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„Passengers“ – die Kritik zum Weiterschlafen

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Und wieder ein Haken, den ich an den neuesten Science-Fiction-Film setzen kann (*mit Schlachthaus-Haken wink*). Nicht, dass ich mir von Chris Pratt (= Chris Pine für Nichttrekkies) und Jennifer Lawrence (= Die Bogenhalterung aus „Hunger Games“) besonders tiefgründige Unterhaltung versprochen hätte, aber seit ein paar Jahren lohnt es sich durchaus mal, SF-Streifen nur wegen des frischen Looks anzusehen. Sie dürfen halt nur nicht von J.J. Abrams sein, dann gibt es durchaus mal was zu staunen.

INFORMATIONEN:

Regie: Morten Tyldum
Jahr: 2016
Budget: 110 Mio Dollar

, „Passengers“ – die Kritik zum Weiterschlafen
Der Wachmacher von einem Film

Inhalt: Auf einer Reise zu einem fremden Planeten erwacht ein einzelner Mann aus dem Hyperschlaf – und bemerkt, dass er mehrere Jahrzehnte allein auf dem Schiff wäre, wenn er nichts dagegen tut. Zusammen mit einem Roboter-Barmann beschließt er also einen wagemutigen, völlig vorhersehbaren Plan.

Besprechung:

So einen Style lasse ich mir in SF-Filmen heute gerne gefallen – ja, sogar auf die blanken Fußsohlen dürft ihr mir diesen Look schlagen, wenn ihr wollt! Die Sets sehen nicht nur groß und über(durch)dacht aus, sie sind es auch. Wer sich beim Sehen fragt, wie man denn der gute(?) Herr Greenscreen all die hohen Decken so schön einfügen … äh … inkludieren konnte , der muss sich sagen lassen, dass vieles hier echte Handarbeit ist. Und das sieht man: Die Einkaufspassagen wirken wie abgerundete Konsumtempel der Jetztzeit (ohne Douglas). Alle Farben, Wände und Kulissen entsprechen zudem dem „Goldenen Genre-Schnitt“: Nicht zu dunkel, nicht zu kitschig, nicht zu überladen, nicht zu trostlos. Würde man mir das hier als neuen Föderations-Schiff anbieten, so würde ich zwar erst über den sinnlos verschenkten Platz meckern, mich dann aber doch von „Quarks hipper Sushi-Bar“ verzaubern lassen.

Schade nur, dass vieles auf dem zweiten Blick wenig Sinn ergibt. Das fängt damit an, dass das Schiff ja nur zum Transport von schlafenden(!) Siedlern konzipiert ist und es somit seltsam wirkt, wenn diese sich kurz vor der Ankunft noch mal kurz in 500-Metern-Vergnügungszentren aufhalten sollen. Und selbst, wenn der Luxuskreuzer genau so auf dem fremden Planeten abgestellt würde, würde ich die ganzen Karaoke(!)-Holoräume eher in der hinterletzten Kiste im Lagerraum vermuten, also erst hinter den landwirtschaftlichen Maschinen, Bohrgeräten und dem Bereich mit den zwanzig Schaufelbaggern. Denn mit dem, was hier gezeigt wird, wirkt die ganze Mission eher wie ein einjähriger Selbstfindungstrip einer Künstlerkommune, die sich mal zur Abwechslung von den hippen Stadtteilen von Köln abwendet, um in den hippen Stadtteilen von Berlin neue Grüner-Tee-Impulse zu finden. Spürt ihr auch den Warp-Flooooow, Brothers?

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„Okay, jetzt sind wir BEIDE wach und ganz allein, Mädchen… Fällt dir nicht was ein, was wir da machen könnten?“ – „Du könntest das Schiff reparieren. Hast du nicht mal als Kind was gelötet?“ – „Aber… Aber… Das würde doch MINUTEN dauern! Nachdem wir die Störungen erst wochenlang weiter ignorieren.“ – Abgesessen: Die Dame rechts ist eine bekannte Profiautorin und als solche prädestiniert, der Handlung eher reserviert gegenüber zu stehen.

