganzes Leben in England, warum hat er diesen ganz seltsamen Dialekt?? Oder ist er aus Schottland? Hab ich was verpasst?

    • Klapowski sagt:

      „Gute Folge. Nicht mehr, nicht weniger.“

      Du, das finde ich jetzt mal irgendwie nicht so gut, du.

      Du, ich will dir auch bestimmt nicht zu nahe treten, du. Wegen deiner Gefühle und so, du.

      Aber wie die diesmal das Leiden der Bevölkerung im Jahr *Jahreszahl-vergessen* dargestellt haben, das hat mich schon sehr bewegt, du. Ich glaube, du solltest noch mal in dich (oder in deine zuständige Wohngruppe) gehen und noch mal nachdenken, ob so eine schlechte Bewertung gerechtfertigt ist, du.

      Antworten
  2. Tabularius sagt:

    Ich bin etwas verwirrt.
    Muss ich die Folge jetzt etwa anschauen um zu wissen ob ich getrollt werde ?

    • Serienfan sagt:

      Häh, wovon redest Du?

      Wenn Klapo hier etwas ironisch gemeint haben sollte, dann hätte er das doch eindeutig so formuliert, dass jedem die Sache klar ist und Missverständnisse gar nicht erst aufkommen können!

      Also, damit Deine Verwirrung sich legt, kann ich versichern: Das hier ist schlichtweg Fernsehen in Perfektion.

      Nun muss auch ich als hochprivilegierter weißer Mann über 50 reumütig zugebenen: Ja, tatsächlich! Hier schafft es eine Frau in nur wenigen Folgen, sämtliche Männer zu beschämen und allen zu zeigen, WIE der Doctor tatsächlich gespielt werden muss. Tennant hat es redlich versucht, aber auch er ragt nicht an das facettenreiche Spiel von Jodie Wildecker ran!

      Hier gelingt es einem Genie, der sich als TV-Drehbuchautor WEIT unter Wert verkauft, endlich überzeugende Argumente für die bislang unbewiesene Behauptung zu finden, dass Kriege, Völkermord und Rassismus im Grunde höchst überflüssig sind, sodass die Menschheit – wenn man mal wirklich, WIRKLICH scharf und lange darüber nachdenkt – eigentlich sogar darauf verzichten könnte.

      Man mag sich nicht ausmalen, wie vielen Milliarden Menschen diese Folge die Augen geöffnet hat und in Zukunft noch öffnen wird.

      Besser kann Fernsehunterhaltung nicht mehr werden. Das erkenne sogar ich, obwohl ich die Episode gar nicht gesehen habe!

      Antworten
  3. BergH sagt:

    tach auch !

    Beste Folge ever.
    Mir hat es gefallen, auch wenn der Historienbezug etwas an den dünnen Haaren herbeigezogen schien.

    Sonst abert solide Unerhaltung.

    Gruss BergH

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