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„Die Sopranos“ – Das kriminelle Serienreview

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Für viele ist es die beste Serie aller Zeiten. Für den Rest übrigens auch, denn wer will sich schon mit Zuschauern anlegen, die das spurlose Verschwinden von Andersdenkenden mit einem lakonischen „Ist wohl übergelaufen“ kommentieren und sich dabei feist grinsend die Brusthaare über die Schultern werfen? Eines hat „Sopranos“ Ende der 90er tatsächlich geschafft: Den Weg für zahlreiche Nachahmer am amerikanischen Kabelfernsehhimmel zu ebnen. Aber ist die Serie wirklich so makellos, wie die Selbstgefälligkeitsmafia immer verbreiten lässt…?


Inhalt: Tony Soprano ist ein Mafiaboss. Doch oftmals ist er überfordert von Familie und „Familie“, weswegen er eine Psychiaterin aufsucht. Dann wären da noch seine „Angestellten“, wie Pauli, Christopher und viele andere, die alle ihre eigenen Bedürfnisse haben.

Meinung:

Liebe mediale Heiligsprecher! Der folgende Satz ist nur für Euch; bitte daher vom Monitor ausschneiden, den eigenen Namen einsetzen und auf die Stirn kleben: „Sopranos“ ist wirklich toll, hat die Serienlandschaft revolutioniert, ist super gespielt, toll ausgestattet, glaubwürdig, ansprechend gefilmt, macht sogar Oliver Kalkofe einen Ständer und… blablabla. Baddabing-Baddabang.

Hier die Zusammenfassung von 96% aller Konflikte. Und schon habt Ihr 80 Euro für die Serien-DVD-Box gespart. (40 Euro per Paypal an uns, hmmm?)

Doch da diese Lobhudelei ziemlich langweilig wäre (und bereits tausendfach erwähnt wurde), möchte ich mich auf die kleinen Makel stürzen. Jene, die wohl im Endeffekt dafür sorgen werden, dass ich mir die Folgen in den nächsten 10 Jahren erst mal kein zweites Mal ansehen werde. Auch wenn ihr mich dafür mit Operngläsern, Pfeifentabak und ganzen Weinkellern bewerfen werdet.

Ja, eigentlich macht es großen Spaß, den Premiumdarstellern bei ihrer öffentlichen Bewerbung als TV-Götter zuzusehen. Doch bei allem Verständnis für „Gut gespielt, Löwe“ passiert im Prinzip 6 Staffeln lang immer nur die selbe Spaghetti-Soße: Irgendein Bandenmitglied nervt mit kleinen Regelabweichungen („Okay, keine Nutten mit Körbchengröße über B umbringen, hab’s kapiert, Tony!“) oder hat Probleme im Privatleben („Okay, ich schlafe mit deiner Schwester, Tony!“) oder erzählt im Tarantino-Pulp-Fiction-Syle trockenstes Alltagszeug („Deine Schwester erinnert mich an einen Quarterpounder mit Käse, Tony!“), bevor sich alles wieder mit einer machohaften, kumpelhaften Umarmung (die allerdings auch schon mal vom Sensenmann erfolgen kann) beruhigt. Ab und an wird eine Nebenfigur umgebracht, was aber nicht schlimm ist, da ständig neue Macho-Möpse mit unmöglichen Frisuren auf Kopf und Oberkörper sowie mit zweifelhafter Baumschulbildung nachrücken. Meist durch Knastentlassung. Praktisch, so eine eigene „TV-Figuren-Fabrik“.

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„Okay, wir haben genug Chips abgesahnt! Somit kann die Operation ‚100 verschwundene Einkaufswagen vom Supermarktparkplatz‘ schon Morgen anlaufen!“ – Glück im Spiel, Pech bei den Hieben: Tony dealt nicht mit Rauschgift, nicht mit Waffen und ist auch kein Menschenhändler. Manchmal ist er sogar weniger Gangster als ein Pharmavertreter, Bankchef oder die Typen von den Stromkonzernen. Aber an solche Leute traut man sich filmisch auch nach „Dexter“ (TV-Serienmörder) und „Breaking Bad“ (TV-Drogendealer) moralisch noch nicht ran…

„Sopranos“ verzichtet in voller Absicht auf eine durchgeplante „Staffelgeschichte“ oder abgeschlossene Einzelepisoden, um den Zuschauer nicht mit vorgehaltener Knarre über vertraute Dramaturgiepfade zu schubsen. Natürlich baut alles aufeinander auf, aber ein großer Handlungsbogen lässt sich – wie im echten Leben auch – selten erkennen. Schließlich ist die Tatsache, dass mir im Büro eine neue Kollegin zugeteilt wird, im Alltag kein Garant dafür, dass der große göttliche Showrunner uns beide „zusammenstöpseln“ wird.

