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„Star Trek – Discovery“ – Eine Zeitgeistbetrachtung aus der Zukunft

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Jede TV-Serie spiegelt ihre Zeit wieder – bewusst, unbewusst oder weil andere Serien gewisse Dinge vorher unbewusst (oder bewusst?) vorgelebt haben. Wie? Schon bewusstlos angesichts dieser bewusstseinserweiternden Erkenntniskaskade? Dann lest bloß nicht den nachfolgenden Text, der – im Gegensatz zu den letzten beiden Trek-Serien – mal ein paar Jahre in die Zukunft zu gehen versucht. Denn wir fragen: Ist es schon heute möglich, die demnächst startende Serie mit den Augen von Biff Klapowski im Jahre 2030 zu sehen?

Doch zuerst ein paar Worte zur Lage der Nuts… – äh… der Nation. Und zwar der Amerikanischen, weil’s besser zu Star Trek passt (Sorry, Frau von Storch):

*Räusper*… Die heutige Zeit ist geprägt von allen möglichen Unsicherheiten – vor allem bei Dingen, die früher als sicher galten: Amerika ist stark, die Bösen sind beherrschbar und Krankenversicherungen kommen aus der Hölle – es sei denn, man ist zufällig krank. Vieles ist (scheinbar oder wirklich) mehr Schein als sein, und je nach persönlicher Neuronalaktivität sind entweder Hillary Clinton oder Donald Trump die Totengräber des Abendlandes, und alle News dazu entweder „Fake“, „Great“ oder „Very talented“.

Die Wirtschaft läuft so halb, aber eigentlich auch nur dann wirklich klasse, wenn man Optionsscheine auf den Derivate-Verkauf termingebundener Triple-Optionen mit 40-fach-Hebel anbietet. Um nur mal ein einfaches Beispiel zu nennen. – Und der Rest der US-Menschheit arbeitet (jedenfalls gefühlt, wenn man Beispiele in Onlineforen liest) in 35 Millionen McDonalds-Filialen oder gleich im Pappkarton-Schlaftester-Business.

Da fragt man sich schon, ob man das auch bei „Discovery“ gespiegelt sieht. Denn das ginge ja schon, wenn wir eine alte Shuttle-Fabrik namens „General Flyers“ sehen würden, die nun verrottet in einem Außenbezirk einer vulkanischen Schrebergartensiedlung dahin rostet.

Bevor wir es vergessen: Hier der nächste Ausschnitt der frischen Serie. Was sagt es darüber aus, dass man sich erst verläuft (UUUH! AAH!) und zwei Sekunden später gerettet wird? Dass erst komische Digi-Musik startet und eine Sekunde später klassische Trek-Mucke? – Ganz klar: Die reale Welt ist eben auch hoch komplex und manchmal widersprüchlicher als ein türkischer Präsident, dem die wirklich schädliche Gül(l)en-Bewegung immer noch aus dem eigenen Mund läuft.

Jede Trek-Serie war ein Spiegel ihrer Zeit. Und im Nachhinein scheint sich stets alles logisch und vorhersehbar entwickelt zu haben, wie kleine Kackhaufen, die Paramount auf die Perlenkette der Geschichtsentwicklung gefädelt hat:

TOS zeigte uns etwas verzweifelt das Gegenteil des Kalten Krieges (und verschob die bekannten Konflikte teilweise etwas plump auf Indianersiedlungen und Westernstädte im Weltraum).

TNG atmete recht bald den Duft des ausklingenden Kalten Krieges und präsentierte alte weis(s)e Männer, die allein durch Reden – und glückliche Geschichtsfügungen bei der Wahl des korrekten Paralleluniversums – zum Erfolg kamen.

