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„Asterix in Italien“ – Band 37 – Die Kritik zum Weiterfahren

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Es ist gute Zukunftia-Tradition, einen neuen Asterix-Band zeitnah zu besprechen. Jedenfalls WAR es das immer, denn Kollege Sparkiller zeigte jüngst erste Ermüdungserscheinungen, verwechselte Band 37 mit „The Walking Dead“ und ging dann dazu über, lustlos Seiten aus dem neuen Album zu reißen, um damit seinem Lieblingsneffen Karottenbrei-Flecken von der Schuluniform zu rubbeln. Doch warum sollte der neue ASTERIX schlecht sein? Muss man denn immer meckern? Was hat das Multimillionen-Euro-Franchise uns denn getan, beim Teutates?

Handlung: Um zu beweisen, dass die römischen Straßen die besten der Welt sind, veranstaltet der Senat ein Wagenrennen durch ganz Italien. Mehr oder weniger zufällig geraten unsere bekannten Freunde dann in dieses neue Abenteuer.

Besprechung:

Was sollen wir lange drum herum reden?

Waren die „Pikten“ und das „Papyrus“ schon Einzelgag-Kaskaden, so hat sich das mit dem Rennwagen-Gerangel nicht wirklich gebessert. Im Gegenteil: Wo man früher auch mal irgendwo ankam (Wald, Druiden, Schottland, Laberköppe, etc…) und dann einen Hauch von Story erhielt, so werden mir hier alle(!) Stationen zu schnell vom Italien-Atlas abgespult. Und ja, ich stelle mir dabei wirklich eine rotierende Klorolle mit international verständlichen Italien-Klischees vor: Die Mona-Lisa steht am Fenster (Ha!), für drei Bildchen arbeiten winkende Weinbauern (Ha-Ha!) und weil Obelix von deren Wein genascht hat, darf er für eine Seite angetrunken über ein rotes Hügelchen holpern (Ha-Ha-Hatschi!). Natürlich liegt man damit renntechnisch wieder vorne, denn darauf kam sonst keiner.

Wer das nicht überladen findet, hat vermutlich auch eine grundentspannte Sehhaltung, wenn er „Transformers“-Filme sieht. ICH hätte da doch lieber einige mittelprächtigen Dreiseiter genommen (= Rad kaputt, Reparatur-wie-nix hilft aus der Klemme, Sprüchlein, weiterfahren), statt im Affenzahn durch eine Handlung gereicht zu werden, bei der man die Gag-Autoren diverser Sat.1-Formate anerkennend kichern hören kann.

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Jedes einzelne Bildchen versprüht irgendwie noch den alten Charme. Doch zusammen genommen spritzt leider immer mehr Mumien-Sabber dazwischen. Siehe auch Methusalix‘ Ausflug beim lustigen(?) Knochenbrecher-Zahnarzt …

Das geht schon los mit der Hauptmotivation der Helden: Waren das früher noch wortwörtliche Schnapsideen bei einer Familienfeier („Die Lorbeeren des Cäsar“) oder die Lust, einen bestimmten Römer zu ärgern (Nichtsalsverdrus bei „Tour de France“), so hat man sich diesmal darauf geeinigt, uns ERST zu zeigen, dass im Senat ein großes Wettrennen geplant wird, um uns DANN genüsslich zu präsentieren, dass Obelix rein zufällig einen Rennwagen kauft. Als antreibender Motivator muss uns zudem eine Wahrsagerin(!) dienen, die nicht weniger als die Stimme des unmotivierten Autoren ist: „Ich sehe, dass du in diesem Album ein Wagenlenker sein wirst“. Im Ernst, viel weniger plump ist es wirklich nicht.

