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Der Mann, der zu viel machte – oder: Abrams‘ Star Wars

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Dass ich Abrams für einen mittel- bis gar-nicht-prächtigen Filmemacher halte, dürfte nach mehreren Jahren an getexteter Abscheu und Rick-Berman-Versöhnungsblumensträußen wohl jedem klar sein, der Zukunftia auch nur kurz geschrammt hat. Dass Mister „Ich habe da eine tolle Idee für einen Monster/Mystery/Action/80er-Jahre-Hommage-Film, aber viel mehr auch nicht“ nun also auch Star Wars UND Star Trek verhunzen darf, ist für mich ungefähr so, als würde ich dem Manager Thomas Middelhoff 20 Euro in die Hand drücken, um mir eine Kugel Eis zu holen: So was kann eigentlich nur schief gehen und MICH zahlen lassen!

Es mag populistisch klingen, aber da Horst Seehofer kürzlich durch die Blume von Rücktritt gesprochen haben soll, darf ich vielleicht auch mal druffhauen:

Abrams ist eine Zecke, die sich am jahrelang geminderten Kunstverständnis des Publikums labt. Fast müsste man meinen, die üblichen Rechtfertigungen für Filme wie „Transformers“, „G.I. Joe“ und eben „Star Trek“ wären einer cleveren Marketingkampagne entsprungen:

„Logikfehler stören mich nicht, wenn der Film unterhaltsam ist“
„Der Streifen nimmt sich doch gar nicht ernst“
„Ein Actionfilm hat nun mal keinen Anspruch“
„Wieso ’schlecht geschnitten‘? Man hat doch gesehen, dass das Schiff abstürzt, oder?“
„Fick deine Mutta, du Arsch“

Was mir Abrams mit seiner Idiotenserie „Alias“ (über LOST mag ich heute nicht reden) mitteilen wollte, bei der ich noch in Staffel 4 einen sinnvollen Gesamtplan erwartet hatte, wird ewig in einem Meer an schlechten Agentenklischees begraben bleiben. „Cloverfield“ und „Super 8“ haben hingegen immerhin eine feste Stimmungs-Absicht, die sie allerdings so monothematisch verfolgen, dass man am Ende gar keinen Bock mehr hat, das Monster aller Klischees zu sehen. Und „Mission Impossible 3“? Ja, Tom Cruise war dabei in diesem „Tatort“ für Amis, aber sonst passiert nicht viel, nicht mal viel gute Action.

Und nun also „Star Wars“, ein Franchise, dem ich ebenso positiv wie auch halbwegs uninteressiert gegenüber stehe. Wenn ich einbeziehe, dass ich die ersten beiden Filme aus den 70ern toll fand, den dritten Okay und die danach am Boden eines geschaufelten Grabes, ist da alleine Screentime-mäßig kaum genug generierte Relevanz, um mir da einen abzufreuen. Okay, die 3 neuen Episoden ab 1999 werden sich in 10-20 Jahren immerhin wunderbar als Parodie-Material eignen, wenn man sich über etwas lustig macht, was typisch für die 2000er Jahre sein soll. Quasi „Matrix Reloaded“ Reloaded im Verarsche-Sektor.

Auf die ganzen Animationsserien gehe ich auch mal nicht weiter ein; mangels eines zehnjährigen Sohnes, den ich mit der fachgerechten Auswertung der Reihen beauftragen könnte.

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„Für ein so großes Franchise braucht man ein großes Finger-Schwitzen-Gefühl. Deshalb schreibe ich meine Drehbücher auch immer im Hochsommer, nach 3-4 großen Cocktails.“ – Dann doch lieber Vadder Abraham: Als Regisseur und Autor hat Abrams sich stets mit Augenmaß und genügend Zeit weiterentwickelt. Von „Leicht überdurchschnittlich“ bis hin zu „Leicht unterdurchschnittlich“ in nur 15 Jahren. Hammer!

Was kann Abrams uns also mit den neuen „Star Wars“-Filmen liefern? – Meine Anspruchshaltung ist (rückblickend betrachtet) ab dem Jahr 1983 so sehr gesunken, dass mich wundert, dass Hardcore-Fans von damals heute immer noch Filme von jener schlichten Eleganz und universeller Figurenfunktionalität erwarten. Schon historisch ist ein ähnlicher „Impact“ wie damals ausgeschlossen: Damals war Science Fiction noch naiver, billiger, unschuldiger. Zu erwarten, dass man jemals wieder das Gefühl haben wird, dass man mit dem ersten Auftritt von Darth Vader oder Han Solo hatte, ist vermessen. Dem Zeitstrahl gegenüber. Wobei ich als „Star Trek“-Liebhaber wohl zugeben muss, dass ich das auch schon vor Jahren hätte einsehen müssen. Nur halt mit mehr nörgeligem Strampeln und Schreien vor der Supermarktkasse des Internationalen Films.