DS9 zeigte uns dann im Zeitalter neuer Konflikte („Jugoslawien“ schon mal gehört?), dass doch nicht alles perfekt läuft. Zudem arbeitete man sich noch schnell an den noch offenen Themen ab: Emanzipation der Frau (Kira kam vor Janeway! Und Jadzias Emanzipation war sowieso am allerheißesten…), ein Schwarzer als Commander/Captain, der erste irgendwie lesbische Kuss bei Star Trek, feindliche Eroberer, die nicht einfach mit dem Abspann verschwinden, gewürzt mit Kapitalismuskritik bei den Ferengi, wiederum gewürzt mit 90er-Jahre-Sitcom-“Humor“.

– Für VOY blieb dann nur noch die Frage, als wie selbstverständlich und aufdringlich unaufdringlich man Janeway als gute Führungsfigur würde darstellen können. Eine durchgehende (Polit-)Agenda oder eine intellektuelle Grundaussage ist hier aber wohl am wenigsten auszumachen.

ENT verwandelte sich nach den Terroranschläge vom 11. September 2001 vollkommen und spielte sie dann quasi 1:1 in seiner dritten Staffel nach: Terror vom bombenliebenden Arsch der Welt(räume), ko(s)mische Gruppierungen mit lustigen Sitten und Schweinenasen, wie sie bekanntlich den Taliban zu eigen sind, Folter als Verhörmethode und vermeintlich spannende Grenzerfahrungen. Die ersehnte Einigung in Form einer großen Föderation wurde darüber dann auch einfach mal „vergessen“.

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„Oh, eine arabischstämmige Kugel vernichtet das Zentrum unserer Selbstverständnisses!“ – „Lass uns ein Schiff in ihr chaotisches Territorium schicken, das einfach nur Expanse heißt – weil wir uns nicht so für Geographie interessieren!“ – „Captain Rumsfeld, Captain Bush, das ist eine ausgezeichnete Idee!“

Und Discovery? Diese Serie hat ab JETZT die Aufgabe, unsere heutige Welt abzubilden. Und da hat sie einiges zu tun:

Jeder Hampelmann trägt eine Smartphone mit sich herum und kann mehr oder weniger ungefragt vom diesem zugetextet werden. Die Zeiten, in denen Seriencharaktere also zu einer grässlichen Wandfliese aus Schaumstoff latschen, um dort ihre Befehle abhören zu können, dürften endgültig vorbei sein – auch wenn Kirk das Jahre später wieder so machte… machen wird… – wie auch immer die korrekte Zeitform ab zweieinhalb Reboots gemeinhin lautet.

Und so zeigt uns auch der erste echte Serienausschnitt, wohin die Reise geht: Der Computer im Helm „guckt“ sich den Klingonen im Weltraum an und erzählt dann freimütig, dass er die „Ikonografie“ auf dessen Brust erkannt und analysiert hat. Wir können von Glück sagen, dass die Gesichtserkennung nicht gleich das Facebook-Profil vom Grummelkrieger aufgerufen hat. Gagh-Essensbilder wären wohl kein guter Serieneinstand – zu viele Veganer unter den heutigen Röhrenjeans-Trägern.

Ergo: Spätestens in dieser Serie dürfte man eigentlich keine Angst mehr haben, wenn der Trikorder mal wieder in einer Alien-Pfütze untergegangen ist. Denn die Uniformknöpfe, Haarspangen und Unterwäschelabels dürften sogleich wild plaudernd auf den Verlust des größeren Hilfsmittels hinweisen und selbst mit einem Dutzend Scans einspringen.

Auch wäre es seltsam, wenn es nicht eine gewisse „Spaltung“ der Erdbevölkerung oder der Sternenflottenbelegschaft bei diversen Themen gäbe. Eben zermürbende Diskussionen um den richtigen Kurs. Alles andere würde mich angesichts von Syrien (Staat gegen Volk), Türkei (Staat gegen Volk[er] – und den ganzen Rest) und den USA (Demokraten gegen Republikaner) dann doch verwundern. Vollkommen geschlossen gegen die Klingonen vorgehen? Eher unwahrscheinlich. Ja, die Klingonen selbst scheinen ja in sich auch noch mal gespalten zu sein (nein, nicht die Stirnhöhlen-Riffelung), was ebenfalls passen würde.

