Film- und Serienkritiken

Der Latinum-Standard des Star Trek Universums

„Melancholia“ – Ein letztes Review vor dem Selbstmord

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Ihr habt stumm danach verlangt, also folge ich: Hier also der nächste Knallerfilm aus unserer neuen Reihe “SF-Filme für den Deutsch-Leistungskurs“. Diesmal darf der Däne Lars von Trier, Berufsdepressiver und Erfinder des Hitler-Tourette-Syndroms also unsere Webseite veredeln. Es geht um ein kosmisches Großereignis mit nachhaltigen Folgen für das Ökosystem… des Asteroidengürtels – und um den ganz normalen Wahnsinn einer stinknormalen Depression. Heyhoo!

INFORMATIONEN:

Regie: Lars von Trier
Jahr: 2011
Budget: 47 Mio $

, „Melancholia“ – Ein letztes Review vor dem Selbstmord
Nichts für Trübsinn-Allergikolia

Inhalt:

Ein Gasplanet rast in wenigen Tagen in Entfernung eines kosmischen Fliegenschisses an der Erde vorbei. Dieses seltene Ereignis, das die Erde zum Lottospielen animieren sollte (Sonderziehung „6 aus 49 Dimensionen“), ist jedoch nur das Ende dieses Films. Die viel erschreckende Handlung findet zu Beginn statt: Eine Hochzeit.

Besprechung:

Ja, und jene Vermählung zwischen Justine (Kirsten Dunst) und Michael (Alexander Skarsgård) ist dann auch eine recht hoffnungslose Veranstaltung. Justine ist traurig, liebt ihren Schönlingsbubi nicht so recht und hat es sichtlich satt, die strahlende Braut zu spielen. Wer könnte das besser verstehen als einer, der auf der Gamescom 6 Stunden im Prinzessin-Zelda-Kostüm herumstehen musste. Öh, ein Bekannter von mir, nicht ICH, hust…

Geschmückt wird dieses Trauer(fest)spiel mit Stars wie Kiefer Sutherland, dem ewig homosexuell wirkenden Udo Kier und anderen, großartigen Schauspielern.

Nur echt mit Oma Griesgram („Ich bin beißend zynisch, um altersgemäßen Wortfindungsstörungen entgegen zu wirken.“), Opa Lustmolch alias John Hurt („Wenn ich mich an meine Nichte nicht erinnern kann, ist es kein BÖSES Fummeln.“) und dem reichen Knacker, der die Party bezahlt hat („Ich habe freiwillig gelöhnt, also will ich auch über das Leben aller hier Anwesenden bestimmen. Unterschreibt euren Mentalsklaven-Vertrag bitte hier und hier!“)…

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„Liebst du mich, Liebste?“ – „Hmm, lass mich über diese Frage kurz nachweinen, bevor ich dir antworte.“ – Dann doch lieber ein schöner Hochzeits-Trans: Verschiedene Stimmungen stehen sich hier diametral gegenüber. Zumindest so lange, bis ich nachgeschlagen habe, was „diametral“ überhaupt bedeutet.

Um genau zu sein: Eigentlich geht es nur zum Teil um den heranbrausenden Himmelskörper namens „Melancholia“. Das eigentliche Thema für enthusiastische Depressions- und Schlagader-Streifer ist hier vielmehr die Hauptperson Kirsten Dunst. Die lacht nach den ersten paar Minuten nämlich nur noch künstlich und irgendwann GAR nicht mehr. – Was einem spätestens dann auffällt, wenn sie weinend vor der Wanne steht und vergessen hat, wie man den Fuß reinhebt.

Gelingt es ihr anfangs noch, ihrem Schnarch-Gatten wenigstens noch minutenweise Freunde vorzuspielen („Huiii, Kerzen ausblasen… So, muss jetzt für 3 Stunden aufs Klo.“), ist die Stimmung in „Teil 2“ des Films (der offiziell auch so genannt wird) so düster, dass man am liebsten den Fernsehsessel um sich wickeln möchte. Mit Stacheldraht dazwischen, damit man sich noch selber SPÜRT.

Man merkt deutlich, dass Lars von Trier immer wieder höchst depressiv war – und ist. Bei ihm ist Schwermut keine temporäre Wohlfü… äh… Schlechtfühlveranstaltung, bei der man wenigstens noch ein berühmter Autor oder Maler ist, nein: Die Protagonistin KANN einfach nichts mehr tun, was irgendwem weiterhelfen könnte, nicht mal der Dramaturgie. Deswegen rückt ihre Schwester auch in den Mittelpunkt, die langsam zu zweifeln beginnt, dass der sich nähernde Planet wirklich vorbeifliegt. – Da das schon in den ersten Filmsekunden bildgewaltig gezeigt wird, ist es kein Spoiler, wenn ich sage: Vorbeifliegen ja, aber mit (der) Erde auf der Frontscheibe.

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„Ich bin sicherlich keine Expertin, aber könnte es sein, dass die Leute auf der rechten Erdseite schnell wegziehen sollten?“ – Autobahnkreuz Orbit-West: Im Film wird gezeigt, wie der Himmelskörper sich verhalten könnte. Viel mehr Infos zu dem Ereignis bekommt man nicht. Ist ja auch eher unwichtig, denn die eine Frau da ist schließlich TRAURIG, jaha!

