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„Jupiter Ascending“ – Review zur Modenschau der Eitelkeiten

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„Jupiter Ascending“ hätte wohl ein großes Franchise werden können für alle, denen „Matrix“ zu kultig und „Interstellar“ zu bücherregalig war. Immerhin konnte sämtliche Farben des Regenbogens als Darsteller für diese Fasching-Doku gewonnen werden, plus ein paar CGI-Krokodile mit 1998er Gesichtsmimik! Und nur, weil ein paar Deppen diesen Film nicht verstanden haben, heißt es ja nicht, dass er schlecht war, oder? Und nur, weil nichts von Belang passiert, kann man doch trotzdem Spaß an einem Verriss haben, nicht wahr?

INFORMATIONEN:

Regie: Wachowskis
Jahr: 2014
Budget: 176 Mio $

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Kamelle! Alaf! Helau! Gut Wegrenn!

Inhalt: Die normale Erdenfrau Mila Kunis ist irgendwie der genetische Zwilling von einer Tante, der früher die Erde gehörte. Doch bevor sie ihren Dienst zwischen homosexuell sprechenden Unsterblichen antreten kann, muss man sich erst mal gegen allerlei Angreifer durchsetzen. Im Flug, zu Lufte und in der Luft!

Besprechung:

Wie man einen Film zusammenfasst, ist wichtig für den Leser einer Kritik. Mit einem knackigen Beispiel will die Seele eines Filmwerkes auf den Punkt gebracht werden. Nun, hier das einfach: Nach dem ersten Drittel des Filmes erfahren wir, dass der saucoole Schwebeschuh-Held etwas seeehr Interessantes ist. Bitte ankreuzen, was das sein könnte:

1.) Ein Halb(!)albino
2.) Eine Art gefallener Engel, dem die Flügel abgeschnitten wurden.
3.) Ein genetisch manipulierter Werwolf
4.) Ein Eyeliner-tragender Halbschurke

Nur wer hier jetzt ALLES angekreuzt hat, liegt richtig! Ja, „Jupiter Entsending“ entsendet tatsächlich alles, was 5 Nerds an zwei bierseligen Abenden so zusammenspinnen können. In einem Stakkato der Grafiker- und Maskenbildner-Burnouts wird einem hier alles entgegen geschmissen, was selbst George Lucas für Episode 1-3 zu albern war:

Blauhaarige Asiatinnen auf Schwebemotorrädern (unsichtbar), Elefantenfressen auf Hikaru Sulus Posten, Kammerdiener mit rot geriebener Nase, andere Diener mit alberner Eulenfrisur, Statisten mit Bondage-Gesichtsmaske, Sex in Schwerelosigkeit (angezogen), Typen mit Borg-Knubbeln an Kinn oder auf EINEM Auge, Gaga-Hüte, Aliens, die sich spontan als Frauenärzte(!) verkleidet haben, und, und, und…

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„Die Erde? Da kommt doch diese konservative Spießermode her, wo sie den Frauen auf den Laufstegen nur eine Brust auf den Rücken binden?“ – Der Proto-Troll führt Protokoll: Der Film geht gefühlte 9 Monate mit bedeutungsschwangeren Bildern … nun, schwanger eben. Hier erfahren wir, dass man den Bösen überraschenderweise nicht trauen kann und die Kostümdesigner drei Audiokommentar-Spuren verdient hätten.

Was wohl wie das Space-Multikulti bei „Star Wars“ und „Star Trek“ wirken soll, wird so überfrachtet und überhöht, dass am Ende nur eine inhaltslose Blubberblase aus Statisten-Püree herauskommt. Natürlich ist es schön, dass auch der letzte Eckensteher irgendwelche Kostüme der Marke „Das gabs noch nicht, das kommt nie wieder“ trägt, aber der dadurch implizierte Reichtum schlägt sich leider nicht in den Dialogen wieder. Dieses Universum der zehntausend Seifenblasen-Hackfressen (= Knallbunt, verpuffen aber, sobald die Kamera wegschwenkt) genügt sich selbst in billigsten Klischee-Dialogen. Da wird in drei Sätzen irgendeine Politikstruktur mit draufgesattelter Schwuli-Intrige angerissen, die dann aber wieder nur darin mündet, dass als Weihnachtsbaum ver(k)leidete Hackfressen vor Bildschirmen und Megafenstern stehen.