Klar, warum sollte es beim Gegner auch besser sein? Boko Haram und der IS haben schließlich auch völlig unterschiedliche Vergewaltigungsvorstellungen. Und glauben die Neu-Klingonen überhaupt an den Klimawandel in Wurmlöchern? Weiß man auch nicht. Noch mehr Konfliktpotenzial.

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„Der zentralreligiöse Rat der dezentralen Defizitären ist nicht einverstanden mit den Plänen des Rats der konservativen Linksliberal-Mordenden!“ – „Klappe, Kang! Sie sind viel zu konkret! Die ersten drei Folgen bitte ich ausschließlich um nebulöse Andeutungen unserer Ziele – die Zuschauer wollen doch mitraten, wie viel Prozent des Rats derart strategisch abstimmen müssen!“ – Wird es zu politisch, ärgert sich der Zuschauer, wird es zu platt, ärgert er sich auch. Schmelzende Plastikohren wird es also auf jeden Fall geben…

Mein Gefühl sagt mir, dass wir die früher viel diskutierten „Auseinandersetzungen“ der DS9-Charaktere schon bald als Witz früherer Debattierclubs ansehen werden – mit dem Ferengi Rom als Vorsitzenden, um dieses nette Bild komplett zu machen.

Spätestens nach einer Staffel „Discovery“ wird man sich umdrehen und sagen: „Ui, da haben sie aber viel aufgegriffen! Man weiß, wie die Födi-Demokratie funktioniert, wann man einen Befehl verweigern darf und was passiert, wenn der Präsident höchstselbst einen Luftschlag auf einen Kindergarten der Aliens anordnet. Nur die Transporter-Unfälle und Holodeck-Vorläufer – die sind immer noch scheiße unlogisch.“

Das muss sogar so sein. Auch unabhängig von der Weltlage. Denn jede moderne Dramaserie arbeitet heutzutage mit den Mitteln sich laaangsam aufbauender Konflikte. „Planet der Woche“ ist out, stattdessen wird die Laune von Pablo Escobar mit jeder Staffel „Narcos“ immer schlechter, Walter White sammelt fleißig Rück- und Tiefschläge, um darüber immer „böser“ zu werden, während man bei „Game of Thrones“ das Prinzip „Wer will was – und warum überhaupt?“ zur Königs(haha!)disziplin erhoben hat.

In „American Gods“ und „Preacher“ sucht man dann auch gleich nach den Göttlichsten (aller Streithähne), weil das Geplänkel auf der Erde den Machern/Zusehern schon lange nicht mehr ausreicht. Ob in der realen Politik oder in Comicverfilmungen: Überlebensgroße Hassfiguren, ob nun hektisch oder ganz gemütlich präsentiert, prägen das Bild. Und ein Konflikt, der erst mal schwelt, wird uns mindestens(!) eine Staffel lang beschäftigen – mir fällt nicht eine aktuelle Erfolgsserie ein, bei der das anders wäre. Ja, es mag sein, dass „Discovery“ uns ab und zu ein abgestürztes Shuttle im blau beleuchten Alien-Dschungel zeigen wird, aber die Gespräche der Verunglückten kenne ich quasi jetzt schon: „Wir müssen immer noch zur Konferenz auf Klingon Prime II, sonst war alles umsonst!“ – „Ja, diese verfluchte Zentralbank mit ihren Niedrigzinsen!“

Ganz klar: In zwanzig Jahren wird man auf Discovery ebenfalls schmunzelnd zurückblicken. Wie typisch doch die vielen blauen LEDs für die damalige Zeit waren, wie sehr gefangen zwischen tolerant-offen (jaaa, der erste Homosexuelle bei Star Trek!) und verstritten-kleinkariert die Charaktere doch waren.