Und das ist es, was mir bei den gut geschauspielerten Art-House-Filmen oft das Gefühl gibt, ich hätte ein altes Stück Brot statt einer Luxusklasse-DVD in meinen Player eingelegt: Realismus schlägt… Dramatismus! Alles ist so echt, dass man den Figuren sogar bei den jahrelangen Verdrängungsarbeiten in Echtzeit zusehen kann: Tonys Kinder beschäftigen sich laaange nur nebensächlich mit der Tragweite der Mafiastrukturen, staffelweise auch schon mal ausschließlich mit dem nächsten Mathetest. Und Tonys Frau Carmela schwankt so oft zwischen unglücklicher und glücklicher Ehe, dass diese Verbindung schon wieder erschreckend durchschnittlich wirkt.

Für Crime-Fans vielleicht noch schlimmer: Die Deals und Verbrechen geschehen als „Grundrauschen“ im Hintergrund. „Klär das mit Silvio!“, heißt es dann lapidar in der Kartenrunde, während Anthony Soprano sich mit dem Schuhanzieher alte Essensreste aus dem Bauchnabel pult. Zwei Folgen später ist Silvio entweder Fischfutter oder wurde rehabilitiert, weil er der Schwippschwager von Ronaldo ist. „Der Typ, der für uns die Gewerkschaftssache am Laufen hat“. Gähn. Verdi-Verbrecher also… Auch immer wieder gerne genommen: „Ich habe wieder 200 DVD-Player reinbekommen.“
Wo, „rein“? In den Anus? Wo kommen die her? Wer hat am Lastwagen gerüttelt, damit die dort runterfallen? Hat’s einer gesehen? Oder wurden die beim Media Markt etwa doch brav auf das Kassenfließband gepackt? Da wollte ich stets mehr wissen, aber gut, dafür kenne ich jetzt alle italienischen Namen sämtlicher Pastagerichte auswendig.

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„Okay, mein Sohn! Sobald der Nigger unter deinem Wagen liegt, kannst Du die Kupplung ruhig vorsichtig schleifen lassen, damit die Kiste nicht verreckt.“ – „Duu-huu, Daddy? Bist du eigentlich wirklich Mitglied bei der M… bei der M-M…“ – „Du meinst, beim ADAC?“ – „Ja, genau!“ – Schleifen gelassen: Die Familie ist wichtig in Tonys Leben, denn ohne sie wäre er nur ein halber Mann. Und würde noch mehr Leute halbieren als 0,5 pro Staffel…

Undenkbar, dass ein großer Coup mal 12 Folgen lang aufgebaut und ausgeschmückt wird. Tony in den brutalen Fängen der Konkurrenz (Doppelfolge mit Folter), eine Lkw-Entführung, die völlig aus dem Ruder läuft oder Geiselnahmen mit versehentlicher Exekution… gibt es rein gar nicht. Stattdessen sehen wir unglückliche Glücksspielsüchtige („Oh, welch Jammertal mich zu verschlingen droht! – So, tschüss dann, bis zur nächsten HBO-Serie!“), vorgeschobene Autokäufe (um die Verkäuferin flachzulegen), verfressene Priester („Haben sie noch einen zweiten Kühlschrank da, Misses Soprano?“) und Kinder mit schulischen Minderleistungen. Erwähnte ich schon den Mathetest?

Klar: Die Nebensächlichkeit der Verbrechen soll das Faszinierende sein und fesselte mich auch durchaus 2 Staffeln lang. Doch mit einem Crime-Anteil von nicht mal 10% darf man sicherlich auch die heilige Soprano-Kuh kritisieren, zumal sich nicht jeder brennend dafür interessiert, wie hoch die Uni-Spende für Tonys Tochter nun genau ausfallen wird. Letztendlich bin ich dann wohl doch zu sehr ein Freund von Cliffhangern, riesigen Überraschungen und Wendungen. Da darf man auch ruhig mal merken, dass die Polizei immer mehr Druck macht, wir die letzte Folge einer Staffel haben oder eine der Hauptfiguren vor 2 Episoden in Hafenplankton umgewandelt wurde.

