Film- und Serienkritiken

Der Latinum-Standard des Star Trek Universums

„Tempo ist alles!“ – Über Sehgewohnheiten und anderen Opakram…

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In letzter Zeit beschäftigt mich ein bestimmtes Thema besonders: Wie haben sich unsere (Fern)Sehgewohnheiten in den letzten Jahren verändert und was sagt uns das für die televisionäre Zukunft? In älteren Schwarz-Weiß-Filmen war es beispielsweise noch die Regel, zwei Figuren ohne Schnitte am Esstisch zu belauschen: „Oh, Jim! Bitte gehe nicht alleine in die Stadt! Ich mache mir solche Sorgen um Dich, mein starkes Männilein! Oh, und ich fühle eine Ohnmacht nahen!“ – (*2 Minuten reanimier*). Tja. Und was ist HEUTE?

(Freitag!)

Heute habe ich oftmals große Mühe, dem Inhalt von Serien wie „Doctor House“ („Enzephalitis akut oder doch nur eine Myelitis? Ich brauche die verdammten Laborbefunde, verdammt!“) zu folgen. Vielleicht ist mein Hirn durch jahrelangen Milchkonsum einfach ein wenig zu trübe geworden, aber mir nebenbei ein Brot zu schmieren oder auch nur die üblichen Handarbeiten wie das das Zusammentragen von reviewgeeigneten Phantasiewörtern durchzuführen, das ist mir beim „Doktor Heim“ einfach nicht mehr möglich.

Ähnliches gilt bei Krimiserien wie „Bones“ (manchmal auch CSI), die irgendwie auch regelmäßig die Ho(u)se voll haben: In einem Affenzahn werden Charaktere eingeführt, die Leichen in mikroskopkompatible Stückchen zerschnetzelt und nebenbei noch eine B- und C-Handlung rund um die Laborheinzelmännchen etabliert. Dazu ein paar schnelle Dialoge wie raketenangetriebene Ping-Pong-Bälle, ein wenig subtile Romantik zwischen dem FBI-Futzi und der Knochensammlerin und ein paar Probleme-der-Woche mit dem Archetyp des schwarzen Chefs. – Bis ich das alles verdaut habe, habe ich regelmäßig wieder vergessen, ob es sich bei der männlichen Leiche nun um einen lateinamerikanischen Xylophonsammler oder einen bisexuellen Bodybuilder handelte.

Oder „Pushing Daisies“: Ein Mann erweckt Tote (vorwiegend Mordopfer) zum Leben, muss sie aber innerhalb kürzester Zeit wieder töten, da sonst jemand anderes in seinem Umfeld stirbt. Jedenfalls habe ich DAS gerade noch verstanden. Und das ist schon viel, ist die allgemeine Geschwindigkeit und der visuelle Background (erinnert mich verdammt an „Moulin Rouge“ und „Charlie und die Schokoladenfabrik“) doch so überladen, dass ich bei meinen Sehtests nicht wusste, auf was ich mich eigentlich konzentrieren sollte. Da die Serie aber eh schon so überdreht war, habe ich als Antwort darauf einfach den Einschaltknopf meines 12-Zoll-s/w-Fernsehers ebenfalls gegen den Uhrzeigersinn zurückgedreht und somit die Glotze aus gelassen.

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So bunt, als wäre ein Mario-Jump-and-Run in einem Clownsgesicht explodiert: „Pushing Daisies“ ist eine dieser sicherlich ZU RECHT preisgekrönten(?) Hammerserien, die ich aufgrund einer behandlungsbedürftigen psychischen Störung einfach nicht länger als 38 Sekunden folgen kann. Aber immerhin ist inzwischen „Alf“ auf DVD erschienen. Und dieser Serie kann ich sogar ganz gut folgen. Vermutlich, weil die Hauptfigur sehr gelungen meine eigene Nahrungsaufnahme persifliert…

Mit dieser öffentlichen Einführung in mein kognitives Uhrwerk – wenn auch ohne die geringste Spur von Zahnrädern – könnte ich nun wunderbar fordern, einfach laaangsamere Serien zu drehen. Inklusive Charakterentwicklung für Urgroßväter und solche Menschen wie mich, die schon jetzt üben wollen, in 60 Jahren einer zu sein. Doch so einfach ist es nicht, denn auf der anderen Seite der sich hektisch drehenden TV-Medaille gibt es da noch eine unheimliche, lahmarschige Parallelwelt, die das Gegenteil verkörpert und mich dabei aber ebenfalls tödlichst langweilt. – Pushing Klapos?