Und einerseits war 2017 durch die (Computer-)Technik im Trek-Universum viel mehr machbar, an das man früher einfach nie dachte, auf der anderen Seite hingegen wird man 2037 diese seltsame 8. Episode diskutieren, in der ein gewisser Mudd sein erstes Geld mit einem YouTube-Channel verdient (= düstere Eyeliner-Schminktipps, presented bei Rossmann).

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Danke Schätzchen. Ich fühle mich schon viel sicherer mit deinem Untertitel an meiner Seite… – Wie sehr sich die Zeiten gewandelt haben, sieht man schon an Kleinigkeiten. Oder könnt ihr euch vorstellen, dass Fähnrich Kim oder Riker jemals so „episch“ im Weltraum gehangen hätten, einen ganzen Raumanzug mit Helfersyndrom ausfüllend? In heutigen Zeiten muss es eben immer EINE Person sein, auf deren Schultern die Last liegt. Nämlich Hulk.

Schade nur, dass man sich in 20 Lenzen nicht über die Effekte wird aufregen können. Die werden nämlich 2018 schon altbacken und zu klinisch wirken.

Wie auch immer – ich freue mich jetzt schon auf die Rückbetrachtung!

Natürlich nur echt auf „www.zukunftia.mars“.

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von Klapowski am 11.09.17 in Star Trek: Discovery

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Kommentare (13)

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  1. Susan sagt:

    Sehr guter Artikel. Das mit Enterprise hab ich damals gar nicht mitbekommen. Ich hab die Serie in der ersten Staffel aufgegeben und erst Jahre später wieder bei den Wiederholungen reingeschaut.
    Discovery… wird hoffentlich besser und erfolgreicher. Ansonsten könnte das Franchise diesmal wirklich tot sein.
    Ein paar Ungereimtheiten wegen der Technologie, die es zu TOS-Zeiten nicht geben dürfte, find ich übrigens zu verschmerzen, auch wenn ich ein old-school-TOS Feeling für die Serie lieber gehabt hätte. Heute ist ja eh schon alles retro.

  2. Donald D. sagt:

    Klapo, Du warst auch schon lustiger. Die meisten Wortspiele sind mir zu plump. Das kannst Du besser! Aber eventuell war es auch ein Fehler, eine Serie auseinanderzunehmen, die noch nicht mal angelaufen ist. Genausogut könntest Du Dich über Star Wars Episode XXXI auslassen. (Der könnte ja ausnahmsweise mal wieder gut sein, weil bis dahin alle jetzt Beteiligten wohl tot sein werden. Ich allerdings vermutlich auch, wenn ich richtig rechne.)

    • Klapowski sagt:

      Ah? Dabei sollte es nicht mal besonders lustig sein.

      ICH und Susan (die ich für eine sehr kluge und talentierte Donald-D.-Nachfolgerin halte) interessieren uns nun mal auf intellektueller UND objektiver Ebene sehr für Dramaturgie und die Kunst des zeitlosen Geschichtenerzählens. Und dass sich da in den letzten Serienjahren viel getan hat, sieht man jetzt ja auch ohne offiziellen Serienstart überdeutlich.

      Klar kann man immer behaupten, dass es „zu früh“ für derlei Texte sei, aber da wir hier immerhin auf seitenlange Kulissen-, Schiffsaussehen-, Schauspielerauswahl- und Effektanalysen verzichten, sei uns der kleine Blick über den Popkultur-Tellerrand erlaubt.

      Und „Auseinandergenommen“ ist ja hier auch noch nichts. Es geht weiterhin um die wenigen (und sich ständig wiederholenden) Trailer-Ausschnitte der letzten Monate. Als offizielle Niederlassung der „Stiftung Trailertest“ (man verzeihe mir das plumpe Wortspiel) will man da natürlich nicht hinter unseren Erzfeinden von http://www.treknews.de zurückfallen.

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    • G.G.Hoffmann sagt:

      Für ein Star Trek Review ist es grundsätzlich nie zu früh. Letztlich haben sich Klapos Prognosen immer als irgendwie zutreffend erwiesen. Oder läuft ENT vielleicht noch? Na also.