Zugegeben, in diesem Band ist immer was los und teilweise werden die Stationen so schnell abgewickelt (siehe erneut den Klopapier-Vergleich weiter oben), dass ich schon auf Seite 30 das Gefühl hatte, eine Asterix-Variation von „Um 40 Tagen um die Welt“ zu sehen. Oder, wie Fantasy-Freunde es wohl nennen würden: „Game Of Thrones, Staffel 7“. Ob man etwas mit dieser Art des Turbo-Erzählens anfangen kann, hängt vor allem davon ab, ob man in den Lustigen Taschenbüchern früher eher die dicken 100-Seiten-Geschichten mochte, oder halt die zweiseitigen Gags mit Minnie Maus am Ende. Muss ja jeder selbst wissen, wofür er in die Hölle kommt.

Selbst das Einkehren in den diversen Raststätten sorgt für wenig Ruhe, nerven und humorisieren da doch die diversen Konkurrenten herum. Die werden im Zweifel beim allerersten frechen Pieps verdroschen („Haha, der Kleine ist aber…“ *ZACK!*), was zwar nicht ganz zu Asterix‘ Persönlichkeit passt, andererseits aber zu dem Umstand, dass der kleine Gallier eine inhaltlich und mimisch austauschbare Figur geworden ist. Irgendwie hat man das Gefühl, die ganze Zeit nur Obelix zu betrachten, der halt ZWEI ganz unterschiedlich aussehende Idefixe mit sich herumträgt…

, „Asterix in Italien“ – Band 37 – Die Kritik zum Weiterfahren

Das nächste „Rennen“ kann gerne wieder im Nordic-Walking-Milieu stattfinden. Die besten Geschichten waren früher stets die, in der man Hindernisse noch nicht überfahren konnte. Und ja, das kann man hier durchaus wörtlich verstehen.

Zur Ehrenrettung dieses Bandes sollte man jedoch erwähnen, dass einem all die Kritikpunkte aber erst mit der Zeit auffallen. Wirft man nur einen kurzen Blick hinein (am besten mit nicht allzu passender Brillenstärke), so könnte man durchaus vermuten, dass die neuen Macher es perfekt hinbekommen haben, die Asterix-Serie weiterzuführen. Wo man bei Opa Uderzo am Ende Micky Maus und Aliens bestaunen durfte, gab man sich hier immerhin redlich Mühe, wenigstens VIELE Anspielungen unterzubringen – von denen einige sehr nett sind. Zum Beispiel, als Obelix denkt, dass Schmiergelder im Rennsport normal sind. Oder dass die Südgermanen die besten Rennwagen bauen.

Dummerweise kann man sich bei Jean-Yves Ferri (Text) und Didier Conrad (Zeichnungen) nach ein paar Tagen nie an die schönen Details erinnern, weswegen ich von den beiden Vorgängerbänden auch nur noch einzelne Monster-von-Loch-Ness- und Flötenspiel-Bildchen vor Augen habe. So werde ich 2018 wohl nur noch von dicklippigen Afrikanerinnen wissen, die Idefix abknutschen, während Asterix abwechselnd zum Gasgeben oder halt zum x-ten Auspennen in der Raststätte rät.

Wie ist das eigentlich bei so einem Mehrtages-Rennen? Vorher um jede Sekunde fighten, aber dann 8 Stunden an der Matratze horchen bzw. Wildschweine futtern? Dieser Spagat wirkte auf mich streckenweise fast schon störend.

Schade auch, dass sich zeichnerisch auch nicht so viel getan hat: Noch immer macht es keinen Spaß, sich die Panels ganz genau anzusehen. Gerade abseits der Action und in den Bildecken sieht das stets weniger detailliert als noch vor 30 Jahren aus. War früher mit flinkem Strich und großzügiger Gravurtechnik so manches Viereck kongenial gefüllt, so herrscht heute oft der Charme alter Fix-und-Foxi-Hefte. Und den richtigen Wumms haben die Rennwagen-Auffahrunfälle und Kloppszenen irgendwie auch nicht. Da fühlt man den Schmerz eher deswegen, weil die Gesichter irgendwie „gebrochen“ wirken.