In Staffel 3 ging’s mir dann spätestens auf den Zeiger, dass die Polizei mit riesigem Aufwand Tonys Keller verwanzte und die verkabelte Lampe ein paar Folgen später einfach von Meadow ins Studentenwohnheim mitgenommen wurde. Ja: Das ist realistisch, aber auch im realen Leben fühle ich mich subjektiv verarscht, wenn der große Jahrestag im Gang-Bang-Club abgesagt wird, weil ich an der Tür ein Schild mit der Aufschrift finde: „3 Monate geschossen wegen Wasserrohrbruch“. – Aber gut, auch SGU brauchte schließlich Vorbilder.

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„Das viele Trinken ist für mich kein Problem, aber das Zeug so zu schlucken, dass die Brüste gleichmäßig aufgebläht werden, DAS ist Kunst!“ – Willkommen beim sogenannte „Brustton der Überzeugung“: Fremdgehen ist eine sehr wichtige Sache in Tonys Leben, wobei es ja nicht wirklich Fremd-gehen ist, wenn man die Frau schon seit drei Bieren und zwei Kurzen kennt.

„Sopranos“ wimmelt von solchen Sequenzen, die vom Alltag einfach entdramatisiert werden. Quasi Milchtüten statt Mafiadrama. Teilweise war ich regelrecht verärgert, da z.B. Christophers Nahtoderlebnis („Ich komme in die Hölle für alles, was ich getan habe!“) genau so flott wegheilte wie seine OP-Narben. Okay, dass Menschen sich nicht komplett ändern, ist realistisch, wie ich nach jahrelangen erfolglosen Erziehungsversuchen an Kollege Sparkiller feststellen musste. Trotzdem hätte ich gerne gewusst, was aus dem angeschossenen Russen im Schnee geworden ist, ob Tonys Geschäftspartner jemals nach dem gefragt haben und warum Christopher nach Achtungserfolgen im Filmbusiness nie wieder ein Drehbuch geschrieben hat. Die Antwort auf diese Fragen ist vermutlich so sopran… äh… profan, wie der Grund dafür, dass ich im Supermarkt keinen Einkaufswagen benutzen mag.

Umgekehrt werden auch „große“ Entwicklungen wie ein lange vorbereiteter Mord in einer halben Folge abgefrühstückt. Ohne dramatische Musik oder besonderen Wow-Effekt. (*Plustert sich auf und geht breitbeinig vor dem PC auf und ab*) “Ho-hoo! Ich bin das anspruchsvolle „Die Sopranos“ und habe es nicht nöööötig, mit 100 Jahre alten Filmstilmitteln anzukommen, denn wir haben ja… GUTE Schauspieler, ho-hoooo!“

Klar, die Darsteller sind erschreckend überzeugend. Optisch, akustisch und schnitttechnisch werden deutsche Serien hier an die Wand (der mit dem Röhrenden Hirschen dran) gespielt und viele Einzelszenen entfalten eine hypnotische Wirkung, obwohl Tony nur im Bademantel aus der Tupperdose frisst, während die Kamera ein diabolisches Zucken der Augenbraue einfängt. Weil Silvio das Ding mit Pauli versemmelt hat, weil dessen Mutter dem Pfarrer einst… – Äh, wollt ihr so eine Story selbst in ironisch erzählt bekommen?!

Ob einem DAS 4500 Serienminuten lang reicht, muss jeder selbst mit seinem Hochschulabschluss und seinem gewollten „Bin halt anspruchsvoll und achte auf Zwischentöne“-Selbstbild entscheiden.

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„Seitdem ich sie das Schutzgeld in Essen auszahlen lasse, muss Carmela unseren Kühlschrank nicht mehr mit dem Schaufelbagger befüllen. Einziger Nachteil: Dieser nervige Arsengeschmack in der Lasagne…“ – Kau, schau, wen: Essen spielt hier eine große Rolle, welche von wechselnden Eiweißen und Fetten ausgefüllt wird. Im Hintergrund naht auch schon der nächste Gesprächspartner. Es geht um irgendwas wegen der illegalen Schiffsladung mit römischen Pfefferstreuern.

Ja, Sopranos IST toll, einzigartig (teilweise sogar SEHR artig) und bemerkenswert, aber gerade im Krimibereich finde ich „Dexter“ dann doch etwas toller, der ja auch nicht mit Alltagsgedöns geizt. Zumal man hier wirklich das Gefühl hat, dem Darsteller in den Kopp zu kriechen und jede seine Entscheidungen nachvollziehen zu können. Tony hingegen ist oftmals launisch: Ob er einem Nebenbuhler gleich was in die Fresse zimmert oder ihm beschwichtigend den Arm um die Schulter legt, scheint teilweise nur an der Höhe seines Blutzuckerspiegels zu hängen.