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    • Donald D. sagt:

      Hä? Wie? Was? Eine Rezension auf Zukunftia, die nicht lustig sein soll? Das ist ja ein Oxymoron! Ich habe auf dieser Seite Rezensionen zu Serien gelesen, die ich selbst nie gesehen habe, einfach weil sie so toll geschrieben waren. Es wäre ja sehr schade, wenn Klapo und Spark jetzt einen auf ernste Schiene machen. Dann kann ich mir die Rezensionen auch auf den ganzen 0815-Trekseiten durchlesen. Ich will aber lachen und das kann ich nur hier, während auf den Trek-Seiten praktisch jede Folge gut ist und alles in den Himmel gelobt wird. Mann, ich kann nur hoffen, daß die neue Serie so richtig sch**** wird, weil dann Klapos Rezensionen am besten waren.

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  3. Klink sagt:

    @Susan
    Star Trek wird als Franchise niemals wirklich tot sein, sondern wie in den letzten Jahren als Untoter fortbestehen. Alle paar Jahre wird es durch Fanblut bzw. Hoffnungen neu belebt werden und sein Haupt erheben, bis die Einschaltquoten schließlich den Pflock durchs Herz treiben. Im Zweifelsfall kann man immer noch alle zwei Jahre einen neuen Film aus der Hand eines Jungregisseurs in die Kinos bringen, um schwarze Zahlen zu schreiben. Früher waren die Filme nettes Begleitmaterial zu den parallel laufenden Serien, heute ist es eher umgekehrt – mit dem Unterschied, dass die Reboot-Filme in einem abgekoppelten Sicherheitscontainer als Ersatzkanon stattfinden.

    Ich kann mir nicht helfen, aber noch nie hat mich das Vorabmaterial einer neuen ST-Serie so seltsam kalt gelassen. Bin ich zu alt? Bin ich etwa zu oft enttäuscht worden? Vielleicht bin ich ja auch nach all den Jahren immer noch nicht über das katastrophale ENT hinweggekommen. Ist mir bis heute schlicht unbegreiflich, wie man ab 2001 mit diesem Budget, der besten Sendezeit und allen technischen Möglichkeiten solch einen abgestandenen 90er-Jahre-Stuss produzieren und ganze vier Staffeln lang durchwurschteln konnte. Mit der Einschaltquote allein der ersten Staffel wären andere Produktionen kurzerhand eingestellt worden. Eine neue ST-Serie müsste erst einmal erfolgreich in der Serienwelt des 21. Jahrhunderts ankommen, was ENT damals – aus bekannten Gründen – nicht geschafft hat. Über die kommenden Plots von „Discovery“ wissen wir noch nichts, aber wir wissen zumindest grob, was wir nicht mehr sehen wollen. Das allein ist schon eine Menge. Im Monatstakt erscheinen zurzeit neue Serien, und vielleicht hat der Slogan „neue ST-Serie vor Kirk“ auch deshalb in meinen Ohren keinen allzu werbenden Klang mehr. Die ganze Prequel-Versessenheit, die das Franchise seit Jahren im Griff hat, ödet mich inzwischen nur noch an. Was habe ich vor über zehn Jahren noch gelacht, als Gerüchte über eine mögliche Serie mit Captain Riker an Bord der USS Titan laut wurden! Inzwischen würde ich selbst Silberlocke Frakes auf seiner Reise ins 25. Jahrhundert lieber zusehen als einem erneuten ‚Übergriff‘ in die Vergangenheit des Kanons, der den Machern doch eigentlich am Arsch vorbeigeht. ENT hat doch auch alles andere getan, als die kanonischen Lücken der offiziellen Chronologie aufzufüllen. Statt Romulanerkrieg gab’s ein wenig Cyberterrorismus in miefigen Kulissen, und über den Xindi-Quatsch als War on Terror-Substitut brauchen wir gar nicht erst zu reden. Die erneute Verortung in der Prä-Kirk-Ära (auch das kann ich nicht mehr hören) hat m.E. keine dramaturgische Funktion, sondern dient allein dem stilistischen Anschluss an die Reboot-Filme, weil die Zuschauer bei einem Nach-Nemesis-Szenario möglicherweise keinen Einstieg finden würden. Hier geht’s um reine Publikumsbindung, bei der TOS-Fans gerne mit einkalkuliert werden, sonst nichts. Auch das Neudesign der Klingonen knüpft doch mehr an Reboot-Trek an als an frühere Designs. Die lächerlichen ENT-Erklärungen für das Aussehen der Klingonen erscheinen im Nachhinein doppelt absurd …