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„Haha! Alkohol! Der macht gute Laune! Und Italiener bauen Wein an! Mann, den Gag habe ich echt prima verstanden! Ob auf dem nächsten Bild wieder einer kommt?“

Vielleicht bin ich aber auch beleidigt, weil ich mit Rennsport nur dann etwas anfangen kann, wenn er mir als Minispiel in einem RPG verkauft wird – oder gleich bei Mario Kart. Und weil mir das alles so sinnlos vorkommt, kann ich den „Bösen“ auch nicht krumm nehmen, wenn sie mal da ein Schräubchen lösen oder dort eine unnötige Straßensperre errichten. Ist für mich ungefähr so, als würde man sich zu einem zehntägigen Wettfressen „um die Ehre“ verabreden und die Widersacher „schummeln“, indem sie Bulimie-Kranke in ihre Mannschaft einschleusen.

Für jedes nette Detail gibt es stets zwei, die mich stören. Warum haut Obelix den Sklaven(?) bei den Orgien-Liebhabern um, obwohl der nur mit einem Fächer dastand? Lakonische Kloppe jetzt auch schon für Unterdrückte? Und was sollen die ständigen Unterbrechungen à la „Oh, Idefix ist aus meiner Hose gepurzelt“ oder „Oh, wir müssen den ballonköpfig gezeichneten Damen den Reifen wechseln“ oder „Oh, der dritte Fress-Gag in der Kneipe wird bestimmt so oll wie die ersten beiden!“ … ? Wieso interessiert Cäsar sich dafür, ob man die römischen Straßen am Arsch der Heide für schlaglochfrei hält? Und wieso muss Obelix am Ende einen vier Kilometer weit geflogenen Lavabrocken (direkt VOR Asterix‘ Wagen?!) in seinen Krater zurückschleudern? Solche Eskapaden kennt man eher von Uderzos letzten Jahren, wo ihm kein Zufall zu beknackt und keine UFO/Zaubertrank/Atlantis-Magie zu göttlich erschien.


Fazit: Habe ich den letzten Band doch recht wohlwollend aufgenommen, so ärgert mich hier das Dauerfeuer aus ständig aufflammenden und wieder erlöschenden Dauerfeuern doch gewaltig. Story, Kulturanspielungen und Dialoge sind oberflächlich, genauso wie der Sinn der Reise, der sich keine Zaubertrankkelle weit über „Immer schön den Cäsar ärgern!“ bewegt.

Und wenn man gerade nicht weiter weiß, dann steht, fliegt oder latscht wieder irgendwas in den Streckenverlauf und sorgt für KRACKS, RUMMS und KRONK im lautmalerischen Gehörgang. Alternativ ist Obelix dann auch mal zu doof, einem einfachen Straßenpoller auszuweichen.

In etwa so wie die Zeichner einem optischen 1,5-Sekunden-Gag.

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Artikel

von Klapowski am 20.10.17 in Das Test-Labor

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Kommentare (5)

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  1. Donald D. sagt:

    Es wäre vielleicht doch besser gewesen, wenn Uderzo die Rechte an Asterix nicht an andere Zeichner weitergegeben hätte. Schon seine letzten drei Alben waren nicht mehr gut. Das neue Duo lieferte bisher zwar keinen Blödsinn ab wie „Gallien in Gefahr“, aber so richtig gut sind die Dinger auch nicht.

  2. G.G.Hoffmann sagt:

    Vor allem finde ich die Zeichnungen weiterhin bescheiden. Die meisten Figuren werden irgendwie nicht richtig getroffen. Gutemine, Majestix, Methusalix und dessen Frau wirken irgendwie fremd. Insbesondere letztere: bei Uderzo eine Schönheit, hier nur noch auf Schülerniveau gezeichnet. Und der Zeichner (Name bis heute nicht gemerkt) kann es nicht lassen, fast in jedem Bild diese „Schwitztröpfchen“ über Figuren zu malen, die eine Emotion andeuten sollen. Nervt mich total und müßte doch auch dem Zeichner auffallen, daß er dieses Stilmittel inflationär einsetzt.

