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Die Technik der Zukunft – oder: Sind „Nano-Häuser“ nicht zu klein zum Drin-Wohnen?

Zukunftsgläubigkeit ist schon etwas Tolles! So glaube ich zum Beispiel, dass es jede Menge Zukunft geben wird, allein schon zeitlich betrachtet… Besonders interessiert mich natürlich, unter welchen kulturellen Vorzeichen wir mal leben werden. – Und ob die heutigen Jugend das Satzzeichen noch vor meinem Rentnerdasein aus dem Verkehr ziehen wird.

Die Entwicklung der gesamten Menschheit hat mich schon immer sehr interessiert! Für mich ist es ein Zeichen von Verantwortung und Reife, wenn ich im stillen Kämmerlein über Weltregierungen, alternative Energiequellen und die globale Verankerung der Menschlichkeit nachdenke, während ich die Tatsache ignoriere, dass es aus der Wohnung des älteren Nachbars nebenan irgendwie seltsam riecht und dessen Briefkasten überquillt.

In dieser Hinsicht war ich natürlich mit dem P.M.-Magazin stets gut beraten, das vom ersten Chefredakteur an – einem gewissen Peter Nostradamus – eine gute Nase für Zukünftiges bewies. Ich zitiere aus der Ausgabe vom 01.10.1701:

„Ein Forscher aus dero Stadt Münster gab über den Sprecher des Königs bekannt, dass es zukünftig keyn Problem geben dyrfte, Gold aus unedlen Metallen zu erschaffen. Diese Erfindung wyrd in den nächsten Jahren mannigfaltig Veränderung über der Menschen Leben bringen. Weiterhyn wyrd es bald möglich sein, mittels einer komplyzierten Vorrichtung (siehe das Bild eyner Holzschnittsimulation anbei), auf der Sonne spazieren zu wandeln. In unserer nächsten Ausgabe schicken wir uns dann an, Sie zu informyren über dero neue Entwicklung der Verpflanzung von Kopf auf einem Rumpf zu einem anderen, sowie dero nun bewiesene Tatsache, dass Universym besteht aus 4 Elemente von Feuer, Wasser, Luft und Erd.

(Einem Teil dieser Auflage liegt eine Anzeige zum Aufruf zur Hexenverbrennung bei; wir bitten um freundliche Beachtung)

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Mein liebstes Titelbild aus dem Jahr 2001: Fast hätte ich die Ausgabe am Kiosk nicht gefunden, da der Goldklumpel-Hagel mir die Sicht erschwerte. Zum Glück erklärten sich jedoch ein paar hippe Paper-Detektive dazu bereit, mir ein paar „Facts & Blatts“ zu jagen. – Auch, wenn mir auf dem Nachhauseweg der große „Trainer für Radio-Quizshows“ (auf CD zum selber Vorlesen) aus dem Heft gefallen ist, war’s am Ende wie immer eine super Ausgabe!

Ich liebe diese Zeitschrift! Vor allem, seitdem sie 1990 vorgeschlagen hat, einfach Eisberge auf Schiffe zu kippen und diese dann als Instant-Trinkwasser nach Südafrika zu schippern! Wieso das bis heute nicht gemacht wurde, verwirrt mich ähnlich wie die Tatsache, warum es immer noch keinen Fahrstuhl ins Weltall gibt, ich immer noch keine Unterwasserstädte kenne oder wieso noch immer keine Fußballturniere mit gezähmten Kugelblitzen ausgetragen werden. – Bis ich auf den Trichter kam, dass 95% aller Zukunftsvisionen völliger Quatsch sind. Das Tolle: Egal, was Analytiker sagen, die Werbung uns einreden möchte oder Zukunftsforscher herausgefunden haben wollen: in der Regel liegen wir schon bereits sehr richtig damit, eine Idee abzulehnen, sobald wir unsere innere Stimme nur noch als heisernes Kichern vernehmen.

Zum Beispiel wird schon seit 10 Jahren ernsthaft von Kühlschränken gefaselt, die selbstständig den verbrauchten Inhalt nachkaufen. Wer ernsthaft daran glaubt, sollte ruhig mal seinen Kopf in die Küchenantarktis schieben und hoffen, dass der Kasten zwischendurch auch frisches Hirn ordert.

Natürlich würde dieses System nur bei komplett verbrauchten Lebensmitteln anschlagen: erst, wenn die Verpackung (und damit der Funkchip) dauerhaft entfernt wurde, weiß der Kühlschrank, dass eine akute Nahrungsmittelentgiftung droht. Etwas spät zum Nachbestellen also, denn eine Lieferzeit hat nicht ohne Grund das vieldeutige Wörtchen „Zeit“ im Namen.