    Nein, mich lässt das reichlich kalt; große Hoffnungen habe ich einfach nicht mehr. Sollte „Discovery“ scheitern, wird man eben weitermachen wie bisher und eines Tages den nächsten Versuch starten, mit ST auf dem Serienmarkt anzukommen. Die Konkurrenz ist groß, wenn auch nicht gerade im Scifi-Genre. Ich werd’s mir wohl oder übel anschauen, keine Frage, aber Klapo lasse ich gerne den Vortritt, sich auf die Handgranate zu werfen. Die Rezension aus seiner Feder lese ich besser zuerst und entscheide dann. Hat bei den letzten ST-Filmen auch funktioniert. Nur fand ich die drei Filme allesamt Scheiße …

    • G.G.Hoffmann sagt:

      Aber nun warte doch noch die 12 Tage ab… Ich bin mir sicher, DSC wird sich irgendwie in das Franchise einfügen, so wie man sich auch an ENT gewöhnt hat. Sollte die Serie ein Erfolg werden, wird man das irgendwie alles erklären. Und falls nicht… auch. Vielleicht sehen wir sogar in DSC eine Constitution-Klasse, möglicherweise sogar die Enterprise, mit einem zeitgemäß aufgepimpten Brückendesign.

      Man hat sich offenbar zum Ziel gesetzt, die Serie kinomäßiger aussehen zu lassen, sowohl von der Kameraführung und Beleuchtung wie auch vom Sendeformat, das nicht einmal 16:9 ist, sondern Richtung Breitwand geht (also auch auf 16:9-TVs mit schwarzen Streifen oben und unten). Das bedingt zwingend eine weniger helle Beleuchtung als wir sie in TOS und TNG hatten. Auch in „Treffen der Generation“, der noch auf der alten Enterprise-D spielte, wurden die Kulissen und Beleuchtung geändert, obgleich der Film unmittelbar nach der letzten TNG-Folge im TV spielt und produziert wurde. Daran hat sich niemand gestört.

      Ich bin auch nicht glücklich über den gewählten Zeitrahmen, zumal man sich nicht „kurz vor“ TOS befindet, sondern unter Berücksichtigung von „Der Käfig“ und dem bekannten Hintergrund der Enterprise-Crew vor TOS eigentlich mitten in dieser Zeitlinie. Sämtliche Schiffe und Charaktere, die wir aus TOS kennen, waren auch zu DSC-Zeiten schon im Dienst. Besser wäre in meinen Augen ein Anschluß an „Das unentdeckte Land“ gewesen, wofür der hinzugezogene Nicholas Meyer eigentlich stehen sollte.

      Nun „müssen“ wir aber mit dem leben, was uns präsentiert wird. Es wäre ja nicht die erste Star Trek Show, die sich erst entwickelt und verändert. Die neuen Klingonen werden notfalls wieder umgeschrieben (war dann eben nur eine andere, bislang unbekannte Rasse vom südklingonischen Kontinent A’FRI’QAH!), die abweichenden Uniformen und die scheinbar zu moderne Technik werden ebenfalls erklärt oder stillschweigend wieder eingestampft. Wer hat sich denn bei ENT später noch darüber aufgeregt, daß die Computertechnik erkennbar moderner schien als jene in TOS, aber dennoch kaum fortschrittlicher als PCs und Notebooks aus dem Jahr 2000?

