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„Alien“ (Director’s Cut 2003) – Das Review

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„Alien 5“ ist bereits in der Mache und wird wieder von Ridley Scott verwirklicht. Vollkommen unseriösen Gerüchten zufolge soll das neue Drehbuch eine schwule Liebesgeschichte(!) erzählen, ein Prequel sein und mindestens drei neue Alienrassen ein- und ausführen. Die Erzählweise soll so „anders“ sein, dass ich jetzt schon keine Lust mehr habe, darüber einen kurzen Artikel zu schreiben. Daher lasse ich es einfach und biete dafür an dieser Stelle das Review des allerersten Filmes…


INFORMATIONEN:

Regie: Ridley Scott
Jahr: 1979
Budget: $11 Mio.

, „Alien“ (Director’s Cut 2003) – Das Review
Dort draußen hört dich niemand bluten
So viel steht fest: „Alien“ ist nichts für den schnellen Grusel für Zwischendurch, sofern es sowas überhaupt gibt. Wo man bei anderen Filmen (siehe den neuen „Predators“) schon mal innerhalb von 5 Minuten eine ganze Batterie an Bananennasen hingeknallt bekommt („Wir bedroht. Losgehen!“), muss man sich auf den Ur-Horror erst mal wieder neu einlassen. Das bedeutet: Den alten Röhrenfernseher zum Fenster rausschmeißen („Aua! Schon wieder so ein junger Bengel, der ‚Alien‘ wiederentdecken will?“), warten, bis es draußen stockdunkel ist, das runde Glas ordentlich mit spannungssteigerndem Erdbeerwein auffüllen und sich mal für 2 Stunden Ruhe für die Füße verordnen. Denn wer beim Schauen nebenbei die weghoppelnden Kartoffelchips aufsammelt oder die langen Bildeinstellungen schon mal mit einer Darmentpropfung im Badezimmer feiert, wird bis zum Ende nicht mehr in den Genuss eines irgendwie gearteten Genusses kommen, versprochen!

Und auch, wenn mir einige ältere Werke der Filmgeschichte heute ziemlich abgenudelt mit ihren Zeittotschlag-Argumenten vorkommen („Der Pate… SCHNARCH… Zorn des Khan… Schnurchel…“), so muss ich zugestehen: „Alien 1“ funktioniert nur langsam und im Lichtlosen. Wobei ich nach einer kompletten Staffel „Stargate Universe“ sagen muss: Hier das Dunkel sogar kultig und detailliert! Es ist immer noch erkennbar, wie viel Arbeit sich die Kulissenbauer gemacht haben, eine atmende, zischende, schnaufende, tropfende und teilweise sogar weiß gekachelte(!) Welt aus dem erdigen Boden ihrer Urängste zu stampfen.

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„Ich weiß nicht. Diese topmodischen Hüte aus Mailand waren doch zwischendurch schon fast wieder vorzeigbar?“ – Riesenspinnerei: Die „Alien“-Reihe bediente sich schon immer allerlei Urängste. Hier sehen wir zum Beispiel Urangst Nummer 1.293: „Ambulante Blinddarmoperation bei einem polnischen Hautarzt, dessen Gehilfe die Sauerstoffmaske mit einem YPS-Heft-Gimmik verwechselt hat“…

Das ganze Abenteuer beginnt mit ruhigen Kameraeinstellungen durch das Schiff. Die Musik ist hier minimalistisch, aber bereits jetzt schon einprägsamer als die Retorten-Samba-Bands aus beispielsweise „Star Trek 10“ und anderen Blockbustern mit Ohrmuschel-Gähngarantie auf der Verpackung. Auch die Kameraeinstellungen sind perfekt und hätte ich nicht schon meine ganze Wohnung mit Delphinpostern zugekleistert, ich hätte einige der Standbilder kurzerhand in Öl abgepinselt.

Immer wieder staunenswert ist auch, wie detailverliebt das riesige Raumschiff gestaltet wurde, innen wie außen: Überall gibt es kleine Ecken, Türmchen und undefinierbare Aufbauten, die aus dem reichlich vorhandenen Schatten hervorlugen. Keine Sekunde denkt man daran, dass Ridley Scott diese berühmte Weltraum-Dokumentation nur gefaket haben könnte.