Und das ist leider auch das Hauptproblem des Films: So toll der Roboter-Barmann auch rüberkommt und so genial der Swimmingpool auch aussieht, in dem man (bis in) den Weltraum kraulen kann, so fragwürdig sind eben diese Details des ganzen Unternehmens. Ja, hiergegen wirkt selbst die Enterprise D wie ein schmieriger Öllasttanker. Man kann z.B. auch als Nicht-Crewmitglied mit einer Seilwinde außen am fliegenden Schiff rumtorkeln (noch mal: Warum?!), um sich das Vakuum um die Nase wehen zu lassen. Andererseits soll aber ein paar Tausend Dollar dafür bezahlen, der Erde eine popelige Unterlicht-Grußbotschaft zu schicken – die erst nach vielen Jahren ankommt. Für was sollen die Siedler noch bezahlen? Für Schlafsäcke am Zielort, nachdem sie wochenlang gratis das Holodeck nutzen durften?

Bei all diesen seltsamen Design- und Logikentscheidungen war der fiktive Schiffsdesigner wohl deckungsgleich mit dem Typen, der uns diesen Film (als cool) verkaufen wollte.

Nicht falsch verstehen, der Anfang des Geschichte ist super: Mit stetigem Zuwachs an Bart und Langeweile stochert die Hauptfigur in seinem ewig gleichen Frühstück herum (das „teure“ bekommen auf einem Milliarden Dollar teuren Schlafkreuzer nur die besseren Gäste, warum auch immer) und abwechselnd klopfen Wahnsinn und übertriebener Eifer an. Das gibt natürlich Bonuspunkte auf der „Wie würde ich wohl reagieren?“-Skala. Sehr schön gemacht, sehr intim, sehr legitim! Richtig durchschnittlich wird es erst, als Jennifer Laurence in diesem „Rumlunger Games“ erwacht und sich nach einigem Hin und Her verliebt. Das wird dann kitschig, glitschig und auf der Romantik-Skala eher … mitsch… mittig.

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„Wir kommen in diesen Raum nicht rein, ich habe alles versucht.“ – „Äh, das ist kein Raum, sondern ein Fenster zum Weltraum.“ – „Oh, da haben wir ja Glück, dass uns nicht der Captain erwischt, haha. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ausgerechnet er auch aufwach… – Oh, ich höre Schritte auf dem Gang. Und ein … Holzbein?!“ – Alles nur Zufa(i)ll: Einige Entwicklungen sind schon schwer zu schlucken. Ungefähr so, wie Jahrzehnte Jahre altes Trockenfutter aus dem Kantinenautomaten.

Nach dem viel zu kurzen Auftritt von Laurence Fishbourne geht die Glaubwürdigkeit dann leider völlig in den Hyperschlaf: Ein gerösteter, dann tiefgekühlter und eher sauerstoffarmer Mann sieht nach einigen Sekunden wieder so aus, als hätte man ihn für ein Unterwäsche-Fotoshooting aus dem Space-Ei gepellt. Ganz zu schweigen davon, dass die Störungen auf dem Schiff einen sooo profanen Grund haben, dass man sich fragt, warum man die ganze Zeit bereitwillig mit der vom Film bereitgestellten Glanzlack-Politur gegurgelt hat. DAFÜR? Wobei der läppische Rechnerfehler dramaturgisch noch zu verkraften wäre, wenn er denn schwerer zu beheben gewesen wäre. Viel mehr als „Diskette auf links drehen“ ist es am Ende wirklich nicht – natürlich mit den üblichen Zusätzen (Feuer aus der Steckdose, Vakuum aus dem Wasserhahn, Explosionen aus der Kugelschreibermine), die es etwas spannender machen sollen.

Im Finale erwartet uns dann Kitsch pur – Weinkitsch, Flennkitsch und „Du musst dich jetzt entscheiden, hust, hust!“-Kitsch. Und plötzlich laufen auch Hühner(!) herum, die vorher noch keine Rolle spielten. Waren die schon die ganze Zeit da? Hat der Held sie nicht schon nach ein paar Monaten rausgeholt (aus der Packung?), wo er sich doch sooo einsam fühlte? Gab’s auch anderes Viechzeug? Waren die Eier im Frühstücksautomaten schon etwas zu … befruchtet? Wie viel Langeweile GENAU hatte denn unser Held in dem Jahr, in dem er alleine war?

