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„Memory Effect“ – Das Review, das sich sanft erinnert

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Geheimtipp-Wochen bei McReview! Dank täglich wechselnder Konten bei Amazon Prime, Watchever und Netflix bin ich endlich in der Lage, mir kostenlos all die Filme anzusehen, von denen ich noch nie zuvor gehört habe! Andere gibt es da ja momentan auch nicht… Nun ist also dieser Titel dran, der im Original „Extraction“ hieß. Ein viel besserer Titel, wenn es um Stuhlgang und sonstige Erleichterungen geht, finde ich. Aber wir wollen nicht vorweg greifen. Oder gar daneben. Das kann schließlich dieser Film noch für uns erledigen…?

INFORMATIONEN:

Regie: Nir Paniry
Jahr: 2012
Budget: 900.000 $

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Liebe Er-innerer und werte Sie-innerer

Inhalt:

Ein Mann hat eine Methode entwickelt, um in dem Gedächtnis von Menschen herumzulaufen. Als er dies bei einem angeblichen Mörder versucht, kommt er nicht mehr zurück.

Besprechung:

Inception ist ein schöner Film, den man sich immer wieder ansehen kann. Das kann ich nach einmaligem Anschauen definitiv verkünden, und sei es nur, um den ständigen Unterstellungen vorzubeugen (/nachzustellen), mir würde eh GAR NICHTS gefallen.

Warum ich das sage? Keine Ahnung, denn bis auf die Grundideen – nur mit Erinnerungen statt Träumen – hat dieser Film mit Inception nichts zu tun. Okay, wir sind beim Sehen tatsächlich (zu zweit!) eingepennt, was sonst nur passiert, wenn mir jemand kurz was über „Wetten dass“ erzählt, aber auch das tut hier nichts zur Sache. Wetten… dass… – nicht?

Wo war ich? Ah ja: „Memory Effect“. Nicht zu verwechseln mit dem bekannten Brettspiel Memory, das stets ohne Brett auskam. Eigentlich eine spannende Sache, wenn es nicht so wenig mit diesem Review zu tun hätte. Um damit jetzt endlich mal anzufangen, MUSS es wohl geschehen. Ihr wisst schon: ES. Ich muss mich … erinnern! Dafür verschwinde ich kurz hinter der Toilettentür und BEHAUPTE danach, dass mir eine gedächtnisaktiver Miniroboter gespritzt wurde. Spannend, oder?

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„Das kommt von diesen ganzen Hormonen im Essen! ICH frage meinen Hirnwirt, was er mit diesen 60.000 Eimern Alpina-Farbe gestrichen hat und ER zeigt mir nur einen leeren Strand. *Umdreh* Oh. Vergesst es. Hatte den Wink mit dem Zaunpfahl übersehen…“ – St(r)andfestigkeit: Nicht alle Rätsel sind so schnell aufgeklärt wie dieses hier. Ein paar andere erfordern sogar den gekonnten Umgang mit der DVD-Vorspultaste.

Und die Qualität dieses Films ist tatsächlich… – nehmt das „ität“ hinten weg und es passt.

Jaaaaharrrr, ich weeeeiß: Das ist ein Low-Budget-Streifen, in dem das Apple-Logo mit Gewebeband auf den Laptops abgeklebt wurde und zwei-drei Hanseln iiiirgendwie Nanocomputer (und künstliche Intelligenzen) gebaut haben, um in anderer Leute Erinnerungen rumzulaufen. Was bei dem generellen Schlafwagen-Look des Filmes dann doch etwas zuuu futuristisch wirkt. Gut, aber vielleicht spielt das alles auch auf Picards Holodeck, weswegen sich keiner so recht drüber wundert; möglicherweise WOLLTE man dem Zuschauer aber auch das Gefühl geben, dass die Erfindung an sich nicht der eigentliche Plotpoint ist. – Oder eventuell ist der Film auch ohne all diese (V)erklärungen langweilige Grütze. Unwahrscheinlich, aber nicht völlig auszuschließen.

Wirkt alles am Anfang noch recht spannend (Kommandozentrale in der Erinnerung aufbauen, niedriger Gartenzaun steht wie bei modernen Videospielen dort, wo man nicht in die „Open World“ rein soll, etc…), so verheddert sich dieses „Inception für Arme … äh: für Filmfond-Ausschütter“ immer mehr in einer Nebelwand aus „Tatort“-Klischees. Bei SO einem Vorbild hilft dann auch der Leuchtturm aus SF-Ideen nur noch wenig. Selten so eine grandiose Idee sooo langweilig umgesetzt gesehen. Und dabei schließe ich meine Versuche, eine Hip-Hop-Disco nur für Kommunalbeamte zu eröffnen, sogar eindeutig mit ein.

Hier mein Mecker in der Schnellaufzählung:

Der Mord an der jungen, quasi ungezeigten Frau (zu jung, daher Quark im Schaufenster, oder watt?) interessiert nur Leute, die auch über Todesanzeigen von ihnen unbekannten Leuten das Flennen anfangen, der gehirnbesuchte Kleinkriminelle(!) ist so einprägsam und charismatisch wie Hannibal Lectors abgeschnittener Zehnagel, alle Emotionen werden kühler rübertransportiert als Gammelfleisch aus Polen, uuund wichtige Figuren wie die Polizisten, der Techniker oder die Frau des Gedankenwanderers haben nichts besseres zu tun, als ihre Funktion als Stichwortgeber einer „Uuuh-was-sind-wir-wieder-independent,-Frau-Gräfin“-Story zu erfüllen.

