Film- und Serienkritiken

Der Latinum-Standard des Star Trek Universums

Wenn die Halsschlagader wieder kocht – oder: Brutzeln im TV

Nichts gegen’s Kochen. Wenn man es kann oder zumindest Freunde hat, die einem dabei helfen (bei mir z.B. die Herren Oetker, Frosta und diverse Aldi-Anonymusse), kann die Erhitzung von komplexen Kohlenstoffverbindungen durchaus mehr sein als bloße Nährstoff-Pyromanie. Doch meine Liebe geht nicht so weit, dass ich anderen Weißhutträgern im Fernsehen zusehen müsste…

Doch ab und an werde ich von der (h)olden Weiblichkeit gezwungen, ein TV-Event namens „Das perfekte Dinner“ auf Vox zu verfolgen, das prickelnde Unterhaltung mit brutzelndem Fett verwechselt. In dieser fleischgekrönten Telenovela für Pfeffermühlenschrauber bekochen sich eine Woche lang diverse Geschmacksakrobaten. Jeden Tag trifft man sich bei einem der 5 Screentime-Freunde daheim, der den Rest der Truppe mit ausgesuchten Kreationen verwöhnen darf. Die Mahlzeiten werden dann mittels eines geheimen Zubereitungswissens zubereitet, welches aus einem ganz besonderen, mysteriösen Buch stammt: Dem selbst angelegten „Bild der Frau“-Schnipselordner.

Jeder der Köche wird nach dem Essen von den anderen mittels eines Punktesystems bewertet, was schon deshalb nicht ganz fair ablaufen kann, weil jeder am Ende der Woche als Sieger hervorgehen möchte. – Für mich ist das ja eher so eine Art Negativpreis wie die „Goldene Himbeere“ der Filmindustrie oder der „Big Brother Award“ deutscher Datenschützer. – Um also selber an diesen Oscar der Blumenkohlindustrie zu erlangen, gilt es in jeder Sendung, den Konkurrenten mit erfundenen Kategorien der kulinarischen Dichtkunst niederzumachen. Wo ich als normaler Stoffwechsler z.B. einfach nur verlange, dass es „gut schmecken tut“, achtet der gemeingefährliche Lippenschnalzer hier z.B. auch auf die Konsistenz.

Wenn der Wackelpudding schon nach 3 Sekunden ausgezittert hat (zugegebenermaßen bei dieser Sendung eher unwahrscheinlich), was eine dezent gezückte Stoppuhr durchaus enthüllen kann, gibt das schon Abzüge in der B-Note: „Das war schon recht lecker… aaaaaber… hach… Der letzte SCHWAPP fehlte. Und der SCHWIPP war mir nicht kraftvoll genug.“ Das sallert dann Elke Scheidenreich – Grundschullehrerin mit eigenem Brillenkettchen – am Ende der Sendung in die Kamera und vergibt nur müde 6 von strammen 10 möglichen Soßenspritzerpunkten.

Doch auch die anderen Mitesser am Pickel der TV-Unterhaltung kennen ihren eigenen Verdauungsapparat bis auf den letzten Wurmfortsatz: „Die Fischhäppchen schmeckten gut, gingen sauber über die Bande der Speiseröhre, jedoch… hatte ich 5 Kameraeinstellungen später ein leichtes Zwiebeln in der Manschette ganz unten!“ berichtet dann mit betrüblicher Schadenfreude Eberhardt Erlenkötter, Staubsaugervertreter mit eigenem Jagdhorn. Doch am nächsten Tag ist ER dann mit Kochen dran und dann kann schon die Abrechnung der anderen folgen: Der Weißwein war dann zu durchsichtig, die Sauerkrautfäden nicht nach Länge vorsortiert und das gestopfte Huhn hat sichtlich nie eine Intimrasur erleben dürfen.

Genau so übel- und allgemein keitserregend kommt auch die Sendung „Liebe isst“ auf Pro.7 daher. Attraktive Girls, die vermutlich keinen Partner über’s Fernsehen suchen müssen oder schon einen haben, lassen sich hier durch Kochkunst verführen. In Wirklichkeit wollen sie natürlich nur in’s Fernsehen und Neun-Live-Moderatorin oder einfach nur generell arschig werden. Dem Drehteam kann’s egal sein, solange alle für die Dauer der Drehzeit mitspielen und einen auf „Kochst Du gut, fick ich Dich“-machen.

Zu diesem Zweckbündnisverbund wird die junge Frau, bei der das tägliche Aufdonnern fast einer Gewitterwarnung gleichkommt, durch mehrere Junggesellenbuden geschickt. Dort soll sie durch das namensgebende „perfekte Dinner“ verführt werden. Zwar geht es vor allem um die kläglichen Softieworte zwischen den Bissen, das Aussehen der Jungs und den Gesamteindruck, aber da die Sendung nun mal den Untertitel „Liebe geht durch den Magen“ trägt, zoomt die Kamera halt bevorzugt im Gulaschtopf herum. Nach der Kocherei wird dann in intimer Runde am Esszimmertisch Platz genommen. Völlig spontan genießen die beiden Turteltäubchenesser dann ihr Beisammensein über die Werbepause, emotional nur unerheblich gestört durch das Drehteam, das mit Sound- und Kameraequipment auf Fensterbank und Heimtierkäfig herumturnt.

Am Ende gewinnt dann der, der am nettesten äh… den Löffel geschwungen hat… Bei derlei Unterhaltung für grenzdebile Brutzler, die ihr Hirn im Raclett vor sich hertragen, rühre ich dann doch lieber mit der Fernbedienung in der Luft. Guten Appetit!

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Artikel

von Klapowski am 22.02.07 in All-Gemeines

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