In der Mitte des Films gibt es zudem einen unpassenden Ausflug in die Bürokratie, der irgendwo zwischen einer schlechten „Asterix erobert Rom“-Parodie, einem Hauch „Brazil“ und ganz viel „Passt nicht, kacken wir aber mal raus“ besteht. Die Herrscherin der Erde steht dann vor drei Meter hohen Schreibtischen wie in der Zulassungsstelle. Ob das nun Bürokratiekritik sein soll, oder aber die Ohrfeige dafür, dass der Zuschauer das pathetische „Du bist die Auserwählte“-Gedröhne ernstgenommen hat, das weiß nur der … Bienengott. Denn wie wird es in dem Imkerhaus von Sean Bean in diesem Film so schön gesagt? – Zitat: „Bienen lügen nicht!“ Das mit den „Tränen“ von Michael Holm war also nur blöde Propaganda… Denn: „Nur Bienen erkennen royales Blut.“

Für keine der wirren Handlungselemente gibt es hier ernsthafte Konsequenzen: Hundertausend Metalldrohnen (oder Waschkörbe, oder Kochtöpfe… Erkennt man eh nicht) rasen z.B. auf zwei Männer in Miniraumschiffen zu. In einem Videospiel würde man jetzt sagen, dass das „Balancing“ zwischen den „Fraktionen“ unausgereift ist, denn das einzige, was all die Abwehr-Knorpel schaffen, ist, das der Bildschirm sich dreht. Apropos „drehen“: Das haben die Wachowskis wohl auch mit ihrem Cannabis gemacht, als am Ende ein(!!) Miniraumschiff durch einen Jupitersturm rast und damit mal gerade die ganze Stadt auslöscht. Überhaupt ist die ganze Supertechnologie, die in zwei Sekunden mal gerade einen Raumanzug um jeden beliebigen Körper erschaffen kann, doch sehr störanfällig, wenn ein Held mal wütend dagegen schnippst.

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„Nein, dies hier ist nicht der Super-Mario-Realfilm von 1993! Ich weiß nicht, warum sie mich das fragen, Prinzessin Peach!“ – Fühlt sich beim Aufstehen wie gerä… rendert: Eigentlich sind die Effekte ganz gut – was allerdings fast so schwer zu beurteilen ist, als wenn man auf der Autobahn bei 140 km/h einen Blick auf einen am Straßenrand stehenden Monitor wirft. Wie gut also, dass es noch DIESE texturierten Trümmercharaktere gibt, um sich ein Urteil zu bilden zu können.

Zugangslöcher im Boden schließen sich auch, wenn einer gerade durchfällt, Bösewichte stoßen einen aus Luftschleusen und packen vorher nicht jene magischen Raumanzüge darin weg, Helden fliegen auch gerne mal mit einem halbierten Schiff weiter, Bösewichte schießen nicht, wenn sie zu zehnt um einen herumstehen, eine royale Hochzeit kann schon von einer einzigen Person abgeblasen und der Bräutigam gefahrlos mit der Waffe bedroht werden, usw… – Wer jetzt noch glaubt, dass es hier um Intrigen und Machtspielchen geht, denkt vermutlich, dass das hier aristokratische Abstimmungen zwischen Explosionen und Flammensäulen sind. Quasi ein royaler Kampf zwischen Königsblau (Hintergrund-Farbe) und Prinzessinen-Orange (Vordergrund-Feuer).