Da gibt es solche Serien wie LOST, die schon deshalb nicht hektisch und überstürzt sein dürfen, weil sie dann nach 6 Staffeln bereits 12.348 ungelöste Geheimnisse angesammelt hätten, die es in ein paar abschließenden Folgen zu lüften gäbe. In der etwas schnarchigen, pseudodynamischen Erzählweise, die die Serie tatsächlich an den Tag legt, sind es aber nur noch geschätzte 3.492 Mysterien. Und das geht ja immerhin noch…

Von „Battlestar Galactica“ habe ich bis heute nicht mehr als ¾ der ersten Staffel gesehen, da mir die Abstände zwischen den interessanten Charaktermomenten ebenfalls zu groß waren. Auch, wenn ich beim Wort „Abstände“ erneut wunderbar über die wackelige Handkamera lästern könnte (Motto: „Bei welcher ruhigen Dialogszene legt das Objektiv die meisten Meter/Minute zurück?“), will ich hier mal nur bei dem allgemeinen Tempo bleiben. Und das war mir einfach zu niedrig. Dennoch werde ich der Serie, deren Boxen mir hier schon langsam ein anklagendes Loch ins DVD-Regal drücken, irgendwann noch mal eine Chance geben. Ich warte halt nur noch auf die richtige geistige Einstellung meinerseits. Vielleicht zu Weihnachten, wenn ich tagelang einsam aus dem Fenster stiere und mich mit einer alten Heinz-Erhardt-DVD und einer Packung Taschentücher HINTER dem Sofa zurückziehe?

Wir sehen also: Tempo ist alles! Und wenn die rechte Geschwindigkeit fehlt, braucht man selbiges auch schon mal als Markentaschentuch, weil einem die Tränen kommen! Man muss sich das nur mal vorstellen: Da gibt es eine preisgekrönte Serie wie „Battlestar Galactica“ oder (womöglich demnächst) „Stargate Universe“, und nach der Durchsicht eines beliebigen Episodenguides hüpft das Herz ob des Grundthemas bereits in Schilddrüsenhöhe. Doch auch wenn „Serienjunkies.de“ oder das Offline-Fachblatt für Treppenliftanzeigen („Prisma“) einen großartigen Sehgenuss konstatieren werden, so lässt man sich dennoch vom Sehen abbringen, weil man nicht gerne schwarzer Kulissenfarbe beim Trocknen zusieht.

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„Nicht zu viel bewegen, wir dehydrieren sonst!“ – „Keine Angst. Mein Manager hat mich schließlich aus einer Trockenpflaumenpackung gegrabbelt, als Schauspieler für die Figuren dieser Serie gesucht wurden!“ – Zu langsam beim Handzahm-sein sein: Den Figuren bei „Stargate Universe“ zuzuschauen hat für mich die Faszination von Nieselregen. Trotzdem gehört beides aber irgendwie unweigerlich zu einem Sonntag Nachmittag dazu…

Wäre es nicht vernünftiger, einfach mal Fünfe Stunden gerade sein zu lassen und sich so lange das Geballte Rhythmusdefizit in Serie(nform) reinzuziehen, bis sich der eigene Metabolismus drauf eingestellt hat? Schließlich ist z.B. ein Jetlag auch nicht von Dauer! Und wer schon mal nachts vor dem Fernseher gesessen hat, kann ab 3 Uhr nachts auch nichts Verwerfliches mehr daran finden, wenn die großbusige Hot-Button-Masseuse zum 192. Cliffhanger in dieser Stunde aufruft: „JETZT aber WIRKLICH anrufen! Gleich brauchen wir WIRKLICH einen Gewinner!“

Der Geist ist schließlich form-, wenn nicht sogar entfernbar! Dauert nur leider extrem lange… Da beneide ich die Kids von heute, die alle heutigen Medien, egal, ob die Schnell-, Kurz-, Lang- oder Gar-nicht-Lebigen lieben werden. Einfach, weil sie damit aufwachsen. Während wir dem analphabetischen Actionschrott „Knight Rider“ oder „A-Team“ nachtrauern, weil es einfach unsere ersten US-Serien waren, werden die Pausbackenträger von heute einst mit 30 Lebensjahren in die Läden stürmen, um sich mit Box-Sets wie „Flash Gordon – Die komplette Serie von 2007“ an ihre eigentlich verdrängenswerte Kindheit zu erinnern.