Plötzlich ist die Depressive abgeklärt und cool, während die „Normale“ panisch und fahrig wird. Alleine die Idee, verstörende Depri-Kunst mit einer kosmischen Rumkugel zu mischen, ist so abgefahren, dass dieser Film einfach im Kopf bleiben MUSS. Mag die Handlung auch so farbenfroh sein wie das sahnige Weiß der Hochzeitstorte, so hat sie doch trotzdem ziemlich viele Schichten. – Hmmm, leckerschmecker! Sich endlich mal wieder nach einem Streifen richtig beschissen fühlen! Und das nicht auf eine Weise, die Michael Bay sich vorgestellt hat.

Dieser Film ist keine leichte Kost, er will niemandem gefallen, mitreißen oder sich konventionellen Sehgewohnheiten fügen. Aber gerade das könnte DIR gefallen. Nein, nicht du mit dem Standardmampf-Geschmack, sondern der kleine Typ hinter BergH, der hier sonst nix schreibt. Ja, DICH meine ich!

Visuell bietet „Melancholia“ gerade zu Beginn und am Ende 4-5 derartig starke Bilder mit der typischen, „Lars von Trier“-zertifizierten Zeitlupenkamera. – Pferde, Blitze, Nordlichter, Wald und drei Leute auffer Wiese. Klingt simpel, ist es aber spätestens dann nicht mehr, wenn man versucht, den Fernseher einzurahmen und an die Wand zu nageln. Dazu kommen bombastische Klänge aus Richard Wagners Werken, die ebenfalls nicht nageltauglich sind.

Hier mal einfach der Beginn:

Ob dieser Film „gut“ ist oder „Spaß“ macht, ist bei den Lars-Werken ja sowieso eine müßige Frage. Nicht jeder geht gerne ins Kino und erwartet dabei einen S/M-Darkroom mit Mindfuck und anschließender Ejakulation der Augenflüssigkeit. Trotzdem gilt hier meine goldene… äh… tristgraue Regel: Wenn ich den Film nach zwei Wochen noch frisch im Gedächtnis habe, kann man die Fehler des Regisseur an 1-2 Therapeuten abzählen. Objektiv gesehen gibt es nicht viele.

Okay, vielleicht die Tatsache, dass ein herannahender Himmelskörper vielleicht doch ein paar Erdbeben und Bahnverschiebungen bedeuten dürfte, die an sich schon genug Besorgnis erregen sollten. Aber nach Doctor Who bin ich inzwischen ja schon froh, wenn er keine Puppenmaske trägt oder ein verkleideter Roboter ist.

Ob der Film nun „nur“ die Tatsache verdeutlicht, dass man vor der Melancholie nicht weglaufen kann, ist nicht mal wichtig. Lars von Trier zieht seine Visionen so strickt durch, dass das Anerkennung abverlangt. Und Antidepressiva in der Popkorntüte. Da verneige ich mich auf die einzige Art, die uns bei Zukunftia möglich ist: Ich verzichte auf das Nacktbild von Kirsten Dunst, die am Fluss den Planeten näherkommen sieht. Und DAS müsste das Gespann Megan Fox/Michael Bay erst mal schaffen!

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„Wie, du hast die Zeltplane vergessen? Hat wohl der Hund gefressen, was?“ – „Ne, der wurde von Plünderern erschossen.“ – „Du hast wohl auf alles eine kluge Antwort, was?“ – Da rückt zusammen, was nicht zusammen gehört: Mitten auf dem Land lässt sich der Zusammenstoß mit einem Gasplaneten viel besser ertragen. Kein schädlicher Elektrosmog hier, jawohl!


Fazit: Seltsame „Gerade-noch-irgendwie“-Science-Fiction mit Traurigkeit, die im Zuschauer stärker brennt, als so manches CGI-Spektakel auf der Netzhaut. Zwischen 4 Bewertungspunkten („Depressive Scheiße, hast wohl den Schuss an der eigenen Schläfe nicht gehört, Klap?!“) und derer 10 („Schalalalaa! Das gibt’s nur einmaaal, das kommt nie wiedeeer!“) kann man eigentlich jede Wertung vertreten.

Ich entscheide mich für derer 6,43 und dafür, dass ihr den Film mal anseht. Geteiltes Leid ist schließlich noch immer… halber Planet, oooder?

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Artikel

von Klapowski am 18.09.14 in Filmkritik

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Kommentare (2)

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  1. bergh sagt:

    tach auch !

    So rein astronomisch ziemlicher Schwachsinn, oder ?

    Entweder ist Melancholia ziemlich klein, dann kann er so um die Erde rumtanzen, oder er ist größer, dann müsste sich die Erde auch bewegen und zwar heftig. Vom Mond mal ganz abgesehen.
    Die Bildsprache ist ja wie ähh wie denn jetzt ja wie Picasso auf Speed mit Beruhigungstabletten.

    Irgendwie komisch das ganze.

    Gruß BergH

  2. Serienfan sagt:

    Ein großartiger Film, der übrigens sehr wohl auch Humor hat. Kirsten Dunst ist absolut umwerfend.

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