Und ob er eine Frau nun liebt oder hasst, entscheidet sich nicht selten an der Nachdrücklichkeit, mit der die Schlampe nach dem Koitus von ihren Lieblingshandtaschen sallert. Auch DAS ist realistisch und durchaus spannend, weil es wirklich um winzigste Nuancen geht, um die Szene, um die Darstellung. Aber nachträglich hätte ich wohl keinen Bock, ein zweites Mal mit Furios unglücklichem Verliebtsein mitzufiebern, wenn ich weiß, dass er sang-, klang- und beischlaflos nach Italien zurückkehrt, um sich und den Zuschauer vor weiterer Aufregung zu schützen.

Interessant auch, dass ich beispielsweise die Episode sehr gut fand, in der Meadows Normalo-Freund einige Mafia-Verhaltensweisen mitbekommt („Dummer Witz, Kieferbruch!“) und danach schlotternd den Koffer packt, obwohl die Hauptfiguren diese Nervosität nicht nachvollziehen können. Fast möchte man den jungen Schisser als neue Hauptfigur behalten, denn als wirkliche Identifikationsfigur ist Frontsau Tony – trotz aller Grau- und Pasta-Farbtöne – dann doch zu arschig.

„Die Sopranos“ ist eben eine Serie, die mit den Zuschauererwartungen bricht und weniger anspruchsvolle Gemüter auch mal brechen lässt.

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„Warst Du wieder bei deiner Therapeutin, Tony?“ – „Japp. Dieses Über-Ich werde ich zerschmettern, diesen vorlauten Pseudo-Chef!“ – Würde man alle Sopranos-Folgen zu einem Bild zusammenfassen, käme wohl das hier dabei raus (weswegen ich auch auf Prügel- und Schießbilder verzichtet habe). Das mit der Therapeutin ist übrigens ein Running Gag der Serie und Tonys Therapiesitzungen sind wirklich interessant. Gut, dass die Macher wussten, auf was es bei Crime-Serien WIRKLICH ankommt.

Dazu passt auch die letzte Folge, die aussagt: „Wir stellen nur die Kamera ab, das Leben der Sopranos geht aber trotzdem weiter (oder auch nicht).“ – Kein reinigendes Kugelgewitter, das alle „Bösen“ dahinrafft, um nachträglich ein moralisches Statement abzugeben, keine große Gerichtsverhandlung oder eine Bombe im Strip Club. Nein: Wie im Leben ist auch hier alle etwas ungeplant und das Ende kann ganz plö


Fazit: Diese Serie ist die hochklassige Siemens-Waschmaschine im Handwäschebetrieb der Serienlandschaft. Noch dazu fühlt sie sich NICHT wie eine Serie mit Schauspielern, Kulissen, Staffeln und Drehbüchern an. Alle Figuren sind so lebendig und real, dass ich fast Angst hatte, einer der Mafiosi könnte bei mir klingeln und mich mit typischen Gangster-Gedöns verschrecken. Zum Beispiel mit: „Ey, hast Du schon Deinen Wagen aus der Werkstatt geholt?“ oder „Du weißt doch, ich esse nur karamellisierte Frühstücksflocken!“ oder gar „Die Sache mit Silvio ist erledigt. Ich habe ihm gesagt, dass er dem Boss einen Kuchen zu Ostern backen soll.“

Gut, dass ich die Serie mal gesehen habe, aber zukünftig muss ich erst mal für MEHR Nervenkitzel in meinem Leben sorgen. Indem ich im Supermarkt einen Gratisprospekt mitgehen lasse, oder so was in der Art…

Wertung für Anspruch, Machart, Mut, Schauspieler, Innovationsfaktor:

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM

Wertung für anspruchslosere Zuschauer, Roter-Faden-Liebhaber, Cliffhanger- und Action-Freunde:

ACTION
HUMOR
TIEFSINN
ALLES IN ALLEM

Ich selber bin mit meiner Wertung wohl irgendwo dazwischen…

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Artikel

von Klapowski am 23.04.11 in Serienkritik

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Kommentare (4)

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  1. Raketenwurm sagt:

    Ich denke genau dieses Realistische, dass z.B. irgendeine Person etwas zu Tony sagt und man noch vor der Person selbst es als Zuschauer mit der Angst zu tun bekommt und befürchtet, dass der Mafiaboss sein Gegenüber gleich den Kopf abreisst, weil man in der Historie, der Psyche und in der subtilen Mimik Tonys drin steckt, dieser Realismus, diese Lebendigkeit der Charaktere, das ist Grund, wieso ich die Serie so toll fand und mit jeder Staffel mehr verschlungen habe.
    Und ja, dass einige Handlungsstränge plötzlich ins Nichts verlaufen, ist gegen jede Sehgewohnheit, passt aber wunderbar zur dieser Serie, die ja uter anderem auch das Gefühl vermitteln möchte, was es bedeutet bei der Mafia zu sein. Und das heißt eben auch Hoffen, dass Probleme einfach so wieder verschwinden, dass über die eine oder andere Leiche sprichwörtlich Gras wächst, aber gleichzeitig auch immer zu bangen, dass genau das nicht passiert, dass jeden Momente jemand um die Ecke kommt, eine Pistole zückt und Rache übt, oder noch schlimmer – die Polizei mit Handschellen daherkommt.

    Und man kann auch nicht sagen, die Serie hätte keinen Roten Faden und wäre nichts für Action-Liebhaber. Der Rote Faden der Serie ist eben weniger die Handlung, die daneben ja trotzdem vorhanden ist, sondern wie gesagt die Charaktere und deren Lebensgefühl. Und durch die erwähnten Psycho-Momente ist die Serie ja manchmal auch nervenaufreibend, obwohl gar nichts nervenaufreibendes passiert.
    Das ist natürlich nicht jedermanns Geschmack, und man muss sich schon auf diese Art des Erzählens einlassen, aber dann funktioniert die Serie prima und schon bald kennt man die Charaktere so gut, dass man fast selbst zur Familie gehört. Und zur „Familie“.

    Genannt sei an dieser Stelle noch dieses youtubefilmchen: http://www.youtube.com/watch?v=m43o5IhAcec
    – eine MadTV-Parodie, die eine Sopranosfolge „edited for content“ auf einem Christensender laufen lässt.

  2. Klapowski sagt:

    Ja, alles richtig, was Du sagst. Es ist realistisch, dass sich viele Dinge einfach durchs Nichtstun erledigen, wie im wirkliche Leben auch (*unbezahlte Rechnungen auf leere Klopapierrolle spann*). Und auch im wahren Leben dürfte kein Mafiaboss ein Interesse daran haben, leichtfertig einen Krieg mit seinen Widersachern anzuzetteln. Im Zweifel wird da vermutlich auch einmal das Kartoffelbeet angezündet (als Warnung, „wegen der Gewerkschaftssache“) und sich dann wieder vertragen (Zur Fortführung der „Gewerkschaftssache“).

    Ist ja auch alles toll gemacht, aber ein ZWEITES Mal möchte ich eigentlich nicht sehen, wie Onkel Junior Krebs bekommt (2 Folgen Übelkeit, dann wieder gesund), schwachsinnig wird (eine Folge Tabletten, dann wieder besser) und seine Gerichtsverhandlung im Sande verläuft, weil man ein Jurymitglied bedroht hat (ich liiiiebe Gerichtsszenen).

    Sich das ein zweites Mal anzusehen, das wäre wie seinen Großeltern zuzuhören, wie sie über Leute sprechen, die sie mal kannten:

    „Aber Emil hatte doch dieses Feinkostgeschäft?“
    „Ja, aber nur bis 1980!“
    „Bevor er umgezogen ist, zu Gerhard?“
    „Neee, der hatte da doch noch kein Auto und wohnte in Kassel.“
    „Daniel, erinnerst Du Dich noch?“

    „Schnarch… Was? Wie? Wo? Wer? – Überfall?“

  3. Biermaaan sagt:

    Danke für das Review Klapo. Jetzt muss ich doch mal bei Amazon vorbeischauen und guggen was die Staffeln kosten :(.

  4. G.G. Hoffmann sagt:

    Daß man eine Serie kein zweites Mal sehen will, ist für mich kein Negativmerkmal. Dafür fehlt mir im Hinblick auf das durchaus sehenswerte Angebot an Serien und Filmen wirklich die Zeit. Ich habe es bis heute nicht einmal geschafft, alle Filmklassiker der letzten 100 Jahre anzuschauen. Geht wohl auch nicht, wenn man lieber zum 10. Mal „Zurück in die Zukunft“ sieht, statt endlich einmal „Citizen Kane“ oder „Alles über Eva“ zu gucken.

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