      Das Technikdilemma wird man nie lösen können. Die IT-Technologie schreitet seit 40 Jahren rasend voran. Alles, was in SciFi-Serien präsentiert wird, wirkt schon wenige Jahre nach Ausstrahlung altbacken. Da muß man schon so geniale Ideen wie das Holodeck haben, um auch noch in Jahrzehnten der machbaren Technik voraus zu sein.

      Entscheidend sind für mich letztlich die Geschichten. Wird es Star Trek gelingen, unterhaltsam und modern zu erzählen, jenseits des „Aliens der Woche“ und endloser Phaserkämpfe? Das ist es, was mir angesichts der bisherigen Trailer Sorgen bereitet. Denn was sieht man in den unendlichen Weiten als erstes? Raumschiffe im Phaserkampf, wahrscheinlich auch erneut die Enterung der Schiffe durch Aliens. Wenn etwas DSC das Genick brechen wird, sind es die wieder einmal lahmen Stories und nicht der Look und der Zeitrahmen.

      Antworten
  4. Tabularius sagt:

    Das die Serie wohl einen Ark-plot haben wird (eine Folgen- oder Staffeluebergreifende Handlung) stoert mich ganz gewaltig.
    Ich glaube auch nicht das es der Serie gut tun wird. Die vorherigen Serien haben enorm davon profitiert das man flexibel auf die Zuschauer und die Weltereignisse reagieren konnte und nicht an einem Plot festhalten musste, den im zweifelsfall eh niemanden interesiert.

    Ganz davon abgesehen bin ich immer noch der Meinung das diese Ark-Serien reinstes russisches Roulette sind. Fuer jede Story die halbwegs zufriedenstellend endet, gibts 5 die spaetestens am Ende alle bloed finden.

    Fuer mich ist eine Star trek Serie ohne Planet/Anomaly of the week, wie McGyver ohne technikimprovisationen.

    Ich werd sicherlich die ersten 1-2 Folgen schauen, aber wenn bis dahin nichts passiert ist wars das wohl. Und ewiges vages Andeuten reicht da nicht aus!

    • G.G.Hoffmann sagt:

      Bei DS9 oder ENT kann man viele Episoden aus der sechsten/siebten bzw. dritten/vierten Staffel aber auch schlecht alleine schauen, weil die meisten dieser Folgen jeweils Cliffhanger aus einem größeren Handlungsbogen sind. Die in einer, maximal zwei Episoden abgeschlossenen Handlungen hatten nur TOS, TNG und VOY.

      Es gibt heute kaum noch eine Serie, die nicht auf episodenübergreifende Handlungen setzt. Das ist bei Serien spätestens seit den 80er Jahren eher untypisch. Schon „Dallas“ und „Denver Clan“ setzten darauf, daß man der Handlung nur folgen konnte, wenn man ständig dran blieb.

      Bei einer Serie über Raumschiffe, die ständig in einem anderen Sektor unterwegs sind, ist es allerdings schwer, eine durchgehende Handlung zu schreiben. Das hat deshalb auch nur bei der stationären Raumstation DS9 funktioniert. Ich denke deshalb, daß die Geschichten auch weiterhin eine A- und eine B-Handlung haben werden. Der eine Handlungsstrang versucht sich an einem roten Faden, der jedoch mehr auf der persönlichen Ebene der Charaktere zu suchen ist, der andere erzählt die Einzelgeschichte der Woche, der sich aus dem jeweiligen Einsatzort des Raumschiffs ergibt. Vielleicht wird man die Verhältnisse von A- und B-Story umkehren. Früher war es ja immer so, daß die A-Story die Haupthandlung war („Alien der Woche“) und die B-Story der quersitzende Furz irgendeines Besatzungsmitglieds. Die Charaktere entwickelten sich nur zögernd innerhalb der wöchentlichen Einzelhandlungen.

