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Zeit(reise) für Kleinkunst: Drei SF-Filme im Review

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Drei Geheimtipps(?), zugleich aber drei sehr übliche SF-Storys: Kommunikation durch die Zeit, Murmeltiertage und Aliens auf einem Mond. Drei mal ein relativ geringes Budget, drei mal C-Promis und europäisches Flair. – Bei dieser Beschreibung konnte alles herauskommen: Überirdische Klapo-Wutanfälle, Sonderpreise in der Kategorie „Besonders mittelprächtige Mittelpracht“ oder herbstgleiche Begeisterungsstürme. Hier also nun die drei Kandidaten für meinen Herzinfarkt: „The Caller – Anrufe aus der Vergangenheit“, „Repeaters – Tödliche Zeitschleife“ uuund: „Europa Report“…

„Repeaters – Tödliche Zeitschleife“

Drei junge Menschen aus dem Heim für schwer erziehbare Betäubungsmitteltester und … sonstigem Abschaum bekommen per Zufall gleichzeitig(!) einen Stromschlag. Fortan erleben sie einen Tag immer wieder. Eben ein typischer Film aus dem „Murmeltier“-Genre. – Und das war es dann auch schon an Erklärungen aus dem Pandoradöschen des Popkornkinos. Der Rest des Films ist nämlich äußerst ernst und gefühlvoll. SF-Elemente und sonstiges Schnulli fällt ebenfalls aus. Was hier so sinnvoll ist wie „Game of Thrones“ ohne Elfen.

Was machen die jungen Menschlein mit ihren Fähigkeiten? Rauben, vergewaltigen, sich umbringen, reich werden, sich vom Kinderschänder-Papa verabschieden und Diesel statt Benzin tanken? – Ja, all das und einiges mehr. Man kennt das ja, wenn sich der Zeitstrahl in den Schwanz beißt: Erst ist’s schön, doch irgendwann fehlen einem einfach die NEUEN Folgen der Lieblingsserie im TV. Glücklicherweise wird hier das „Bill-Murrey-Protokoll“ nicht in epischer Breite nacherzählt, sondern ein neuer Aspekt eröffnet: Sollte man schlimme Dinge tun, wenn sie am nächsten Tag ungeschehen sind? Oder stellt man seinen Kopf damit nur irgendwo zwischen Dexter und Hitler ein, unfähig, danach den Sender zwischen Ghandi und Mutter Theresa jemals wiederzufinden?

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„Was beschwerst du dich, Alter? Du hast doch gesagt, ich solle den Cop umlegen?!“ – „Ja, aber das war im Kindergarten! Und der Cop war aus LEGO, Mann!!“ – Wiederho(h)lungstäter: Wer der Gewalt freien Lauf lässt, zerstört seine empfindsame Seele, sein … sensibles Ich. Aber wer heute mal nach draußen schaut und ein paar Jugendliche länger beobachtet, wird feststellen: Die haben ihre Brutalo-Zeitschleife alle schon hinter sich.

Was tut man, wenn einer der drei durchdreht und NUR noch Quatsch machen will? Und sich zudem einen festen Parkplatz für diverse Werkstatt- und Schussinstrumente ausgesucht hat, welcher zu 95 % deckungsgleich mit den Köpfen aus dem eigenen Bekanntenkreis ist? Wie real ist das Leid, das nur für 24 Stunden währt? Und was sind „okaye“ Verfehlungen innerhalb des Murmeltiertag-Reset-Dunstkreises (Tankstellen um Bonbons erleichtern? Omas die Haut abziehen?), oder kann und sollte man da nicht unterscheiden?

Dieser Film ist kein Blockbuster und sieht daher auch nicht so aus. Die „Action“ ist hier mehr die temporäre Abwesenheit von Stillstand und nur da zu da, die Geschichte weiter zu treiben. Auch wenn zwei, drei Sequenzen durchaus etwas hart sind. Aber bei zerschnittenen Kehlen erwarte ich heute auch, dass man mehr als einen roten Edding-Strich auf dem Adamsapfel sieht… Etwas poppiger hätte es manchmal vielleicht noch sein können, aber vermutlich ist diese Aussage nur der Beweis dafür, dass Marvel seine Klapo-Neuprogrammierung bald abgeschlossen haben wird. Juchuuu! Endlich ALLES gut finden, was im Kino so läuft!

Fazit: Wenn man einen ruhigen Film erwartet – und von den mittelmäßig sympathischen Charakteren nicht abgeschreckt wird -, ist dies hier eine gute Möglichkeit, um sich die Zeit bis zum nächsten Wutausbruch über eine hollywoodmäßig versemmelte Phillip-K.-Dick-Idee zu vertreiben.