Auch (Bild-)schön: Die Darsteller sind Archetypen, ohne dies dem Zuschauer zu sehr unter die Gurkennase zu reiben: Während man uns in moderneren Filmen mit kessen Dieter-Bohlen-Sprüchen klarzumachen versucht, wer der Frauenschwarm („Hey, Süße!“), der Gewaltliebhaber („ICH vertraue nur meiner BX-192!“ *klack-klack*) oder der Intellektuelle (*Sudoku raushol*) ist, muss man hier schon etwas länger zuschauen, um Name, Funktion oder Hirninhalt der Figuren auszuknobeln… Dass Ripley sich zur Hauptfigur mausern würde, ist in den ersten halben Stunde beispielsweise überhaupt nicht abzusehen.

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„Ich weiß ja nicht, wie es ihnen geht, aber ICH kann mit diesen Stäbchen einfach nicht essen.“ – Klammeraffe à la Dörr: Die Küche an Bord ist nicht besonders gut. Aufgrund der Lichtverhältnisse verwechselt der Koch ständig den weißen mit dem schwarzen Pfeffer und die leckeren Schäferhund-Konserven (es handelt sich um eine chinesische Expedition) mit den alten Gummihandschuhen des Bord-Gynäkologen. Aber Freitag ist ja auch HIER Fischtag…

Schön finde ich auch den Stellenwert der Technik im „Alien“-Universum: Nicht hochtrabende Ingenieure à la „Heute schon den Touchscreen gestreichelt?“ reparieren hier das Schiff, sondern ein leicht dümmlich wirkender Mützenträger und sein schwarzer Kumpel mit dem dreckigen Humor. Hier funken die kaputten Kabelstränge schon mal elektrische Furzgeräusche in die Stille, während der Schwatte sagt, dass alle „ziemlich zusammengebacken“ ist. Hatte Scotty gar einen afrikanischen Bruder?

Die Geschichte dürfte bekannt sein: Der Schiffscomputer geht selbstständig einem unbekannten Signal nach, welches zu einem Planeten führt, welcher zu einem außerirdischen Raumschiff führt, deren Facehugger später zu ziemlichen Bauchschmerzen führt. Alles ziemlich alt- und -backen, doch immer noch zum erneuten Sehen ver-führend.

Die Bedrohung ist allgegenwärtig; die Innereien der Besatzung sind’s irgendwann auch. Einer nach dem anderen verschwindet in gar nicht mal sooo blutigen Gruselbildchen. Ja, hier darf die Phantasie noch Überminuten schieben! Gleichzeitig wird der eigene Kopf mit erinnerungswürdigen Szenarien austapeziert: Die Enttarnung des heimlichen Roboters gehört (*Milch ausspuck*) ebenso dazu wie der sehr detaillierte Facehugger, für dessen Rückseite die Macher anscheinend eine Schweineleber in eine aufwendige Plastikschablone gelegt haben. Sieht alles – gerade in Großaufnahme – sehr glaubwürdig und liebevoll gemacht aus, das Hassenswerte.

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„Ist ja schon gut, ich trinke meine Milch ja aus, versprochen! Aber sind sie sicher, dass das zusätzliche Kalzium meiner leicht beschädigten Nackenknochen jetzt noch helfen kann?“ – Horror für Veganer: Der Bordarzt ist nicht mehr in der allerbesten (Ver)fassung. Er hätte wohl einfach nicht versuchen sollen, in seinem Magen diesen asiatischen Weihnachtsschmuck durch den Zoll zu schmuggeln…

Doch auch ein erektionsförderndes Meisterwerk wie dieses hat durchaus dunkle Stellen am Sack: So sieht das eigentliche Alien teilweise doch noch sehr nach „Bohnenstange in Kostüm“ aus. Gerade wenn man es mal in der Ganzkörperansicht sieht, muss man zugestehen, dass alle nachfolgenden Filme das rein Kostümtechnische etwas besser hinbekommen haben. Dafür punktet „Alien“ aber ausgleichenderweise mit der richtigen Bildkomposition und diversen Lichtspielereien. So etwas versuchen heutige Filme schon gar nicht mehr zu kopieren, da einfach die Zeit fehlt, die Kamera eine Minute lang auf alte Wasserrohre zu halten. Ein kleiner Teil von mir sagt sogar: „Gott sei Dank“…