Ich erwarte von den nächsten „Star Wars“-Filmchen also die übliche Abrams-Mischung: Nostalgischer Fanservice mit Raumschiffmodellen im Hintergrund („Guck mal, Boba Fetts ‚Fettcruiser‘ aus dem Extended Universe!“), verquere Verdrehung einstiger Kultszenen („Ich bin kein Vater, Luke!“) im Stile vom Ende von „Star Trek 12“, dazu Logiklöcher, die selbst George Lucas nach angeregt Notizen machen lassen („Wow, und alles nur für die nächste Actionszene? Ich folge dir auf die dunkle Seite, Meeeeister!“). Zweifelt jemand ernsthaft daran, der ein Mitglied des Zukunftia-Redakteurstabes ist?

Das Wesen von „Star Wars“ waren nie die Effekte. Es war die Geschichte, die so märchenhaft ist, dass man sie problemlos einem 6-Jährigen am Bett erzählen könnte. Was schon bei Episode 1 schwer wurde, wenn man von der „Handelsföderation“ und politisch sinnlosem Gaga-Talk anfangen müsste („Und dann entschied sich der Rat, dem Sith zu sagen, dass der Präsident der hiesigen Lokalverwaltung mitteilen soll…“). Auch Abrams wird ich nicht trauen, eine megasimple Geschichte um einen Jungen in der Wüste zu erzählen, der zum Erretter wird. Sollte in den ersten Minuten ein Junge vorkommen, wurde er mindestens geklont, optimiert und hat schon zu Beginn einen effektreichen Trainingskampf gegen Killerroboter zu bestehen. Siehe Kirks Erstvorstellung in „Star Trek 11“, Untertitel: The art of driving a car into an abgrund.

, Der Mann, der zu viel machte – oder: Abrams‘ Star Wars

Star Wars, wie es einmal war und laut Abrams wieder sein wird: Kultig, rund, knuffig. – Natürlich erst nach einer 180-Grad-Kompletterneuerung, schnelleren Schnitten, cooleren Sprüchen und tolleren Effekten. Aber eigentlich will ich in EINER Hinsicht gar nicht mal meckern: Weniger Fingerspitzengefühl als der Star-Wars-mäßig eher unerfahrene Quereinsteiger George Lucas (Ende der 90er) kann der Neue auch nicht haben…

Leise Töne sind des Abrams‘ Sache nicht, es sei denn, er versucht gerade wieder eine Mythologie aufzubauen (Lost, Alias, Fringe), die den visionären Unterbau eines termitenverseuchten Kellers haben soll. Abrams würde nicht mal dann einen unsterblichen Klassiker abliefern, wenn sein Leben davon abhinge, was leider nie der Fall sein wird. Schade. Übrigens habe ich immer noch nicht in seine neue SF-Serie „Revolution“ (2012) reingeschaut. Laut Wikipedia ist aber wohl auch das eine typische J.J.-Serie: “Die Serie stieß bisher auf ein gemischtes Echo. Bemängelt wurde, dass die Konzeption der Serie in einigen Punkten nicht ganz durchdacht wirke.“ – Ja, gemischt-echoige Undurchdachtheit. Eine schöne Standardzusammenfassung seiner Werke.

Vielleicht hat er aber wenigstens etwas von seinem „Revolution“-Partner Eric Kripke gelernt, der trotz aller Flachheit seiner Serie „Supernatural“ auf niedrigem Niveau sehr gut unterhalten kann. Manchmal sogar gruseln oder Klischees auf humorvolle Weise aufbrechen. – Okay, ich will J.J. Nicht schlechter machen, als er ist, was mir sowieso nicht gelingen würde: Immerhin traut er sich was! Star Trek, Star Wars, demnächst womöglich noch die Neuauflage von Stargate: Das muss man dem jungen Menschenfischer aus dem Haifischbecken Hollywood erst mal nachmachen. – Lieber Joss Whedon, bitte MACH es ihm nach! Nur in besser halt…

Es ist ja nicht so, dass Abrams‘ völlig untalentiert wäre: „Super 8“ hat Einstellungen, die wirklich schön sind. Und die infantile Figurenzeichnung von Spock und Kirk denkt die Pickel- und Brüste-Gags aus „Star Trek 9“ wirklich konsequent weiter!