Doch wäre es für uns Ältere nicht – spätestens, wenn es um das Ansehen eines neuen Actionfilmes geht – eine tolle Sache, wenn man einen Schalter am Kopp hätte, mit dem man sich mental auf den Rhythmus des aktuell anzusehenden Streifens einstellen könnte? Selbst „Transformers 2“ könnte einem sicherlich Spaß machen, wenn man die kognitiven Leistungen auf die eines Sechsjährigen herunterpegelt und die visuelle Aufnahmebereitschaft für unübersichtliche Action gleichzeitig um 500% hochfährt!

Und nach den ersten Actiontrailern zur CGI-Angeberhoffnung „Avatar“ wünsche ich mir schon jetzt, vor dem Film ALLE Erinnerungen an Computerspiel-Zwischensequenzen löschen zu können. Einfach, damit ich während des Guckens nicht andauernd ablenkende Vergleiche anstellen muss.

Und könnte mich jemand vor dem Film „2012“ bitte wieder in jene spätpubertäre Stimmung versetzen, mit der mich Robert Emmerich mit „Independence Day“ damals noch kalt erwischt hat? Kann ja eigentlich nicht so schwer sein, das eigene Hirn nach dem Quelle- und Opel-Niedergang auf zerbröselnde Kontinente einzustellen und die Erwartungen an die Charaktere nicht nur bei der FDP-Ministerriege herunterzupegeln?

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„Oh… Ich hätte dich wirklich gerne so gesehen, wie du wirklich bist. So im Ganzen und gleichzeitig und so.“ – Nicht nur beim Kaffee stellt sich die Frage, wie viel Stück Zucker man denn möchte. Auch im Kino wünscht man sich zukünftig, dass wegen der epilepsiehervorrufenden Schnitte nicht mehr als zwei „Zucker“ vor einem sitzen. – Dieses junge Dingsbums-Mädchen weint sich übrigens zu Recht am Grabmal zum Gedenken der gefallenen Übersichtlichkeit ihre Augen aus dem Alpinablau…

Aber ein Trost bleibt uns immerhin, auch als solche, die nicht ganz bei selbigem sind: Auch wir Greise der Mediengesellschaft sind noch entwicklungsfähig! Und so, wie ich ich kürzlich „Matrix Reloaded“ gar nicht mehr überfrachtet und hektisch fand, werde ich wohl auch irgendwann den scheißhaufengetauften Film „Piraten der Karibik 3“ erneut sehen und dann sagen:

„Hey! Vor 10 Jahren war die Dramaturgie mit den wechselnden Figuren auf den wechselnden Schiffen mit der nie wieder eingewechselten Spannung höchstens für ausgebildete Hütchenspieler geeignet. Aber HEUTE werde ich gut unterhalten, fühle mich sogar leicht unterfordert und kann nebenbei sogar meine Cola nachsüßen und den SPIEGEL auswendig lernen!“

Für mich und meine Lust, regelmäßig gut unterhalten zu werden, kann ich nur hoffen, dass ich demnächst mehr Rhythmusgefühl entwickeln kann. Denn vielleicht hatte Rick Berman damals ja doch Recht, als er nach dem Ende von ENTERPRISE sinngemäß sagte, dass seine Geschichten großartig seien, der Zuschauer aber wohl ein leichtes innerköpfisches Problemchen haben dürften, wenn sie die Serie nicht klasse fänden.

Im diesen Sinne bekenne ich mich vor 73% der aktuellen Science-Fiction-Landschaft schuldig…

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Artikel

von Klapowski am 13.11.09 in All-Gemeines

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Kommentare (9)

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  1. Crysis sagt:

    Ehm?
    Rüge:
    Sehe Fehler wie „werde ich wohl irgendwann auch irgendwann“
    Total oft in letzter Zeit hier.
    Ehm.
    Rüge ist vielleicht zu viel gesagt, wollts nur sagen. Les‘ ja immer wieder gern rein.

  2. Klapowski sagt:

    Ein paar Flüchtigkeitsfehler gibt es leider immer wieder mal. Ich glaube aber wirklich nicht, dass es hier in letzter Zeit MEHR geworden sind.

    Dass sie Dir vermehrt aufgefallen sind, liegt vermutlich eher daran, dass Du aufmerksamer, reifer, ja, insgesamt einfach erwachsener und wissender geworden bist.

    Gratulation!

  3. Crysis sagt:

    Danke.
    Alles, wonach ich frage ist ja nur, dass Du deine Texte gegenlesen lässt, etwa von,
    Na, äh…deiner Shizophrenen anderen Hälfte? Okay, ich bin zu penibel.
    Könnte daran liegen, dass ich in einem Paralleluniversum einer Spezies angehöre, w
    Elche lediglich durch die ersten Buchstaben eines Textes horizontal kommuniziert.