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„The Caller – Anrufe aus der Vergangenheit“

Anrufe aus der Vergangenheit – in Puerto Rico? Wer hier eine Art Film wie „Frequency“ mit zurückgenommenem Chic(k) erwartet, liegt gar nicht so schief. Tatsächlich ist die Grundidee – wie beim Film oben – irgendwie abgekupfert. Eher schon so kupferoxid-mäßig, wegen des Alters der Prämisse. Aber hier ist das alles noch mal etwas düsterer, alleine schon vom Wohnhaus her, in dem alles spielt: In einem Ami-Horrorfilm würde man hier schon automatisch nach gruseligen Puppen und effektvoll aufschwenkbaren Kleiderschränken suchen, so verlottert ist die Bude. Dass sich dieses Ghetto einen Gärtner leistet, die letzten 100 Jahre des Fortschreitens der Renovierungs-Technologie aber verschlafen hat, ist … interessant, spielt aber für die Bewertung keine Rolle.

Der Inhalt ist schnell umrissen: Eine Dame aus der Vergangenheit ruft regelmäßig bei der neuen Mieterin an. Punkt. Reicht auch.

Kernthema ist für die Hauptdarstellerin nicht, für die alte Frau etwas zu tun – z.B., ein laaaangweiliges Familien(mord)geheimnis aufzudecken. Nein, die Alte wird SELBST zur Gefahr, obwohl durch Jahrzehnte von der Protagonistin getrennt. So folgt ein diffiziles Versteckspiel durch Zeit UND Raum, welches vor allem psychologischer Natur ist. Quasi so, als wäre man mit Hitler im Fahrstuhl eingesperrt und es fallen einem nur jiddische Wörter ein. – Was hier getrieben wird, ist sogar halbwegs logisch und nicht zuuu herbeigezaubert. Die üblichen Mängel eines nachträglich veränderten Zeitstroms kann man hier auch prima hinnehmen. Da half das von der männlichen Nebenfigur hingeworfene „Ich habe genug Star Trek geschaut“ nebst „Parallele Universen“-Gerede doch ganz gut weiter.

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„Oh, jetzt ruft die schon wieder aus dem letzten Jahrhundert an!“ – „Halloooo? Halloooo? Ich habe sie beim letzten Mal akustisch nicht verstanden… Muss wohl dieses Voice over IP sein, an dem bei uns gerade so fieberhaft geforscht wird!“ – Ziemlich schlecht aufgelegt: Wer mit den Logikbrüchen bei modernen Superheldenfilmen klarkommt, darf – per Gesetz! – hier über rein gar nichts meckern…

Überhaupt ist es toll, dass man bei Storys wie diesen seit einigen Jahren recht schnell in Fahrt kommt – und dem vermeintlich dummen Zuschauer nicht minutenlang erklärt, dass ein frühzeitig getöteter Großvater nicht nur einen Mangel an Kriegsgeschichten beim Enkel hervorzurufen vermag. Sicher: Die Besessenheit der älteren Dame (über Jahrzehnte!) ist ein wenig übertrieben, aber wir kennen ihre neuronale Situation nicht genau, und eben so wenig wissen wir, ob der Fachtermininus „total aufgeflippte Psycho-Schabracke“ nicht sogar von ihrem Verhalten ins Leben gerufen wurde.

Es ist schön, mit welchen kleinen Mitteln hier die Geschichte erzählt wird. Und das musste sie auch: Ein höheres Budget (für welche erzwungenen Actionszenen auch immer), eine Hollywood-Fresse (brünett) und dröhnige Orchestermusik hätten den Film sogar im Ansatz zerstört. Von daher ist es schwer, dem Streifen einen Mangel vorzuwerfen, dessen Behebung ihm nur geschadet hätte. Kritikpunkte habe ich nämlich eigentlich keine, trotzdem aber keine 10 von 10 Punkte gegeben. Das ist wohl die Hybris des ewigen „Geht sicher noch besser“-Gefühls eines Kritikers. Wer weiß, wie toll wir die griechische Politik fänden, wenn wir uns – dieser Erkenntnis zufolge – endlich eingestehen würden: „Na, so RICHTIGES echtes Sparen wäre ja bei denen auch irgendwie aufgesetzt und künstlich“…?

Fazit: Ein Glanzstück des Mottos „Alles kann, nix muss … Budget“! Ein schöner Film ohne Längen, irgendwo zwischen Thriller, Kammerspiel, Science Fiction und Horror. Eben ein unpräten… preteniös… pretiens… – ein schlicht gutes Geheimtipp-Vergnügen!

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Europa Report

Was macht man, wenn man kein großes Budget hat UND keine Ahnung vom Filmemachen? Man tut so, als könnte man seine Geschichte nur durch gefundenes (Überwachungskamera-)Filmmaterial erzählen, so als wäre die Geschichte noch viiiel spannender, wenn in der Zukunft jemand begeistert in die Kamera spricht und erzählt: „Jaaaa, die unglaublich tapferen Männer und Frauen aus unserem Minimalschauspiel… ähm… ich meine: Raketenprogramm! JETZT wissen wir endlich, was ihnen zugestoßen ist! Uuuui!“ – Und dann sehen wir statische Aufnahmen (was nicht schlimm wäre) von statisch dasitzenden Astronauten (Was auch nicht … schlimm wäre), die in einer recht statisch erzählten Geschichte (was auch ni- oder etwa doch?) abhängen und sterben.

