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Von vergessenen Kuriositäten und verschütteten Helden

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Viele Dinge haben uns seit unser Kleinseins-Zeit nicht losgelassen: Die Schlümpfe, Dagobert Duck oder die „Praline“-Hefte im Schuhschrank unseres Großvaters. Mit 17 Lebenslenzen längst weggeworfene Comichefte lösen mit 30 plötzlich einen permanten Phantomsschmerz aus, hervorgerufen durch ziellose Nostalgie und der Einsicht, dass es noch quälende 40 Jahre hin ist, um durch Altersdemenz wieder so infantil wie in den 80ern zu werden…

Aber was ist mit Franchises (damals noch „coole Sachen“ genannt), die nie den Windelpupser-Ereignishorizont unserer Kindheit verlassen haben? Ich erinnere mich zum Beispiel grob an eine Fortsetzungsgeschichte, hinten in den Fix&Foxis, vermutlich in den 80ern: die war schön gezeichnet (wenn man sonst nur Oma Eusebias Nudelholz hinter dem Schriftzug „BRANG!“ kannte), enthielt einen Hosenscheißerhelden in Mittelalter-Kluft, eine Art intelligenten großen Bären als Sidekick, schwebende Kontinente und iiiirgendwer – ein König oder so? – wurde in eine Bohne verwandelt und verbrachte den Großteil des uferlos ausufernden Geschichte in einem Beutel. Die ganze Geschichte schien einigermaßen lang zu sein und viel von dem zu enthalten, was man heute wohl „aufleveln“ nennen würde.

Nie habe ich erfahren, ob Bohnen-Gesicht wieder zu einer richtigen Holzpuppe (oder so) geworden ist, ob der Krieg gegen die Gedönsratsvorsitzenden (oder so) erfolgreich war und wieso der heldenhafte Junge haartechnisch aussah wie ein schief gelaufenes Topfschnittexperiment! Doch dank Internet konnte ich heute erfahren, wer denn die beiden Titelhelden waren: „Hugo und Toto“, ihres Zeich(n)ens Geschöpfe eines Mannes namens Bernard Dumont. 6 Bände verfügbar. Aber mein Vater hatte trotzdem recht: Das Internet braucht kein Mensch und stinkt sowieso nach Fisch! Denn hätte ich den Namen der Bebohnten nicht erfahren, so müsste ich mich vielleicht weniger darüber ärgern, dass es mit einem handelsüblichen Kontingent an Zeit, Geld und Fremdsprachenkenntnissen auch heutzutage unmöglich ist, Kindheitsperlen nachzuholen. (*Dose Bohnen als Ersatzdroge aufmach*)

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Ich glaube, das Wiederentdecken von Zeichnungen, die man vor über 20 Jahren zuletzt gesehen hat, macht irgendwas mit dem Gehirn („Captain! Da sind die Ga… Die Ga-Ga… Die Gaaaaastautoren von damals!!“). Ich merke es auch daran, dass ich mir gerade in die Hose gemacht und „Wegmacheeen!“ gerufen habe.

Ein deutsches Album von „Hugo“ zu finden – oder einem beliebigen anderen Vornamen, der in den 80er (nicht sehr) populär war – ist quasi unmöglich. Warum aber eigentlich die Obsession mit Dingen, die lange her sind? Wo doch das einzige, was uns heute interessieren dürfte, ein 1985 geborener Pornostar sein könnte? Warum die Verklärung von alten Comics, Büchern, Filmen, Duplosteinen („Ich mochte die, die in der Luftröhre passten!“), wenn man so viel neues Zeug hat, dessen Abarbeitung auch einen Arbeitslosen mit Multimilliarden-Euro-Budget überfordern würde? Nun, als Dreikäsehöchster vergötterte man eine beliebige Publikation auch schon mal nur deswegen, weil sie gerade daaa war und unserem neuronalen Grundgerüst nicht etwa entsprach, sondern es kurzerhand anfertigte.

Erste Eindrücke, die sind nun mal nicht zu steigern und/oder nachträglich wiederzuerlangen. Auch, wenn George Lucas das mit seinem pausbäckigen Prequel-Pompeij ständig versucht. Und so halte ich es durchaus möglich, dass einige Jüngere von Euch in 20 Jahren ihr rechtes Ei dafür verkaufen würden, um die verschollene Erstausgabe von „www.zukunftia.de“ (laut Internet damals noch st-enterprise.de) noch einmal zu (Fusselbart-)Gesicht zu bekommen.

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Ward ihr auch so große Fans von Giuseppe Perego, der in den alten Lustigen Taschenbüchern immer die Vorgeschichten gezeichnet hat, um zu erklären, warum Donald eben noch als König im alten Dänemark regierte und danach als El Cid durch Mexiko streunte? – Ich auch nicht. Und genau genommen gehört der Schmierfink auch nicht zu diesem Thema, doch wollte ich schon immer mal irgendwo erwähnen, dass er tatsächlich mit Entenschnabel-Schablonen(!) gezeichnet hat!