Und da Abrams wohl mehr Fan von Star Wars also von Star Trek ist, weiß er vielleicht auch, worauf es hier ankommt. Genau: Die eigenen Visionen hinten anstellen, wenn die Geldgeber sagen, dass man unbedingt zwischen dem ersten Raumkampf in Minute 15 und dem in Minute 45 noch eine Action- statt einer Dialogszene braucht, damit man weiß, dass Chewbacca auch mit 120 Jahren(?!) noch kraftvoll zuschlagen kann.

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Abrams meinte kürzlich, dass er zu einem „Western-Style“ zurück kehren möchte, um das sehr wissenschaftliche Weltraum-Gedöns der letzten 3 Episoden zurück zu drängen. Es solle eher „schroff“ werden und in Grenzerkundungen münden. Warum das schlecht ist, fragt ihr? Weil sich das TOLL anhört! SUPER sogar! – Und wir alle wissen, dass das immer so war, bevor ein J.J.-Film dann RAUS kam. Also, aus meinem persönlichen Qualitätsempfinden jetzt…

Ich weiß ja immer noch nicht, ob ich mich auf die alten Darsteller freuen soll, die ja nun definitiv auftauchen werden. Einerseits ist es ein Zeichen von Respekt (vor dem Willen der Marketingabteilung?), andererseits sind die beiden Mumienauftritte von Spock („Ich bringe frohe Kunde für alle Altfans: Wir haben euch für 2 Minuten pro Film nicht vergessen!“) auch eher zum Gruseln als zum Blu Ray-Schmuseln.

Wie auch immer: Wir werden es sehen, ich werde mich aufregen und alle anderen werden nicht verstehen, wie man schon mit über 30 Jahren Lust auf altmodische Dinge wie Logik, übersichtlichen Filmschnitt und einen gesitteten, intelligenten Erzählfluss haben kann.

Immerhin gibt es dann mal wieder ein Filmreview hier…

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Artikel

von Klapowski am 28.05.14 in All-Gemeines

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Kommentare (9)

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  1. flyan sagt:

    Tja, was kann man dem noch hinzufügen?

    Außer vielleicht, dass die Brüste- und Pickelwitze erst in Star Trek 9 kamen.

  2. Exverlobter sagt:

    Ich stimme allem hier zu, aber ich wüsste ehrlich gesagt auch nicht, wer es besser machen könnte. Wenn sogar der große ursprüngliche Schöpfer mit den Prequels krass versagt hat…

  3. icebär sagt:

    So langsam aber sicher habe ich das Gefühl, dass JJA als Qualitätsdefensive ins Feld geschickt wurde. Um quasi das Niveau solange zu senken, bis selbst die letzte Person, die dem Deutschlehrer mal Worte wie „Tiefgang“, „retardierendes Moment“, „Überraschung“ oder „Spannungsbogen“ in einem Referat erklären musste beim Anblick von baumelnden Abrissbirnen-Klöten (https://www.youtube.com/watch?v=MzJbizELHYQ) von Shakespeare höchstpersönlich spricht…

    Wozu bringt man den Leuten in den Fächern Deutsch und Englisch eigentlich überhaupt noch bei, wie man Geschichten erzählen KANN, wenn einem ständig nur ölige Grütze im 16:10-Format + Super-3D vorgesetzt wird?

    Wird da der Zuschauer nicht gar zur Überinterpretation genötigt?

    Bsp: „Oh, eine Szene, in der der Lautstärkepegel nicht die 130 Dezibel (http://www.schallundlaser.ch/images/gehoer/schall/suva_waswielaut.png) überschreitet und das Filmbild mal nicht dem Äquivalent von 6,5 auf der Richterskala entspricht. HIER ist auf jeden Fall TIEFGANG zu erwarten.“

    Lösung: JJA hat es im letzten Star Trek vorgemacht. In solchen Szenen gibt es nämlich Titten! So dass man im literarischen „Tiefgang“ zwischen den sekundären Geschlechtsmerkmalen der holden Weiblichkeit geradezu versinkt(=Tiefgang), oder eben auch nicht, damit man so grade eben noch die Jugendfreigabe erwischt. o_____O

    Fazit: Gähn! It’s bound to be Schrott.