Alternativ könnte man den Funkchip nicht auf die Verpackung, sondern im Lebensmittel deponieren. Mehrere, länglich angeordnete Prozessorkerne und eine unabhängige Energieversorgung für jeden könnten dafür sorgen, dass der Kühlomat beispielsweise weiß: „Aha! Mein Besitzer hat bereits 7/10 der Leberwurst verspeist. Langsam wird’s Zeit für die Nachbestellung!“ – Nachteil: Die kleinen Prozessoren müssten konsequent mitgegessen werden, um eine zuverlässige Nachbestellung zu gewährleisten.

Es ergeben sich jedoch noch ganz andere Probleme: Wer sicherheitshalber vor den Feiertagen mal 2 Stück Käse statt einem lagern möchte, der muss den alten Milchkloß erst mal vor der blöden Kühlschrank-KI verstecken. Erst, wenn die Online-Nachbestellung bereits veranlasst wurde oder diese Wartezeit sich nicht länger mit den sommerlichen Innentemperaturen verträgt, wird der Käse wieder zurückgelegt. – Ansonsten versteckt man den Gelbling solange unterm Kopfkissen oder stellt ihn für die Nacht auf die Fensterbank.

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Auch bei Kindern populär: Kühlschränke zum Liebhaben. Was zu meiner Zeit gefakte Telefone und täuschend echt aussehende Kaufläden waren, ist heute der „Kühlbi 3000“. – Jetzt auch mit Tarnmuster für den kleinen Kinderzimmer-Soldaten. Für Eltern besonders schön: Die schrillen Soundeffekte und Sirenen, sobald ein Lebensmittel (aus Plastik) entfernt oder hinzugefügt wird. – Ergo: Dieses Spielzeug nervt fast wie Mamis Großer…

Natürlich ist der Kühlschrank jedoch auch in der Lage, Bestellungen online wieder zu stornieren, weswegen man beim Zurücklegen des alten Käses weiterhin vorsichtig sein sollte: Am besten lenkt man den Frostfritzen mit einem schnell dahingesagten „Oh, guck mal! Ein kultiges Browser-Game!“ ab, während man das Lebensmittel unauffällig durch den Türschlitz ins Innere zurückdrückt.

Sollte alles richtig gelaufen sein, fahren schon 24 Stunden später (oder beim nächsten Werktag) bei Amazon.de die Kühllaster vor, um „100 Gramm Gouda“ und „2 Tomaten“ nach Bielefeld-Ost zu karren.

Warum sich auch im Laden neben Lokuspapier, Tampons und Sprudelkiste mit 8 Scheiben Wurst abschleppen, wenn der Kühlknecht daheim schon alles bestellen wird? Wäre das nicht toll, wenn man IMMER frische Eier, Margarine und Käse im Haus hätte, auch wenn man vielleicht gerade keine Eier, Margarine oder Käse essen mag? – Oder man selber nie in jenem Haus ist, da man ständig Pakete von der nächsten Postfiliale abzuholen hat?

Daher müsste man also ab und an überprüfen, welche Produkte WIRKLICH und IMMER automatisch beschafft werden sollen. Für uns Computerkinder kein größeres Problem und sicherlich innerhalb weniger Stunden am Sonntag Nachmittag zu lösen, aber was ist mit unseren minderbemittelten Eltern, Tanten und Großomas?

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„Biep. Sie haben soeben 22 neue Flaschen in diesen Kühlschrank gestellt. Ihre im Kururlaub befindliche Ehefrau hat soeben eine SMS mit dieser Information erhalten. Biep. Sie können nun meine Tür gewaltsam zuschlagen.“ – Kühlschränke, die Vorräte nachbestellen? Was bedeutet das für das Kaufrecht im BGB? Kann eine Maschine eine verbindliche Willenserklärung abgeben? – Ihr freundlicher Rechtsanwalt-Bot klärt für Sie gerne diese und viele andere Fragen!

Und hört unsere Verantwortung etwa damit auf, dass wir ihnen den neuen Online-Kühlschrank installiert, eingerichtet und eine Produktvorauswahl einprogrammiert haben? Alles in der Gewissheit, dass Omi nun immer genug ihrer geliebten Salzstangen im Haus hat? – Wenn auch zu dem Preis, dass sie diese vor der digitalen Revolution gar nicht im Kühlschrank aufzubewahren pflegte? – Ein neues Chaos wäre hier schon vorprogrammiert! Telefonanrufe wie diese würden folgen:

„Daaaaaaanieeeel! Es ist mir ja so peinlich!“

„Tante Gerfriede, bist Du das?“

„Ich habe irgendwas faaaalsch gemacht! Ich war ja ein paar Tage im Krankenhaus und jetzt hat der Kühlschrank für jeden Tag, an dem ich nicht da war, ein Pfund Butter bestellt! Das Postamt hat schon angerufen, ich möge sie doch von den stinkenden Päckchen befreien! Da ich die 8 Pfund wegen meinem Bein noch nicht abholen konnte, habe ich mir bei meinen Nachbarn diese Menge geliehen und reingestellt. Dieses… MIST-Ding hätte mich sonst vor jedem Öffnen weiterhin gefragt: ‚Eine meiner Bestellungen ist seit mindestens 4 Tagen überfällig. Soll jetzt der Händler kontaktiert werden?’ – Und das 8 Mal, bevor er mich die Tür aufmachen lässt. Kannst Du mir den Kühlschrank nicht gleich neu kon… konfigu… Konfitüren?“