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„Na toll… Gefrostet, erstickt, erhitzt, rumgewirbelt und entliebt… Und wer muss sich jetzt wieder sekundenlang um dich kümmern, bis du wieder fit bist? Icke.“ – Wenn es ein akuter Haarspray-Notfall wird: Ein paar mehr Konsequenzen hätte das Handeln der Figuren ruhig haben können. Und gegen 30 Sekunden, wo man sieht, wie Chris Pratt durch die ganze Station geschleift wird, hätte ich wenig gehabt. Doch geschliffen werden nur die Dialoge…

Spaß machte die epische Reise in der ersten Hälfte trotzdem: Der Film lebt von geweckten Erwartungen, die sich dankenswerterweise erst spät verflüchtigen. Ähnlich wie ein Besuch einer beliebigen Veranstaltung (Jahrmarkt, Kino, sensible Urologin…), der erst dann unangenehm wird, wenn man sich umdreht und sieht, dass man nur von Karrusselschubsern und johlenden Honks umgeben ist. Aber wenn man bis dahin genug Bier getrunken hat, übersteht man das letzte Drittel auch noch auf der linken Arsch(filmlogik)-Backe.

Und auch der ranzige Schriftzug „Es gibt einen Grund, warum sie aufgewacht sind“ auf dem Promoplakat darf man getrost in die Marketing-Ecke verweisen. Der einzige „Grund“ lässt sich hier mit etwas zusammenfassen, das Elektriker nach einer Stunde von sich geben, nachdem sie ein Dutzend Geräte um sich verteilt – und selbst langsam keinen Bock mehr haben.


Fazit: Solche Werke machen es dem Genre nicht leichter: Neben „Life“, „Alien Covenant“ und „Arrival“ ist dies hier der vierte SF-Film in Folge, der es mal mit ernsteren Tönen versucht und uns nicht mit Dauerexplosionen und (gewollt) doofen Sprüchen hinter’m Marvel-Universum hervorlocken will. Eigentlich sollte man so etwas ja durch seinen Augen- und Ohrenbesuch unterstützen – doch am Ende ist zumindest „Passengers“ doch nur Pseudoinnovation im hüftsteifen Hollywood-Korsett. Da kann auch die gewohnt ausdrucksarme Jennifer Lawrence nichts dran drehen.

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von Klapowski am 28.05.17 in Filmkritik

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Kommentare (9)

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  1. G.G.Hoffmann sagt:

    Ich habe den Film noch nicht gesehen, weshalb ich von dem Review nur das Fazit gelesen habe. Gilt das denn auch für Leute wie mich, die es generell total knorke finden, wenn Menschen durch lichtdurchflutete Raumschiffe latschen und ausnahmsweise nicht von Aliens oder mysteriösen Phänomenen aufgezehrt werden?

    Ich mag ja lieber „Moon“ als „Event Horizon“, lieber „Der Marsianer“ als „Sun“.

    Obwohl (oder weil) der Weltraum so unendlich viele Erzählmöglichkeiten bietet, ist SciFi als abgeschlossener Film eine schwierige Materie. Was kann man in 90 bis 120 Minuten schon verpacken? Ein Alien, eine Rettungsmission, ein unerklärliches Phänomen. Für eine ausgefeilte Charakterstudio oder ein menschliches Drama muß man nicht unbedingt in den Weltraum. Raumschiffe bieten nur einen begrenzten Raum für die Erzählung, fremde Planeten enden hingegen heutzutage immer in sinnlosen CGI-Schlachten mit hilflos vor Greenscreens agierenden Schauspielern.

    2001, Star Wars, Star Trek, Alien, Contact. Mehr SciFi geht nicht. Alles andere waren nur Variationen.