Die Actionszenen sind leider nur so übersichtlich wie in „Transformers“, oft noch schlimmer. Wer in den wilden Lufteinlagen noch erkennt, wo sich gerade die Heldin mit zwei Fingern am 300 km/h fliegenden Raumschiff festhält, bekommt von mir höchstpersönlich den Neptun überreicht. Und das Depp’ntum (großes Königreich im West-Universum).

Auch das wirre Geseiere über Genmanipulationen und Unsterblichkeit erreicht nur selten einen Punkt im eigenen Geist, der nicht schon von den komischen Grimassen der ALL-gegenwärtigen Premium-Muppets besetzt wurde. Okay, nett ist die Grundidee ja schon, dass alle Menschen zu Unsterblichkeits-Serum verarbeitet werden sollen. In „Soylent Green“ aus den 70ern bastelte man ja noch einen ganzen Film um eine ähnliche Idee. Heute muss jedoch ein 1,5-Minuten-Dialog reichen, beendet natürlich dadurch, dass Mila Kunis entsetzt die Ampulle fallen lässt. Schon können wieder Actionhelden ganze Armeen zerfetzen und ausgestoßene Albinos ihre ungezeigte, unangedeutete Hintergrundgeschichte bejammern.

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„Wurde einem in alten Filmen nicht noch das Pförtnerhäuschen oder mal ein Schrottplatz gezeigt?“ – Epik-Tick: Sieht aus wie ein Ölgemälde in der Elfentaverne von „The Witcher 3“. Einerseits schmeicheln die Farben dem Auge, andererseits sind’s doch wieder zu viele Orangetöne, um sich nicht auf billigste Hollywoodart visuell manipuliert zu fühlen. Denn wir alle wissen ja seit Michael Bay: „Sonnenuntergang den ganzen Tag, macht im Beutel schnelle Mark.“

Überhaupt bleibt die Heldin blass. Der Mitfühlfaktor von „Plötzlich Prinzessin“ wirkt zudem überhaupt nicht. Nicht eine Sekunde nimmt man es der Handlung ab, dass die Dame theoretisch oder praktisch irgendwas im Universum – oder auf der Erde – verändern könnte. Stets guckt sie mit perfekt geschminkten Kulleraugen Löcher in das Celluloid, lässt sich wahlweise verarschen oder retten, um am Ende vermutlich genau so viel wie der Zuschauer kapiert zu haben: Dass es 2293 Aliens, 8394 Schiffe und 4230 recht bunte Technologien gibt, die alle im perfiden Machtkampf verstrickt sind, sich aber nicht gegen einen Typen wehren können, der permanent die Geschwindigkeitsgrenze für Schwebe-Latschen überschreitet.

Wer den Film im Internet lobt, stellt gerne mal heraus, dass die gelangweilten Herrscher mit zwei geschlossenen Augen irgendwie an russische Zaren erinnern und auch Einstein mal was zum wichtigen Thema „Bienen in einer Bruchbude“ gesagt hat. Doch wer hier irgendwelche Metaphern oder gar tiefere Wahrheiten findet, übersieht, dass man diese gar nicht suchen MÜSSTE, wenn der Film einfach unterhaltsam wäre. Und dass Shakespeare bei „Star Trek“ und Märchen bei „Star Wars“ enthalten sind, heißt ja nicht, dass man beim medial überbordenden „Jupiter Verschwending“ gleich nach irgendwas Geschichtlichem mit bunten Palästen suchen muss. – Sieht doch eh ein Blinder, dass hier überdeutlich auf die alten Perser VOR ihrer ersten Bodenrichtwertsreform Bezug genommen wird!

Eddie Redmayne als Chefbösewicht ist der einzige, der „positiv“ heraussticht. Der Oscar-Preisträger verleiht dem clownesken Kasperle tatsächlich so was wie eine unheimliche Aura. Wenn er mit wässrigen Augen das Maximum aus dem flatterhaften Fanboy-Script herausholt, fragt man sich durchaus, ob man jemand anderem als Mila Kunis ebenfalls ein filmischer Lustgewinn verbunden wäre. Nachdem sie schon im vorletzten Film von Robin Williams als unkaputtbares Mittelstands-Standgebläse auffiel, darf sie auch hier eher unsympathisch wirken. Wie aggressiv hier ihr Kloputzer-Leben dem Lufttanz am Ende gegenüber gestellt wird, das macht alle Klischeehasser im bekannten Universum wütend.