Wobei ich dann – als Ergänzung – aber gerne noch eine Maschine hätte, mit der man das eigene Gehirn auf den Stand eines 8-Jährigen zurücksschnippen kann. Natürlich vorübergehend, auch wenn RTL2 diesbezüglich weitreichendere Versuchsreihen am Start hat. Jedenfalls könnte man sich dann kurz an den „Ent-Brainer“ anschließen (nicht zu verwechseln mit manchen ebenso wirkenden „Entertainern“) und sich dann als geistige Stubsnase staunend vor den neuesten „Hugo“-Band setzen. Oder „Asterix“. Oder „Weiß-der-Teufelix“. Was eben gerade so da ist. In dieser Phase würde es auch ein einseitiger „Lurchi“-Comic vom Schuhgroßhändler tun. Ganz toll wäre das auch, um Videospielklassiker neu zu erleben! Einfach als alter Nintendo/Mario-Nerd die Birne blankputzen und „Giana Sisters“ nachholen, ohne erschrocken mit der übervollen Klempner-Erinnerung zu zucken.

Zum Schluss noch ein letztes Beispiel von „Irgendwann mal gesehen und daher jetzt Kult“: In den YPS-Heften von Neunzehnhundert-Pups gab es eine Comicreihe namens „Isegrim“. Zwei Brüder waren dort am Werke, einer davon konnte sich in einem Wolf verwandeln, der dann allerdings ein ganz anderes Wesen war. Die Geschichten waren mystisch und gingen meist düsterer aus als eine rausgeschraubte Glühbirne. Dieser sehr depressive, erwachsene Stil hat mich damals sehr beeindruckt, auch wenn die Zeichnungen eher an übliche Frohsinnsgeneratoren aus Franks Reich erinnerten.

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„Kiiiinder, kommt heim, der Klapo holt die Goldstücke raus!“ – Darauf fliegt sogar der Ohrenschmalzklumpen von König Midas: Gut, dass ich damals nicht von anderen Nischenprodukten begeistert war! Denn alle paar Tage wollte mich ein netter Onkel mit den Worten „Möchtest Du ein paar Superman-Comics, mein Junge?“ ins Auto locken…

(Achtung, investigative Besucherausfragung und Kommentargenerierung; bei anderen Webseiten abgeschaut:) Gibt es bei Euch auch etwas, was Ihr als Kind super fandet, allerdings dessen Spur verloren habt? Kürzlich hörte ich von unseren Kollegen (chi-chi-chiii) im „Whocast“, dass eine uralte deutsche Serie gesucht wurde, von der selbst das Internet nix weiß und die „Doctor Who“ gar nicht so unähnlich war. Was ist es bei Euch, was irgendwie cool war, aber nur schwerlich wiedergefunden werden kann? Alte Romane aus der Stadtbücherei? Ein Film mit einem Hasen und einem sprechenden Kieselstein als Boss? Die Tagesschau? Schreibt mir davon, liebe Zuleser, denn wir haben Euch gern und hören gerne zu!

(*Petersilie ins Ohr steck und weiter nach „Hugo“- und „Isegrim“-Alben google*)

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von Klapowski am 13.11.11 in All-Gemeines

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Kommentare (13)

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  1. Mieze sagt:

    Hmm .. ich glaube, ich hatte als Kind nur ein einziges Comicheft .. eins von Dr. Snuggles .. aber das hab ich auch bestimmt 1000 Mal gelesen .. ansonsten erinnere ich mich nur an Clever & Smart, die hab ich mir immer aus der Stadtbücherei ausgeliehen ..

    .. was mich vor ein paar Jahren negativ überrascht hat, waren „Die dreibeinigen Herrscher“ .. ich kann mich erinnern, daß ich die als Kind aufregend, spannend und total gruselig fand. Als ich sie dann wieder gesehen hab .. *gäähhhhn* .. da war ich denn doch enttäuscht ..

  2. BigBadBorg sagt:

    Da werden Erinnerungen wach… Schmacht!

    Hab noch meine komplette Comic-Sammlung auf dem Speicher, säuberlich verstaut in Kartons. Fix und Foxi, Disney, Clever & Smart, Werner, Schlümpfe usw.

    Ich glaube ich werde mir gleich mal einen Karton von oben runterholen und nochmal ein bisschen schmökern.

    Waren nicht Tim und Struppi-Comics auch mal in den Fix und Foxi-Heften? Ich glaube ich kann mich dunkel an ein Segel-Geisterschiff erinnern.

    Früher war alles besser. :)

  3. Raketenwurm sagt:

    Zu DDR-Zeiten hatte ich höchstens mal eine Frösi in den Händen, da waren ja kleine Comics drin, ansonsten habe ich dann erst recht spät, 1990 glaube ich, angefangen, mit LTBs. Es folgte noch ein MickeyMouse-Abo und diverse Fix&Foxis, aber so die wirklich coolen Comics hab ich nie gelesen. Außer einmal, da hat mir jemand ein Heft mit Gruselcomics geschenkt. Da ging es u.a. um ein Tempelmonster, dass mit Archäologen den Pakt schließt, sie zum Tempelschatz zu führen. Und die Pointe war dann, dass nicht Teil des Paktes war, dass sie das Monster auch wieder aus dem Tempel herausführt. Gruuuselig !