    • Gumril sagt:

      Schwer zu sagen „Der Marsianer“ fand ich schon weit besser als diesen Film hier.
      Das Problem ist wie Klapowski richtig sagt der Anfang ist recht gut gemacht und man rätselt; überlegt noch schön mit was er alles anstellen wird um dann in der Mitte des Films einfach auf Titanic um zu schwenken und zu vorhersehbar zu werden.
      Mich hat ja nur gewundert das am Ende nicht noch Kinder rumgetollt sind auf dem Schiff.
      Am Ende ist es weniger SciFi als mehr Beziehungs- und Problem Film.

      Antworten
    • Klapowski sagt:

      „Gilt das denn auch für Leute wie mich, die es generell total knorke finden, wenn Menschen durch lichtdurchflutete Raumschiffe latschen?“

      Vielleicht … ja.

      Hast du denn noch diesen Mensch mit diesem großen Brustumfang an deiner Seite? Der, der immer meckert, wenn du abends zu viel arbeitest oder zu viel Bier (aber zu wenig Rotwein mit IHM) trinkst?

      Wenn, ja, WENN du mit diesem speziellen Menschen noch zusammen bist, dann solltest du das als idealen Paarfilm betrachten. So eine Art Meg-Ryan-Film für Leute, die auch saubere Raumschiffe mögen. Denn zumindest am Ende wird es eher kuschelig statt eklig, herzerwärmend statt antriebserhitzend, romantisch statt roh.

      Könnte also was sein für deine/eure zarte Seele.

      Antworten
    • G.G. Hoffmann sagt:

      Dann ist der Film für mich gebongt. Meg Ryan war ja mein weiblicher Lieblingsstar in den 90ern. Z.B. in „French Kiss“. Und in, äh… „French Kiss“. Die Bluray (bitte nicht die grauenhafte DVD anschauen) läuft bei mir ja in Dauerschleife. Wobei Jennifer Lawrence ja jetzt eher aussieht wie Renée Zellweger, die ich total mochte in „Unterwegs nach Cold Mountain“ und in, äh… „Unterwegs nach Cold Mountain“.

      Antworten
  2. Cronos sagt:

    Ich fand den Film langweilig. Nicht schlecht, aber leider langweilig. Aber ok, die erste Hälfte ist dann ja noch ganz ok.

  3. ZZZ sagt:

    Dann doch lieber Knallbängbunt wie GotG 2, auch wenn ich den Teil etwas schlechter fand als den ersten. Gibs davon noch ein Review?

  4. EA-Loyalist sagt:

    Der Film war als eine Art Psychodrama gar nicht mal übel. Das größte Logikproblem war aber Folgendes: die Roboter an Bord machen alles, wirklich alles. Es gibt aber keine Wartungsroboter für das Schiff, insbesondere den Maschinenraum???

  5. BigBadBorg sagt:

    Ich mochte ihn sehr, das Design des Schiffes war toll! Die Sets, die Stimmen des Schiffs (Englisch, habe die Deutsche Fassung noch nicht gesehen), die unaufgeregte Kameraführung, das alles sagte mir sehr zu. Die Logiklöcher habe ich gekonnt ignoriert.

    Das Happy End war irgendwie komisch, nach dem Konflikt wirkte es zu aufgesetzt. Alles wieder gut, nach so einer Scheiße? Weiß nicht…

    Was wiederum genial war, war das Ende am Ende. „88 Jahre später“, ich musste über beide Ohren grinsen als der Captain den Grand Concourse betritt.

    Der Film entließ mich mit einem muckeligen Gefühl meine Zeit nicht verschwendet zu haben.

  6. Bergh60 sagt:

    tach auch !

    Ich fand den Film echt knorke und die Logiklöcher doof, aber ignorierbar.
    (Na ja fast: So dolle Computer und die können nicht sagen, wo es ihne wehtut ?)

    Der Rest ist gesagt. Netter Film mit ein paar Lachern einer guten Jennifer Lawrence , die Ich auch in anderen Filmen mag, in denen sie keinen Flitzebogen benutzt.

    Garcia war klasse und Reynolds nicht schlecht; was will man mehr ?
    Ok Fishburn war auch o.k. aber seine Figur einfach zu doof.

    In diesem Film kam mal wieder ein :
    Der Weltraum unendliche Weiten
    Gefühl auf. Wo hat man das sonst schon noch seit Silent Running?

    Gruß BergH

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