  4. G.G.Hoffmann sagt:

    Dieser Artikel und das Orci-Interview kommen mir irgendwie zu negativ rüber. Ich werde selbstverständlich wieder alles kaufen, was mit ST:13 und SW:7 zusammenhängt, auch wenn es Jahrzehnte dauern sollte, bis ich mich überwunden habe, es mir anzuschauen (gestern habe ich endlich zum ersten Mal „Der Herr der Ringe: die Gefährten“ beendet, aufgeteilt in vier Abende à 50 Minuten zwischen Mitte März und Ende Mai – „interessanter“ Film… „Die zwei Türme“ habe ich ganz fest für 2017 eingeplant).

    Ist doch ganz egal, wie die Filme ausfallen werden. Solange es 200 Millionen Menschen wie uns auf diesem Planeten gibt, werden die Kassen klingeln. Von mir aus könnte auch Wolfgang Rademann die Drehbücher schreiben.

  5. Q-Quinn sagt:

    Zur Abrams braucht man echt nichts mehr zusagen, denn der Artikel sagt schon alles (Y)

  6. Turnschuh sagt:

    Bei JJA und Orci und ihren Förderen und Werken kommt mir jedesmal dieser abstruse Gedanke, dass der Hass sein schlechtes Image gar nicht verdient.

  7. ted_simple sagt:

    Vor etwa 13 Jahren habe ich den Nemesis-Verriss von Klapo schon geliebt, für mich damals das größte Highlight auf st-enterprise.de. Ich glaube, er schrieb damals, „Nemesis“ sei sein persönlicher Nemesis…

    Dieser alberne Actionfilm, eine einzelne Ansammlung von Klischees und Logiklöchern, gehörte für mich nicht mehr zum Star Trek-Kanon. Mit den Abrams-Filmen das Gleiche. Klapo hat’s wieder auf den Punkt gebracht. Mein erster Gedanke nach dem ersten Trek-Reboot-Film war: mittelmäßige Science-Fiction, guter Actionfilm, hat aber nichts mehr mit Star Trek zu tun. Abrams ist wirklich überschätzt…

    Orci hat sich ja daran versucht, zu erklären, wie sowohl die neuen Filme als auch alle anderen Star Trek-TV-Folgen und Filme gleichzeitig Kanon sein können: Durch Neros Zeitreise, zur Zerstörung Vulcans, sei ein Multiversum entstanden, und die beiden Star Trek-Zeitlinien spielen nun in Paralleluniversen, die gleichzeitig existieren. Man könnte einen ganzen Artikel darüber schreiben, was an dieser Konstruktion lächerlich ist…

    … vor allem, da es in den Trek-Serien (besonders Voyager) zahlreiche Zeitreisen gab, ohne dass jemals ein Paralleluniversum dabei entstanden wäre. Am Ende blieb immer nur EIN outcome gültig. Warum soll jetzt plötzlich ein neues Universum enstehen? Also haben wir nun insgesamt 3 Universen (das „normale“, das Mirror Universe aus TOS/DS9/ENT, und das Abramsverse)? Nette Idee, aber dann will ich auch eine Erklärung ON SCREEN hören, die das (innerhalb der Trek-Logik sehr merkwürdige) Phänomen untermauert/erklärt. Ach nein, da habe ich wohl vergessen, dass in den neuen Filmen grundsätzlich keine komplizierten, „nerdigen“ Gedanken zu finden sind, wäre ja zu anspruchsvoll!

    Gott sei Dank gibt es für Menschen mit Verstand ja noch Doctor Who. Auch wenn die Who-Logik dem Zuschauer wesentlich mehr wohlwollende Flexibilität abverlangt als die Trek-Serien es je getan haben.

    PS: Zu Star Wars – genau, das sehe ich ursprünglich auch als „Weltraum-Märchen“, welches in Episode 1-3 zu einem gähnend langweiligen Teenie-Action-Film umgebaut wurde. Die übertriebene, unspannende Action ist auch bei den Lord of the Rings- und Hobbit-Filmen mein einziger Wermutstropfen (allgemein gefallen mir diese Filme gut, im Ggs. zu den sinnentleerten Star Wars Episodes 1-3).

  8. Nico sagt:

    ich hätte mal nen vorschlag, sozusagen als alternative zu jja: jms, der verspricht durchdachte geschichte und möglichst wenige logik fehler.

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