    P.S: Auf diesem komischen Web-Sender, „Youtube“ oder
    so, läuft gerade wieder Darmok.

  4. Will Smith sagt:

    Dann ist ja 2012 ein Film für alle Tempo-Geplagten.

    Habe ihn mir gestern angesehen:

    eine gewohnt primitive Geschichte (nicht negativ verstehen), aber es geht dafür schon recht schnell zur Sache.
    Und keine schnellen Schnitte! Die Kamera hält schön lange drauf wenn etwas interessantes passiert.

    Das sollte beim (zu erwartenden Verriss) positiv angemerkt werden.

  5. elgor sagt:

    Es beruhigte mich zu lesen, dass ich nicht der einzige bin, der bei House oder Bones manchmal einfach nur überfordert ist. Dachte schon es liegt an meinem Englisch… Erwische mich nämlich regelmäßig beim Zurückspulen um ein „Hää?“ in ein „Aha“ umzuwandeln oder dem Drücken der Leertaste um in der Folge verwendete handlungsrelevante Begriffe in aller Ruhe auf einschlägigen medizinischen Fachseiten nachschlagen zu können (aka Wikipedia).

    Ich muss zu meiner Schande aber auch gestehen, dass mir beim Gucken meines Favoriten der Jugend (Star Trek: TNG) die Geschwindigkleit inzwischen zu gering ist. Das ging mir damals nur bei dessen Vorgänger so. Ohweia.

    Interessant ist auch, dass es tatsächlich Seiten gibt von Leuten (wahrscheinlich alles Ärzte), die sich dem Genau-unter-die-Lupen nehmen jeder einzelnen Folge widmen. Wer also wirklich alles verstehen will, kann dort dann nach dem Konsum der Serie das Buch zu Folge lesen. Sekundärliteratur sozusagen.

  6. DJ Doena sagt:

    Der Fall der Woche interessiert mich sowohl bei House als auch bei Bones eher weniger. Ob der Patient nun an bipolarer Enzyphalitis leidet oder an Heuschnupfen, ich könnts eh nicht auseinander halten. Und bei Bones wird die Rekonstruktion der Knochen ja eh mit Future-Tech gemacht, da braucht man auch nicht wirklich zuhören.

    Interessant werden die Serien durch die Geschichten und Beziehungen der Hauptcharaktere – wenn zum Beispiel House Wilsons Rede auf dem Kongress hält oder Booth befürchtet seinen „Edge“ zu verlieren nach der OP.

  7. lurker sagt:

    Hum..auch ich stelle die geistige Alterung bei mir fest und ebenso die Tatsache, dass ich der Handlung einfach nicht mehr folgen kann, wenn es z.B. mehr als 4 Hauptpersonen gibt (wer war das jetzt nochmal? Und warum will der den anderen umbringen?). Bis zuletzt dachte ich, das sei ein Phänomen, dass nur bei Fernsehserien der Neuzeit auftritt. Nachdem ich aber eine verstaubte mp3 mit alten „Funkfüchse“-Folgen fand (ein billiger TKKG-Abklatsch) habe ich da aber meine Zweifel. Ebenso an meinem Verstand, weil ich nicht in der Lage war, einer Kinderserie geistig zu folgen. Klapo, stell Dich der bitteren Warheit: nicht das Fernsehen wurde schneller, wir wurden langsamer…

  8. G.G.Hoffmann sagt:

    Tut mir leid. Zu diesem Problem kann ich leider nicht Stellung nehmen. Ich war das ganze Wochenende damit beschäftigt, Filmen wie „Die Bourne Verschwörung“ und „Vergiss mein nicht“ nicht folgen zu können.

  9. Ephesus sagt:

    Zum Glück gibt es da auch noch andere Serien… Serien, welche sich stück für stück entwickeln… wo man mit spannung die nächste Folge erwartet, umzu wissen, ob nun endlich Sid sich für Michelle oder Carrie entscheidet – nein, ich rede nicht von einer Telenovela. Ich meine Serien wie die Britische Serie „Skins“. Humor, Spannung… einen hauch Erotik und absolutes Chaos verständlich, auf Satirische art Dargelegt und dabei die Spannung ung die entwicklung der Charaktere nicht zu kurz gekommen. Ich kann sie nur empfehlen, und wird mich auch auf ein Review freuen… Gespannt welche meinungen Klapo oder Hoffmann über diese Serie haben :D

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