      Vermutlich werden sich heute mehr die A-Stories um die Charaktere drehen und die B-Stories um die äußeren Umstände. Ist ja bei Game of Thrones ähnlich und sehr erfolgreich (wenn auch mitunter etwas langatmig, weil es nicht vorwärts geht). Das persönliche Schicksal der Besatzungsmitglieder wird im Vordergrund stehen; drum herum dreht sich die Welt. Wie im wirklichen Leben. Das liegt den meisten Zuschauern zur Zeit näher. Über das Privatleben und die Befindlichkeiten der früheren Crews hat man im Verhältnis zur jeweiligen Produktionsdauer ja nur herzlich wenig erfahren (was weiß man über Scotty, Chekov, Riker und Co.? Nicht viel außer Clichés: Whisky, Posaune und Wodka).

      Antworten
  5. Bergh60 sagt:

    tach auch !

    Ich plädiere für dei Bezeichnung STD (StarTrekDiscovery)

    Alles andere ist gesagt.
    Lasset das Internet die Folge verfügbar werden !
    [Theatralisch die Arme heb.)

    BTW: Soooo schlecht wie in der Retrospektive war
    STENT gar nicht. [Mit dem Fuß aufstampf]
    Immerhin war es besser, als die durchschnittlichen JJA Trek Filme.

    Gruss BergH

  6. DerBeimNamenNennt sagt:

    „Boko Haram und der IS haben […]“

    Da sollte aber noch mal jemand googlen.

    „Mein Gefühl sagt mir, dass wir die früher viel diskutierten ‚Auseinandersetzungen‘ der DS9-Charaktere schon bald als Witz früherer Debattierclubs ansehen werden“

    Ein echter Debattierclub läuft aber anders.

    Allgemein ist das schon richtig. Die Gesellschaften sind zerspaltener. Zwischen Globalisierungsgegnern und Globalisierern. Wobei es erstere inzwischen in nationalen und internationalen Geschmacksrichtungen gibt…
    Das wird die Serie natürlich exakt gar nicht widerspiegeln, weil zu anspregend und zu problematisch. Stattdessen viel Action und nachte Haut, dass die Zuschauer bei Laune hält.

    • Klapowski sagt:

      > „Boko Haram und der IS haben […]“

      >> Da sollte aber noch mal jemand googlen.

      Habe ich gerade auf einem Offline-Device (einem alten Holzscheit) gemacht – und muss mich tatsächlich entschuldigen. Die haben noch nie jemanden vergewaltigt; jedenfalls hab ich nix dergleichen gefunden. Mein Fehler also.

      „Ein echter Debattierclub läuft aber anders.“

      Auch da lag ich wirklich falsch.

      Ich hatte es mit einem „Rabattmarkenclub“ verwechselt und wollte ursprünglich aussagen, dass da Papierscheren getauscht werden! Zum Glück ergibt mein obiger Artikel aber zufällig auch dann Sinn, wenn man davon ausgeht, dass in einem Debattierclub debattiert wird – und man das eben auf das Debattieren über die Serie DS9 überträgt.

      (Ohne Flachs jetzt, meint ihr solche „Berichtigungen“ wirklich ernst?)

      Antworten
    • DerBeimNamenNennt sagt:

      @Klapowski:
      Ich bezog mich darauf:
      „Vor etwa drei Monaten hatte Boko-Haram-Anführer Shekau verkündet, dem IS-Chef Abubakar al Baghdadi die Treue zu schwören: Eine organisatorische und finanzielle Allianz des Terrors ist enstanden.“
      http://www.deutschlandfunk.de/boko-haram-und-is-unheilvolle-allianz-in-nigeria.799.de.html?dram:article_id=322536

      (Ohne Witz: Mein Kommentar war außergewöhnlich schwach, das gebe ich zu. Aber Discovery wird wahrscheinlich auch sehr schwach, da passt es wieder…)

      Antworten

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