Und so oft ich den Film auch sehe, so finde ich schon, dass die Spannung etwas abfällt, sobald Ripley Mutter-seelenallein ist (der Schiffcomputer heißt „Mutter“, geniales Wortspiel, wa?). Der „Abwarten und Sabber trinken“-Moment ist nach anderthalb Stunden dann doch etwas ausgelutscht, zumal die Selbstzerstörungsszene doch etwas lang ist. Irgendwann ging mir all das Geblinke und Gequalme doch etwas auf die Augäpfel, vom Hin- und Hergelaufe ganz zu schweigen. Auf diesem Schiff fehlte definitiv ein Aufzug!

Hier gefiel mir das Ende vom Nachfolger „Aliens“ bei weitem besser, wo es nicht nur mehr zu sehen gab, sondern der finale Kampf auch etwas mehr bot als Ripley in flatterndem Nachthemd und mit ebensolchen Nerven. Okay, ich weiß schon: Das Ende mit dem kauernden Alien in der Raumschiffecke ist Urangst pur und unverbrauchte Subtilität für alle, die seit der 80er keine neuen Filme mehr gesehen haben. Ein klein wenig mehr „James Cameron“, der ja den zweiten Teil inszenierte, hätte ich mir aber schon beim ersten Kultkanonikus gewünscht.

Komisch auch, dass mir der schwarze Neger, der stumme Schirmmütze-Stan und der Roboterarzt irgendwie besser gefallen haben als Ripley selbst. Irgendwie waren die etwas besser greifbar, teilweise auch für Klauenhände.

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„Ma’m? Ich weiß, das klingt jetzt etwas komisch, aber: Ich habe mich auf dem Frachtdeck in diesen alten Gummiringen verfangen, bevor dieses Fass mit Vaseline umgefallen ist. Ich wollte der Mannschaft ein Messerset reichen, damit sie mich hieraus befreien kann, aber sie ist unglücklich in die Klingen gestürzt. Können SIE mir vielleicht helfen?“ – Mord- und Notschlag: Spätestens für „Alien 5“ erwarte ich mal ein paar überraschende Enthüllungen über die Alienpsychologie, kapiert? Gibt es dazu nicht auch noch was in Gene Roddenberrys alter Nachttischschublade?


Fazit: Pure Filmgeschichte! Punkt! – Doch etwas lahm heutzutage, Komma, weil die Story bei den Nachfolgern zwischen 22,5% (Alien 3) und 45,9% (Alien 4) ausgefeilter und propperer daherkam. Aber „Alien“ ist nun mal das Urgestein, quasi der Commodore 64 des Alienhorrors. Man holt ihn gerne mal vom Dachboden, um in alten Zeiten zu schwelgen, aber dauerhaft damit arbeiten will man dann auch nicht mehr.

Richtig erschreckt oder gegruselt habe ich mich hier nur an wenigen Stellen, doch selbst ohne Herzinfarkt (und wer will den schon?) muss man Aufwand und Machart einfach in den allerhöchsten Tönen loben. (*Ultraschallgenerator auspack*)

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Artikel

von Klapowski am 24.07.10 in Filmkritik

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Kommentare (8)

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  1. dingens sagt:

    Die Szene, in der das frisch geschlüpfte Alien in der Krankenstation wegrennt, wirkte unfreiwillig komisch (wurde das Ding an einem Seil über den Boden gezogen? Erinnere ich mich hier überhaupt korrekt?), aber der Film macht tatsächlich so viel richtig, dass man sich fragt, warum andere das nicht können.

    Und in der Szene mit der Rettungskapsel dachte ich tatsächlich: Oh, da ist ein Wandelement, das ein bisschen wie ein Alienkopf von oben aussieht… *brrrrr* *schrei*

  2. bergh sagt:

    tach auch !

    Mit 16 (?) im Kino in Bremen gesehen.
    Was mir ammeisten die Nerven flattern liß´war an einer Stelle, (Raumfähre ?) der Sound.
    Im Herzschlagrhythmus der von ~65 langsam auf 120 stieg.
    Sehr unterschwellig und subtil , so daß mein Herzschlag mitstieg.
    BraBoum, Braboum, Braboum.