  4. Donald D. sagt:

    Ich habe, als ich klein war, zwei Schlümpfe verloren! Den Dichterschlumpf und Krankenschwesterschlumpfine. Darüber ärgere ich mich immer noch. Ach ja und über ein nicht zurückgegebenes LTB (Bd. 75), weswegen eine Prügelei im Klassenzimmer stattfand. Ich bekam es nie zurück, aber der Typ, dem ich es geborgt habe, ein blaues Auge. Zudem war er eine Rote Sau ^2, aber ein kapitalistisches LTB behalten wollen!?!?!? Scheiß Kommunisten!
    Ansonsten habe ich eigentlich noch alles aus meiner Kindheit. Vom Vater und Opa über die Grenze geschmuggelte MMs, LTBs, Asterix usw. Seit 1995 dann 11 Jahre ein MM Abo, um das westliche Kulturgut nachzuholen (Abrafaxe fand ich immer langweilig) und hin und wieder Asterix und Lucky Luke. Mit dem ganzen Kram lasse ich mich auch beerdigen.

  5. Donald D. sagt:

    P.S. @ Klapo: Wo hast Du das Bild mit Asterix und Obelix in Donalds 313er her?

  6. Bolleraner sagt:

    @BigBadBorg

    Mir fällt bezüglich Segel-Geisterschiff eine Geschichte der Minis ein. Diese Minis waren ebenfalls in den Fix und Foxi Heftchen drin. Ich hatte damals leider nur den ersten Teil und warte bis heute auf den Tag, an dem ich endlich erfahre wie der Scheiß ausgeht.

    @Klapo
    So sehr an den Haaren herbei gezogen die Verbindungsstücke von Giuseppe Perego auch waren, mir waren diese LTBs immer noch lieber als die neuen ohne. Bis auf vielleicht einige wenige Ausnahmen der Ausgaben 117 – 130, in denen meiner Meinung nach mit die besten Geschichten drin waren.

    Fischstraße 13 ist leider auch nur selten im Antiquariat zu finden..

  7. DJ Doena sagt:

    Auja, die dreibeinigen Herrscher fand ich auch ziemlichz gruselig.

    Ich kann mich noch dran erinnern, wie sie mal einen von den Metallriesen zum Umfallen gebracht haben und dann kam da so grüner Schleim aus der Tür.

    Und später waren sie dann in so einer Fabrik, wo sie alle Atemmasken tragen mussten und als einer die in Panik abnahm, ging er drauf.

    Die Frösi (=Fröhlich sein und Singen) habe ich auch gelesen, aber kann mich faktisch nicht mehr dran erinnern. Und dann habe ich eine vollständige Sammlung aller Mosaiks (=Ostcomic) der Abrafaxe von 1976 bis Juli 2011(!). Jetzt hab ich das aber eingestellt.

    Von den Mosaiks mit den Digedags (1955-1975) habe ich nur einige wenige Hefte aus der Endphase. Meine Welt fing mit Abrax, Brabax und Califax an.

  8. Raketenwurm sagt:

    Die dreibeinigen Herrscher fand ich als Kind auch ziemlich verstörend, und als ich mir das dann vor ein paar Jahren nochmal angeschaut habe, war ich doch erstaunt, gerade weil Staffel 1 teilweise doch recht seifenopernhaft daherkommt. Aber das bessert sich ja dann in Staffel 2, wenn sie die Alienstadt infiltrieren, und dort dann auch endlich mal die Dreibeiner zu sehen sind. Als Gesamtwerk dann doch nicht sooo langeweilig.

  9. bergh sagt:

    tach auch !

    Wie hieß denn noch die deutsche Antwort auf die amerikanischen Superhelden?

    Wastl
    Dieser Superhero mit dem großen Brustkorb und schmächtigen Sidekick hat mir so manche Lesestunde versüßt.
    Heute schämt man sich beinahe „sowas“ gelesen zu haben.

    F&F, Lupo, LTB alles gelesen und später Perry Rhodan Hefte, da waren auch Zeichnungen drin,
    wenn auch keine Comics.

    Gruss BergH

  10. gff sagt:

    In einem Yps-Heft der späten 80er (glaub ich) verschlug es Pif und Herkules (glaub ich) in irgendeine unterirdische Feenwelt. Den Comic würde ich gerne mal wieder sehen, da die Feenprinzessin echt heiß war…(weiß ich)^^

  11. Thomas sagt:

    Bei mir war es auch „Hugo & Toto“. Ich hab‘ übrigens gerade (2018!) eine bezahlbare alte Ausgabe auf Amazon gefunden.

    Ausserdem „Herrscher der Zeit“, ein alter gezeichneter Film, den ich mal in einem Antiquariat in Berlin wieder gefunden habe.

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