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„Waaah! Ich will noch nicht sterben! Ich hatte doch noch so vieles im Leben vor mir! 283 Stunden irgendwo runterfallen zum Beispiel!“ – Klicken sie bitte jetzt „Geh! Fällt mir!“: Während der gesamte CGI-Inhalt von drei SF-Filmen über die Landschaft ausgegossen wird, darf auch die Heldin mal die Luft umrühren. Ihr Mitstreiter durfte sogar schon viele Sekunden ohne Raumanzug im Weltraum ran!

Und dass (SPOILER!) die ganze Familie am Ende aus den explodierenden Tiefen des scheinbar komplett unterhöhlten Palastes gerettet wird, ist dann doch zu viel der Harmlosigkeit. Dafür ist die pissige Story aber nicht ganz Harn-los, sehen wir doch zum Schluss die Erdenchefin erneut beim Lokusputzen. Nur gut, dass das minutenlange Gehangel und Gefliege durch kilometerweite Gänge und Abgründe nicht auf ihren Pömpelarm geschlagen sind. Dank sei ihrem Dauerretter, der sie auch in der größten Action zielsicher aus der Luft fischt, wenn mal gerade wieder der Jupiter brennt wie meine Rosette bei der Verdauung dieses Films.


Fazit: Da der Film durchaus durchschnittliche Kritiken bekommen hat, hatte ich ihm tatsächlich eine Chance gegeben. Was schon eine unerhörte Vorschusslorbeere ist, wenn eine Hauptfigur „Jupiter Jones“ heißt und der Fliege-Werwolf „Caine Wise“. Die Wachowskis können ja auch nicht komplett irre sein, wenn sie einen Produzenten über 170 Millionen für diesen Drehbuch-Witz abgeschwatzt haben. Ich tippe sogar auf „kreative Genies“. – Trotzdem: Dieser Streifen dürfte eine volle Enttäuschung für alle sein, die ihre Actionszenen gerne in „nachvollziehbar“ genießen und schon bei den Thronsaal-Szenen in „Star Wars Episode 2“ nervöse Schnappatmung bekamen. Unglaublich schlecht.

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Artikel

von Klapowski am 10.10.15 in Filmkritik

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Kommentare (5)

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  1. Cronos sagt:

    Action & Mila Kunis = Das kann also nicht ganz schlecht sein. Außerdem sind wirre Storys ja auch nix Neues mehr.

    • Onkel Hotte sagt:

      Mila Kunis ist generell schlecht und überbewertet. Channing Tatum würde ich jetzt auch keine große Schauspielkunst zuschreiben. Wo wir schon beim Dissen sind: Selena Gomez darf bitte auch mal nicht mehr engagiert werden, danke. Oder Emma Stone.
      Hollywoods weibliche Schauspielriege ist echt platt in dieser Generation.
      Jetzt habe ich also soviel schlechte Kritik über JA gelesen das ich den mal schön aussen vor lasse. Der wird wohl nicht mal Sonntags auf Pro 7 geguckt.

      Antworten
    • Cronos sagt:

      Ich finde die alle hübsch. Ob sie große Schauspielerinnen sind kann ich nicht beurteilen. Aber ich weiß das ich 1984 gähnend langweilig fand, dito bei Alien. Dann lieber sinnlose Action und hübsche Schauspielerinnen.

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  2. Exverlobter sagt:

    Wieso heißt Mila Kunis in dem Film eigentlich Jupiter? Ist das nicht der männlichste Name den man einer Frau überhaupt geben kann? Wenn es schon der Name eines Planeten/Gottes sein soll, wieso dann nicht Venus.

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