„Tante, Du wohnst 400 Kilometer entfernt, das ist etwas ungünstig im Mom…“

„Du MUSST! Ich bin auf diesem Bildschirm nämlich irgendwo drangekommen (muss einem ja gesagt werden, dass man keine Kühlschrankmagnete auf die Tastatur pinnen darf) und jetzt versucht er den Inhalt wohl immer auf 99 Salatköpfen zu halten! Ich weiß nicht mehr, wohin mit denen! Die Schmidts von Nebenan wollen langsam auch keine mehr…“

„Waaaaas?? Wie lange geht das denn schon?“

„Zwei oder drei Monate. Wollte Dich vorher ja nicht stören, da ich weiß, wie viel Du immer zu tun hast. Vor allem, seitdem Du den Kühlschrank von Oma Trude auch noch betreust! – Aber seitdem meiner mir jetzt auch noch dauernd sagt, dass ich ‚Treiber’ brauche, weiß ich nicht mehr weiter! Und wieso erkennt er nie, wenn ich Milch rausnehme? Muss die Packung immer ganz nah an dieses Sensor-Dings halten. Liegt das an der Molkerei? Ich weiß doch gar nicht, wie man die Batterien an einem Tetrapak wechselt! Du musst kommen, mein Junge! Bitte!“

So würde es laufen.

Und genau so hirnig sind die Visionen von vernetzten Häusern, die automatisch den Backofen anwerfen, wenn man auf dem Weg nach Hause ist. Und daneben das Badewasser einlassen, das Licht einschalten, die Fenster öffnen, die Kinder verprügeln oder den Hausflur mit Beethovens Neunter beschallen, sobald sich der Schlüssel im Schloss dreht! Da kann Bill Gates noch so sehr einen Swimmingpool besitzen, der sich nach einer SMS schon mal mit Birnenaroma füllt: Ein normaler Mensch möchte nicht verbal von seinen Fenstern belästigt werden, weil die Luft „nach Pups riecht, Meister!“.

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„… und immer, wenn sie blinzeln, schaltet das System kurz das Licht aus, um ganz viel CO2 zu sparen!“ – Dr. House: Wenn die eigenen vier Wände schlauer sind als man selber, fühlt man sich nicht immer so richtig wohl. Weil die Bude aber selbst DAS spürt, verursacht sie in solchen Moment absichtlich einige Systemstörungen, um dem Besitzer das wohlige Bauchgefühl von Überlegenheit zurückzugeben.

Jalousien, die jeden Abend dann herunterfahren, wenn die Sonne untergeht: Okay. – Aber nur, wenn sie Sensoren haben, die Sylvester, beobachtenswerte Wettereignisse, sexy Mädels und den bloßen Gedanken „heute will ich aus irgendeinem Grund die Jalousie nicht unten haben, danke sehr“ absolut zuverlässig als Ausnahmeereignisse registrieren.

Lesen sie außerdem demnächst an dieser Stelle: „Das papierlose Büro“, „Fernsehen übers Handydisplay“ und „Hausärzte, die nachts losfahren, weil Oma Platuschkes Armbanduhr einen Blutdruckabsacker registriert hat“.

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von Klapowski am 03.07.07 in All-Gemeines

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Kommentare (2)

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  1. Bergh sagt:

    tach auch !

    Das ist ja das Kreuz mit der künstlichen Intelligenz:
    #Erstens ist sie künstlich und zweitens nicht intelligent.
    Alternativ ist sie so teuer, daß die Sache nicht zu bezhalen wäre.

    Die Eisberge nach Afrika zu schleppen ist nicht das Problem (Isolierfolie und große schlepper mal vorausgesetzt), aber es ist unbezahlbar.

    Afrika hat auch Wasser genug, es ist nur nicht gerecht verteilt und für alle verfügbar.
    Und das ist leider noch nicht mal das größte Problem, welches Afrika hat.

    Gruss BergH

  2. Crysis sagt:

    Was das „papierlose Büro“ angeht stimme ich dir zu, selbst das „papierarme“ (so der Wortlaut hier) ist wohl eher ein Insider-Gag der IT-Abteilung. Auch die Praktikabilität eines Kühlschranks mit DSL ist durchaus fragwürdig. Aber warum z.B. keine automatischen Jalousien? Zu Sylvester kannst du mit einem simplen Knopfdruck ein „Nein, Danke“ auslösen und gut is.

    Aber was bitte ist das „Haugerätemenagament“ auf dem Bild? „Beep. Sie haben 2 Toaster. Zu Rationalisierungszwecken wird der alte jetzt bei E-Bay versteigert. Beep.“?

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