„Found Footage“ nennt sich das Genre. Und ich muss mit aller professionellen Objektivität einmal festhalten: Diese Filme sind rundweg IMMER Scheiße. Eine uninteressante Standardgeschichten (hier: irgendwas mit Aliens) soll nämlich plötzlich interessanter und eingängiger werden, nur weil irgendwer irgendwelche Grissel- und Blitzeffekte über das Material gelegt hat. „Hui! Das KÖNNTE ja wirklich so passiert sein! Guck mal, die erfundenen Zeitindex-Zahlen oben rechts auf dem Überwachungskameramaterial! DIE geben mir erst die Atmosphäre, die ich für einen solchen Film brauche!“ – Wobei man es übrigens schaffen kann, sogar Kamera-Störeffekte billig und gekünstelt aussehen zu lassen. Sollte man kaum glauben, hat hier aber geklappt!

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„Nähere mich Felswand. Bin jetzt an Felswand. Gehe zurück von Felswand. Erwarte cineastisches Erlebnis an Felswand. Oh. Ah. Sterbe an Felswand. Ih. Oh. Pups.“ – Da! Pixel! Scanlines! Verfälschte Farben?! Die Außerirdischen machen also schlechte Auflösungen?! – Für die Handygeneration (= „Wie? Nur popelige 1000 x 2000 Pixel auf meinem neuen 3,8-Zoll-Smartphone?!“) ist dies sicherlich der eigentliche Horror.

Die Crew verhält sich durchweg langweilig bis dämlich, ist unsympathisch und uninteressant. Zeitsprünge, überflüssiges Gelaber und nicht deutlich sichtbare „Monster“ geben sich hier das einseitig angesägte Kamerastativ in die Hand. Bescheuert ist da vor allem, dass einem nach dem Ende noch mündlich ERKLÄRT wird, wie großartig es doch ist, dass da … irgendwas … mit Außerirdischen passiert ist. Stellt euch hierfür vor (auch wenn der Vergleich hinkt), nach dem Ende des ersten „Alien“-Films würde ein ein grienender Pressesprecher in die Kamera glotzen und euch berichten, wie feini Forscherdrang und Zusammenhalt doch sind. – „Und wenn sie immer noch nicht verstanden haben, was das besondere an diesem Film ist, so lassen sie es sich gesagt sein, dass dies nur der Anfang der WUNDER ist, welche im Universum…“ – Ja: Harald Lesch darf das. Filmdramaturgie aber BITTE nicht.

Fazit: Okay, gebe es zu: Ich habe so große Passagen des Films vorgespult, dass es dieses Review gar nicht geben dürfte. Aber ich KONNTE einfach nicht anders. ER hat es so gewollt! Sonst hätte er doch nicht das klassische „2001 – Odyssee im Weltraum“-Thema in einer der ersten Aufnahmen gespielt, um mich zu reizen! So oder so ist dies ein „Geht auch ohne Talent und Story“-Rohrkrepierer vom Format eines „Love“, „Eden Log“ oder „Dante 01“.

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von Klapowski am 03.05.15 in Filmkritik

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Kommentare (1)

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  1. BigBadBorg sagt:

    Die oberen zwei Filme werden auf jeden Fall gesichtet, vielen Dank für den Tip! Ich liebe Filme die mit der Zeitthematik spielen. Ich habe erst gestern zum ersten Mal Der letzte Countdown (1980) gesehen, und selbst dieser patriotische mit schlechten SFX ausgestattete Film hat mich sehr gut unterhalten (Kirk Douglas sei Dank).

    Zu Europa Report: Nach diesem Review (http://www.scilogs.de/gedankenwerkstatt/filmbesprechung-was-es-noch-zu-entdecken-gilt/) war ich neugierig auf den Film, aber Found Footage-Filme, da schließe ich mich an, gehen gar nicht. Egal wie spannend die Thematik sein mag, ich ärgere mich immer mehr über vertane Möglichkeiten als das ich die Filme genießen kann. Blair Witch und Cloverfield waren die einzigen (und letzten) dieser Art die ich mir angesehen habe. Und zumindest letzterer hätte so gut sein können…

    Vor nicht allzu langer Zeit habe ich Time Lapse gesehen (http://www.imdb.com/title/tt2669336/?ref_=nv_sr_1), auch eher ein kleiner Film, der ebenfalls mit dem Thema Zeit spielt. Den könntest du in voller Länge auf youtube finden (in Englisch), er hat mich sehr positiv überrascht, auch wenn er eine Handvoll Logiklöcher hatte. Ein fieser kleiner Film, in dem das Dunkle in meiner Seele sich das ein oder andere Male sehr gefreut hat. Eine 6 auf deiner Skala könnte da durchaus drin sein.

    Und vielen Dank das du auf Spoiler verzichtet hast!

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