    Nach dem Uderzo-Bashing der letzten zwei Jahrzehnte verstehe ich auch nicht, daß dem neuen Duo so viel Nachsicht entgegengebracht wird. Erzählerisch ist das in meinen Augen keinesfalls besser als Uderzo (von dessen letzten beiden Bänden abgesehen). Aber wenigstens konnte Uderzo zeichnen. In „Papyrus des Cäsar“ sahen die meisten der bekannten Figuren grotesk aus. Außerdem bestehe ich ganz altmodisch auf die gute alte Maschinenschrift. Dieses Hand-Lettering mit ausschließlicher Großschrift für Dummies finde ich unlesbar.

  3. Susan sagt:

    Schade. Ich dachte, die beiden würden sich eventuell freischwimmen. Das klingt mir sehr nach Design-durch-Komitee. Nicht zu anspruchsvoll, ja nicht anecken und als Plot irgendwas bewährtes. Den Zeichenstil an sich finde ich, soweit ich das von den Bildern hier beurteilen kann, aber wirklich gelungen.

  4. Bolleraner sagt:

    Mit den richtig guten Asterix Bänden aus den siebzigern kann bislang keine der drei neuen mithalten. Das ist aber natürlich auch eine enorm hoch angesetzte Messlatte. Aber auch nicht mit den reinen Uderzoalben „Sohn, Odysee und Morgenland“ können die neuen Geschichten mithalten.
    Ein Pilum möchte ich aber dennoch für den neuen Zeichner brechen. Irgendwann ab „Kreuzfahrt“ oder „La Traviata“ sah Obelix bei Uderzo fortan immer furchtbarer aus. Irgendwie länglicher mit einem unförmigen, ausladenden Doppelkinn. Der neue Obelix kommt nun der gemütlichen, „verdutzt drein schauenden“ Figur der siebziger Jahre wieder erfreulich näher.
    Deswegen kann ich viele negative Kritiken über den Zeichenstil nicht nachvollziehen. Das scheint mir solide Handarbeit zu sein.
    Bei einigen Beschwerden bezüglich des neuen Zeichenstils meint man ja fast man vergleiche Perego mit Scarpa.

  5. DerBeimNamenNennt sagt:

    Zitat:
    „Waren die ‚Pikten‘ und das ‚Papyrus‘ schon Einzelgag-Kaskaden, so hat sich das mit dem Rennwagen-Gerangel nicht wirklich gebessert.“

    Naja, der Papyrus lief immerhin auf einen Abschlussgag hinaus und hatte ein paar sehr witzige Einfälle.

    Aber ehrlich gesagt habe ich mich bei diesem Band gefragt, ob man die Serie nicht wirklich zu einem Abschluss hätte führen sollen. Als Endlos-Serie können künftige Blindgänger doch das Orginal zu sehr töten. Eventuell hätte man das da doch lieber machen sollen wie bei Douglas Adams. Es gab zwar noch einen 6. Band, weil der Autor da was geplant hatte, aber danach ist dann auch gut. Es gibt Gottlob niemanden, der sich jetzt hinsetzt und denkt, er müsste weitere Anhalter-Geschichte produzieren.

    Zitat:
    „Im Ernst, viel weniger plump ist es wirklich nicht.“

    Achja, stimmt. Vielleicht hat das ganze deshalb bei mir so einen seltsam desinteressierten Eindruck hinterlassen – oder liegt es vielleicht daran, dass selbst die Buchhandlung noch reichtlich Exemplare Vorrätig hatte? Und ich habe kurz nach Veröffentlichung gekauft!

    Zitat:
    „Lakonische Kloppe jetzt auch schon für Unterdrückte?“

    Stimmt, da ist mir was aufgefallen gewesen. Aber war halt ein Römer…

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