    Der Film ist und bleibt Kult , auch wenn er nicht 25 % soviel Blut verspritzt und Gedärme un sich wirft wie die Nachfolger.

    Gruss BergH

  3. Ishbane sagt:

    Zustimmung in allen Punkten. Vorletztes Jahr vor 15 Euronen die Quadrologie zugelegt und der Reihe nach zu Gemüte geführt.

    Alien ist mMn der zweitlangsamste Film, gleich nach 2001: Oddysse im Weltraum. Wobei Avatar nicht weniger gestreckt wirkte, aufgefüllt mit viel bunt. Allerdings schaffte der erste Teil etwas, was keiner der Anderen schaffte: Ich habe mich einige Male erschreckt. Aber so richtig, Marke „Hummdidum-HARGLBLARGL-FallausSessel“.

  4. Exverlobter sagt:

    Und wieder hackt er auf „Zorn des Khan rum“, grrr.

  5. G.G.Hoffmann sagt:

    „Alien“ kann ich immer wieder sehen, wenn ich unvorbereitet um 23.25 Uhr hineinschalte. Strunzlangweilig finde ich ihn allerdings, wenn ich ihn mir samstagnachmittags auf DVD anschaue. „Alien“ kommt, wie das namensgebende Tierchen, eben nur überraschend rüber, wenn man es nicht erwartet, es draußen bereits dunkel ist, man die Lichter im Wohnzimmer gelöscht hat, schon auf dem Weg ins Bett ist, den Fernseher ausschalten will, zufällig hineinschaltet, den Film zunächst stehend mit der Fernbedienung in der Hand noch einige Minuten verfolgt, während man unmerklich auf das Sofa sinkt, mitmenschliche Geräusche („Schaaahatz, kommst Du ins Bett?“) nicht mehr wahrnimmt, selbstvergessen eine Handvoll ungeschälter Erdnüsse zwischen die bereits geputzten Zähnchen stopft und sich frierend unter die „TV Spielfilm“ kauert.

  6. Raketenwurm sagt:

    Gute Neuigkeiten !
    -> http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,709157,00.html
    Freuen wir uns schon jetzt auf mindestens drei Handlungsstränge, die auch die Vergangenheit und die Zukunft des Aliens erzählen, sowie ein andauerndes Spiel mit der Möglichkeit, daß die Aliens eigentlich die Guten sind, oder gesamte Film von Erlebnissen im Fegefeuer handelt. Das Alien ist nämlich eigentlich der Beelzebub höchstpersönlich…

  7. bibi bubu sagt:

    @klapo
    also, wenn ich dein fazit lese und den film noch nicht gesehen hätte, würde ich denken: „hmmmnaja, alter streifen eben, den man sich mal irgendwann zwischen hornhaut abraspeln und schlafen gehen reinzieht, weil man ihn eben gesehen haben muss – aber mit hühnerauge draufblinzeln reicht auch, weil eh nicht viel passiert.“

    das gegenteil ist der fall: „alien“ ist meiner meinung nach zeitlos, vor allem im directors cut, sofern er in anständiger qualität vorliegt. so gut wie keine szene des films wirkt auf mich „outdatet“ und aus dem schmalen budget wurde mehr rausgeholt als heutzutage aus den meisten überteuerten blockbustern. dass es ein langsamer film ist, macht ihn nicht zum alternden schimmelschinken. langsame sciencefiction gibt es auch heute noch (siehe „moon“), aber „alien“ hat dieses genre mit defininiert. ich bin niemand, der filme anbietet, aber wenn einem regisseur mal ein meisterwerk gelungen ist, darf man das ruhig sagen. ridley scott hat mit (ebenfalls zeitlosen) „blade runner“ sogar geschafft, sein visuelles talent im inszenieren von sf-werken noch mal zu toppen. also: ehre, wem ehre gebührt!

    außerdem: nenn mir einen anderen einigermaßen ernstzunehmenden scifi-film, der es schafft, so viele phallus-symbole einzubauen: die hodenähnlichen alien-eier, der penisförmige alien-kopf, die vielen langen schläuche, die milchige flüssigkeit in dem androiden… ein wahres cockfest! :-)

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