Andere mögen es „Angenehm zurückhaltend“ nennen, ich hingegen fand die Null-Dramatik eines Mannes, der seit Ewigkeiten im Koma ist, wochenlang die selben Erinnerungen durchlebt und trotzdem seltsam NICHT-wahnsinnig wirkt, irgendwie… null-dramatisch.

, „Memory Effect“ – Das Review, das sich sanft erinnert

„So, jetzt noch ein olles Heftpflaster und einen draufgeklebten MP3-Player-Ohrstöpsel in den Nacken, und schoooon können sie in Träumen rumlaufen, nachdem sie auf der Straße wegen ihres irren Aussehens K.O. geschlagen worden sind.“ – „Wie? Was?! Ich wollte die Haare an den Seiten etwas kürzer haben, mehr nicht. Ist das hier kein Friseur?“

Schon interessant, dass die meisten Kritiken bei Amazon lobend erwähnen, dass das Schauspiel „solide“ sei (ist mein Dach auch, trotzdem stehe ich nicht drauf) und es quasi keine SFX oder Explosionen gäbe. DAS sind natürlich Knallerargumente, die den Mörderstreifen um Meister Young-Hotzenplotz und Morpheus‘ tranigen Bruder meilenweit am Gähnaltar vorbei manövrieren. Ooooder?!

Die Auflösung war jedenfalls oberöde, quasi die erwähnte „Tatort“-Geschichte, in der der Kommissar ausnahmsweise im Gehirn des Verdächtigen rumläuft, damit der sich nach ein-zwei Hilfestellungen („Was waren das für Zeitschriften auf dem Klo, erinnern sie sich!“ – Kein Witz, DAS bringt den Durchbruch!) von alleine wieder an ALLES erinnert. Warum auf diese Lösung keiner kam, weshalb er seine Erinnerung erst komplett, dann GAR nicht mehr aufgegeben hat und wieso die „Moral von der Geschicht“ uns am Ende interessieren soll, bleibt mir schleierhaft. Die lautete nämlich: „Wenn uns jemand klar macht, dass etwas anders ist, als es ist, dann glauben wir es.“

Danke, Herr Diplom-Philosoph aus dem Jahre 1500 vor Christi. Das ist tatsächlich mal ganz was Neues. Für ihren Kollegen um 2.000 vor Christi, wohlgemerkt.

Und nein, ich will hier auch nicht irgendwelche Filmperlen wegen ihres spackeligen Aussehens zerreden, weil ich gerade mit einer Popkorntüte LSD aus dem Turtles-Streifen gekommen bin. Mich wundert nur die Verehrung und „Geheimtippigkeit“, die dieser Schnarchperle entgegen gebracht wird, deren Schauspieler einen direkt fragen lassen, ob Mark Wahlberg nicht doch ein unheimlich starkes Charaktergesicht besitzt.

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„Guten Tag, sie wollen also in meinen Gehirn einen Mord aufklären?“ – „Na klar. Bitte legen sie es zerteilt in diese Schale, damit die Voodoo-Priesterin auch gut drin lesen kann, jaaa?“ – Lass es Sein’s Fiction: Mit Charakterköpfen wie diesen, die für zwei zusätzliche Gesichtsausdrücke gerne auch mal die Nachbarin von Gegenüber „ausdrücken“, hat so ein Film natürlich schon gewonnen.

Ich glaube nicht mal, dass es die Langeweile war, die mir den Film zerstört hat. Stanley Kubrick z.B. hat streckenweise die Langeweile so genial zelebriert, dass ich heute noch gerne zu Walzermusik durch völlig dunkle Räume laufe. Beim „Nonmemory Effekt“ hingegen ist es die Kunstfilm-Hochnäsigkeit, die einem entgegenschlägt: „Wir brauchen die-und-die technische Erklärung nicht, wir sind ja Low-Budget, wir brauchen billigen Kitsch nicht (der aber die Figuren zusammenfügt), wie sind ja Kunst. Außerdem brauchen wir keine originelle Story; ein grantiger Papa reicht als Bösewicht und wenn die Schauspieler hübsch ihren Text ablesen, ist das gewollter Minimalismus innerhalb eines pluralistisch geprägten Weltbildes. Hüstel.“


Fazit: Die Grundidee ist nicht neu, die Figuren blass, die Crime-Story verschenkt und die Fiction-Elemente hätte man ruhig noch etwas ausschmücken können. Und ja: Ausnahmsweise hätte ich dafür sogar die übliche Szene genommen, in der ein Brillennerd dem Zuschauer 5 Minuten lang für Doofe erklärt, was eigentlich dieses seltsame „Erinnerung“ ist, mit dem alle Menschen ständig rumlaufen. Lieber Klischees, als Hirnaktivität-Adès.

Hätte man die „Im-Kopf“-Geschichte mit Rückblicken statt mit Reinblicken erzählt (was durchaus machbar gewesen wäre), wäre wohl auch der letzte Film-Lober sanft entschlafen.

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Artikel

von Klapowski am 10.11.14 in Filmkritik

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